Der personelle Aufbau der Bauhütte im 15. Jahrhundert ergibt sich aus den Zielsetzungen
des Frauenwerks, nämlich der Errichtung einer Kathedrale unter städtischer
Leitung. Zu diesem Zweck war es zunächst erforderlich, dass die Stadt die
Direktion der Hütte an einen Amtsträger delegierte und darüber hinaus eine weitere
Person zu seiner Kontrolle einsetzte. Diese beiden Ämter wurden von dem
Schaffner, der in erster Linie für finanzielle Fragen zuständig war, und einem
Pfleger, der die Rechnungsleguung des Schaffners überprüfte, wahrgenommen.
Die technische Leitung wurde dem Werkmeister anvertraut, von dem eine sehr
hohe fachliche Qualifikation erwartet wurde. Er galt gleichzeitig als Hauptsachverständiger
in Bauangelegenheiten, die die Stadt selbst betrafen.
Sein Vertreter war der Parlier, der oberste Steinmetz. Ihm folgten in der Hierarchie
die Meisterknechte und die übrigen Steinmetzgesellen.
Eine wichtige Rolle in der Bauhütte spielten auch die Schmiede, die Zimmerleute,
die Steinbrecher und die Windeknechte.
Bedingt durch die Größe der Institution ergaben sich weitere Aufgaben, die in keinem
direkten Zusammenhang mit dem Bau standen. Sie wurden im Verwaltungsbereich
von Schreibern, Unterschaffnern und Boten, im Bereich der Gottesdienste
von Küstern und Orgelern und im Bereich der durch die Hausgemeinschaft auftretenden
Erfordernisse von dem Gesinde wahrgenommen.
Die folgenden Ausführungen sollen zunächst die finanziellen Bedingungen verdeutlichen,
die das Funktionieren einer so großen Organisation überhaupt erst ermöglichten,
des weiteren sollen die Arbeitsbereiche der Bauhütte beschrieben und
im Hinblick auf ihre Funktion und ihren Stellenwert innerhalb des Frauenwerkes
beurteilt werden.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Die finanziellen Rahmenbedingungen
2.1. Einnahmen
2.2. Ausgaben
3. Die Arbeitsbedingungen
4. Die Aufgabenbereiche in der Verwaltung
4.1. Die Aufgaben des Schaffners
4.2. Die Aufgaben des Pflegers
4.3. Die Aufgaben des Kaplans
4.4. Die Aufgaben von Unterschaffner und Schreiber
5. Die Aufgabenbereiche der Handwerker
5.1. Die Aufgaben der Werkmeister
5.2. Die Aufgaben der Parliere
5.3. Die Aufgaben der Steinmetze
5.4. Die Aufgaben der Schmiede
5.5. Die Aufgaben der Zimmerleute
5.6. Die Aufgaben der Windeknechte
6. Die Aufgaben des Gesindes
7. Die gesellschaftlichen Veranstaltungen der Bauhütte
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der personelle Aufbau der Bauhütte im 15. Jahrhundert ergibt sich aus den Zielsetzungen des Frauenwerks, nämlich der Errichtung einer Kathedrale unter städtischer Leitung. Zu diesem Zweck war es zunächst erforderlich, dass die Stadt die Direktion der Hütte an einen Amtsträger delegierte und darüber hinaus eine weitere Person zu seiner Kontrolle einsetzte. Diese beiden Ämter wurden von dem Schaffner, der in erster Linie für finanzielle Fragen zuständig war, und einem Pfleger, der die Rechnungsleguung des Schaffners überprüfte, wahrgenommen.
Die technische Leitung wurde dem Werkmeister anvertraut, von dem eine sehr hohe fachliche Qualifikation erwartet wurde. Er galt gleichzeitig als Hauptsachverständiger in Bauangelegenheiten, die die Stadt selbst betrafen.
