Die Arbeit beschäftigt sich damit, ob Cybermobbing ein Thema für den Deutschunterricht ist. Zu Beginn werden die zentralen Begriffe Web 2.0, Mobbing und Cybermobbing geklärt.
Im zweiten Teil geht es um Cybermobbing im Kontext Schule. Dazu wird das
Ausmaß und die Problematik in Deutschland betrachtet, unter Einbeziehung
aktueller Studien. Geklärt werden soll auch, wie es zu diesen Übergriffen
kommt und wie der Missbrauch der neuen Medien erfolgt. Wichtig ist weiterhin die rechtlichen Grundlagen zu betrachten und zu klären, was Schulen, Eltern und Betroffene gegen die Täter tun können. Dazu ist es wichtig, die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Prävention und Intervention spielen dabei eine sehr große Rolle, wobei der Prävention eine größere Bedeutung zukommen soll. Daher möchte ich im weiteren Verlauf eine Unterrichtsreihe
für den Deutschunterricht entwickeln.
Zu Beginn ist es wichtig, bestimmte Grundlagen zu schaffen. So soll geklärt
werden, welche Kompetenzen den Schülern vermittelt werden müssen. Dies
wären zum einen die Medien- und zum anderen die Informationskompetenz.
Doch wie sind diese in den Rahmenrichtlinien verankert und wird das Thema im
Bereich „Umgang mit Medien“ erwähnt?
Auch Literatur kann zur moralischen Entwicklung beitragen, daher kann man
die Lektüre von Florian Buschendorff „Geil, das peinliche Foto stellen wir online!“
für den Bereich „Umgang mit Literatur“ anwenden. Das Buch beschäftigt
sich direkt mit dem Thema Cybermobbing und daher lässt sich darauf eine
Unterrichtsreihe aufbauen, welche bei den Schülern präventiv wirken kann und
ihre Medien- und Informationskompetenz aufbaut.
Abschließend möchte ich ein Fazit zu der Thematik ziehen.
Inhaltsverzeichnis
0. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffserklärungen – Mobbing, Web 2.0 und Cybermobbing
2.1 Mobbing
2.1.1 Definition und Kennzeichen
2.1.2 Erscheinungsformen
2.1.3 Ursachen und Auswirkungen
2.2 Web 2.0 und Soziale Netzwerke
2.2.1 Definition und Entstehungsgeschichte
2.2.2 Anwendungen und Nutzung
2.3 Cybermobbing
2.3.1 Definition und Merkmale
2.3.2 Erscheinungsformen
2.3.3 Ursachen und Auswirkungen
3. Cybermobbing im Kontext Schule
3.1 Missbrauch der neuen Medien
3.2 Ausmaß und Problematik
3.3 Anlässe und Auslöser
3.4 Rechtliche Möglichkeiten
4. Cybermobbing: Reaktion und Prävention
4.1 Erkennung
4.2 Kontrolle
4.3 Unterbindung
5. Entwicklung einer Unterrichtseinheit zum Thema „Cybermobbing“ im Deutschunterricht
5.1 Grundlagen: Vermittlung von Kompetenzen
5.1.1 Medienkompetenz
5.1.2 Informationskompetenz
5.2 Rahmenrichtlinien – Umgang mit Medien
5.3 Moralische Entwicklung mithilfe von Literatur
5.4 Unterrichtseinheit „Cybermobbing“
5.4.1 Unterrichtsmaterial
5.4.2 Didaktische Analyse
5.4.3 Unterrichtsplanung
6. Fazit und Abschluss
7. Quellenverzeichnis
0. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kennzeichen von Mobbing
Abbildung 2: Verhaltensweisen eines Mobbingopfers
Abbildung 3: Anwendungen des Web 2.0
Abbildung 4: Integratives Modell
Abbildung 5: Nutzung der neuen Medien
Abbildung 6: Inhaltliche Verteilung der Internetnutzung
Abbildung 7: Cybermobbing im Bekanntenkreis
Abbildung 8: Relevante Rechtsgebiete für Cybermobbing
Abbildung 9: Ansprechpartner bei Problemen mit Gewalt an Schulen
Abbildung 10: Stufenmodell zur Medienkompetenz
