Die abstrakten Begriffe Kultur und Struktur scheinen zunächst in keinem direkten Beziehungsverhältnis
zueinander zu stehen. Bei der näheren Betrachtung von grenzüberschreitend
operie renden Unternehmen lässt sich allerdings eine Verbindung zwischen diesen Begriffen
herstellen. Diese Arbeit versucht, diesen Zusammenhang von Kultur und Struktur näher zu
beleuchten. Der Aspekt der Kultur wird dabei durch die Kulturdimension „Konfuzianische
Dynamik“ vertreten; „strukturelle Führung“ als Dimension betrieblicher Führung
repräsentiert den Aspekt der Struktur.
Wie Abb. 1 zeigt, umgibt die Kultur eines Landes das Unternehmen und ist somit ein
wichtiges Element der Situation des Unternehmens, das nicht beeinflusst werden kann. Das
Individuum im Unternehmen wird somit sowohl durch die Umwelt, als auch durch die
Unternehmenskultur beeinflusst. [...]
Die Unternehmensführung muss somit auch stets die das Unternehmen umgebende Kultur
berücksichtigen. Im Zuge der Internationalisierung muss allerdings neben der Kultur des
Heimatlandes auch die Kultur des Gastlandes in die Planung miteinbezogen werden; es muss
ein ,fit‘ zwischen unternehmensinternen Variablen und der Landeskultur angestrebt werden
(vgl. SIEDENBIEDEL 2000, S. 265). Daher ist es im Bereich des internationalen Managements
von essentieller Bedeutung, die verschiedenen Kulturen und deren Auswirkungen auf ein
grenzüberschreitend operierenden Unternehmens zu kennen. Hofstede und Bond fassen dies
treffend zusammen: „Whether they like it or not, the headquarters of multinationals are in the
business of multicultural management.” (vgl. HOFSTEDE/BOND 1988, S. 20).
Inhalt
1. Kultur und Struktur
2. Die Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“
2.1 Kulturdimensionen nach Hofstede
2.2 Die Entdeckung einer fünften Kulturdimension
2.3 Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“
3. Strukturelle Führung
3.1 Dimensionen der strukturellen Führung
3.2 Strukturelle Führung in grenzüberschreitend operierenden Unternehmen
4. Konfuzianische Dynamik und strukturelle Führung
4.1 Beziehung zwischen Heimatland und Ausland
5. Abschließende Bewertung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Kulturelle Einflüsse und Systemebenen der Situation (Quelle: Siedenbiedel 2000)
Tabelle 1: Punktwerte des Index der Langfristigen Orientierung (Quelle: Hofstede 1993, S. 191)
Tabelle 2: Hauptunterschiede zwischen Gesellschaften mit Kurzfristiger bzw. Langfristiger Orientierung (Quelle: Hofstede 1993, S. 197)
Tabelle 3: Effekte und Anforderungen an die unternehmerische Realität
Tabelle 4: Exemplarische Unterschiede zwischen den betrachteten Unternehmen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Kultur und Struktur
Die abstrakten Begriffe Kultur und Struktur scheinen zunächst in keinem direkten Beziehungsverhältnis zueinander zu stehen. Bei der näheren Betrachtung von grenzüberschreitend operierenden Unternehmen lässt sich allerdings eine Verbindung zwischen diesen Begriffen herstellen. Diese Arbeit versucht, diesen Zusammenhang von Kultur und Struktur näher zu beleuchten. Der Aspekt der Kultur wird dabei durch die Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“ vertreten; „strukturelle Führung“ als Dimension betrieblicher Führung repräsentiert den Aspekt der Struktur.
