Da der Dienstleistungssektor immer mehr in unserer Gesellschaft an Bedeutung,
Importanz und Potential gewinnt und zugleich der Wettbewerb um Kundenmärkte
sich intensiviert bei immer kurzlebigeren Produkten/ bzw. Dienstleistungen (DL),
stellen sich neue Aufgaben und Herausforderungen an das Marketingmanagement
solcher Unternehmen. 1 Ziel dieser Hausarbeit ist es aufzuzeigen, inwiefern
Kundenintegration in den Prozess der Dienstleistungserstellung eine Strategie
darstellt, mit Hilfe derer Wettbewerbsvorteile und Prozessoptimierungen erzielt
werden können. Nach den Erklärungen der grundlegenden Begriffe
Dienstleistung, Kundenintegration /bzw. –zufriedenheit und Innovation werden
im dritten Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, mögliche Strategien auf ihr
Erfolgsspektrum hin untersucht. Das vierte Kapitel schließt mit einer dies
betrachtenden Zusammenfassung ab.
1 Vgl. Meffert (2000), S. 46 ff.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen der Innovationserstellung bei Dienstleistungen
2.1 Definition und Arten von Dienstleistungen
2.2 Innovation und Leistungsdifferenzierung im Wettbewerb
2.3 Zweck und Notwendigkeit der Kundenzufriedenheit
2.4 Der Kunde als Informationsquelle
2.5 Kompetenzen, Verfahren und Methoden marktinduzierter Innovationserstellung
3. Dienstleistungsunternehmen und integratives Innovationsmanagement
3.1 Kundenorientierung und -integration in Dienstleistungsunternehmen
3.2 Dienstleistungsinnovation mit/durch den Kunden
3.3 Betrachtung genereller Verfahren des integrativen Innovationsprozesses hinsichtlich der Eignung im Dienstleistungsunternehmen
3.4 Möglichkeiten der Kundenintegration für Dienstleistungsunternehmen
3.5 Grenzen der Kundenintegration für Dienstleistungsunternehmen
4. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Erklärung zur Hausarbeit.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 – Rolle des Kunden bei der Entstehung von Innovationen
Tabelle 1 – Eignung und Möglichkeiten der Verfahren
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Da der Dienstleistungssektor immer mehr in unserer Gesellschaft an Bedeutung, Importanz und Potential gewinnt und zugleich der Wettbewerb um Kundenmärkte sich intensiviert bei immer kurzlebigeren Produkten/ bzw. Dienstleistungen (DL), stellen sich neue Aufgaben und Herausforderungen an das Marketingmanagement solcher Unternehmen.[1] Ziel dieser Hausarbeit ist es aufzuzeigen, inwiefern Kundenintegration in den Prozess der Dienstleistungserstellung eine Strategie darstellt, mit Hilfe derer Wettbewerbsvorteile und Prozessoptimierungen erzielt werden können. Nach den Erklärungen der grundlegenden Begriffe Dienstleistung, Kundenintegration /bzw. –zufriedenheit und Innovation werden im dritten Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, mögliche Strategien auf ihr Erfolgsspektrum hin untersucht. Das vierte Kapitel schließt mit einer dies betrachtenden Zusammenfassung ab.
2. Grundlagen der Innovationserstellung bei Dienstleistungen
2.1 Definition und Arten von Dienstleistungen
Da in der Literatur ein Vielzahl verschiedener Definitionen für den Begriff Dienstleistung existiert, fokussiert diese Ausarbeitung auf die Abgrenzung anhand konstitutiver Merkmale nach Kleinaltenkamp, um so zielgerichtet auf integrative Innovationserstellung besser eingehen zu können.[2] Diese Definition besteht aus drei Leistungsdimensionen[3]:
Die potentialorientierte Dimension bezeichnet die DL als zur Verfügung gestelltes Leistungspotential, welches bestehend aus internen Faktoren, die Bereitschaft zur Erbringung einer Leistung erst ermöglicht.