Abbildung 11: Kompetenzmodell des Faches Deutsch
Abbildung 12: Lehrplan für den Kompetenzbereich "Mit Medien umgehen"
Abbildung 13: Kompetenzorientiertes Konzept der Medienbildung
Abbildung 14: Tabellarische Unterrichtsplanung
1. Einleitung
Mitschüler werden in Chatrooms verspottet und bloßgestellt, in sozialen Netzwerken werden über die Außenseiter unwahre Behauptungen verbreitet, auf YouTube werden Videos mit Misshandlungen von Opfern veröffentlicht. Seit ca. vier Jahren sind solche persönlichen Übergriffe via Internet ein Thema. Experten und Medien bezeichnen dieses Phänomen als Cybermobbing. Im Gegensatz zum traditionellen Mobbing hat es eine neue Qualität, die weit über das hinausreicht, was das frühere Drangsalieren und Schikanieren ausmachte. Was vorher im privaten Bereich, auf dem Schulhof, im Klassenraum oder auf dem Nachhauseweg stattfand, steht jetzt im Netz: Für alle sichtbar, unkontrollierbar und meist nicht mehr rückholbar.
Ein 15-jähriger kanadischer Jugendlicher filmte sich selbst, während er Darth Maul, einen Protagonisten aus (…) „Star Wars“, nachahmte. Seine Mitschüler fanden das Video und veröffentlichten es ohne sein Einverständnis auf der Internettauschbörse (…). Schätzungsweise 900 Millionen Menschen amüsierten sich inzwischen weltweit über das „Star Wars Kid“.
In dem Forum Pafnet.de beleidigten etwa 30 Schüler wochenlang ihre Lehrer. Die Diskussion spitzte sich soweit zu, bis schließlich der Tod eines Lehrers gefordert wurde. (…) Die Schüler verfassten die Einträge unter Verwendung von Nicknames, die ihre wahre Identität verschleierten.
Eine Jugendliche, die sich an ihrer ehemaligen Freundin Megan rächen wollte, erstellte in dem sozialen Netzwerk MySpace ein fingiertes Profil des 16-jährigen „Josh“ und freundete sich online mit Megan an. Megan verliebte sich in Josh, bis er sie plötzlich verschmähte und auch andere MySpace-Nutzer begannen sie zu beleidigen. Daraufhin nahm sie sich das Leben.[1]
Diese drei Beispiele verdeutlichen das Phänomen „Cybermobbing“ und zeigen die verschiedenen Ausprägungen. Das „Social Web“, insbesondere in Form der sozialen Netzwerke, führt zunehmend zu den negativen Begleiterscheinungen im Mediennutzungsverhalten der Kinder und Jugendlichen. Daher muss die Bildungsinstitution Schule diese Thematik aufgreifen. Diese Arbeit soll sich damit beschäftigen, ob Cybermobbing ein Thema für den Deutschunterricht ist.
Zu Beginn meiner Arbeit möchte ich die zentralen Begriffe Web 2.0, Mobbing und Cybermobbing klären. Was wird unter diesen Begriffen verstanden und welche Erscheinungsformen gibt es? Diese begrifflichen Grundlagen bilden die Basis.
Im zweiten Teil geht es um Cybermobbing im Kontext Schule. Dazu wird das Ausmaß und die Problematik in Deutschland betrachtet, unter Einbeziehung aktueller Studien. Geklärt werden soll auch, wie es zu diesen Übergriffen kommt und wie der Missbrauch der neuen Medien erfolgt. Wichtig ist weiterhin die rechtlichen Grundlagen zu betrachten und zu klären, was Schulen, Eltern und Betroffene gegen die Täter tun können. Dazu ist es wichtig, die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Prävention und Intervention spielen dabei eine sehr große Rolle, wobei der Prävention eine größere Bedeutung zukommen soll. Daher möchte ich im weiteren Verlauf eine Unterrichtsreihe für den Deutschunterricht entwickeln.
