Hinsichtlich zahlreicher bildungspolitischer Debatten in der Vergangenheit ist be-kannt, dass sich eine Steigerung der Hochschulabsolventenquote positiv auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Industriestaaten auswirken könnte. Die dafür benötigten Rahmenbedingungen werden jedoch von der Politik nicht geschaffen. Dieses Problem findet sich im Steuerrecht bezüglich der Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen wieder. Die Aufnahme eines Studiums kann als eine Investition in das Humankapital verstanden werden. Dabei dienen die steuerlichen Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Aufwendungen der Förderung für die Entscheidung zu einer Investition in das eigene Humankapital.
Im deutschen Einkommensteuerrecht mindern Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung die steuerliche Bemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen nur in Form von Sonderausgaben i. S. d. subjektiven Nettoprinzips. Zudem sind diese Aufwen-dungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Höhe nach begrenzt. Hierdurch kommt es zu einer abstrakten Messung von steuerlicher Leistungsfähigkeit. Diese führt unmittelbar zu einer Diskriminierung, da im Gegensatz dazu die Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen, die ihre erstmalige Berufsausbildung (bzw. ihr Erststudium) i. R. e. Ausbildungsverhältnisses absolvieren unter Berücksichtigung des objektiven Nettoprinzips gemessen wird. Verwirklicht wird diese Diskriminierung in der Gewährung eines Verlustabzugs. Der Gesetzgeber eröffnet somit den Steuerpflichtigen die Möglichkeit Berufsausbildungskosten in der Zukunft mit entsprechenden Einkünften zu verrechnen (intertemporale Steuergerechtigkeit). Die erstgenannte Gruppe zwingt er dagegen dazu, bereits während der Berufsausbildung Einkünfte zu beziehen, um in den Genuss einer Bemessungsgrundlagenminderung in Form eines Sonderausgabenabzugs, zu gelangen (intratemporale Steuergerechtigkeit).
Diese Verwaltungspraxis hat der Bundesfinanzhof mit drei Urteilen kurzzeitig beendet. Konkret stellte er in einem Fall fest, dass Aufwendungen aus einem im Anschluss an das Abitur durchgeführten Medizinstudium auch unter Geltung des Abzugsverbots (§ 12 Nr. 5 EStG) als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein können. Damit schaffte er eine Rechtsgrundlage für die intertemporale Berück-sichtigung negativer Einkünfte.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung
2. Systematische Grundlagen
2.1 Grundlagen des Einkommensteuerrechts
2.2 Art. 3 Abs. 1 GG
2.3 Leistungsfähigkeitsprinzip
2.4 Objektives und subjektives Nettoprinzip
2.5 Steuergerechtigkeit
2.6 Abgrenzung zwischen Werbungskosten, Betriebsausgaben und Sonderausgaben
3. Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Auszubildenden
3.1 Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen
3.1.1 Rechtslage ab 2004
3.1.1.1 Erststudium / Erstausbildung ohne Dienstverhältnis
3.1.1.2 Erststudium / Erstausbildung i. R. e. Dienstverhältnisses
3.1.1.3 Fortbildung, Aufbaustudium, Umschulung
3.1.1.4 Bedeutung dieser Abgrenzungen
3.2 Die Rechtsprechung des BFH
3.2.1 Inhalte der BFH - Urteile
3.2.2 Reaktion der Finanzverwaltung und gesetzliche Neuregelung
4. Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Unterhaltsberechtigten
4.1 Berücksichtigung als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG
4.2 Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 und 2 EStG
5. Kritische Würdigung
5.1 Prüfung der Rechtmäßigkeit des Abzugsverbots gemäß § 12 Nr. 5 EStG
