Im Februar 2003 erreichte die Arbeitslosigkeit in Deutschland den dritthöchsten Stand seit Antritt der rot-grünen Regierung im September 1998: 11,3 % in Gesamtdeutschland und schockierende 19,9 % im seit Jahren wie gelähmt wirkenden Osten. Die anhaltend stagnierende Wirtschaft und die katastrophale Lage auf dem Arbeitsmarkt lassen stimmen an Gewicht gewinnen, die eine grundlegende Neuordnung des deutschen Arbeits- und Wirtschaftssystem fordern. Bundeskanzler Schröder kündigte in seiner Regierungserklärung vom 14. März 2003 deutliche Einschnitt bei der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe an, der einflussreiche Christdemokrat Friedrich Merz plädierte für eine "Entmachtung der Gewerkschaften" und die Freien Demokraten befürworten ein Ende des Flächentarifs für die Beschäftigten der deutschen Wirtschaft.
Welche dieser angesprochen Reformen tatsächlich einem Ende der deutschen Arbeitsmarktmisere zuträglich wären, soll nicht Thema dieser Arbeit sein; vielmehr soll es darum gehen zu verdeutlichen, welch immense Bedeutung der institutionellen Regulierung für die Ergebnisse des Arbeitsmarktes zukommt und wie man die über Jahrzehnte eingespielte deutsche Arbeitsmarktstruktur charakterisieren könnte. Zunächst werden hierfür einleitend soziologisch-institutionalistische Ansätze der Arbeitsmarkttheorie gegenüber klassisch-ökonomischen Ansätzen abgegrenzt. Anschließend werden die angelsächsische Dual-labour-market-sowie die Differenzierung von internen und externen Arbeitsmärkten diskutiert, bevor die deutsche Arbeitsmarktsegmentation beleuchtet wird. Abschließend folgt eine leicht essayistische Analyse der aktuellen Arbeitsmarktentwicklungen.
Gliederung
1. Massenarbeitslosigkeit und institutionelle Ordnung des Arbeitsmarktes
2. Grundgedanken institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien in Abgrenzung zur klassischen ökonomischen Theorie
3. Erklärungsansätze für segmentierte Arbeitsmärkte: ökonomische Effizienz, Machtsicherung und politische Einflussnahme
4. Zentrale Konzepte: Dualer Arbeitsmarkt, externe und interne Arbeitsmärkte
5. Arbeitsmarktsegmentation in Deutschland
5.1 Begrenzte Übertragbarkeit des dualen Modells auf Deutschland
5.2 Die Idealtypen: unstrukturierte, berufliche und betriebsinterne Arbeitsmärkte
5.3 Segmentation des deutschen Arbeitsmarktes
6. Politische Eingriffe und Veränderungen der institutionellen Ordnung
7. Zusammenfassung
1. Massenarbeitslosigkeit und institutionelle Ordnung des Arbeitsmarkt
Im Februar 2003 erreicht die Arbeitslosigkeit in Deutschland den dritthöchsten Stand seit Antritt der rot-grünen Regierung im September 1998. 11,3 % in Gesamtdeutschland und schockierende 19,9 % im seit Jahren wie gelähmt wirkenden Osten. Gegenüber dem Januar 2002 bedeutet dies auf alle Bundesländer verteilt eine Zunahme von 410.100 Menschen ohne Arbeit (www.arbeitsamt.de/hst/services/statistik/grafiken.pdf).
Die anhaltend stagnierende Wirtschaft und die dadurch verursachte katastrophale Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt lässt einerseits den Glauben an die Möglichkeit einer konsensuellen und weitreichenden Lösung der nationalen Probleme im Rahmen eines Gremiums wie dem „Bündnis für Arbeit“ schwinden und andererseits Stimmen an Gewicht gewinnen, die eine grundlegende Neuordnung des deutschen Arbeits- und Wirtschaftssystem fordern. Bundeskanzler Schröder etwa kündigte in seiner Regierungserklärung vom 14. März 2003 neben deutlichen Einschnitten bei der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Maßnahmen an, die tief ins seit Jahrzehnten eingespielte Institutionensystem des deutschen Arbeitsmarktes eingreifen: Der Kündigungsschutz soll für Kleinbetriebe gelockert werden und der Meisterbrief soll für Gesellen mit zehn und mehr Jahren Berufserfahrung als Voraussetzung für einen Gang in die Selbständigkeit entfallen (vgl. Süddeutsche Zeitung, 15./16. März 2003).