Zu Beginn ist es wichtig, bestimmte Grundlagen zu schaffen. So soll geklärt werden, welche Kompetenzen den Schülern vermittelt werden müssen. Dies wären zum einen die Medien- und zum anderen die Informationskompetenz. Doch wie sind diese in den Rahmenrichtlinien verankert und wird das Thema im Bereich „Umgang mit Medien“ erwähnt?
Auch Literatur kann zur moralischen Entwicklung beitragen, daher kann man die Lektüre von Florian Buschendorff „Geil, das peinliche Foto stellen wir online!“ für den Bereich „Umgang mit Literatur“ anwenden. Das Buch beschäftigt sich direkt mit dem Thema Cybermobbing und daher lässt sich darauf eine Unterrichtsreihe aufbauen, welche bei den Schülern präventiv wirken kann und ihre Medien- und Informationskompetenz aufbaut.
Abschließend möchte ich ein Fazit zu der Thematik ziehen.
2. Begriffserklärungen – Mobbing, Web 2.0 und Cybermobbing
2.1 Mobbing
2.1.1 Definition und Kennzeichen
Mobbing ist heutzutage ein sehr gängiger Begriff und wird oft zu schnell zur Beschreibung von Problemen verwendet. Daher ist er in den letzten Jahren zu einer Art „Modebegriff“ avanciert und wird für alle möglichen konfliktbeladenen Situationen verwendet.
Der Begriff „Mobbing“ stammt ursprünglich aus dem Englischen[2] und bedeutet, sich auf jemanden stürzen oder über jemanden herfallen. Im englischsprachigen Raum wird zusätzlich der Begriff „Bullying“ verwendet, wenn es sich um Angriffe im schulischen Kontext handelt und Mobbing bezieht sich dort eher auf den Arbeitsplatz. In Deutschland gibt es diese Unterscheidung nicht, hier verweisen beide Begriffe auf den gleichen Inhalt.
Geprägt wurde der Begriff „Mobbing“ 1963 durch den Verhaltensforscher Konrad Lorenz, der Tiere in ihren natürlichen Umgebungen beobachtete. Er verstand darunter Gruppenangriffe von Tieren auf einen Fressfeind oder einen anderen überlegenen Gegner. Erst in den späten 1960er Jahren verwendeten Forscher den Begriff in Bezug auf Menschen. So beschäftigte sich Dan Olweus, ein schwedischer Psychologe, als einer der ersten Forscher mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Mobbings und der steigenden Gewaltproblematik an den Schulen. Er versteht Mobbing als Ausübung „kleiner Gewalt“, das Auslachen von Mitschülern, das Beleidigen oder Beschimpfen, das Verbreiten von Unwahrheiten, das Verstecken von Sachen, die Zerstörung von persönlichem Eigentum, das Anrempeln, Herumstoßen, Erniedrigen, Ausschließen – erst ganz am Ende dieser Aufzählung steht die schwere körperliche Gewalt[3]. Für Olweus scheint die körperliche Gewalt gravierender zu sein als die verbale Gewalt, dies lässt sich aus seiner Aufzählung erkennen und auch viele Lehrer und Eltern vertreten diese Ansicht. Doch schon Albert Zimmermann entgegnete dem: Worte können Wunden schlagen, gegen die kein Pflaster hilft[4]. Die Opfer stehen oft unter einem enormen Leidensdruck und sie brauchen sehr lange, bis die Nachwirkungen der Übergriffe verarbeitet sind.