Wie Abb. 1 zeigt, umgibt die Kultur eines Landes das Unternehmen und ist somit ein wichtiges Element der Situation des Unternehmens, das nicht beeinflusst werden kann. Das Individuum im Unternehmen wird somit sowohl durch die Umwelt, als auch durch die Unternehmenskultur beeinflusst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Kulturelle Einflüsse und Systemebenen der Situation (Quelle: Siedenbiedel 2000)
Die Unternehmensführung muss somit auch stets die das Unternehmen umgebende Kultur berücksichtigen. Im Zuge der Internationalisierung muss allerdings neben der Kultur des Heimatlandes auch die Kultur des Gastlandes in die Planung miteinbezogen werden; es muss ein ,fit‘ zwischen unternehmensinternen Variablen und der Landeskultur angestrebt werden (vgl. Siedenbiedel 2000, S. 265). Daher ist es im Bereich des internationalen Managements von essentieller Bedeutung, die verschiedenen Kulturen und deren Auswirkungen auf ein grenzüberschreitend operierenden Unternehmens zu kennen. Hofstede und Bond fassen dies treffend zusammen: „Whether they like it or not, the headquarters of multinationals are in the business of multicultural management.” (vgl. Hofstede/Bond 1988, S. 20).
2. Die Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“
Um die Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“ darstellen und analysieren zu können, ist es zunächst erforderlich, die von Geert Hofstede entwickelten Kulturdimensionen kurz zu betrachten, da die „Entdeckung“ der Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“ erst auf Basis der Untersuchungen Hofstedes möglich war.
2.1 Kulturdimensionen nach Hofstede
Geert Hofstede wertete in den 1970er Jahren die Daten einer sehr umfassenden Mitarbeiter-Befragung des IBM-Konzerns aus. Die IBM-Mitarbeiter waren 1968 und 1972 mit Hilfe eines Fragebogens zu ihren persönlichen Werten befragt worden. Die insgesamt 116.000 Fragebögen wurden statistisch ausgewertet, so dass nach der zweiten Befragungswelle Ergebnisse für 50 Länder und 3 Länderregionen vorlagen. Diese Datenbasis war für Hofstedes länder- und kulturvergleichende Studien sehr gut geeignet, da sich die Stichprobenelemente nahezu nur in ihrer jeweiligen Nationalität unterschieden (vgl. Hofstede 1993, S. 295 f.).
Die Analyse führte zu vier Kulturdimensionen mit denen nationale Kulturen charakterisiert werden können. Diese Kulturdimensionen sind
- Machtdistanz/Machtgefälle,
- Individualität versus Kollektivismus,
- Maskulinität versus Femininität und
- Unsicherheitsvermeidung.
Für jede dieser Kulturdimensionen wurde ein Indexwert ermittelt. Dieser Index gibt die relative Position der Länder zueinander an (vgl. Hofstede 1993, S. 29). Durch diese Formalisierung der Werteanalyse wird es möglich, die untersuchten Länder hinsichtlich der vier Kulturdimensionen zu charakterisieren. Um eine nationale Kultur zu beschreiben, ist es allerdings erforderlich, alle vier Dimensionen mit einzubeziehen, da nur so ein umfassendes Bild der Kultur des betrachteten Landes entsteht.
2.2 Die Entdeckung einer fünften Kulturdimension
Die Arbeiten von Hofstede sind sicherlich bahnbrechend. Allerdings lassen sich Hofstedes Forschungsergebnisse in einem Punkt kritisieren: die in der IBM-Studie verwendeten Fragebögen wurden von westlichen Wissenschaftlern entwickelt, dann weltweit eingesetzt und anschließend auch von westlichen Wissenschaftlern ausgewertet. Es ist somit zu fragen, ob eine ähnlich durchgeführte Analyse, die aber vor einem anderen kulturellen Hintergrund entwickelt wurde, zu den gleichen oder zu anderen Ergebnissen kommt. Die Chinese Culture Connection, eine Gruppe von 24 Sozialwissenschaftlern unter Leitung von Michael Bond, präzisierte diese Überlegungen in zwei Fragen: „Are his [Hofstedes, Anm. des Verf.] dimensions sufficiently robust or culture-free that they can be detected from another culture’s vantage point? Do results from this other cultural tradition suggest new dimensions of cultural variation invisible to the Western conceptual retina?“ (The Chinese Culture Connection 1987, S. 144).