5.1.1 Art. 3 Abs. 1 GG
5.1.2 Leistungsfähigkeitsprinzip
5.1.3 Objektives Nettoprinzip
5.2 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des § 12 Nr. 5 EStG
6. Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Behandlung der Aufwendungen für ein Studium
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Hinsichtlich zahlreicher bildungspolitischer Debatten in der Vergangenheit ist bekannt, dass sich eine Steigerung der Hochschulabsolventenquote positiv auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Industriestaaten auswirken könnte. Die dafür benötigten Rahmenbedingungen werden jedoch von der Politik nicht geschaffen. Dieses Problem findet sich im Steuerrecht bezüglich der Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen wieder. Die Aufnahme eines Studiums kann als eine Investition in das Humankapital verstanden werden. Dabei dienen die steuerlichen Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Aufwendungen der Förderung für die Entscheidung zu einer Investition in das eigene Humankapital.[1]
Im deutschen Einkommensteuerrecht mindern Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung die steuerliche Bemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen nur in Form von Sonderausgaben i. S. d. subjektiven Nettoprinzips.[2] Zudem sind diese Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Höhe nach begrenzt.[3] Hierdurch kommt es zu einer abstrakten Messung von steuerlicher Leistungsfähigkeit. Diese führt unmittelbar zu einer Diskriminierung, da im Gegensatz dazu die Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen, die ihre erstmalige Berufsausbildung (bzw. ihr Erststudium) i. R. e. Ausbildungsverhältnisses absolvieren unter Berücksichtigung des objektiven Nettoprinzips gemessen wird. Verwirklicht wird diese Diskriminierung in der Gewährung eines Verlustabzugs.[4] Der Gesetzgeber eröffnet somit den Steuerpflichtigen die Möglichkeit Berufsausbildungskosten in der Zukunft mit entsprechenden Einkünften zu verrechnen (intertemporale Steuergerechtigkeit). Die erstgenannte Gruppe zwingt er dagegen dazu, bereits während der Berufsausbildung Einkünfte zu beziehen, um in den Genuss einer Bemessungsgrundlagenminderung in Form eines Sonderausgabenabzugs, zu gelangen (intratemporale Steuergerechtigkeit).[5]
Diese Verwaltungspraxis hat der Bundesfinanzhof mit drei Urteilen[6] kurzzeitig beendet. Konkret stellte er in einem Fall fest, dass Aufwendungen aus einem im Anschluss an das Abitur durchgeführten Medizinstudium auch unter Geltung des Abzugsverbots (§ 12 Nr. 5 EStG) als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein können. Damit schaffte er eine Rechtsgrundlage für die intertemporale Berücksichtigung negativer Einkünfte.[7] Um den fiskalischen Auswirkungen[8] dieser Rechtsprechung entgegenzuwirken, reagierte der Bundesfinanzminister mit einem entsprechenden Änderungsgesetz, dem Beitreibungsrichtlinie – Umsetzungsgesetzes.[9] Damit schuf er eine gesetzliche Neuregelung zum Thema Berufsausbildungskosten. Auf Grund dieser Neuregelung stellt sich nun die Frage, ob diese gesetzliche Änderung eine diskriminierungsneutrale (gerechte) Besteuerung sicherstellt oder ob bei der gesetzlichen Neuregelung die Verfassungsrechtlichkeit gegebenenfalls missachtet wurde. Dabei steht zur Diskussion, ob für den Verstoß gegen die Verfassungsmäßigkeit Rechtfertigungsgründe seitens des Gesetzgebers vorliegen. Diesen Fragen wird im Rahmen einer Prüfung des Abzugsverbots gemäß § 12 Nr. 5 EStG nachgegangen.