Die prozessorientierte Dimension beschreibt die Leistungserstellung selbst, die den internen Faktor, das Potential oder die Fähigkeit, mit einem integrierten, externen Faktor im Rahmen des Erstellungsprozesses der Dienstleistung zeitgleich kombiniert.[4] Der Kunde als Nachfrager selbst oder mit ihm verbundene materielle oder immaterielle Dinge bezeichnen hier den externen Faktor.
Die ergebnisorientierte Dimension stellt das i.d.R. immaterielle Endresultat des Erstellungs- /bzw. Erbringungsprozesses dar. Vollständige Immaterialität ist allerdings selten der Fall, da es meistens zu einer Mischung kommt wie bei einer mittels Werkzeug und Ersatzteilen durchgeführten Autoreparatur.[5]
Die konstitutiven Merkmale einer DL ergeben sich somit aus
a) dem Leistungspotential der DL,
b) der Integration des externen Faktors und
c) der überwiegenden Immaterialität der Leistung.[6]
Hinzufügend könnte man sagen, dass somit bei Immaterialität auch eine Nichttransportierbarkeit der Leistung besteht, auch durch den synchronen Verlauf von „Produktion“ und „Konsum“.
Abschließend kann noch festgestellt werden, dass sich DL in einem Rahmen zwischen reiner immaterieller DL über produktnahe Erstellung wie bei Designern bis hin zu produktorientierten Komplementärleistungserstellungen bewegen.
2.2 Innovation und Leistungsdifferenzierung im Wettbewerb
Die Erklärung des Begriffs Innovation kann ebenfalls unterteilt werden in vier Dimensionen, die Objekt -, Subjekt -, und Intensitätsdimension, welche auch häufig als Produktinnovation bezeichnet werden und die Prozessdimension.[7]
Bei der Objektdimension handelt es sich entweder um eine Neuerung des Ergebnisses der Leistungserstellung, welches so auch dem Kunden ersichtlich erscheint oder um eine Potential- /bzw. Prozessneuerung, welche oft nicht direkt spürbar ist, sondern sich in Form effizienterer Methoden, Strukturen oder im Preis zeigen.
Die Subjektdimension hat im eigentlichen Sinne mit einer Innovation zunächst nicht viel gemein, sie zielt ab auf die Person (z.B. Unternehmen, Kunde) welche entscheiden muss, ob es sich für ihn um eine Neuheit handelt oder ob es sich lediglich um eine Unternehmensinnovation und nicht um eine Marktneuheit handelt.
Die Intensitätsdimension bezeichnet den Grad der Neuartigkeit, also wie stark die Qualität der Innovation sich vom bisherigen Zustand abhebt. Hierbei unterscheidet man grob in inkrementelle (schwächere) und radikale (drastischere) Innovationen.
Hingegen die Prozessdimension beschäftigt sich mit allen Schritten bis zum eigentlichen Resultat, Innovation, von der Ideenfindung zu der Konzeption der Idee über die Testsphase bis hin zur Markteinführung. Die gesamten Prozessaktivitäten einer Innovationserstellung lassen sich in chronologischer Reihenfolge nach Schneider wie folgt darstellen:[8]
Ideeprüfung, Konzeptentwicklung, Konzepttest, Wirtschaftlichkeitsanalyse, Entwurf des DL-Angebots und seiner Tiefen, Entwurf des Marketing-mix-programms, DL-Test, Personalschulung, Testproduktion, Testmarkt und Markteinführung.
