Die Familie ist die erste Gemeinschaft, in die ein Mensch hineingeboren wird. In ihr sammelt er seine ersten und eindruckvollsten Erfahrungen, z.B. über Kultur, Normen und Werte der Gesellschaft. Sie dienen ihm beim lebenslangen Prozess der Identitätsbildung als Grundlage. Daher kommt der Familie eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe zu, die „... Ausbildung einer gesellschaftsfähigen, sozial integrierten Persönlichkeit des jungen Menschen.“ Das geschieht in einem Sozialisationsprozess, da Eltern ihrem Kind am Anfang als Modelle für die Nachahmung dienen. Durch ihre Beziehungen zueinander und zum Kind selbst prägen sie dessen Persönlichkeit und beeinflussen seine Einstellungen, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen. Von der Art und Weise, wie in der Familie Gefühle und Gedanken ausgetauscht werden und welche Formen der Kooperation und Konfliktregelung dominieren, hängt es ab, ob sie das Kind zu einem Menschen erziehen, der zu unabhängigem Handeln, Entscheiden und Urteilen fähig ist, oder zu einer autoritätsabhängigen, unselbstständigen und gehorsamen Person und dadurch seine Sozialisation gefährden. Familiäre Gewalt als einer der wichtigsten Störfaktoren der kindlichen Sozialisation bringt auch weitere negative Folgen für die kindliche Entwicklung mit sich.
Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
II. Begriff und Formen
1) Körperliche Gewalt
a) Körperliche Bestrafung
b) Körperliche Misshandlung
c) Vernachlässigung
d) Sexueller Missbrauch
2) Psychische Gewalt
III. Ursachen
1) Sozioökonomische Situation
2) Familiäre Verhältnisse
a) Familienstand
b) Anzahl der Kinder
c) Unerwünschte Kinder
3) Psychisch-individuelle Ursachen
4) Verhalten des Kindes
5) Gewalterfahrungen in der Kindheit
6) Auslöser sexueller Misshandlung
IV. Folgen und Auswirkungen
1) Physische Schäden
2) Psychische Schäden
3) Entwicklungsstörungen
4) Folgen des sexuellen Missbrauchs
5) Auswirkungen auf die Sozialisation der Kinder
V. Zusammenfassung
VI.
Literaturverzeichnis
I. Einführung
Die Familie ist die erste Gemeinschaft, in die ein Mensch hineingeboren wird. In ihr sammelt er seine ersten und eindruckvollsten Erfahrungen, z.B. über Kultur, Normen und Werte der Gesellschaft. Sie dienen ihm beim lebenslangen Prozess der Identitätsbildung als Grundlage. Daher kommt der Familie eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe zu, die „... Ausbildung einer gesellschaftsfähigen, sozial integrierten Persönlichkeit des jungen Menschen.“[1] Das geschieht in einem Sozialisationsprozess, da Eltern ihrem Kind am Anfang als Modelle für die Nachahmung dienen. Durch ihre Beziehungen zueinander und zum Kind selbst prägen sie dessen Persönlichkeit und beeinflussen seine Einstellungen, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen. Von der Art und Weise, wie in der Familie Gefühle und Gedanken ausgetauscht werden und welche Formen der Kooperation und Konfliktregelung dominieren, hängt es ab, ob sie das Kind zu einem Menschen erziehen, der zu unabhängigem Handeln, Entscheiden und Urteilen fähig ist, oder zu einer autoritätsabhängigen, unselbstständigen und gehorsamen Person und dadurch seine Sozialisation gefährden. Familiäre Gewalt als einer der wichtigsten Störfaktoren der kindlichen Sozialisation bringt auch weitere negative Folgen für die kindliche Entwicklung mit sich.
II. Begriff und Formen
Gewalt ist laut Brockhaus die „Anwendung von physischem und psychischem Zwang gegenüber Menschen ...“ Gewalt „... umfasst
- die rohe, gegen Sitte und Recht verstoßende Einwirkung auf Personen sowie
- das Durchsetzungsvermögen in Macht- und Herrschaftsbeziehungen (z.B. Staats-Gewalt) ...“[2] Hierzu zählt auch die elterliche Gewalt, die den Eltern ein Herrschaftsrecht über ihr Kind einräumt und im Rahmen derer u. U. eine Prügelstrafe und vorsätzliche körperliche Züchtigungen als Erziehungsmittel gebilligt werden. Diese Art körperlicher Gewalt in den Familien kommt noch sehr oft vor, obwohl der Begriff „elterliche Gewalt“ offiziell verdrängt wurde.[3] So ist im BGB nicht mehr von elterlicher Gewalt die Rede, sondern von „elterlicher Sorge“ (§1626).
Die Gesetzgebung sieht vor, dass Kinder in der familiären Pflege und Erziehung eine aktive Rolle annehmen, indem ihre wachsende Fähigkeit und ihr Bedürfnis zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigt wird.
Sobald es der Entwicklungsstand des Kindes zulässt, müssen alle Fragen der elterlichen Sorge mit dem Kind abgesprochen und auf sein Einverständnis oder seine Ablehnung Rücksicht genommen werden.[4] Zudem sind nicht nur Kinder ihren Eltern, sondern auch Eltern ihren Kindern Beistand und Rücksicht schuldig.[5] Leider sieht die Wirklichkeit anders aus, als die Gesetzgebung es gerne möchte.