1.2 Gang der Untersuchung
Ziel dieser Arbeit ist es, die steuerliche Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht darzustellen und zu analysieren. Hierzu werden zunächst die systematischen Grundlagen (2) geschaffen. In Kapitel 3 wird erläutert, welche Bildungsaufwendungen die Auszubildenden nach dem Einkommensteuergesetz steuerlich berücksichtigen dürfen. Da sich der Bundesfinanzhof erst kürzlich zu diesem Thema geäußert hat, werden die dazugehörigen Urteile inhaltlich (3.2.1) behandelt und anschließend die Reaktion der Finanzverwaltung und die damit verbundene gesetzliche Neuregelung (3.2.2) dargestellt. Zusätzlich beschäftigt sich diese Bachelor - Thesis in Kapitel 4 mit der Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Unterhaltsberechtigten. In den dazugehörigen Kapiteln werden die relevanten Paragraphen näher betrachtet.
Der analytische Teil dieser Arbeit setzt sich kritisch mit der Frage auseinander, ob die gesetzliche Neuregelung mit der Verfassung vereinbar ist. Dazu wird in Kapitel 5 die Rechtmäßigkeit des Abzugsverbots in § 12 Nr. 5 EStG geprüft. Hierzu werden einzelne Kriterien[10] aus den systematischen Grundlagen ausführlicher untersucht. Falls ein Verstoß gegen eines dieser Kriterien vorliegt, wird im Anschluss geklärt, ob für diese Missachtung eine verfassungsrechtliche Erklärung besteht.
Abschließend werden die wichtigsten Aspekte im Rahmen einer thesenförmigen Zusammenfassung zusammengetragen (6), um dem Leser einen kritischen Blick auf die Neuregelung der Berufsausbildungskosten zu ermöglichen.
2. Systematische Grundlagen
2.1 Grundlagen des Einkommensteuerrechts
Die Einkommensteuer sorgt für die Deckung des Finanzbedarfs des Staates[11] durch die Besteuerung des Einkommens aller natürlichen Personen. Ihre Aufgabe ist es die ausgewiesene Finanzlage des Steuerpflichtigen innerhalb eines konkreten Zeitraums zu erfassen.[12] Die Erhebung der Steuer folgt im Rahmen der Einkommensteuer dem Fundamentalprinzip der Steuergerechtigkeit. Von allen Steuerarten besitzt die Einkommensteuer die höchste Gerechtigkeitsqualität.[13] Bei der Steuergerechtigkeit wird zwischen der formellen und der materiellen Steuergerechtigkeit unterschieden. Das Ziel der formellen Steuergerechtigkeit ist die gleichmäßige Besteuerung der natürlichen Personen, wobei die Gesetzmäßigkeit, die Rechtssicherheit und die Wettbewerbsneutralität berücksichtigt werden müssen. Im Gegensatz zur formellen Steuergerechtigkeit beinhaltet die materielle Steuergerechtigkeit eine gerechte Verteilung der Steuerlast auf die Steuersubjekte. Die materielle Steuergerechtigkeit wird durch den Maßstab der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bzw. des Leistungsfähigkeitsprinzips[14] sichergestellt.[15] Die Einkommensteuer eignet sich am besten, um die objektive und subjektive Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Die gleichmäßige Besteuerung (Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit) kann nur erreicht werden, wenn das disponible Einkommen (Totalitätsprinzip) aller natürlichen Personen (Universalitätsprinzip) besteuert wird. Die Rolle des Staates ist dabei die Umsetzung beider Prinzipien zu gewährleisten.[16] Grundsätzlich gilt, dass alle Steuerpflichtigen vergleichsweise gleichmäßige Entbehrungen aufweisen sollen. Auf Grund des Zusammenhangs zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Fähigkeit zur Befriedigung privater Bedürfnisse lässt sich ein zusätzlicher Zweck der Einkommensteuer ableiten. Der Zweck, dass der Staat an der Lebensweise der Steuerpflichtigen teilnehmen soll.[17]
Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird durch mehrere Unterprinzipien präzisiert. Zu den hier relevanten Unterprinzipien zählen das objektive und subjektive Nettoprinzip.[18] Während das objektive Nettoprinzip Aufwendungen zur Erzielung der Einnahmen umfasst, die in einem direkten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einnahmeerzielung stehen,[19] berücksichtigt das subjektive Nettoprinzip Aufwendungen, die zum Erhalt der Existenz des Steuerpflichtigen getätigt werden.[20]
2.2 Art. 3 Abs. 1 GG
Art. 3 Abs. 1 GG beinhaltet den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Nach fortwährender Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beinhaltet der allgemeine Gleichheitsgrundsatz[21] eine stetige Gleichbehandlung von wesentlich Gleichem sowie die Ungleichbehandlung des wesentlich Ungleichen auf der Grundlage objektiver Verteilungsnormen.[22] Art. 3 Abs. 1 GG verlangt eine Rechtssetzungsgleichheit, wodurch der Gesetzgeber gezwungen ist, sich an den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu halten. Neben dem Rechtsetzungsgleichheitssatz fordert Art. 3 Abs. 1 GG auch die Rechtsanwendungsgleichheit. Rechtsanwendungsgleichheit bedeutet, dass die Steuergesetze gleichmäßig durch die Finanzverwaltung und die Finanzgerichtsbarkeit angewendet werden müssen. Falls jedoch der Gesetzgeber in seinen Gesetzen die Grundsätze des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes verfehlt, ist die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetze in Frage zu stellen.[23] Eine Verletzung liegt somit vor, wenn der Staat eine Gruppe von Personen im Vergleich zu einer anderen Gruppe, die sich im Wesentlichen nicht voneinander unterscheiden, anderes behandelt. Daraus lässt sich ableiten, dass die Besteuerung nach dem wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichtet werden muss. Besonders wichtig ist diese Ausrichtung für die Einkommensteuer, da sie sich an der Leistungsfähigkeit der einzelnen Personen orientiert. Um zu überprüfen, ob der Gesetzgeber gegebenenfalls in den Schutzbereich der Steuerpflichtigen eingreift, muss festgelegt werden, dass die Normadressaten obgleich verschiedener Leistungsfähigkeit der gleichen Regelung unterliegen (zusammenfassende Ungleichheit). Dem entgegengesetzt müssen für Steuerpflichtige mit einer gleichen Leistungsfähigkeit differenzierte Regelungen bestehen (ausgrenzende Ungleichheit).[24] Eine wesentliche Unterscheidung für den Schutzbereich des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes besteht, wenn diese Frage bejaht wird.[25]
Damit ist der Gestaltungsraum des Gesetzgebers bei der Erschließung der Steuerquellen begrenzt. Bei der Selektion des Steuergegenstands und der Festsetzung des Steuersatzes hat der Gesetzgeber zwar einen umfangreichen Gestaltungsraum, bei der Ausgestaltung muss er sich aber folgerichtig im Sinne der Gleichheit der Besteuerung an seine Belastungsentscheidung halten.[26]
2.3 Leistungsfähigkeitsprinzip
Für die Verdeutlichung des Schutzbereichs von Art. 3 Abs. 1 GG ist es von Bedeutung, dass die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen korrekt verstanden wird.[27] Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird ebenfalls als das Fundamentalprinzip gerechter Besteuerung gewürdigt.[28] Es dient als Basis zusätzlicher systembildender Prinzipien, die die Steuergerechtigkeit ihrerseits verdeutlichen.[29] Unter dem Gebot der Steuergerechtigkeit ist laut Bundesverfassungsgericht eine Besteuerung zu verstehen, die sich an der individuellen Leistungsfähigkeit orientiert.[30]