Eine weitere Definition lässt sich bei Rüdiger Gollnick finden: Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation in der Klasse/im Kurs also unter Mitgliedern einer Lerngruppe, oder zwischen Lehrperson(en) und Schüler/innen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder mehreren Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt der Ausgrenzung aus der Lerngruppe direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Dabei sind die Angriffe in verletzender Weise tendiert (beabsichtigt) und können sich gegen einzelne, aber auch gegen eine Gruppe richten und von einzelnen oder von einer Gruppe ausgehen[5]. Aus dieser Definition lassen sich vier klare Kennzeichen von Mobbing entnehmen, welche im Folgenden in einer Tabelle dargestellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Kennzeichen von Mobbing[6]
Mobbing hat eine zyklische Struktur und darin liegt die Gefahr, denn es ist sehr schwer den Kreislauf zu durchbrechen. Der Täter weist dem Opfer eine Außenseiterrolle zu, dadurch wird es gemobbt und fühlt sich zunehmend unwohl. Dies führt zu einer Veränderung seines Verhaltens, was wiederum Reaktionen der Mitschüler hervorruft. Wird der Täter auf sein Verhalten angesprochen, begründet er die Ausgrenzung mit dem Verhalten des Außenseiters. Dieser habe mit seinem eigenen Verhalten, die Reaktionen hervorgerufen, obwohl dieses eigentlich erst durch das Mobbing provoziert wurde. Das Verhalten des Opfers wird durch Außenstehende oft nicht als Abwehrverhalten erkannt und so ist das Opfer dazu gezwungen, immer wieder neu zu reagieren, um sich selbst zu behaupten. Daher ist es wichtig für Aufklärung bei den Schülern und dem Lehrpersonal zu sorgen, damit diese frühzeitig eingreifen können und gegebenenfalls den Zyklus unterbrechen können.
Die große Problematik besteht darin, dass die Opfer selten über ihre Situation sprechen. Aus Scham und Angst verschweigen sie die Mobbingangriffe, denn sie befürchten oft, dass dadurch noch alles schlimmer wird. Spricht ein Opfer doch mit seinen Eltern, raten diese meist sogar dazu, die Situation für sich zu behalten. Vielen Eltern scheint das Ausmaß der Problematik nicht bewusst zu sein und dadurch verfestigt sich die Mobbing-Situation für die Kinder und Jugendlichen. Sie verhalten sich weiterhin defensiv durch ihr mangelndes Selbstwertgefühl. Dies führt dann dazu, dass sie bei weiteren Übergriffen oft die Schuld bei sich selber suchen. Daher ist es schwer Mobbingopfer zu erkennen, denn sie sprechen kaum über die Angriffe. Jedoch lassen sich Veränderungen im Verhalten der Opfer erkennen, welche Hinweise auf Mobbing sein können. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Verhaltensweisen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Verhaltensweisen eines Mobbingopfers[7]
Die Übersicht zeigt, wie sich das Verhalten des Opfers durch die Übergriffe ändern kann, jedoch sollte auch immer das soziale Umfeld beobachtet werden, denn auch dort können Anzeichen für Mobbingangriffe sichtbar werden.
2.1.2 Erscheinungsformen
Nach Nayla Fawzi kann Mobbing direkt oder indirekt geschehen. Zum direkten Mobbing gehören für sie verbale und körperliche Angriffe. Hänseleien, sich über jemanden lustig machen, tratschen, Klatsch verbreiten oder jemanden schlagen, treten und verletzten sind somit direkte Angriffe und Vergehen am Opfer. Indirektes Mobbing geschieht auf der psychologischen Ebene durch ausgrenzen oder ignorieren.
Heinz Leymann, ein Diplompsychologe und Pionier in der Mobbingforschung, unterschied 45 verschiedene messbare Mobbinghandlungen. Im Folgenden möchte ich auf fünf wichtige Formen näher eingehen[8].
1. Angriffe auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen
Die Kommunikation zwischen dem Täter und Opfer ist gestört, dies wird bewusst durch den Täter hervorgerufen. Durch diesen Ausschluss verliert das Opfer den Zugang zu Informationen und gerät dadurch in eine Außenseiterposition.
2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen
Soziale Beziehungen spielen eine sehr wichtige Rolle für jeden einzelnen Menschen. Als soziales Wesen ist es wichtig den Austausch mit anderen zu haben, wenn man z. B. Hilfe benötigt oder Stress und Probleme bewältigen muss. Diese sozialen Beziehungen werden durch Mobbingangriffe gestört. Der Täter will bewusst die Isolierung und das gesellschaftliche Abseits für das Opfer.