Innovationen sind, da in den meisten Branchen die Wachstumsraten niedrig sind und der Konkurrenzdruck hoch ist, unerlässlich für ein Unternehmen. Auf gesättigten Märkten ist über Preiswettbewerb allein wenig Erfolg zu erwarten.[9] Um dennoch Wettbewerbsvorteile realisieren zu können, brauchen Unternehmen innovative Produkte und DL, die einen gesteigerten Kundennutzen liefern und sich damit von der Konkurrenz deutlich differenzieren.[10]
2.3 Zweck und Notwendigkeit der Kundenzufriedenheit
Durch den schon erwähnten Druck von Seiten der Konkurrenz und die breite Möglichkeit und Bereitschaft des Kunden nach anderen Problemlösungen zu suchen, ist es von essentieller Bedeutung, Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden, da es sich als wesentlich schwieriger und teurer herausstellt, neue Kunden zu gewinnen, als „alte“ Kunden zu behalten.[11] Dies ist allerdings nur möglich unter Kenntnis der relevanten Einflussgrößen auf die Kundenzufriedenheit. „Kundenzufriedenheit repräsentiert demnach eine Kontrollgröße, die dem Unternehmen Hinweise über notwendige Leistungsmodifikationen gibt“.[12] Der Kunde ist also nur dann zufrieden, wenn seine Erwartungen an die Leistung sich nach dem Konsum auch bewahrheiten. Somit wird der Bedarf an Kundenorientierung ersichtlich, welcher eine Auseinandersetzung mit dem Markt und Verbraucherwünschen darstellt und aufgrund dieser Erkenntnis danach eine entsprechende Leistung erstellt werden soll.
2.4 Der Kunde als Informationsquelle
Wie im vorangegangenen Kapitel bereits festgestellt wurde, sollte der Kunde, soweit es möglich ist, im Mittelpunkt des Unternehmensinteresses und auch der Innovation stehen, da nur er selbst entscheiden kann und weiß, wie sich seine Situation definiert und wie eine mögliche Problemlösung aussehen könnte. Gerade bei DL-Märkten im Gegensatz zu reinen Sachgütermärkten existiert eine wesentlich höhere Kundennähe, die so zur Annäherung an Kundenwünsche genutzt werden kann. Zudem handelt es sich meist bei DL generell um individualisiertere „Produkte“, die einer höheren Kundeninvolvierung bedürfen. „Das Grundprinzip der Kundenintegration lautet also, das Problem des Kunden zusammen mit dem Kunden zu lösen“.[13] Zudem verringert die Integration des Kunden in den Leistungserstellungsprozess drastisch das Risiko eines Flops, welches je nach Branche bei 50-80 % liegt.[14]
2.5 Kompetenzen, Verfahren und Methoden marktinduzierter Innovationserstellung
Um eben diese Kundenintegration zur Leistungsindividualisierung und Innovationskreierung erfolgreich und zielorientiert generieren zu können, müssen bestimmte Kompetenzvoraussetzungen oder –potentiale im Unternehmen existieren.[15] Diese wiederum können in verschiedener Art und Weise hierzu genutzt werden. Kompetenz wird hier verstanden als die Qualifikation und Fähigkeit ein Ziel zu erreichen, kombiniert mit der wirklichen Anwendung dieser Qualifikation.[16] Zu den Verfahren der Kundenintegration in den Innovationsprozess kann festgehalten werden, dass es eine Vielzahl an verschiedenen Möglichkeiten gibt, die sich je nach Unternehmen (Sachleistungserstellung oder DL; Größe des Unternehmens; etc.), Konkurrenzstruktur und Marktbeschaffenheit unterschiedlich gut zur Zielerfüllung eignen. Kundenintegration in den Innovationsprozess stellt einen Unterschied zur reinen Marktforschung dar, welche sich definiert als:
„Marktforschung ist die systematische Sammlung, Aufbereitung, Analyse und Interpretation von Daten über Märkte und Marktbeeinflussungsmöglichkeiten zum Zweck der Informationsgewinnung für Marketing-Entscheidungen“.[17]
Bereits anhand dieser Definition kann erkannt werden, dass sich Marktforschung lediglich auf spezielle Prozessschritte der Innovationserstellung bezieht, wohingegen hierzu genutzte Kundenintegration sich auf alle Schritte von der Ideengewinnung bis zur Markteinführung und auch auf Zukunftsprognosen bezieht. Da bei DL ein höheres Kaufrisiko /bzw. Qualitätsrisiko als bei Sachgütern besteht, bedingt durch die individualisierte Leistung und die sich als schwieriger ergebende Qualitätsprüfung vor Kauf /bzw. Konsum, dadurch, dass die Leistung ja erst erstellt wird, differenzieren sich die Methoden und Verfahren der integrierten Innovationserstellung von denen der Sachgüterbrache in ihrer Vorteilhaftigkeit.[18] Der Kunde bildet seine Meinung also bereits während der Erstellung der Leistung bei DL im Gegensatz zur ausschließlichen Einsicht in das Resultat, fertiges Endprodukt, bei der Sachgütererstellung. Die frühzeitige Erkennung von Innovationspotenzialen kann Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung sichern, allerdings stellt sich dann die noch wichtigere Frage der Methodik, um Innovationsideen optimal umzusetzen. Im nun folgenden Kapitel wird auf einige dieser Methoden zur kundenintegrativen Innovationserstellung in Hinsicht auf effiziente Anwendbarkeit für DL genauer eingegangen.