Da das Leistungsfähigkeitsprinzip eine Besteuerung nach der individuellen Zahlungsfähigkeit der Steuerpflichtigen fordert, müssen die verschiedenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei der Verteilung der steuerlichen Lasten beachtet werden.[31] Es dient mit einer rechtgebietsprägenden Funktion als Primärgrundsatz des Steuerrechts. Dieser Grundsatz führt ein inneres System von Rechtsprinzipen, die das Leistungsfähigkeitsprinzip veranschaulichen. Demzufolge wird eine dogmatisch verifizierbare Regelmäßigkeit des Steuerrechts begründet.[32] Kontrovers ist jedoch, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip ein geeigneter Maßstab für die Verteilung von Steuern ist. Auch nach jahrhundertlanger Diskussion können sich die Ökonomen nicht darauf festlegen, welche Aussagen sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip für die steuerliche Lastenverteilung ableiten lassen.[33] Laut Bundesverfassungsgericht spricht gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, dass es zu vieldeutig sei, um aus ihm eindeutige Folgerungen ziehen zu können.[34] Das Prinzip funktioniert besser innerhalb des folgerichtigen Steuerrechts. Wenn eine Ungleichbehandlung Ausdruck einer folgerichtigen Besteuerung ist, stellt es keinen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG dar. Erst im Zusammenhang mit der Folgerichtigkeit bildet sich die spezifische steuerliche Leistungsfähigkeit als ein verfassungsrechtliches Merkmal.[35]
Das Einkommen bzw. das Vermögen steht für die Befriedigung privater Bedürfnisse zur Verfügung. Das individuelle Befriedigungspotential wird jedoch durch das Einkommensteuergesetz eingeschränkt. Ein Eingreifen des Gesetzgebers ist erlaubt, solange es bei allen Steuerpflichtigen in gleicher Weise, folgerichtig und zudem nicht in unverhältnismäßiger Form stattfindet. Zudem darf der Gesetzgeber als Grundlage für die Besteuerung ausschließlich das disponible Einkommen des Steuerpflichtigen heranziehen. Die Einkommensteuer bezieht sich lediglich auf die tatsächliche persönliche Steuerzahlungsfähigkeit und nicht auf die Aufwendungen für die Lebensführung, die angefallen sind, weil der Steuerpflichtige keine andere Möglichkeit hatte.[36]
Die Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips findet im objektiven und subjektiven Nettoprinzip statt.[37] Diese beiden Unterprinzipien werden im nächsten Kapitel näher erläutert.
Der Leitgedanke der individuellen Leistungsfähigkeit wird allerdings im geltenden Einkommensteuerrecht oftmals anderen Zielen untergeordnet und das originäre System häufig durchbrochen.[38]
2.4 Objektives und subjektives Nettoprinzip
Das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit wird im Einkommensteuerrecht mit Hilfe des Nettoprinzips (subjektives und objektives Nettoprinzip) verdeutlicht.[39]
Jakob beschreibt die individuelle Steuerzahlungsfähigkeit der Einkommensteuer anhand von zwei Stufen. Die „erste Stufe“ richtet sich nach der objektiven Leistungsfähigkeit, dem so genannten objektiven Nettoprinzip. Das objektive Nettoprinzip besagt, dass die Aufwendungen, die das Einkommen beeinflussen und die dem Einkommen direkt zurechenbar sind, von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden dürfen.[40] Es darf also nur das Resultat des steuerbaren Handelns eines Steuerpflichtigen am Markt besteuert werden. Daraus folgt, dass die Aufwendungen, die für die Sicherung der Erwerbseinkünfte anfallen, nicht steuerlich belastet werden dürfen.[41] Da das objektive Nettoprinzip zu den einkommensteuerrechtlichen Grundentscheidungen zählt, rechtfertigt jedes Abzugsverbot für Erwerbsaufwendungen eine wesentlich ausgrenzende Ungleichheit für den Schutzbereich des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG).[42]
[...]
[1] Vgl. Klinkhammer/Thönnes, SteuerStud 2009, S. 409 (409).
[2] Vgl. Hummel, Juristische Schulung 2007, S. 453 (455); BT-Drucks. 15/3339 v. 16.06.2004, S. 10.
[3] Vgl. BT-Drucks. 15/3339 v. 16.06.2004, S. 10.
