In den Sonetten der Algunas obras 1, einer 1582 veröffentlichten Sammlung
von lyrischen Werken, deren inspiratorischer Ursprung - Leonor de Milan -
durch die Widmung an die Braut des Marquis de Tarifa, Ana Girón, zu deren
Hochzeit das Werk erschien, verschleiert wird, finden sich zahlreiche Symbole
aus der Welt des Lichtes und der Dunkelheit.
Auffallend ist die häufige Verwendung von "luz", mitunter auch in Majuskeln,
die auf eine Beziehung zu Leonor de Milan, der Condesa de Gelves, Gattin
des Conde de Gelves, der seinerseits ein Schwiegersohn von Kolumbus war,
hindeutet. Ob der Verfasser in diese Dame tatsächlich leidenschaftlich verliebt
gewesen ist, bleibt aufgrund der widersprüchlichen Forschungsergebnisse
ungeklärt. Während manche Autoren autobiographische Aspekte einer
enttäuschten Liebe aufspüren wollen, sehen andere Leonor nur als ein
fiktives Thema der Gedichte an, als ein Objekt, an das sich die (reine) Liebe
richten kann. Der Autor gäbe dabei vor, verliebt zu sein, um ein Thema zu
haben.
Diese Auffassung wird durch die Beschreibung der Persönlïchkeitsstruktur
gestützt. Sein Biograph Pacheco beschreibt Herrera mit den Attributen zurückgezogen,
wenig kommunikativ, rauh, asketisch und mitunter fast unmenschlich,
was kaum vermuten lässt, dass er, in dessen Leben das Gefühl
wenn überhaupt nur eine völlig untergeordnete Rolle spielte, einen
Gegenstand der Leidenschaft gehabt haben könnte.2 Die verklärte Gefühlsschilderung,
in der der Dichter als unglücklicher Liebhaber auftritt, spricht
eher dafür, dass Leonor lediglich als Inspirationsquelle diente, der Herrera
sich aus Dankbarkeit verschrieb. Sie ermöglicht eine subjektiv gefärbte
Problematisierung der Liebe, die den Konventionen verhaftet bleibt. [...]
1 Fernando de Herrera: Algunas obras de Fernando de Herrera in: Poesía
castellaña original completa. Ed. de Cristóbal Cueva. Madrid: Cátedra 1985,
S. 347-469. Die im folgenden zitierten Beispiele entstammen dieser Auflage und
werden im Text nur noch mit der Nummer des Sonetts bzw. der canción
bezeichnet.
2 Vgl. Oreste Macrí: Fernando de Herrera (Biblioteca románica hispánica, 43).
Madrid: Gredos 1959, S. 23 ff.
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
1. Lichtsymbolik
1.1. Licht und Sonne
1.2. Sterne
1.3. Feuer
2. Schattensymbolik
2.1. Dunkelheit
2.2. Halbdunkel
2.3. Kälte
3. Farbsymbolik
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis :
1. Primärliteratur:
2. Sekundärliteratur:
Einleitung
In den Sonetten der Algunas obras[1], einer 1582 veröffentlichten Sammlung von lyrischen Werken, deren inspiratorischer Ursprung - Leonor de Milan - durch die Widmung an die Braut des Marquis de Tarifa, Ana Girón, zu deren Hochzeit das Werk erschien, verschleiert wird, finden sich zahlreiche Symbole aus der Welt des Lichtes und der Dunkelheit.
Auffallend ist die häufige Verwendung von "luz", mitunter auch in Majuskeln, die auf eine Beziehung zu Leonor de Milan, der Condesa de Gelves, Gattin des Conde de Gelves, der seinerseits ein Schwiegersohn von Kolumbus war, hindeutet. Ob der Verfasser in diese Dame tatsächlich leidenschaftlich verliebt gewesen ist, bleibt aufgrund der widersprüchlichen Forschungsergebnisse ungeklärt. Während manche Autoren autobiographische Aspekte einer enttäuschten Liebe aufspüren wollen, sehen andere Leonor nur als ein fiktives Thema der Gedichte an, als ein Objekt, an das sich die (reine) Liebe richten kann. Der Autor gäbe dabei vor, verliebt zu sein, um ein Thema zu haben.