3. Angriffe auf das soziale Ansehen
Das soziale Ansehen ist sehr entscheidend für die Lebensqualität und das Selbstbewusstsein eines Menschen. Wer in einer Gemeinschaft anerkannt ist, hat dadurch auch ein gutes Selbstwertgefühl. Dieses wird jedoch durch Mobbing enorm geschädigt. Das Opfer fühlt sich unsicherer, verliert an Leistungsstärke und somit auch an Ansehen in der Gesellschaft.
4. Angriffe auf die Psyche
Das Opfer wird durch die Mobbingangriffe immer labiler, es entwickelt Scham, Angst, eine negative Selbsteinschätzung und sucht die Schuld oft bei sich selbst.
5. Angriffe auf die Gesundheit
Der Täter kann dem Opfer mit körperlicher Gewalt drohen, bzw. diese auch anwenden. Dadurch wird die Gesundheit des Opfers stark beeinträchtigt.
2.1.3 Ursachen und Auswirkungen
Mobbing entsteht aus zunächst unterschiedlichen Interessen, Wünschen und Bedürfnissen der einzelnen Mitarbeiter/Schüler, die sich gegenseitig nicht ausgesucht haben, trotzdem aber miteinander auskommen und zusammenarbeiten müssen[9]. Oft stecken hinter dem Auslösen von Mobbing menschliche Schwächen. Der Neid der Zukurzgekommenen, die Rivalität untereinander, die Absicherung der eigenen Stellung auf Kosten der anderen, die Kränkung durch andere und die Angst, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein[10].
Da die menschlichen Schwächen eine große Rolle spielen, ist es wichtig, sich die drei Gruppen der Akteure näher zubetrachten; Täter, Opfer und die Zuschauer. Die Täter sind häufig älter und körperlich stärker als ihre Opfer. Die Beziehung zu den Eltern wird als negativ eingestuft und es wird von Gewaltanwendungen in der Erziehung berichtet. Oft sind sie offener gegenüber Gewalt als ihre Mitschüler und üben gerne über andere Macht aus. Mitgefühl gegenüber den Opfern kennen sie kaum, denn sie fühlen gerne die Schwäche und Unterlegenheit der anderen. Die Mobbingtäter schwänzen häufiger die Schule und schneiden dadurch schlechter bei den schulischen Leistungen ab. Untersuchungen und Studien zeigen, dass insgesamt mehr Jungen durch Mobbing betroffen sind und vor allem eher direkt (körperlich) gemobbt werden. Mädchen hingegen werden häufiger verbal und psychologisch gemobbt[11]. Das typische Opfer lässt sich als ängstlich, unsicher, vorsichtig und relativ still beschreiben. Sie reagieren auf die Angriffe meistens mit Rückzug. Dadurch entwickeln sie ein mangelndes Selbstwertgefühl und eine negative Einstellung zu sich selbst und ihrer Situation. Sie fühlen sich einsam und haben keinen guten Freund in ihrer Klasse. Die Schule macht ihnen immer weniger Spaß und dadurch sinken ihre schulischen Leistungen. Die letzte Gruppe der Akteure sind die Zuschauer, welche eine große Rolle im Mobbingprozess spielen. Sie beeinflussen durch ihr Verhalten den Verlauf entscheidend mit, indem sie entweder dem Opfer helfen oder den Täter ermutigen[12]. Es gibt jedoch keine unbeteiligten und neutralen Zuschauer. Wer zuschaut und nicht reagiert, signalisiert, dass er nicht behelligt oder gar beteiligt sein will, dass es ihn nichts angehen soll, dass der Vorfall nicht so schlimm ist. (…) Nach Leymann wird er ein „Möglichmacher“, der durch seine Passivität das Unrecht nicht nur duldet, sondern indirekt fördert[13].