[4] Vgl. Schulenburg, DStZ 2007, S. 183 (183f.); Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 616, 1049.
[5] Vgl. Müller-Franken, DStZ 2007, S. 59 (61).
[6] Vgl. AZ VI R 7/10, VI R 38/10, VI R 5/10
[7] Vgl. BFH v. 28.07.2011, BFH / NV 2011, S. 1779 (1779); BFH v. 28.07.2011, BFH/NV 2011, S. 1782 (1782); BFH v. 28.07.2011, BFH/NV 2011, S. 1776 (1776).
[8] Dazu mehr in Kapitel 3.3.2
[9] Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz - BeitrRLUmsG) v. 07.12.2011, BGBl. I 2011, S. 2592 (2592).
[10] Art. 3 Abs. 1 GG, das Leistungsfähigkeitsprinzip und das objektive Nettoprinzip.
[11] Vgl. Dinkelbach, Ertragsteuern, 2010, S. 3.
[12] Vgl. Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 70, 600.
[13] Vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 2008, § 9, Rz. 1.
[14] Näheres zum Leistungsfähigkeitsprinzip siehe Kapitel 2.3
[15] Vgl. Dinkelbach, Ertragsteuern, 2010, S. 3; Wehrheim, EStG, 2009, S. 8.
[16] Vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 2008, § 9, Rz. 1.
[17] Vgl. Wehrheim, EStG, 2009, S. 8.
[18] Vgl. Djanani/Brähler/Lösel, Ertragsteuern, 2010, S. 34 f.
[19] Vgl. BFH v. 21.11.1983, BStBl. II 1984, S. 160 (160).
[20] Vgl. Jakob, Einkommensteuer, 2008, Rz. 10.
[21] Vgl. BVerfG v. 28.02.2008, NZS 2009, S. Rn. 23.
[22] Vgl. Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 2009, § 4, Rz. 439 f.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, 2011, Rz. 431 f.
[23] Vgl. BVerfG v. 09.03.2004, NJW 2004, S. 1022 (1022 f.); Birk, StuW 2004, S. 277 (277); Pieroth/Schlink, Grundrechte, 2011, Rz. 460.
[24] Vgl. Weber-Grellert, DStR 2009, S. 349 (349); Breinersdorfer, DStR 2010, S. 2492 (2493).
[25] Vgl. Breinersdorfer, DStR 2010, S. 2492 (2493).
[26] Vgl. Jakob, Einkommensteuer, 2008, Rz. 11.
[27] Vgl. Breinersdorfer, DStR 2010, S. 2492 (2493).
[28] Vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 2008, § 4, Rz. 83; Lehner, DStR 2009, S. 185 (185); Breinersdorfer, DStR 2010, S. 2493 (2492).
[29] Vgl. Birk, Jura 2007, S.432 (438).
[30] Vgl. BVerfG v. 29.05.1990, FR 1990, S. 449 (452).
[31] Vgl. Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 33.
[32] Vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 2008, § 4, Rz. 83.
[33] Vgl. Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 33.
[34] Vgl. BVerfG v. 23.11.1976, NJW 1977, S. 241 (241); dazu Arndt, NVwz 1988, S.787 (790).
[35] Vgl. Breinersdorfer, DStR 2010, S. 2492 (2493).
[36] Vgl. Jakob, Einkommensteuer, 2008, Rz. 9.
[37] Vgl. Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 193.
[38] Vgl. Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 600.
[39] Vgl. Birk, Steuerrecht, 2011/12, Rz. 189.
[40] Vgl. BFH v. 21.11.1983, BStBl. II 1984, S. 160 (160).
[41] Vgl. Jakob, Einkommensteuer, 2008, Rz. 10.
[42] Vgl. Breinersdorfer, DStR 2010, S. 2492 (2493).
- Arbeit zitieren
- Carmen Zajons (Autor:in), 2012, Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215216
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