Die am häufigsten genannten Methoden sind folgende:
- das auf einem trendweisenden, engagierten Kunden basierende Lead-User Verfahren[19],
- Auswertung von Anregungen von Kunden,
- Beschwerdeanalyse,
- Kundenbefragungen,
- Beobachtungen von Kunden durch Mitarbeiter mit Kundenkontakt,
- Feldexperimente,
- (die merkmalsdekomponierende Conjoint-Analyse)[20].
- ...
3. Dienstleistungsunternehmen und integratives Innovationsmanagement
3.1 Kundenorientierung und -integration in Dienstleistungsunternehmen
Wie im vorangegangenen Kapitel schon vorgestellt wurde, besitzt Kundenintegration breit nutzbare Potentiale, welche zu bestimmten, zu erreichenden Zielen führen können, und gerade da der Kunde als externer Faktor ohnehin schon in den Prozess der DL-Erstellung einbezogen werden muss, kristallisieren sich veränderte und besondere Eigenschaften und Möglichkeiten der Nutzung im DL-Bereich ab. „Dienstleistungen sind individuelle Leistungsversprechen, die integrativ erstellt und individuell erbracht werden“.[21] Hieran ist das höhere Ausmaß der Integrativität spürbar durch die sich - von standardisiert bis maßgeschneidert - erstreckende Bandbreite der Individualisierung von DL.[22] Somit müssen DL-Unternehmen einen besonderen Dialog mit ihren Kunden führen und sich in noch höherem Maße als bei Sachgüterherstellern an ihnen orientieren und sie einbinden. Zudem baut das erhöhte Ausmaß der Kundenorientierung die Informationsasymmetrie des Kunden zur Leistung selbst ab und steigert die Reputation des DL-Unternehmens, welche hohe Importanz für die Zukunft des Unternehmens hat.[23] Außerdem existiert nicht wie bei Sachgütern ein Schutz vor Konkurrenz durch Patente. So tritt auch hier der Reputationsaufbau zum externen Faktor Kunde in den Vordergrund.[24]
Diese Gründe veranschaulichen den Anlass zu einer kundenfreundlichen Unternehmenspolitik und auch einer Ausrichtung der angebotenen und zu erstellenden Leistungen am Kunden selbst. Da bereits heute eine starke Individualisierung von offerierten Leistungen in den Mittelpunkt des Geschäftsbemühens rückt, sollte also auch der Prozess dieser Leistungserstellung schon integriert mit dem Kunden zusammen vollzogen werden, um Kundeninteressen effizient verwerten zu können.[25]
3.2 Dienstleistungsinnovation mit/durch den Kunden
Wie schon erwähnt, kommt eine Fülle von Innovationen auf den Markt, wovon sich allerdings nur wenige auch durchsetzen und etablieren können. Denn schließlich ist nur die Innovation profitabel, die auch die Kundenwünsche abdeckt, da sie sonst lediglich den schon erwähnten Flop oder bei einer Zusatzleistung bloß einen Mehrkostenaufwand bedeutet. Zudem ergibt sich so eine deutliche Risikoreduktion bei der Einführung von Innovationen durch Kundenintegration, also eine deutlich marktnähere Leistungsentwicklung. Durch eine Intensivierung und Individualisierung des Kontaktes und der Zusammenarbeit mit den Kunden kann so auch der Kunde als Informationsressource erschlossen werden, die produktiv und innovativ in das Innovationsmanagement und das damit verbundene Prozessmanagement eingebracht werden kann. Dies soll Abbildung 1 verdeutlichen. Dargestellt ist hier das Potential der Innovationsgenerierung durch Kundeneinbindung unter Berücksichtigung der jeweiligen Tiefe der hierfür verwendeten Mittel und somit der passiven bis aktiven Tiefe der Kundenintegration in den Innovationsprozess:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 – Rolle des Kunden bei der Entstehung von Innovationen.[26]
Das folgende Unterkapitel beschäftigt sich nun nach der Klärung der Vorteilhaftigkeit der marktintegrierten Innovationserstellung mit der Frage wie ein solcher Prozess gestaltet werden sollte.