Diese Auffassung wird durch die Beschreibung der Persönlïchkeitsstruktur gestützt. Sein Biograph Pacheco beschreibt Herrera mit den Attributen zurückgezogen, wenig kommunikativ, rauh, asketisch und mitunter fast unmenschlich, was kaum vermuten lässt, dass er, in dessen Leben das Gefühl wenn überhaupt nur eine völlig untergeordnete Rolle spielte, einen Gegenstand der Leidenschaft gehabt haben könnte.[2] Die verklärte Gefühlsschilderung, in der der Dichter als unglücklicher Liebhaber auftritt, spricht eher dafür, dass Leonor lediglich als Inspirationsquelle diente, der Herrera sich aus Dankbarkeit verschrieb. Sie ermöglicht eine subjektiv gefärbte Problematisierung der Liebe, die den Konventionen verhaftet bleibt.
Seine Liebesdichtung steht noch in höfischer Tradition, insofern sie einer unerreichbaren, verheirateten Dame gewidmet ist. Dennoch verschieben sich die Schwerpunkte von einer irdisch ausgerichteten zu einer transzendentalen Liebesauffassung. Herreras Liebeskonzept ist von Leon Hebreos Diálogos de amor beeinflußt. Die menschliche Schönheit als Abglanz der göttlichen Schönheit führt den Menschen zur Liebe Gottes. Sie ist gewissermaßen ein Medium, das thematisch immer stärker zurücktritt, wie weiter unten in der Diskussion der Lichtsymbolik deutlich wird. So wird auch nur der rein geistigen Liebe eine Chance eingeräumt.
Es zeichnet sich ein Konflikt zwischen Geist und Fleisch, Vernunft und Gefühl, Liebe und Leidenschaft ab. Der Dichter setzt diese Oppositionen symbolisch in Licht und Dunkelheit, Wärme und Kälte sowie in kontrastierende Farbtöne, deren Abstufungen die unterschiedlichen Ausprägungen der zugrundeliegenden Liebe bzw. Leidenschaft verdeutlichen, um.
Für ein ernsthaftes Interesse Herreras an der Condesa de Gelves spricht, dass die Sonette erst nach ihrem Tode (1581) veröffentlicht wurden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass man von Herrera, der den theoretischen Hintergrund seiner dichterischen Prinzipien ein Jahr zuvor veröffentlicht hatte[3], eine Publikation seiner eigenen Werke erwartete.
Nach 1582 wandte er sich Stoffen aus dem höher geschätzten historisch-nationalen Themenkreis zu.
Herrera finanzierte seinen Lebensunterhalt durch Einkünfte, die ihm aus einem niederen Weiheamt an der Kirche San Andrés zuflossen. Zusätzliche Unterstützung erhielt er durch den Ehemann Leonors, Alvaro de Gelves, der den Kreis der sogenannten Sevillaner Schule, deren Hauptvertreter Herrera war, förderte und seine Residenz diesem Zirkel als Treffpunkt anbot. Die Gruppe, zu der auch Juan de Mal Lara gehörte, orientierte sich an neoklassizistischen Prinzipien und war aristokratisch ausgerichtet. Herrera bemühte sich um eine elegante, stilisierte, ausdrucksvolle Sprache, die sich von der Alltagssprache deutlich abheben sollte, was stilistisch durch Hyperbaton, inhaltlich durch Metaphern und mythologische Bezüge erreicht wurde. Der erhabene Ton, der in eine schwere, meditierende Form gefasst ist, kommt durch von Bildern überladene Verse und eine Vielzahl von Adjektiven zustande, die die gefühlsmäßigen Konflikte in gleichförmigen, bisweilen eintönigen Gedankengängen entwickeln.
