Die Kartoffel ist sowohl aus pflanzenbaulicher als auch aus ökonomischer Sicht eine wichtige Kultur im ökologischen Landbau. Nachhaltig verträgliche Aufbaustrategien für Speisekartoffeln im Hinblick auf die Ertragssicherung
und Qualitätsverbesserung haben sich in der Praxis als erfolgreich erwiesen, doch es besteht noch besonderer Forschungsbedarf vor allem bei der Regulierung von Krankheiten und den Minderungsstrategien für den umstrittenen Kupfereinsatz. Übergeordnete Bedeutung haben alle präventiven Anbaumaßnahmen,
die den Verzicht auf konventionell übliche Methoden effizient ausgleichen. Dies ist mit einem erhöhten Arbeitsaufwand verbunden, zahlt sich aber im Endeffekt durch eine hohe Qualität aus, von der sowohl Produzent als auch Verbraucher profitieren.
Schlüsselwörter: Anbau, biologisch/ökologisch, (Speise-) Kartoffel, Landwirtschaft, Nachhaltigkeit
Zusammenfassung
Die Kartoffel ist sowohl aus pflanzenbaulicher als auch aus ökonomischer Sicht eine wichtige Kultur im öko- logischen Landbau.[1] Nachhaltig verträgliche Aufbaustrategien für Speisekartoffeln im Hinblick auf die Ertrags- sicherung und Qualitätsverbesserung haben sich in der Praxis als erfolgreich erwiesen, doch es besteht noch besonderer Forschungsbedarf vor allem bei der Regulierung von Krankheiten und den Minderungsstrategien für den umstrittenen Kupfereinsatz. Übergeordnete Bedeutung haben alle präventiven Anbaumaßnahmen, die den Verzicht auf konventionell übliche Methoden effizient ausgleichen. Dies ist mit einem erhöhten Ar- beitsaufwand verbunden, zahlt sich aber im Endeffekt durch eine hohe Qualität aus, von der sowohl Produ- zent als auch Verbraucher profitieren.
Schlüsselwörter: Anbau, biologisch/ökologisch, (Speise-) Kartoffel, Landwirtschaft, Nachhaltigkeit
Abstract
The Potato is an important crop in organic agriculture with view to plant production and economy. Sustainable farming practices of ware potatoes have proved in practice to be successful with respect to stability of yield and the improvement of quality. Research is still needed for the regulation of diseases and the mitigation strategies for the controversial use of copper. Preventive measures of cultivation have a superior importance because they have to compensate efficiently the waiver of the usual conventional methods. This is associated with an increased workload, but in the end it has the advantage of a high quality, the benefit of both producer and consumer.
Key words: agriculture, cultivation, organic/ecological, (ware) potato, sustainability
1 Einführung
Die Kartoffel (Solanum tuberosum L.) gehört durch ihre hohe Nährstoffdichte, dem Stärkegehalt und der ho- hen biologische Wertigkeit des enthaltenen Proteins zu den weltweit bedeutendsten Lebensmitteln aus der Familie der Nachtschattengewächse (DGE 2010). Besonders Kartoffeln aus ökologischer[2] Landwirtschaft
haben ein hohes Marktpotenzial bezogen auf die Nachfrage privater Haushalte. Im Jahr 2010 rangierten Kar- toffeln im Biolebensmittel-Bereich nach Eiern mit 7,0 Prozent und Frischgemüse mit 5,4 Prozent an dritter Stelle mit einem Anteil von 4,7 Prozent (AMI 2011: 9). Dies verdeutlicht, dass der Kartoffelanbau und -absatz für den ökologischen Landbau in Deutschland von hoher Bedeutung ist und dass daher weiterhin die Aus- dehnung des Anbaues bei guter Qualität zu unterstützen ist (Böhm et al. 2011a: 18f.). Um eine Bewertung des Kartoffelanbaus auch hinsichtlich ökologischer Aspekte zu ermöglichen, muss die gesamte Prozesskette laut Böhm und Haase (2003: 37f.) in Abhängigkeit der jeweiligen Verwertungsrichtung betrachtet werden. Hier soll Fokus auf die Verwendung als Speisekartoffel genommen werden, da diese nach Angaben des Sta- tistischen Bundesamtes (2012) den höchsten Anbauanteil ausmachen. Verarbeitungs- und Industrieware
oder die Nutzung als Pflanzgut sind weitere Verwertungsrichtungen der Kartoffel. Besondere Bedeutung ha- ben die folgenden Themengebiete: Genotyp (Sortenwahl und Züchtung), Pflanzguterzeugung und -qualität, Anbau (Anbautechnik mit Bestandspflege, Fruchtfolge, Düngung und Pflanzenschutz) sowie Ernte und Lage- rung. (Böhm & Haase 2003: 37f.) Der vorliegende Bericht beschäftigt sich daher neben der wirtschaftlichen Bedeutung auch mit den Anbaubedingungen der Feldfrüchte im Ökolandbau, so dass ein möglichst umfas- sender Überblick über das ökonomische und ökologische Potenzial des Bio-Kartoffelanbaus gewährleistet werden kann.