Sein Vertreter war der Parlier, der oberste Steinmetz. Ihm folgten in der Hierarchie die Meisterknechte und die übrigen Steinmetzgesellen.
Eine wichtige Rolle in der Bauhütte spielten auch die Schmiede, die Zimmerleute, die Steinbrecher und die Windeknechte.
Bedingt durch die Größe der Institution ergaben sich weitere Aufgaben, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem Bau standen. Sie wurden im Verwaltungsbereich von Schreibern, Unterschaffnern und Boten, im Bereich der Gottesdienste von Küstern und Orgelern und im Bereich der durch die Hausgemeinschaft auftretenden Erfordernisse von dem Gesinde wahrgenommen.
Die folgenden Ausführungen sollen zunächst die finanziellen Bedingungen verdeutlichen, die das Funktionieren einer so großen Organisation überhaupt erst ermöglichten, des weiteren sollen die Arbeitsbereiche der Bauhütte beschrieben und im Hinblick auf ihre Funktion und ihren Stellenwert innerhalb des Frauenwerkes beurteilt werden.
2. Die finanziellen Rahmenbedingungen
2.1. Einnahmen
Das Frauenwerk unterscheidet sich im 15. Jahrhundert von anderen Bauhütten vor allem deshalb, weil es in der Trägerschaft der Meister und des Rates der Stadt, nicht der des Bischofs steht. Trotz dieser engen Verbindung zwischen Stadtrat und Bauhütte war das Vermögen dieser beiden Institutionen getrennt. Der historische Ursprung dieser Besonderheit liegt in einer Vereinbarung im Vertrag von Speyer (1422) begründet, in der die Stadt die Meisterpflegschaft zu Beginn des Neubaus der Westfassade übernahm.[1]
Die günstige finanzielle Situation in Straßburg resultiert aus einem großen Besitz an landwirtschaftlichen Güter (zum Beispiel Bibelnheim), Wäldern, Weinbergen und Häusern in und außerhalb von Straßburg. Diese waren entweder käuflich erworben worden oder durch Schenkungen und testamentarische Vermächtnisse an die Bauhütte gekommen. Gegenüber einmaligen Spenden entstand hier der Vorteil, dass aufgrund des einmal erworbenen Landgutes immer wieder neue Gewinne erzielt werden konnten. Alleine die Rubrikenüberschriften des Rechnungsbuches von 1492 geben Aufschluß über die zahlreichen Einnahmequellen, die die landwirtschaftlichen Besitzungen eröffnen:
"Verkaufft korn und gelt durab erlösst
Innome gelt von alter kornschulde
Innome gelt für orn von den lehenhütten
Innome gelt vonn verkoufftem win [...]
Innome gelt von verkoufftem harnasche
Innome gelt von verkoufften pferden[2]
Ahnliches gilt für Mieteinnahmen aus dem Hausbesitz:
"Innome gelt von alten pfening zinßen in der statt
Innome von alten pfening zinßen ußwendig der statt
Innome von hürigen zinßen in der statt
innome von hürigen zinßen ußwendig der statt [...]
Varia recepta als abgelößt zinße"[3]
Spenden und Zuwendungen aus Nachlässen spielten ebenfalls eine Rolle. Der Schaffner war dazu berechtigt, der Bauhütte geschenkte Gegenstände zu verkaufen, wenn sie nicht gebraucht wurden.
Eine weitere sichere Einnahmequelle bot der Opferstock des Marienaltars im Münster, an dem die Seelenmessen für die Mitglieder der Steinmetzbruderschaften gelesen wurden. Ferner hatten interessierte Pfründner die Gelegenheit, sich in das Werk einzukaufen, womit erreicht wurde, dass der Bauhütte kurzfristig Geld zur Verfügung stand. Der Pfründner erhielt als Gegenleistung im Alter eine Leibrente. Er konnte auch im Krankheitsfall in die Hausgemeinschaft aufgenommen und dort gepflegt werden.[4]
2.2. Ausgaben
Der größte Posten der Ausgaben betrifft die Lohnzahlungen an die Steinmetze sowie die übrigen Handwerker und Arbeiter und an das Gesinde, deren Höhe später im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsbereich erläutert wird.