1. Lichtsymbolik
1.1. Licht und Sonne
Das Licht ist das deutlichste Symbol der vergeistigten, reinen Liebe. Durch Großschreibung bezieht Herrera es an zahlreichen Textstellen eindeutig auf seine Geliebte, Leonor (z. B. S 10:4, 8, 14), in der er den Abglanz göttlicher Schönheit erblickt. Da sie als Mittlerin auf dem Weg zu Gott auftritt, sind gelegentlich die Objekte der Liebe, die Frau und Gott, nicht mehr eindeutig zu identifizieren. Diese Vermischung steht im Dienst einer Vergeistigung, deren Prozess nie abgeschlossen zu sein scheint. In Sonett 61, in dem er Leonors Haar beschreibt, das er wahrnimmt, weil Amor auf ihn einwirkt, wartet er auf eine geistige Erkenntnis, die seinen Konflikt beenden könnte. So wird das Licht mit der Seele in Verbindung gebracht und erhält die zusätzliche Bedeutung von Erleuchtung:
Pensara que s' abrió esta vez el cielo
i mostró su poder i su riqueza,
si no fuera la Luz del'alma mía. (S:61, 12-14).
Er rechtfertigt die Verwendung des göttlichen Begriffs "luz" für Leonor, indem er sie als die schönste Frau auf Erden bezeichnet.[4] Das Licht scheint allgegenwärtig zu sein: Tagsüber in Form der Sonne, nachts als Glanz der Sterne, wodurch der Gedanke des Vergänglichen zeitweise aufgehoben und die Hoffnung auf Unsterblichkeit der Liebe genährt wird. Selbst wenn die Sonne sich verbirgt, bleibt sie in seinen Gedanken stets präsent. Er sehnt sich nach der Manifestation des Lichtes, danach, dass die Strahlen wieder auftauchen.
Während das Licht uneingeschränkt positive Konnotationen besitzt, manifestiert sich in der Sonne, der Lichtquelle, nicht nur das Göttliche. Die Sonne birgt auch die Gefahr des Verbrennens in sich. Der Dichter ruft sie in Sonett 10 an und stellt die rhetorische Frage, ob diese schon etwas so Schönes wie das Licht gesehen habe:
Roxo sol, que con hacha luminosa
coloras el purpúreo i alto cielo:
¿hallaste tal belleza en todo el suelo
qu'iguale a si serena Luz dichosa? (S 10: 1-4)
Die Sonne erhellt den Weg der Vernunft und Objektivität, sie macht Unsichtbares offenbar und gilt als Quelle der Kraft.
Eine qualitative Steigerung der Lichtwirkung wird in Sonett 62 durch weitere mit dem Licht verbundene Symbole erreicht:
I cuando el Sol alumbra el Oriënte,
en su dorada imagen os colora,
i en sus rayos parecen, a desora,
rutilar los cabellos i la frente. (S 62: 5-8)
Die Sonne geht im Osten, dem Ursprung des Lichtes und der Erkenntnis auf. Sie signalisiert einen Neubeginn. Das Licht färbt den Stern golden, was einer Glorifizierung gleichkommt, die im ersten Terzett durch den Superlativ "bellísimo" fortgesetzt wird.