3.3 Betrachtung genereller Verfahren des integrativen Innovationsprozesses hinsichtlich der Eignung im Dienstleistungsunternehmen
Nun werden insbesondere die schon aufgezählten Methoden, die geeignet sind für DL-Neuentwicklungen, genauer vorgestellt und untersucht. Man kann diese Methoden zur Kundenintegration in den Innovationserstellungsprozess in zwei Gruppen unterteilen, nämlich in reaktive und aktive.[27] Reaktive Kundeneinbindungsverfahren erklären sich durch ihren relativ geringen Grad der Einbindung und damit verbunden auch durch ihren relativ geringen (Kosten-) Aufwand. Hier zu nennen wären z.B. die Kundenbeobachtung durch Mitarbeiter mit Kundenkontakt, Anregungen von Kunden und die Beschwerdeanalyse. Durch die Integration des externen Faktors in den Prozess der Leistungserstellung bei DL kann der Kunde i.d.R. beobachtet werden in Hinsicht auf den Grad seiner Zufriedenheit bei einzelnen Prozessschritten. Von daraufhin geschultem Personal können so Erkenntnisse gewonnen werden für mögliche Innovationen.[28] Hierbei entstehen vergleichsweise geringe Kosten. Zudem gestaltet sich dieses Instrument bei DL besser zur Zielerreichung, da der Kunde von Beginn der synchronen Leistungserstellung an bis zu ihrer Fertigstellung oder dem Resultat beachtet werden kann und nicht lediglich bei dem Konsum des fertigen Endprodukts, wie es bei Sachgütern der Fall ist. Derselbe Aspekt trifft auch bei Anregungen von Kunden zu (z.B. dem Qualitätsurteil nach dem Essen in einem Restaurant).[29] Bei Beschwerdeanalysen (z.B. in Form von Service-Hotlines) handelt es sich, ähnlich wie bei Anregungen von Kunden, um Hinweise auf Defizite oder Verbesserungen.[30] Anders als eine Beschwerde von Kunden verstanden wird, bedeutet sie für das Unternehmen nichts negatives, sondern positives, da neben der Kundenzufriedenstellung auf diese Weise auch Bedürfnisbefriedigungen von Kunden sichtbar werden. Deshalb, da eine Beschwerde im Sinne des Unternehmens positiv und nicht negativ ist, werden sogenannte Service-Hotlines von den Unternehmen kostenfrei angeboten.
Diese reaktiven Verfahren gestalten sich relativ unkompliziert, geben allerdings auch nur bedingt Aufschluss über Verbesserungsmöglichkeiten, da es sich meist um Einzelbeiträge handelt.
Die aktiven Methoden der Kundenintegration in den Erstellungsprozess zeichnen sich durch ihr höheres Maß an Kundeneinbindung aus. Kunden werden in wesentlich mehr Prozessschritte involviert. Dadurch eröffnet sich so ein großes Potential an Möglichkeiten zur Aufdeckung von Bedürfnissen des Marktes und noch wichtiger dazu wie diese erschlossen werden können. Die hierzu geeigneten, wichtigsten Methoden sind das Lead-User Verfahren, ganze User-Groups Verfahren (auch als Foren oder Panels bezeichnet) und gemeinsame DL-Entwicklung mit Kunden.