Die Auswirkungen, die Mobbing haben kann, sind sehr weitreichend, denn es kann zu enormen gesundheitlichen, psychischen und sozialen Folgen für das Opfer kommen. Ein schwaches Immunsystem, Bluthochdruck, Magenkrankheiten, Schlafstörungen und Depressionen sind die häufigsten gesundheitlichen Folgen. Als psychische Auswirkungen nennen die Betroffenen eine Beeinträchtigung des Selbstbewusstseins, psychosomatische Reaktionen (z. B. Bauchschmerzen, Schlafstörungen), psychischen Stress, schulische Leistungsprobleme, Motivationsprobleme und Meidungsverhalten. Sie fühlen sich sozial ausgegrenzt, bis hin zur Stigmatisierung[14].
2.2 Web 2.0 und Soziale Netzwerke
2.2.1 Definition und Entstehungsgeschichte
Der Begriff „Web 2.0“ wurde einem großen Publikum im Rahmen der „O´Reilly Media Web 2.0 conference“ geläufig. Tim O´Reilly versteht darunter das Web als eine Service-Plattform, jeder Nutzer soll seine Intelligenz in das System mit einbringen, denn dadurch profitieren die Nutzer gegenseitig voneinander[15]. Es kann als „Mitmach-Web“ für die breite User-Masse angesehen werden, denn aufgrund der technischen Vereinfachung muss man keine Programmiersprache mehr beherrschen, um eigene Inhalte ins Web zu stellen.
Web 2.0 definiert keine einzelne Software oder einen konkret fassbaren Vorgang, sondern beschreibt eine Veränderung der Internetkultur. Die Internetnutzer beteiligen sich mehr an der Gestaltung von Inhalten, zu mehr Vernetzung, zu neuen Arbeits- und Kommunikationsformen.
Die Menschen wollen seit jeher miteinander verbunden sein, sich auf jemanden beziehen und zu etwas gehören. Schon der griechische Philosoph Aristoteles bestimmte den Menschen als „zoon politikon“, als Gemeinschaftswesen. Das ist der Mensch auch noch heute, denn er ist Mitglied in Vereinen und Parteien, lebt in einem Freundeskreis und geht Partnerschaften ein. Verbindung und Vernetzung ist ein zutiefst menschliches Grundbedürfnis. Dies erkannten die Anbieter der sozialen Netzwerke, wie z. B. MySpace, schüler/studiVZ, Facebook oder wer-kennt-wen. Das Angebot, sich zu vernetzen, sich in Gruppen zu verorten, seine Freunde kontaktieren zu können, gepaart mit der Möglichkeit, sich in seiner Individualität darzustellen, Inhalte zu kreieren und damit sein Profil auszugestalten, ist reizvoll[16]. Thomas Wanhoff definiert soziale Netzwerke als Netzgemeinschaften bzw. Webdienste, die Netzgemeinschaften beherbergen. Handelt es sich um Netzwerke, bei denen die Benutzer gemeinsam eigene Inhalte erstellen, bezeichnet man diese auch als soziale Medien[17].
Die Geschichte des Web 2.0 und der sozialen Netzwerke ist noch nicht alt. Alles begann im Jahre 1971, als die erste E-Mail geschickt wurde. Vom Internet war da noch keine Rede, denn dieses wurde erst 1991 zur allgemeinen Benutzung freigegeben. Erst 1994 wurde der erste Vorläufer eines sozialen Netzwerkes, GeoCities, gegründet. Hier wurde es ermöglicht kostenlos eigene Webseiten zu erstellen. Die folgenden Jahre galten dem Instant Messaging, wie AOL, ICQ oder auch MSN. Im Jahre 2002 ging Friendster online und damit begann der große Aufstieg der sozialen Netzwerke. Der Höhepunkt in der Geschichte der sozialen Netzwerke wurde wohl im Jahr 2004 erreicht, als Facebook gegründet wurde. Die ursprüngliche Idee bestand darin, Collegestudenten miteinander zu verbinden. Doch innerhalb von ein paar Jahren entwickelte sich Facebook zum Marktführer und hat aktuell über 800 Millionen Mitglieder[18].