Einige Politiker der Opposition halten gar noch weitergehende Einschnitte in das „Koordinatensystem“ des deutschen Arbeitsmarktes für angemessen. Der einflussreiche Christdemokrat Friedrich Merz (in der Talkshow „Sabine Christiansen“, 2.2.2003) plädierte für eine„Entmachtung der Gewerkschaften“und auch die Freien Demokraten befürworten ein Ende des Flächentarifes für die Beschäftigten der deutschen Wirtschaft:„Die großflächige Vernichtung von Arbeitsplätzen und sozialen Chancen durch starre, betriebsferne Flächentarife muss gestoppt werden. Der Flächentarifvertrag, der die Arbeitsverhältnisse bis ins Detail bundeseinheitlich regelt, hat ausgedient. (...) Die Entscheidung insbesondere über das Arbeitsentgelt und
die Arbeitszeit[wird]auf die betriebliche Ebene verlagert, auf Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und den Mitarbeitern bzw. den gewählten Belegschaftsvertretungen.“(Programm der FDP zur Bundestagswahl 2002)
Welche dieser angesprochen Reformen tatsächlich einem Ende der deutschen Arbeitsmarktmisere zuträglich wären, soll nicht Thema dieser Hausarbeit sein; vielmehr soll es darum gehen zu verdeutlichen, welch immense Bedeutung der institutionellen Regulierung des Arbeitsmarktes bei Arbeitsmarktergebnissen zukommt und wie man die über Jahrzehnte eingespielte deutsche Arbeitsmarktstruktur charakterisieren könnte (Kapitel 5). Daran anschließen soll sich der Versuch einer Skizzierung von möglichen Veränderungen in der bundesdeutschen Arbeitsmarktstruktur, wobei ich mich v.a. auf die in der Diskussion befindlichen Vorschläge stützen möchte (Kapitel 6). Beginnen aber möchte ich damit, die Grundgedanken institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien in Abgrenzung zur klassischen ökonomischen Theorie vorzustellen (Kapitel 2), um die klar unterscheidbare Herangehensweise an die Erklärung des Arbeitsmarktes zu verdeutlichen. Danach werde ich im dritten Kapitel drei vorliegende Ansätze zur Erklärung der Herausbildung von segmentierten Arbeitsmärkten als Negierung der klassischen ökonomischen Idee des freien, unregulierten Marktes darlegen. Anschließend werde ich mit dem Konzept vom dualen Arbeitsmarkt nach Doeringer und Piore (1971) ein klassisches Konzept institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien erläutern (Kapitel 4), da es einen wichtigen Vorläufer für einen vom Münchner „Institut für sozialwissenschaftliche Forschung“ entwickelten Ansatz für die deutsche Arbeitsmarktstruktur (Kapitel 5 und darauf aufbauend Kapitel 6) darstellt. Eine abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse (Kapitel 7) dieser Arbeit soll meine Ausführungen abrunden.
2. Grundgedanken institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien in Abgrenzung zur klassischen ökonomischen Theorie
Die Konzepte der institutionalistischen Arbeitsmarkttheorien sind – wie so oft – unter dem Eindruck von Mängeln und Unzulänglichkeiten einer konkurrierenden Theorieschule, genauer gesagt: der klassischen und neoklassischen ökonomischen Theorie, entstanden.