Das von von Hippel entwickelte Lead-User Verfahren basiert auf Erkenntnissen, die von sogenannten Lead-Usern gewonnen werden. Lead-User zeichnen sich durch zwei Hauptcharakteristika aus:
Zum ersten erkennen sie bereits heute Bedürfnisse, welche erst in der Zukunft für den gesamten Markt von Wichtigkeit sind, und sie sind dazu fähig, schon im Heute Lösungsmöglichkeiten zu konkretisieren.[31] Nach der Identifikation geeigneter Kunden, was enorm wichtig für einen voll funktionierenden Ablauf des Verfahrens ist, können so gemeinsam Strategien entwickelt werden. Bei diesen Kunden handelt es sich meist um Kunden, die eine engere Bindung zu der DL und dem Unternehmen haben. Durch ein solches marktnahes Verfahren der Ideengenerierung und Innovationserstellung reduziert sich das Innovationsrisiko, da genauer auf den Markt und auf von Kunden als unbefriedigt oder nicht ausreichend befriedigt angesehene Bedürfnisse eingegangen wird. Gerade bei DL, bei denen weniger als in der Sachgüterindustrie auf Forschung und Entwicklung zurückgegriffen werden kann, ergeben sich aus dieser Methode der DL-Erstellung neue Möglichkeiten, der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.
User Groups sind „Gesprächsrunden mit Verbrauchern, die dazu dienen, Probleme mit bestehenden Produkten aufzudecken und möglicherweise Anregungen für neue Produkte zu bekommen“.[32] Als zusätzliches Merkmal kann auch die Möglichkeit der Identifizierung geeigneter Lead-User beim Verlauf solcher Gesprächsforen und Panels aufgezählt werden.
Beim Verfahren der gemeinsamen DL-Entwicklung mit Kunden, was eine Mischung aus dem Verfahren des Lead-Users und dem Einsatz von Gesprächsforen darstellt, wird gemeinsam der Innovationsprozess mit Kunden durchgeführt, sie unterscheiden sich lediglich in der Auswahl und den Qualifikationen der Kunden. Diese Methode kann sich auf den gesamten Innovationsprozess, aber auch nur auf einzelne Teile beschränken.[33]
Diese hochintegrativen Verfahren eröffnen dem Unternehmen ein hohes Potential an Chancen, allerdings können sich bei der Integration falscher und ungeeigneter Informationen auch Risiken ergeben, auf die im späteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen wird.
Als zusätzliche Methode könnte noch das Feldexperiment genannt werden. Ein Feldexperiment stellt einen Spezialfall dar, weil mittels eines solchen Experiments lediglich Prototypen noch nicht eingeführter Leistungen von ausgewählten Kunden auf ihre Markttauglichkeit hin geprüft werden können.[34] Für weitgehend standardisierte DL oder Sachgüter ergibt sich so eine hohe Gültigkeit für das Ergebnis. Allerdings, da, wie schon erwähnt, es sich häufig bei DL um hochindividualisierte Bedürfnisbefriedigungen handelt, ergeben sich somit, was diesen Bereich von DL betrifft, Schwierigkeiten.
Andere, z.B. analytische Methoden wie die Balanced-Score-Card, welche Defizite des Unternehmens aufdecken soll oder die merkmalsdekomponierende Conjoint-Analyse, wobei eine Leistung in zu bewertende Teilmerkmale unterteilt wird, können auch helfen um Innovationen zu erstellen, unterscheiden sich allerdings sowohl in der Marktnähe als auch in der Tiefgründigkeit der Innovationsforschung.
3.4 Möglichkeiten der Kundenintegration für Dienstleistungsunternehmen
Es kann festgehalten werden, dass eine Innovation nur dann von Erfolg gekrönt ist, wenn sie die tatsächlichen Bedürfnisse des Marktes befriedigen kann. Hierfür stellen die kundenintegrativen Methoden unterschiedlich gut verwendbare Mittel dar. Je nach Methode wird der Kunde unterschiedlich tief in den Innovationsprozess miteinbezogen. So entsteht eine höhere Absicherung für die später in den Markt einzuführende Leistung, da sich das Risiko einer Fehleinschätzung verringert.