2 Methoden
Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse basieren auf einer umfassenden Literaturrecherche, mittels derer während des Zeitraumes Dezember 2011 bis Februar 2012 ein möglichst repräsentativer Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zusammen getragen wurde. Um bei der Recherche einen hohen Grad an Vollständigkeit zu gewährleisten, wurde systematisch vorgegangen und die Suche nach Schlagwörtern wie Anbau; Feldfrüchte; Gemüsebau; konventionell/herkömmlich; Kartoffel; Landwirtschaft; nachhaltig und ökolo- gisch/biologisch eingegrenzt. Die Nachforschungen fanden im Internet mittels Suchmaschinen, insbesondere wissenschaftlicher Suchmaschinen wie „ google.scholar” und der Zusammentragung relevanter Literatur von Datenbanken wie „ Organic ePrints” statt. Ein wichtiger Ort der Recherche waren auch die Webseiten der relevanten Ministerien, der Landwirtschaftskammern, Ökoverbände sowie des Statistischen Bundesamtes. Ebenfalls zu nennen ist die Recherche in Fachbüchern und -zeitschriften, wie beispielsweise der „Kartoffel- bau” des DLG-Verlages. Nach Zusammentragung des Datenmaterials wurde dies themenspezifisch mitei- nander verglichen und auf Glaubwürdigkeit und Bedeutsamkeit für die Aufgabenstellung dieses Artikels ge- prüft.
3 Ergebnisse und Diskussion
3.1 Rechtliche Grundlagen
Im konventionellen Landbau gilt die „Gute fachliche Praxis” (GfP), die sich an alle im Agrarraum tätigen land- wirtschaftlichen Akteure richtet und verbindliche Mindeststandards definiert. Auf gesetzlicher Ebene wird die GfP durch § 5 des Bundesnaturschutzgesetzes, § 17 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und durch § 2a des Pflanzenschutzgesetzes geregelt. Laut BMELV (2010a: 3) dient die GfP „ der Gesunderhaltung und Qualitäts- sicherung von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen durch vorbeugende Maßnahmen, Verhütung der Ein- schleppung oder Verschleppung von Schadorganismen, Abwehr oder Bekämpfung von Schadorganismen und der Abwehr von Gefahren, die durch die Anwendung, das Lagern und den sonstigen Umgang mit Pflan- zenschutzmitteln oder durch andere Maßnahmen des Pflanzenschutzes, insbesondere für die Gesundheit von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt, entstehen können”. Zusätzlich bestehen zahlreiche nationa- le und internationale Verpflichtungen, um die aus der Landwirtschaft stammenden Umweltbelastungen auf ein dauerhaft tragbares Maß zurückzuführen (Umweltbundesamt 2011).