2.2.2 Anwendungen und Nutzung
Es gibt eine große Bandbreite der Web 2.0-Anwendungen, einige davon möchte ich in der folgenden Übersicht darstellen und erklären.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Anwendungen des Web 2.0[19]
Wie sich aus der Tabelle 3 erkennen lässt, gehören die sozialen Netzwerke zu den Web 2.0-Anwendungen. In den letzten Jahren haben sie eine große Popularität erlangt und sind aus dem Leben der Kinder und Jugendlichen nicht mehr weg zu denken. Es gibt viele verschiedene soziale Netzwerke und es scheint eine Art Wettbewerb zwischen ihnen stattzufinden. Der Wettlauf um die meisten Nutzer hat begonnen. Im Folgenden möchte ich mich auf die drei wichtigsten sozialen Netzwerke konzentrieren und ihre Inhalte und Möglichkeiten erläutern.
1. Facebook
Der Gründer Mark Zuckerberg hatte 2004 die Idee, eine Online-Ausgabe eines Jahrbuchs der Harvard-Universität herauszugeben. Die Studenten sollten dort Profile erstellen und sich gegenseitig Nachrichten schicken können. An den Erfolg schloss sich das Wachstum an, aus einer Universität wurden viele, aus einem Studentennetzwerk eine Plattform für Menschen auf der ganzen Welt. Facebook zählt aktuell etwa 800 Millionen Nutzer. Jeder Nutzer verfügt über eine Profilseite, auf der er sich vorstellen und präsentieren kann. Persönliche Angaben können mit hochgeladenen Fotos und Videos ansprechend gestaltet werden. Weiterhin verfügt das Profil über eine Pinnwand, dort können Besucher öffentlich sichtbare Nachrichten hinterlassen. Es besteht jedoch auch die Alternative persönliche Nachrichten zu verschicken oder zu chatten. 2007 kamen Applikationen von Drittanbietern auf Facebook hinzu, deren bekannteste wohl das Spiel Farmville sein dürfte. Mit diesen kleinen Programmen fand ein Wechsel vom reinen Freunde-Netzwerk zu einem umfassenden Portal statt. Facebook erlangt einen Großteil seiner Einnahmen durch Werbung, denn für die Werbeindustrie ist es zunehmend attraktiv, große Zielgruppen zu erreichen. Dieses soziale Netzwerk ist nicht unumstritten und sieht sich regelmäßig großer Kritik ausgesetzt. Die Regelungen zur Privatsphäre sind recht fragwürdig, da persönliche Daten gespeichert und ohne Einverständnis der Nutzer an Dritte weitergegeben werden. So kann man z. B. die Nutzer über die Suchmaschine Google finden und sich das Profil anschauen.
2. studiVZ/schuelerVZ/meinVZ
studiVZ wurde 2005 durch Ehssan Dariani gegründet und war das erste der drei Projekte, das im deutschsprachigen Raum etabliert wurde. Bis heute zählen die VZ-Netzwerke etwa 17 Millionen Mitglieder und die Hälfte von ihnen besucht die Plattformen einmal täglich. Die meisten Funktionen sind ähnlich wie bei Facebook, jeder Nutzer hat eine eigene Profilseite, eine Pinnwand und kann öffentlich oder privat mit anderen Nutzern kommunizieren. Um sich dennoch abzuheben, entwickelte studiVZ das „Gruscheln“, eine Art virtuelles Kuscheln. schuelerVZ und studiVZ richten sich vor allem an junge Menschen in der Ausbildung, während meinVZ Nichtstudenten und ehemalige Studenten als Zielgruppe hat. Bei studiVZ und meinVZ kann sich jeder mit einer gültigen E-Mail-Adresse anmelden, bei schuelerVZ muss man jedoch von einem Mitglied direkt eingeladen werden, ansonsten kann man sich dort nicht anmelden. Dies soll den eventuellen Missbrauch durch Erwachsene ausschließen. Die VZ-Netzwerke haben sich 2009 vom TÜV SÜD zertifizieren lassen und haben vor allem die Privatsphären-Einstellungen erheblich verschärft. Dadurch haben die Nutzer eine bessere Kontrolle darüber, wer was sehen kann. Weiterhin kann man andere Nutzer ignorieren oder auch melden, wenn es zu Verstößen gekommen ist. Ein weiterer Schutz ist der Ausschluss von Suchmaschinen wie Google – so bleiben private Informationen auch privat.