1) Körperliche Gewalt
Obwohl die Kinder heute mehr Rechte und Schutz genießen und nicht mehr als Eigentum ihrer Eltern betrachtet werden, spielt sich immer noch Gewalt in der Familie ab.[6] „Neun von zehn Kindern sind schon einmal von einem Mitglied ihrer eigenen Familie geschlagen worden, allein acht von zehn von den Eltern ... „(... .)“ Nur halb so viele Kinder sind schon einmal von Spielkameraden, Lehrern, Bekannten der Eltern oder Fremden geschlagen worden.“[7] Ohrfeigen, Schläge auf Hände oder Hintern ohne oder mit verschiedenen Gegenständen, Schütteln von Neugeborenen oder Kleinkindern, Quälen, sexueller Missbrauch und sogar Mord sind Erscheinungsformen der körperlichen Gewalt gegen Kinder. „Körperliche Gewalt gegen Kinder ereignet sich als körperliche Bestrafung, körperliche Misshandlung, Vernachlässigung und sexueller Missbrauch“.[8]
a) Körperliche Bestrafung
Körperliche Bestrafung als Züchtigungsmittel ungezogener und unfolgsamer Kinder wird in jeder Familie angewandt und von der Öffentlichkeit als pädagogische Maßnahme gebilligt. Ein einzelner Vorgang ist für das Kind leichter ohne irgendwelche Schäden zu akzeptieren und zu verarbeiten. Wiederholen und verschärfen sich die Angriffe, so rufen sie sehr wahrscheinlich physische und psychische Schäden hervor[9]. Nun ist nicht mehr die Rede von körperlicher Bestrafung, sondern körperlicher Misshandlung.
b) Körperliche Misshandlung
Körperliche Misshandlung wird als eine durch schwere, beabsichtigte körperliche Schädigung des Kindes definiert.[10]
Die Formen dieser Gewaltausübung sind sehr unterschiedlich und reichen von
- einer Tracht Prügel,
- dem Ziehen an den Haaren,
- Treten mit den Füssen in Gesicht und Körper,
- Schlagen mit Gürteln, Teppichklopfern, Kleiderbügeln, Schuhen oder Kabeln,
- sadistischem Quälen durch Ausdrücken brennender Zigaretten auf nackter Haut,
- Verbrühen durch heißes Wasser,
- der Vergewaltigung bis zu
- Vergiftungs-, Erstickungs- und Ertränkungsversuchen, die oft mit dem Tod enden.
c) Vernachlässigung
Die Vernachlässigung der Kinder gehört ebenfalls zu Formen körperlicher Gewalt. Man sollte sie aber nicht mit der körperlichen Misshandlung gleichstellen, zumindest was ihre Verhaltensweisen betrifft. Vernachlässigung führt, wie die körperliche Misshandlung, vielfach zur Gesundheitsschädigung, im Gegensatz zur körperlichen Misshandlung aber nicht durch Zufügung physischer Gewalt, sondern Vernachlässigung der Sorgepflicht der Erziehungsberechtigten. „Von Vernachlässigung wird im allgemeinen dann gesprochen, wenn ein Kind unzureichend ernährt, gepflegt, geschützt und medizinisch versorgt wird, so dass die Gesundheit des Kindes bedroht ist.“[11] Viele Wissenschaftler machen aber zwischen diesen beiden Formen der Gewalt keine Unterschiede.[12]
d) Sexueller Missbrauch
Eng mit der körperlichen Gewaltausübung ist das Problem sexueller Angriffe unter Familienmitgliedern verbunden, häufig von Seiten der Eltern oder Elternersatzpersonen, insbesondere des Vaters oder Stiefvaters (siehe Kapitel III.6).
Bereits aus der Abhängigkeit vom Täter kann für das Opfer eine nötigungsähnliche Situation entstehen, die es zwingt, die Handlungen des Angreifers zu dulden, ohne dass dieser körperliche Gewalt oder Drohungen einsetzt. Deshalb und da weder die Ursachen noch die hervorgerufen Schäden ohne weiteres mit den Ursachen und Schäden rein körperlicher Misshandlungen gleichgesetzt werden können, wird dieses vielschichtige Problem oft zurecht als eigenständiger Bereich betrachtet. Dies ist aber im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich.
[...]
[1] Lüschen, Günther, König, René, Jugend in der Familie, München, 1965, S. 13, zitiert nach: Schneider, Ursula, Körperliche Gewaltanwendung in der Familie: Notwendigkeit, Probleme und Möglichkeiten eines strafrechtlichen und strafverfahrensrechtlichen Schutzes, Duncker u. Humblot, Berlin, 1987, S.43
[2] <http://www.brockhaus.xipolis.net/suche/suche_treffer_detail.php?lemma=Gewaltwerk_id=3>(10.03.03)
[3] Vgl. Nave-Herz, Rosemarie, Makefka, Manfred, (Hrsg.), Handbuch der Familien- und Jugendforschung, Luchterhand, Neuwied, 1989, S. 24
[4] Vgl. BGB 2002, § 1626, Abs. 2
[5] Vgl. BGB 2002, §1618a
[6] Vgl. Habermehl, Anke, Gewalt in der Familie: Ausmaß und Ursachen körperlicher Gewalt, Dissertation an der Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie, WS 1987/88, S. 7
[7] ebd.
[8] Habermehl, a. a. O., S. 13
[9] Vgl. Schneider, a. a. O., S. 66
[10] Vgl. Habermehl, a. a. O., S. 14
[11] Habermehl, a. a. O., S. 14
[12] Vgl. Zenz, Gisela, Kindesmisshandlung und Kindesrechte: Erfahrungswissen, Normstruktur und Entscheidungsrationalität, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1979, S. 96
- Quote paper
- Iryna Kopiyevska (Author), 2003, Familiäre Gewalt gegen Kinder: Begriff, Ursachen, Auswirkungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22189
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