Dabei werden zentrale Annahmen der ökonomischen Theorie von Vertretern der institutionalistischen Theorie in Zweifel gezogen. Neuendorff (1983, S.189-190) kritisiert, dass die ökonomische Theorie der Besonderheit der „Ware“ Arbeitskraft nicht gerecht wird. Diese ergebe sich zum einen daraus, dass die Ware Arbeitskraft mit einem lebendigen Träger verbunden ist - nämlich mit einem in einen spezifischen Lebenszusammenhang verwickelten Menschen - und diese daher nicht wie andere Waren beliebig auf dem Arbeitsmarkt getauscht werden könnte, zum anderen daraus, dass lebendige Arbeit die entscheidende Mehrwertquelle der kapitalistischen Produktionsweise sei, woraus sich zwangsläufig Konflikte und Machtverhältnisse ergäben. Neuendorff (ebd., S. 191) polemisiert nun:
„Die Besonderheit des Arbeitsmarktes im Unterschied zu anderen Märkten (für Güter, Kapital etc.) wird in der herrschenden ökonomischen Theorie (Klassik und Neoklassik) aber nicht zum Ausgangspunkt für Theorien zur Erklärung der Strukturen und Prozesse auf dem Arbeitsmarkt gemacht, sondern der Arbeitsmarkt gilt nur als ein Unterfall für die allgemeinen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, die die Preis- und Mengenbewegungen ökonomischer Güter bestimmen.“
Ein weiteres zentrales, sich daran anschließendes Kritikmoment stellt die Anzweiflung eines allgemeinen Gleichgewichts in der ökonomischen Theorie dar. Die ökonomische Theorie geht davon aus, dass sich der Lohnsatz langfristig immer einem Gleichgewichtslohnsatz annähert, zu dem Anbieter und Nachfrager von Arbeitskraft sich mengenmäßig entsprechen und dadurch für eine Räumung des Arbeitsmarktes führen – allerdings nur zu bestimmten Bedingungen, welche allerdings nach Meinung von Vertretern der Theorien der Arbeitsmarktsegmentation in der Realität nicht annähernd erfüllt sind und so das Modell entwerten.
Neuendorff (ebd., S.191-193) etwa führt an, dass man empirisch weder davon ausgehen kann, dass Arbeitskräfte einen homogenen Pool darstellen, in dem Einer den Anderen reibungslos substituieren kann, noch davon, dass Arbeitsuchende und
-bietende auch nur im entferntesten vollständige Information über die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt besitzen.
Auch die Annahme einer vollständigen Mobilitätsbereitschaft unter Arbeitskräften erscheine aufgrund der persönlichen Bindungen von Beschäftigten an ihre natürliche und gesellschaftliche Umwelt nicht haltbar, genauso wenig wie der Rückgriff auf die Idee der Lohnsatzelastizität, den der Staat mit Mindestlöhnen und Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände mit Tarifvereinbarungen unmöglich machen.
Auch Modifikationen, wie beispielsweise die Humankapitaltheorie, die eine Inhomogenität der Arbeitskräfte einräumt, oder der Job-Search-Ansatz, der eine unvollkommene Information und daraus entstehende Sucharbeitslosigkeit zugesteht, können diese Widersprüche nach Neuendorffs Ansicht nicht beiseite räumen:
„In letzter Konsequenz laufen die Aussagen der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie sowie all ihrer Varianten, die jeweils aus der Modifikation einer Annahme unter Beibehaltung der Grundstruktur des neoklassischen Paradigmas sich ergeben, immer darauf hinaus, dass Ungleichgewichte des Marktgeschehens temporärer Natur sind und langfristig immer durch das Wirken der Marktgesetze ausgeglichen werden.“ (ebd., S. 194)
Zu diesen theoretischen Zweifeln kamen auch politisch-praktische Beobachtungen: Bildungsprogramme und eine gezielte Förderung der schwarzen Minderheit im Amerika der 60er Jahre sollte den Farbigen zu einem höheren Durchschnittseinkommen verhelfen, allerdings blieb der Erfolg dieser Maßnahmen aus. Dies widersprach offensichtlich der neoklassischen Humankapitaltheorie, nach deren Voraussage ein erhöhtes Humankapital zu höherem Einkommen und verbesserten Beschäftigungschancen führen sollte.
Es waren also alternative Konzepte zur Erklärung des Arbeitsmarktes und seiner Ergebnisse von Nöten. Wie sahen diese aus?