3. Twitter
Die Kommunikationsplattform wurde 2006 durch Jack Dorsey gegründet und gewann schnell weltweit an Popularität. Twitter hat eine Art Sonderrolle in den sozialen Netzwerken, da es sich um einen Kurznachrichtendienst handelt. Die Nutzer haben maximal 140 Zeichen frei um einen Text in ein Feld zu schreiben und diesen zu veröffentlichen. Die Leser der Twitter-Nachrichten können mir virtuell folgen und auch antworten. Der soziale Aspekt ist hier zwar gegeben, jedoch nicht so stark ausgeprägt wie in den anderen sozialen Netzwerken.
Die Web 2.0-Anwendungen haben die Bedürfnisse der jungen Menschen erkannt und versucht umzusetzen – Kommunikation, Selbstfindung, Darstellung, Peer-Group-Erlebnisse, Freiräume, Grenztestungen und –überschreitungen. Sie sind in den Alltag der Kinder und Jugendlichen integriert und fest verankert. Die Nutzer suchen Beachtung, Anerkennung und Sympathie und dadurch verwischen die Grenzen, was als privat angesehen wird und was öffentlich sein darf, immer mehr. Wer wahrgenommen und anerkannt werden möchte, der muss „gesehen“ werden. Deshalb wenden die „Digital Natives“ auch viel Zeit für ihr Identitätsmanagement auf, sie halten ihre Profilseite möglichst aktuell, laden neue Bilder und Videos hoch und pflegen ihre sozialen Internetkontakte. Diese Mediennutzung befriedigt ihre Bedürfnisse und aus diesem Grund ist es auch schwierig, Jugendliche hier zu sensibilisieren.
[...]
[1] Fawzi, Nayla: Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden: Nomos 2009. S. 1.
[2] engl. to mob
[3] Jannan, Mustafa: Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln. Weinheim/Basel: Beltz Verlag 2008. S. 21.
[4] Ebd., S. 21
[5] Fawzi, Nayla: Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden: Nomos 2009. S. 8.
[6] eigene Darstellung nach Mustafa Jannan: Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln. Weinheim/Basel: Beltz Verlag 2008. S. 26.
[7] Ebd., S. 27.
[8] Vgl. Arentewicz, Gerd und Alfred Fleissner (et al.): Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz, in der Schule und im Internet – Tipps und Hilfsangebote. Hamburg: Ellert & Richter 2009. S. 16 ff.
[9] Ebd., S. 19.
[10] Vgl. ebd., S. 21.
[11] Vgl. Fawzi, Nayla: Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden: Nomos 2009. S. 10.
[12] Vgl. ebd., S. 11.
[13] Arentewicz, Gerd und Alfred Fleissner (et al.): Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz, in der Schule und im Internet – Tipps und Hilfsangebote. Hamburg: Ellert & Richter 2009. S. 21.
[14] Fawzi, Nayla: Cyber-Mobbing. Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet. Baden-Baden: Nomos 2009. S. 11.
[15] Vgl. Stephan, René: Cyber-Bullying in sozialen Netzwerken. Maßnahmen gegen Internet-Mobbing am Beispiel von SchülerVZ. Boizenburg: Werner Hülsbusch Verlag 2010. S. 24.
[16] Fileccia, Marco: Social Communities. Ein Leben im Verzeichnis. Zusatzmodul zu Knowhow für junge User. Materialien für den Unterricht. Landeszentrale für Medien und Kommunikation/NRW: klicksafe.de 2009. S.4.
[17] Wanhoff, Thomas: Wa(h)re Freunde. Wie sich unsere Beziehungen in sozialen Online-Netzwerken verändern. Heidelberg: Spektrum 2011. S. 12.
[18] Anonym: Datenzentrum in Nordschweden. Facebook will in die Arktis. http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/0,2828,794422,00.html
[19] eigene Darstellung
- Citation du texte
- Susan Sahit (Auteur), 2012, Cybermobbing. Ein Thema für den Deutschunterricht?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214484
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