Für die ökologische Landwirtschaft beziehungsweise für Produkte, die als Bio-Ware ausgelobt werden sollen, gelten strengere Regeln, die länderübergreifend mittels europäischer Rechtsvorschriften definiert sind. Ak- tuell gültig ist die EG-Öko-Basisverordnung (EG) Nr. 834/2007 (kurz: EG-Öko-Verordnung) über die ökologi- sche Produktion und die Kennzeichnung von eben diesen Erzeugnissen, mit ihren Durchführungsverordnun- gen (EG) Nr. 889/2008 und (EG) Nr. 1235/2008. Die erstgenannte Durchführungsverordnung enthält Vor- schriften hinsichtlich der ökologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, während die zweitgenannte der Regelung der Einfuhren von ökologischen Erzeugnissen aus Drittländern dient. Auf nationaler Ebene gewährleistet das Öko-Landbaugesetz, das Öko-Kennzeichengesetz und die Öko-Kennzeichnungs-Verordnung die Durchführung der EG-Öko-Verordnung.
Viele Biolandwirte und Verarbeitungsbetriebe in Deutschland sind in Verbänden des ökologischen Landbaus, wie Bioland, Demeter, Gäa oder Naturland organisiert. Die Verbände haben eigene Richtlinien, die über die Forderungen der EG-Öko-Verordnung teils weit hinaus gehen. (NABU 2012) Die genauen Unterschiede der Verbands-Richtlinien bleiben allerdings in diesem Text ungeachtet; vielmehr soll ein Augenmerk auf die Anforderungen nach EG-Öko-Verordnung beim Kartoffel-Anbau gelegt werden. Allgemein lassen sich aber die folgenden grundlegenden Prinzipien nennen, die für alle Arten des Ökolandbaus gelten (Ökolandbau 2011a):
- Geschlossener Betriebskreislauf (Ackerbau und Viehhaltung sind aneinander gekoppelt),
- Artgerechte Tierhaltung (Natürlichen Bedürfnissen wie Futteraufnahme, Körperpflege, Sozialkontak- te, Fortbewegung und Ruhe können nachgegangen werden),
- Pflanzenschutz (Stärkung pflanzeneigener Abwehrkräfte und natürliche Regulationsmechanismen),
- Erhalt der Bodenfruchtbarkeit (Wirkungskette „gesunder Boden = gesunde Pflanzen = gesunde Tiere = gesunde Menschen”),
- Düngung (Mineralisch, betriebseigene pflanzliche und tierische Abfallstoffe, Fruchtfolgeregelung),
- Verzicht auf Gentechnik (Sichtweise des Lebewesens als Teil eines lebendigen Systems und kein beliebig zerlegbares Bauelement) und
- Produktion hochwertiger Lebensmittel (Hoher Gehalt wertgebender und niedriger Gehalt wertmin- dernder Inhaltsstoffe).
In Tabelle 1 wird eine Auswahl wesentlicher Unterschiede im konventionellen und ökologischen Pflanzen- bau dargestellt, die im Weiteren in Bezug auf Kartoffeln näher erläutert werden.