Vertreter der hier zu behandelnden Theorien der Arbeitsmarktsegmentation verabschiedeten sich vom gleichgewichtstheoretischen Ansatz der Neoklassik und stellten diesem Konzept einen Vorschlag entgegen, der soziologische Erklärungsmuster beinhaltete. Man setzte bei „gesellschaftlich-ökonomischen Verhältnissen und Strukturen“an,„die den jeweiligen Arbeitskraftanbietern immer schon vorgeordnet sind und die deren Fähigkeiten, Verhaltensweisen und Handlungsmöglichkeiten in spezifischer Weise prägen.“(ebd., S.195)
Eine ganz bestimmte Strukturierung des Arbeitsmarktes schränkt also die Akteure auf dem Arbeitsmarkt in ihrem Handeln ein und beeinflusst die Ergebnisse der Handlungen. Was hat man sich unter dieser Struktur vorzustellen? Sengenberger (1987, S. 50) schreibt dazu:
„Arbeitsmarktstrukturierung sei definiert als relativ dauerhafte, gegen kurzfristig wirksame Marktkräfte resistente, regelhafte Gestaltung des Arbeitsmarktprozesses. Das Ergebnis dieses Prozesses (...) ist die Arbeitsmarktstruktur. Sie ist aber nicht nur Resultat vorangegangener regelhafter Prozesse, sie koordiniert zugleich zukünftige Anpassungs- und Verteilungsabläufe auf dem Arbeitsmarkt.(...)Die Normierungs- und Steuerungsquellen reichen von Prinzipien und Richtlinien betrieblicher Politik über Gewohnheitsrecht, schriftliche Betriebsvereinbarungen, tarifvertragliche Bestimmungen, gesetzliche Regelungen bis hin zu Rechtsverordnungen der Arbeitsverwaltung.“
Sengenberger und seine Kollegen sehen also ein relativ zementiertes Korsett, das als ein institutionalisiertes Produkt der Handlungen der gesellschaftlichen Akteure auf dem Arbeitsmarkt – v.a. Arbeitgeber und Arbeitnehmer – verstanden werden kann und Fragen wie: „Wer bekommt welche Arbeitsstelle?“, „Wer bekommt welche Aufstiegschancen?“ und: „Wie wird wer entlohnt?“ entscheidend beeinflussen.
Über den Wirkungsbereich dieser Arbeitsmarktstrukturierung schreiben Kalleberg und Sörensen (1979, S.351):
„The concept (...) refers broadly to the institutions and practices that govern the purchase, sale, and pricing of labour services. These structures include the means by which workers are distributed among jobs and the rules that govern employment, mobility, the acquisition of skills and training, and the distribution of wages and other rewards obtained contingent upon participation in the economic system.“
Viele Vertreter des institutionalistischen Ansätzen sehen nun darauf aufbauend eine „Segmentierung“ des Arbeitsmarktes, die den von Ökonomen postulierten freien Marktkräften entgegenwirken können. Was es mit diesem Segmentierungs-Gedanken auf sich hat, erläutert beispielsweise Sengenberger (1987, S. 52 ):
„Leitvorstellung derSegmentation ist es, dass sich der Gesamtarbeitsmarkt in eine Reihe von Teilmärkten aufgliedert, die eine innere Struktur aufweisen, mehr oder weniger gegeneinander abgeschirmt sind, möglicherweise auch mit unterschiedlichen Anpassungsformen und –instrumenten verknüpft sind und unterschiedliche Einkommens- und Beschäftigungschancen aufweisen.“
Damit ist ein klarer Unterschied zum statistischen Konzept der Arbeitsmärkte zu erkennen, das den Arbeitsmarkt lediglich anhand bestimmter äußerlicher Merkmale (Branche, Sektor, Region Geschlecht, Nationalität, berufliche Bildung u.a.) unterteilt und eine Aggregation dieser Merkmale zu einem Art System nicht kennt.