Ausgehend von diesen Überlegungen entwickelte das Forscherteam eine Befragung zu chinesischen Werten, die Chinese Value Survey (CVS). Chinesische Sozialwissenschaftler wurden gebeten, Werte, die für Chinesen von fundamentaler Bedeutung sind, zusammenzustellen. So ergab sich ein Katalog aus 40 Grundwerten in chinesischer Sprache. Dieser Fragebogen wurde dann in einem mehrstufigen Abstimmungsprozess ins Englische übersetzt; sofern weitere Übersetzungen erforderlich waren, wurde besonderen Wert auf eine möglichst große Übereinstimmung mit dem chinesischen Original-Fragebogen gelegt. Befragt wurden schließlich Studierende an Hochschulen in 23 Ländern. Aufgabe der Probanden war es, auf einer Skala von eins bis neun (1 = äußerst wichtig, 9 = überhaupt nicht wichtig) anzugeben, welche Bedeutung die 40 Wertevorstellungen für sie persönlich haben (vgl. The Chinese Culture Connection 1987, S. 148).
Die Auswertung der Befragung folgte in weiten Teilen dem Vorgehen Hofstedes. Die Faktoranalyse ergab vier Faktoren, die sich jeweils aus einer Anzahl von Werten zusammensetzten. Diese vier Faktoren wurden bezeichnet mit
- Integration (CSV I),
- Konfuzianische Dynamik (CVS II),
- Menschlichkeit (CVS III) und
- Moralische Disziplin (CVS IV).
Da 20 der 23 Länder in denen die Studie der Chinese Culture Connection durchgeführt wurde identisch mit Ländern aus der IBM-Studie waren, konnten auf dieser soliden Basis weitergehende Untersuchungen vorgenommen werden. Identifiziert wurden dabei folgende korrelierenden „Paare“ (vgl. Hofstede 1993, S. 186f.): die Kulturdimension Machtdistanz korrelierte mit dem CVS-Faktor Moralische Distanz (CVS IV), Integration (CVS I) mit Individualismus/Kollektivismus und die Kulturdimension Maskulinität/Femininität mit dem CVS-Faktor Menschlichkeit (CVS III). Alle diese Dimensionen beschreiben verschiedene Ausprägungen des sozialen Verhaltens.
Für die Kulturdimension Unsicherheitsvermeidung konnte in der Chinese Value Survey kein entsprechender Faktor ermittelt werden. Allerdings konnte auch keine Verbindung zwischen dem Faktor Konfuzianische Dynamik (CVS II) und den Kulturdimensionen nach Hofstede festgestellt werden. Für die einzelnen Werte dieses Faktors fanden sich keine entsprechenden Gegenpaare in der IBM-Studie.
Aus diesen Ergebnissen lassen sich eine Reihe von Schlussfolgerungen ziehen. Die universelle Gültigkeit der von Hofstede beschriebenen Kulturdimensionen konnte für drei der vier Dimensionen nachgewiesen werden. Dass sich für die Kulturdimension Unsicherheitsvermeidung keine Entsprechung in der Chinesischen Wertestudie fand, zeigt, dass die Werte, die der Dimension Unsicherheitsvermeidung zugrunde liegen nur in westlichen Gesellschaften von Bedeutung sind. Umgekehrt dokumentiert die Entdeckung der Dimension Konfuzianische Dynamik die Tatsache, dass bestimmte Werte nur in östlichen Gesellschaften als relevant erachtet werden (vgl. Hofstede/Bond 1988, S. 15f.). Die Werte, die der Kulturdimension Unsicherheitsvermeidung zu Grunde liegen, beziehen sich alle auf die Suche des Menschen nach einer absoluten Wahrheit. Dagegen beschreibt die Konfuzianische Dynamik die tugendhafte Art zu leben.
