Auf den ersten Blick betrachtet, handelt Arthur Schnitzlers Traumnovelle von einem jungen Ehepaar, das versucht, eine Ehekrise zu bewältigen, doch auf den zweiten Blick betrachtet, behandelt Schnitzler einen weitaus größeren Themenbereich, nämlich die unterschiedlichen Perspektiven, aus denen Männer und Frauen auf die Welt blicken. Konflikte werden von Männern und Frauen unterschiedlich bewältigt. Ein Mann tendiert dazu, sich seines Verstandes zu bedienen und sich von ihm lenken zu lassen, eine Frau hingegen handelt tendenziell eher emotional und intuitiv, wobei keine strikte Einteilung vollzogen werden kann, da beide Geschlechter von apollinischen und dionysischen "Kräften" wechselseitig dominiert werden. In diesem Aufsatz möchte ich, anhand von Textbeispielen aus Schnitzlers Traumnovelle aufzeigen, inwieweit meine These auf eine der Hauptfiguren, Fridolin, zutrifft. Ich werde mich zunächst auf die dionysische Seite in ihm konzentrieren und belegen, dass er nicht der rationale Mann ist, der er vorgibt zu sein, um dann anschließend seine apollinischen Züge zu analysieren.
Auf den ersten Blick betrachtet, handelt Arthur Schnitzlers Traumnovelle von einem jungen Ehepaar, das versucht, eine Ehekrise zu bewältigen, doch auf den zweiten Blick betrachtet, behandelt Schnitzler einen weitaus größeren Themenbereich, nämlich die unterschiedlichen Perspektiven, aus denen Männer und Frauen auf die Welt blicken.
Konflikte werden von Männern und Frauen unterschiedlich bewältigt. Ein Mann tendiert dazu, sich seines Verstandes zu bedienen und sich von ihm lenken zu lassen, eine Frau hingegen handelt tendenziell eher emotional und intuitiv, wobei keine strikte Einteilung vollzogen werden kann, da beide Geschlechter von apollinischen und dionysischen 1`'Kräften" wechselseitig dominiert werden.
In diesem Aufsatz möchte ich, anhand von Textbeispielen aus Schnitzlers Traumnovelle aufzeigen, inwieweit meine These auf eine der Hauptfiguren, Fridolin, zutrifft.
Ich werde mich zunächst auf die dionysische Seite in ihm konzentrieren und belegen, dass er nicht der rationale Mann ist, der er vorgibt zu sein, um dann anschließend seine apollinischen Züge zu analysieren.
Fridolin repräsentiert den Prototyp eines Mannes, der sich hinter seiner Rationalität und hinter seinem Beruf als Arzt und Familienvater versteckt und unter diesem ,, Deckmäntelchen" ein Doppelleben führt. Er möchte sich nicht eingestehen, dass auch in ihm dionysische Kräfte verborgen liegen, die dann in Erscheinung treten, wenn er beispielsweise in Kapitel 1 von dem jungen, unschuldig wirkenden Mädchen erzählt, dem er am dänischen Strand begegnet ist. Es war ein ganz junges, vielleicht fünfzehnjähriges Mädchen mit aufgelöstem blonden Haar, das über die Schultern und auf der einen Seite ueber die zarte Brust herabfloss.2 Dann reckte sie den jungen schlanken Körper hoch, wie ihrer Schönheit froh, und, wie leicht zu merken war, durch den Glanz meines Blickes, den sie auf sich fühlte, stolz und süß erregt.3 Die Attribute, die Fridolin wählt, um seiner Frau das junge Mädchen zu beschreiben, zeigen deutlich sein Verlangen nach diesem Mädchen und die subjektiven Empfindungen Fridolins, die unbewusst durch seine Triebe gelenkt werden. Aufgrund seiner Phantasie sieht er diese junge Frau nicht als ein ,,normales" junges Mädchen, sondern als Objekt seiner Begierde und interpretiert ihre Mimik und Gestik rein sexuell.
Ein weiteres Beispiel, das zeigt, dass es Fridolin nicht immer gelingt, seine Ängste und Unsicherheiten mit Ratio zu bewältigen, findet sich in Kapitel 3, als er, - nach dem Tod des Hofrats, die Strasse hinunterläuft und ihn Gedanken bezüglich seiner eigenen Vergänglichkeit quälen. Oder gar Blutvergiftung?- Und in acht Tagen so weit wie der Herr in der Schreyvogelgasse unter der Bettdecke aus braunem Flanell! Und sein Beruf! Gefahren von allen Seiten und in jedem Augenblick- man vergaß nur immer wieder dran.4 Fridolin ist verunsichert, da er gerade mit dem Tod konfrontiert worden ist und ihm dadurch seine eigene Sterblichkeit vor Augen geführt wurde. Er hat die ärztliche Distanz des Betrachtens verloren und ist nun selbst emotional involviert. Die gespenstische Atmosphäre - links und rechts waren kleine schmutzig weiße Häufchen aufgeschichtet, die Gasflammen in den Laternen flackerten, von einer nahen Kirche schlug es elf 5 - entführt ihn in eine unheimliche Welt, in der er irrationalen Gedanken freien Lauf lassen kann und die ihn in eine depressive Stimmung versetzt . Er selbst erschien sich wie entronnen; nicht so sehr einem Erlebnis als vielmehr einem schwermütigen Zauber, der keine Macht über ihn gewinnen sollte.6
Auf diesem Spaziergang begegnet er der Prostituierten Mizzi und es wird erneut deutlich, dass er von dionysischen Kräften überwältigt und gelenkt wird. Er versucht Mizzi zum Geschlechtsverkehr zu bewegen und gibt sich dabei seinen Trieben hin - ohne den Versuch diese mit Rationalität zu kontrollieren. Erst Mizzis Widerstand lässt ihn erkennen, dass er im Begriff war, unmoralisch zu handeln . Er zog sie an sich, er warb um sie, wie um ein Mädchen, wie um eine geliebte Frau. Sie widerstand, er schämte sich und liess endlich ab.7 Das Schamgefühl, das Fridolin empfindet, zeigt, dass er sich seiner Handlungsweise bewusst wird und die in ihm verinnerlichten Normen wieder in sein Bewusstsein zurückgekehrt sind.
Die prägnantesten Beispiele für die dionysische, irrationale Seite in Fridolin ist der Maskenball der geheimen Gesellschaft in Kapitel 4, sowie seine Reaktion auf Albertines Traum in Kapitel 6.
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- Citar trabajo
- Nicole Schirmann (Autor), 2001, Schnitzler, Arthur - Traumnovelle - Dionysisches versus Apollinisches, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22272