Zu Beginn des Sonetts 62 besingt er zunächst die Nacht, in der er den Stern nicht erblicken kann:
Hazer no puede ausencia que presente
no os vea yo, mi Estrella, en cualquier ora;
que, cuando sale la purpúrea Aurora,
en su rosada falda estáis luziente. (S 62: 1-4)
Die Sonne erleuchtet den Osten, das Licht erreicht die Erde. Auch der purpurne Schein der Morgenröte verspricht eine Synthese von irdischen und himmlischen Aspekten. Die etwa gleichen Anteile von blau und rot im Purpurton versprechen ein Gleichgewicht zwischen Geist und Sinnlichkeit, zwischen Leidenschaft und Einsicht und zwischen Liebe und Weisheit. Das impulsive Rot vermischt sich mit dem himmlischen Blau. Es steht für einen Ausgleich, für Anteilnahme und Beeinflussung und periodische Erneuerung, gleichzeitig aber auch für den Gehorsam unter den göttlichen Willen.[5]
Das zarte Licht der Morgenröte, in dem die Farben blau, weiß und rot zerfließen, beendet die Nacht und gilt daher als Symbol für die Transformation vom Tod zum Leben:
Cual rociada Aurora en blanco velo
muestra la nueva luz al claro día;
cual sagrado luzero, del Sol guía,
sus rayos abre i tiende al limpio cielo; (S 57: 1-4)
Im Licht zu Beginn eines langen Tages erwacht die Hoffnung auf Erfüllung der Träume. Die Morgenröte ist somit ein Symbol für offene Möglichkeiten.
1.2. Sterne
Die Sterne erfüllen nur eine Teilfunktion des Lichtes. Sie beleuchten die dunkle Nacht und stehen im Konflikt zwischen Licht und Schatten. Ihre Lage am Himmel spiegelt die unerreichbare Schönheit von Leonors Augen wider:
Luna, onor de la noche, ilustre coro
de las errantes lumbres, i fixadas:
¿consideraste tales dos estrellas? (S 10: 9-11)
Der Mond, der keine eigene Lichtquelle darstellt, sondern das Sonnenlicht lediglich reflektiert, soll die Frage beantworten, ob er schon einmal so schöne Sterne (wie die Augen Leonors) gesehen habe. Sehen symbolisiert Verstehen. Die Analogie von Iris und Pupille zu Lichthof und Sonne ist gleichfalls offenkundig. Ebenso wie Leonors Augen der vergänglichen Welt angehören, ist der Mond, der zum Zeugen angerufen wird, wegen der Mondphasen, während derer er seine Form verändert, ein Zeichen für den Wandel, die Periodizität, die Erneuerung und die Verwandlung, das heißt fiir einen biologischen Rhythmus, aber nicht zuletzt auch für Instabilität. Während die Sonne den Weg zur Spiritualisierung erhellt, begleitet der Mond den Menschen auf dem gefährlicher erscheinenden Weg der Imagination, auf dem er nur durch Schmerz und Desillusionierung lernen kann. Enttäuschungen und Verirrungen sind eng mit diesem Bild verbunden.
Die sich wandelnden Konturen des Mondes veranschaulichen seine Abhängigkeit von der Sonne, ohne deren Eingebung er keinen Zugang zum Spirituellen bekommt. Auch in Canción III wird deutlich, dass der silberne, reine Glanz des Mondes an die göttliche Lichtwirkung der Sonne gebunden ist:
[...]
[1] Fernando de Herrera: Algunas obras de Fernando de Herrera in: Poesía castellaña original completa. Ed. de Cristóbal Cueva. Madrid: Cátedra 1985, S.347-469. Die im folgenden zitierten Beispiele entstammen dieser Auflage und werden im Text nur noch mit der Nummer des Sonetts bzw. der canción bezeichnet.
[2] Vgl. Oreste Macrí: Fernando de Herrera (Biblioteca románica hispánica, 43). Madrid: Gredos 1959, S. 23 ff.
[3] Fernando de Herrera: Anotaciones a las obras de Garcilaso. Sevilla 1580.
[4] Sonett 10: 4, 8.
[5] VgI. Jean Chevalier, Alain Gheerbrant: Dictionnaire des symboles. Paris: Seghers 19747, Art. VIOLET, Vol. IV, S. 396-398.
- Arbeit zitieren
- Herta Johansmeier (Autor:in), 1995, Licht-, Schatten-und Farbsymbolik bei Fernando de Herrera, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21394
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