Hofstede kommentiert diese Erkenntnisse folgendermaßen: „Bonds Arbeit brachte uns nicht nur diese höchst bedeutsame neue Dimension, sondern zeigte auch die alles durchdringende Wirkung der Kultur: selbst der Geist der sie untersuchenden Wissenschaftler ist nach deren eigenem spezifischen kulturellen Rahmen programmiert.“ (Hofstede 1993 S. 29).
2.3 Kulturdimension „Konfuzianische Dynamik“
Die Bezeichnung „Konfuzianische Dynamik“ ist darauf zurückzuführen, dass nahezu alle Werte dieser Kulturdimension direkt aus den Lehren des Konfuzius abgeleitet werden können. Die Lehren des Konfuzius (551-479 v. Chr.) beinhalten recht pragmatische Regeln die ohne Bezug zu einer Religion auskommen. Zur Bedeutung Konfuzius’ und seiner Lehren lässt sich anmerken: „In seiner Lehre wie in seinem Auftreten vermittelt Konfuzius eine Ethik, die einen hohen und universellen moralischen Anspruch mit den Traditionen seiner Kultur zu verbinden sucht. Und wenngleich sie in unserem Jahrhundert schon mehrfach zu Grabe getragen wurde, scheint ihre Faszination ungebrochen zu sein.“ (Roetz 1995, S. 7). Die noch heute große Bedeutung Konfuzius’ wird sich auch in der weiteren Betrachtung der Kulturdimension Konfuzianische Dynamik widerspiegeln.
Die Konfuzianische Dynamik ist eine bipolar angelegte Kulturdimension. Ihre Pole sind die Langfristige Orientierung und die Kurzfristige Orientierung in der Gesellschaft (vgl. Hofstede 1993, S. 188ff.).
Der Pol Langfristige Orientierung setzt sich aus den folgenden Werten zusammen:
- Ausdauer, Beharrlichkeit
- Ordnung der Beziehungen nach dem Status
- Einhaltung der bestehenden Ordnung
- Sparsamkeit
- Schamgefühl
Der Pol Kurzfristige Orientierung ist gekennzeichnet durch die nachstehenden Werte:
- Persönliche Standhaftigkeit und Festigkeit
- Wahrung des “Gesichts”
- Respekt vor der Tradition
- Erwiderung von Gruß, Gefälligkeiten und Geschenken
Auch für die Kulturdimension Konfuzianische Dynamik wurde, wie auch schon bei den Kulturdimensionen Hofstedes, ein Index aufgestellt: der Index der Langfristigen Orientierung (ILO). Die Punktwerte der 23 untersuchten Länder wurden in eine Skala umgesetzt, die nun die relativen Positionen der Länder wiedergibt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Punktwerte des Index der Langfristigen Orientierung
(Quelle: Hofstede 1993, S. 191)
Wie Tabelle 1 zeigt, werden die ersten fünf Positionen von ostasiatischen Ländern eingenommen. An der Spitze steht dabei China, als Heimatland Konfuzius’, mit einem Indexwert von 118. Thailand und Singapur liegen auf den Rängen 8 und 9 und somit hinter Brasilien und Indien. Mit deutlichem Abstand und einem ILO-Punktwert von 48 folgen auf Rang 10 die Niederlande. Der Bereich der mittleren Punktwerte umfasst darüber hinaus mit Schweden, Polen, Deutschland, Australien und den USA eine Reihe westlich orientierter Länder. Mit einem ILO-Punktwert von je 25 belegen Großbritannien und Simbabwe den 18. bzw. 19. Rang. Kanada liegt mit einem ILO-Punktwert von 23 auf Rang 20. Das untere Ende der Skala markieren die Philippinen, Nigeria und mit deutlichem Abstand und einem Indexwert von 0: Pakistan.
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- Quote paper
- Stefan Kluss (Author), 2003, Kulturdimension "Konfuzianische Dynamik" und strukturelle Führung in grenzüberschreitend operierenden Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22533
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