Tab. 1: Vergleich ausgewählter Pflanzenbaulicher Aspekte der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 GVO = Gentechnisch-Veränderte-Organismen 2 CMS = Cytoplasmatische männliche Sterilität Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Recherche bei BMELV 2012a (http://www.bmelv.de)
3.2 Wirtschaftliche Bedeutung der Kartoffel
3.2.1 Anbaufläche und Ertrag
Deutschland steht an sechster Stelle der weltweit bedeutendsten Kartoffelerzeuger. Angeführt wird diese Rangliste von China, gefolgt von Russland und Indien. (BMELV 2012b) Nach Angaben aus dem Jahr 2010, verzeichnete das Statistische Bundesamt (2011) eine Gesamtanbaufläche von 254.367 Hektar (ha) Kartof- feln in Deutschland, deren Anteil an ökologischer Produktion 8.036 ha ausmachte (◆ Tabelle 2). 2011 war die Anbaufläche um zwei Prozent auf 259.600 ha gewachsen (BMELV 2011), neuere Angaben zur Biobranche existieren derzeit noch nicht. Die Anbaufläche im ökologischen Landbau ist aber in den letzten Jahren stetig gewachsen, im Gegensatz zur allgemeinen Anbausituation. Denn gesamt betrachtet ist die Anbaufläche von Kartoffeln stark rückläufig, vergleicht man den heutigen Stand mit den Angaben von 1990, als sich die Fläche noch auf etwa 550.000 ha belief. Neben der Ursache des gegenwärtigen Angebotes zahlreicher Substituti- onsgüter, ist dies auch darauf zurück zu führen, dass Kartoffeln in der Vergangenheit als Schweinefutter dienten. Aus Kostengründen wird heute eher Getreide gefüttert. (Kreuzer & Strommel 2009) Aufschlüsse über die enorme Entwicklung, die sich in dem Sektor trotz dieses Flächenvergleichs vollzogen hat, liefern die Angaben zu den Ertragszahlen. Lagen diese im Jahr 1990 noch bei 256 Dezitonnen pro Hektar (dt/ha) (Sta- tistische Bundesamt 2011), erzielte man 2011 im konventionellen Anbau eine Menge von 460 dt/ha (BMELV 2011). Die Ertragsspanne zwischen konventionellem und ökologischem Anbau ist relativ hoch; so lagen die Erträge von Bio-Kartoffeln in den vergangenen Jahren nur knapp über 200 dt/ha, doch auch mit einer stei- genden Tendenz zu früheren Erhebungen (Böhm et al. 2011a: 8). Es lässt sich daher darauf schließen, dass verbesserte Anbau- und Erntemethoden die Landwirte befähigen, die geschrumpfte Anbaufläche mittels In- novationen auszugleichen. Zudem begünstigt der Rückgang der gesamten Kartoffelanbaufläche den Anteil der ökologischen Produktion, der nun etwa 3,2 Prozent beträgt.
Tab. 2: Landwirtschaftliche Betriebe nach Art der Bewirtschaftung im Kartoffelbau im Jahr 2010
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Statistisches Bundesamt 2011:62
3.2.2 Vermarktung
Bei großem Angebotsdruck während der Ernte liegen die Erzeugerpreise für Speisekartoffeln umgerechnet bei sieben bis elf Euro/dt für konventionelle Kartoffeln. Teilweise bieten Landwirte die Ware auch günstiger an. (BMELV 2011) Generell muss bei der Betrachtung der Preisentwicklung beachtet werden, dass es sich um Durchschnittspreise der verschiedenen Verwertungsrichtungen der Kartoffeln handelt, die Preise setzen sich also sowohl aus Speisekartoffeln, Verarbeitungsware und Kartoffeln für die industrielle Verwertung zu- sammen. Da Industrie- und Veredlungskartoffeln meist im Vertragsanbau angebaut werden, gilt hierfür eine andere Preisbildung als für den freien Markt der Speisekartoffeln. Aus diesem Grund sind die Preise über die Jahre gesehen relativ konstant. Im ökologischen Landbau liegen die Preise deutlich höher. Durchschnittlich erzielen Öko-Kartoffeln zwischen 20 und 30 Euro/dt. Der enorme Preisanstieg von 2007 ( Abbildung 1), wurde verursacht durch deutliche Mindererträge aufgrund einer sehr frühen Kraut- und Knollenfäule-Infektion in Norddeutschland, wodurch ein geringes Angebot der hohen Nachfrage gegenüberstand und sich somit Preise von über 50 Euro/dt am Markt durchsetzen ließen. (Böhm et al. 2011a: 20f.)
[...]
[1] Mastermodul NW14: Nachhaltige Erzeugung und Verarbeitung in der Ernährungskette; Fachbereich Oecotrophologie, Fachhoch- schule Münster, Corrensstr. 25, 48149 Deutschland; http://www.fh-muenster.de/fb8
[2] Die Begriffe „ ökologisch” und „ biologisch” werden im Textverlauf synonym verwendet.
- Arbeit zitieren
- Verena Schmidt (Autor:in), 2012, Wirtschaftliche Bedeutung und landwirtschaftliches Potenzial von ökologisch angebauten Speisekartoffeln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215355
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