Welche Ideen zu der Segmentierung von Arbeitsmärkten entwickelt wurden, soll in den Abschnitten 4 („Dualer Arbeitsmarkt“) und 5 (Teilung des Arbeitsmarktes in 3 Marktsegmente) ausgeführt werden. Abschließend sollen aber noch die Folgen dieser Strukturierung des Arbeitsmarktes angedeutet werden. Diese sorgt mit ihren institutionalisierten Zugangs-Barrieren nämlich dafür, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen (ethnische Minderheiten, Jugendliche, Frauen, Bewohner stigmatisierter Viertel) systematisch aus einigen Arbeitsmarktsegmenten ausgeschlossen werden – trotz möglicherweise guter qualifikatorischer und persönlicher Eignung – und auf schlechtere Arbeitsstellen oder Alternativrollen (Mutter, Studium) verwiesen werden. Auch für eine unterschiedliche Entlohnung von Frauen mit diskriminierenden Mechanismen in den Segmenten findet man bei institutionalistischen Ansätzen überzeugendere Erklärungsansätze als bei der klassischen ökonomischen Theorie, genauso wie für geringere Karrierechancen von Schwarzen (vgl. Kalleberg und Sörensen,1979, S.369-372).
Weshalb aber kommt es überhaupt zur Bildung solcher Teilarbeitsmärkte und ihnen eigenen Anpassungsformen und –instrumenten und nicht zur Herausbildung des klassisch-ökonomischen Wettbewerbsmodell? Drei mögliche Erklärungsansätze zu dieser Frage möchte ich im kommenden Kapitel vorstellen.
3. Erklärungsansätze für segmentierte Arbeitsmärkte: Ökonomische Effizienz, Machtsicherung und politische Einflussnahme
Im wesentlichen lassen sich in der Literatur drei theoretische Strömungen ausmachen, die der Frage nachgehen, weshalb es zur Bildung verschiedener Segmente auf dem Arbeitsmarkt und zu eigenständigen institutionalisierten Regeln und Prozessen der Allokation und Gratifizierung von Arbeitskraft kam.
Starkes Gewicht besitzt die Vorstellung, dass diese Segmentierung ökonomischer Rationalität entspricht und nicht - wie von der Neoklassik behauptet – einen Bremsklotz in der Wirtschaft darstellt, der eine Räumung des Arbeitsmarktes und höhere Prosperität verhindert. Die Abschirmung eines Segments gegen den externen Arbeitsmarkt, die einseitig festgesetzten oder zwischen Arbeitsmarktparteien ausgehandelten Regeln der Entlohnung, der Beförderung oder der sozialen Anerkennung seien die effizienteste Form der Arbeitsorganisation.
Williamson, Wachter und Harris (1975) etwa argumentieren, dass die Besetzung von offenen Stellen mit Mitarbeitern des Betriebes gegenüber der Anstellung Arbeitsuchender aus dem sog. „externen“ Arbeitsmarkt (siehe Kapitel 4) die Transaktionskosten, v.a. die Einarbeitungs- und Qualifizierungskosten, niedrig hält. Auch eine relative Fixierung der Löhne auf bestimmten Positionen der Hierarchieleiter sei effizient, da Einzelverhandlungen zu zeitraubend und kostspielig wären.
Neuendorff (1983, S. 200) weist darauf hin, dass es bei der Zuteilung von Arbeitsstellen nach dem Modell des „internen Arbeitsmarktes“ (siehe Kapitel 4) v.a. auf 2 Arten von Qualifikationen ankäme, die am ehesten die „Mitglieder“ des internen Marktes aufwiesen:
„Betriebs- und anlagenspezifische Kenntnisse über die Funktionsbesonderheiten der jeweiligen technischen Aggregate und Anlagen einerseits und unspezifische normativ-moralische Qualifikationen, wie Betriebsloyalität, Kooperationsbereitschaft, Sorgfalt in der Aufgabenerledigung, geringe Fehlzeiten etc. andererseits. Das Vorliegen dieser beiden Qualifikationen ist aber bei Arbeitskräften des externen Arbeitsmarktes entweder unwahrscheinlich (betriebsspezifische Kenntnisse) oder nicht zuverlässig ermittelbar (moralische Qualifikationen).“
Dem Effizienzgedanken stellen die „Radical political Economics“ marxistisch geprägtes Gedankengut entgegen. Für sie sind die institutionalisierten Anpassungs- und Verteilungsmuster in einem Arbeitsmarktsegment eine Form der Herrschaftssicherung, der Kontrolle der Arbeitnehmer und der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Funktionsweisen.