Ansonsten werden diverse Lebensmitel sowie Ausgaben für die Verarbeitung von Lebensmitteln ("Ußgobe von korn zu malen, ußgobe pfister knehten zu bachen"[5]) genannt, deren Mengen auf eine große Hausgemeinschaft schließen lassen, darüber hinaus aber auch Rückschlüsse auf mittelalterliche Eßgewohnheiten zulassen:
"Ußgobe zu kosten des huß wüchentlich umb fleisch visch eiger und milich in die küchin
Ußgobe umb gekoufften ... (?) [sic] fleisch, visch in das salz, keße wurtz und saltz
Ußgobe umb erweissen linßen grieß und habermehl [...]
Ußgobe umb wurtz und honig zu den lebkuchen"[6]
Bei der Entlohnung des Personals spielten Naturalien eine große Rolle. Da diese größtenteils auf den Höfen des Frauenwerks geerntet wurden, tauchen einige Lebensmittel in den Rubriken der Ausgaben nicht auf. Stattdessen findet sich ein Hinweis auf die Kosten, die die Unterhaltung eines solchen Gutes mit sich bringt. Im Rechnungsbuch von 1492 ist die Rede von "Ußgobe inn allerley wege von des hoffs wegen zu Bibelnheim".[7]
Im Zusammenhang mit der Kathedrale wurden Ausgaben zur Beschaffung von Baumaterial erforderlich: "Ußgobe umb kalk und mürstein"[8]. Außerdem finden sich Hinweise auf den Kauf von Kleidern und Waren, die den Handwerkern zu verschiedenen Anlässen als Geschenk übergeben wurden, ferner ist von einem Trinkgeld die Rede, das beispielsweise die Überbringer von Spenden erhielten. Kosten entstanden auch bei der Ausrichtung von Hochzeiten und Taufen sowie bei der Organisation von Beerdigungen. An Festtagen machte man Bedürftigen, Geistlichen, Klöstern, Repräsentanten der Stadt, Handwerkern, Händlern und Spendern Geschenke und verteilte Lebensmittel.
[...]
[1] Barbara Schock-Werner: Das Straßburger Münster im 15. Jahrhundert. Köln 1983, S. 25 f
[2] Rubrikenüberschriften des Rechnungsbuches von 1492, zitiert nach Schock-Werner: Das Straßburger Münster im 15. Jahrhundert, S. 250.
[3] Ebenda.
[4] Die folgenden Einzelrubriken verdeutlichen das gesamte Spektrum der möglichen Einkünfte:
Innome vom opffer in unsere lieben frouwen cappellen
Innome so in das becken uff die hochzittlichen Tag geopfert auch in den piiengsten uff den fronaltar und beyde heilig creutz tag wurd
Innome usser den stöcken im münster
Innome usser den bühssen in der statt in den pfiensten meß und den capitel bühssen
Innome von eintzigner bühssen aller dorffer diß bistumbs
Innome von lüten do diß jore gestorben sind den man im münster gelutet hat
Innome von besetztem gelt so erber lute zu allen molen an das werck geben
Innome von verkoufften kleidern und kleinottern und gelt draberlaßt [...]
Innome von lipgedinge oder pfründenern so süch uff das huße verpfründen
(vgl. Schock-Werner: Das Straßburger Mühster im 15. Jahrhundert, S. 250).
[5] vgl. ebenda, S. 252.
[6] Ebenda, S. 251.
[7] Ebenda, S. 252.
[8] Ebenda, S. 251.
- Quote paper
- Herta Johansmeier (Author), 1991, Das Straßburger Frauenwerk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21395
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