Gordon (1972) beispielsweise argumentiert, dass durch eine Staffelung mit festgelegten Lohnhöhen für jede Hierarchiestufe und durch sichere Statuszugewinne bei Erklimmung einer höheren Stufe einer Kollektivbildung und einem Klassenbewusstsein der Arbeitnehmer entgegengewirkt werden soll.
Die Strukturen eines Arbeitsmarktsegmentes können nach Meinung der „Radicals“ im Einzelfall durchaus auch effizient sein, allerdings steht die Beherrschung der Angestellten im Vordergrund. Neuendorff (1983, S. 202) fasst zusammen, dass das entscheidende Argument dieses theoretischen Ansatzes sei, „dass für die meisten als ökonomisch effizient behaupteten Segmentationsprozesse auf Arbeitsmärkten, bzw. für die entsprechenden Organisationsformen von Arbeitsprozessen gleicherweise ökonomisch effiziente oder sogar effizientere Alternativen denkbar sind.“Grund für die Nichteinführung einer solchen alternativen Organisationsform sei eben das Bestreben die Arbeiterklasse aufzuspalten.
Lutz (1987, S. 8-9) erkennt im Zusammenhang mit der Erklärung von betriebsinternen Märkten (Siehe Kapitel 5) noch einen weiteren Argumentationsstrang – er nennt ihn „politische Erklärungsansätze“. Es geht diesem Konzept nach nicht um Machtsicherung der Kapitalisten gegenüber der Arbeiterklasse, sondern um gewerkschaftliche und sozialpolitische Errungenschaften, die es zu verteidigen gilt.
Im folgenden möchte ich nun einen klassischen Ansatz aus den Vereinigten Staaten vorstellen, der die wissenschaftliche Diskussion stark beeinflusst hat: Das Konzept des „Dual Labor Market“.
4. Zentrale Konzepte: Dualer Arbeitsmarkt, externe und interne Arbeitsmärkte
Die Haupt-Urheber dieses Konzeptes des dualen Arbeitsmarktes, Doeringer und Piore (1971), gehen von der Korrespondenz eines gespaltenen Gütermarktes und der Ausformung der segmentierten Arbeitsmärkte aus.
Die Segmentation des Arbeitsmarktes wird nach diesem Ansatz bedingt durch eine Spaltung des Gütermarktes in einen durch stabile Nachfrage gesicherten Kernbereich und einen sprunghafter und unstetiger Nachfrage ausgesetzten Randbereich. Im Hintergrund dieser Zweiteilung stehen einige wenige mächtige Großkonzerne, die den Markt kontrollieren, sich das stabile Nachfragesegment sichern und mit„kapitalintensiver Technologie und mit produktivitätserhöhender Arbeitsteilung (Spezialisierung) hohe Profitraten erzielen“(Sengenberger, 1987, S. 221), während sich die kleineren und mittelständischen Unternehmen in einem intensiven Wettbewerbskampf um den Rest des Kuchens, den Teil der instabilen Nachfrage, streiten. Die Wirtschaft des Randbereiches kämpft dabei unter anderen Voraussetzungen, denn sie verfügt über weniger Kapital und operiert mit„arbeitsintensiven, eher traditionellen bzw. antiquierten Produktionsverfahren“(ebd., S.223). Die Investition in Sachkapital lohnt deshalb wenig, da sich diese Firmen einer wechselhaften Kapazitätsauslastung – etwa saisonalen Schwankungen - und einem häufigen Produktwechsel - je nach Bedarf - ausgesetzt sehen.
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- Citation du texte
- Andreas Huber (Auteur), 2003, Arbeitsmarktsegmentation in Deutschland - institutionalistische Ansätze in der Arbeitsmarkttheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22603
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