Bei den reaktiven Methoden der Kundenintegration in den Prozess der DL-Erstellung dient der Kunde eher als zu erschließende Ressource. Der Kunde kann in die Prozessschritte der Ideen- und Konzeptgenerierung, damit verbundene Analysen und in den Entwurf eines DL-Angebots integriert werden. Diese Schritte beziehen sich hierbei sowohl auf DL, die bereits auf dem Markt existierten und so auf Fehler oder Verbesserungsmöglichkeiten, als auch auf Marktneuheiten, wenn auch in wesentlich geringerem Umfang. Bei der Einbeziehung von Kunden zu Untersuchungen über bereits bestehende DL wird der Kunde nur indirekt in den Prozess der Leistungserstellung eingebunden. Sinn und Ziel ist es frühzeitig Verbesserungsmöglichkeiten aufzudecken und zu nutzen. Da bei DL aufgrund ihrer zeitlich gesehen erst jüngeren Erfahrung weniger Quellen der Marktforschung existieren als bei Sachgütern, ist somit die Kundenintegration eine gut nutzbare Maßnahme, um Daten zu erheben und Rückschlüsse über den Markt und die angebotenen DL ziehen zu können. Durch die relative hohe Individualisierung bei DL besteht zudem generell ein wesentlich höherer Kontakt zum Kunden als bei Sachgüterherstellern. Absprachen, der Verkauf der Leistung und die Erstellung erfolgen meist durch ein und dieselbe Person/ bzw. Unternehmen im Gegensatz zu der stärker vertikal aufgebauten Leistungskette von Zulieferern, Herstellern und Händlern. Da die Reputation bei DL, als Erfahrungs- und Vertrauensgüter, ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor ist, ergibt sich ein größeres Risiko des Vertrauensbruchs gegenüber den Kunden bei der Markteinführung einer nicht auf die Kundenwünsche abgestimmten DL. Hieran wird die Wichtigkeit der Kundenorientierung bei der DL-Entwicklung erkennbar. Allerdings eignen sich nicht alle Methoden der kundenintegrativen DL-Erstellung zu den gleichen Zwecken. Bspw. das Feldexperiment setzt voraus, dass bereits ein zu testender Prototyp oder eine erstellte, zu beurteilende DL existiert. Es entsteht also keine neue Ideenkreation, sondern eine weitere Absicherung für die Markteinführung oder weitere Tests. Somit setzt dieses Verfahren erst in einer späteren Phase des Innovationsprozesses ein.
Die aktiven Methoden der Kundenintegration in den Prozess der DL-Erstellung sind gekennzeichnet durch ihren wesentlich stärkeren und direkteren Einbezug der Kunden. Hierbei wird der Kunde in nahezu alle (kreativen) Prozessschritte der Leistungserstellung involviert, um innovative Ideen auch kundenorientiert umsetzen zu können. Mit Hilfe von Schlüsselkunden/Lead-Usern oder repräsentativen Kundengruppen kann ein tiefgreifenderes Verständnis der Kundenperspektive gewonnen werden, woraus Ansätze für Innovationen zu gewinnen und zu entwickeln sind. Diese Erkenntnisse verbunden mit Kundenbedürfnissen können nun wiederum gemeinsam mit bestimmten Kunden dazu verwendet werden, konkrete Anregungen zur Angebotsgestaltung zu generieren.[35] Diese integrative Innovationsmethodik unterstreicht und kongruiert den Charakter einer DL, welche wie schon erwähnt, ein hohes Maß an individuellen, auf den Kunden zugeschnittenen Leistungen enthält.
Die nun folgende Tabelle, welche auf der Grundidee von Reichwald/Ney/Wagner basiert, erweitert um zusätzliche Aspekte, stellt das Potential und die Eignung der vorgestellten Verfahren dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 – Eignung und Möglichkeiten der Verfahren (basiert auf Reichwald/Ney/Wagner 2003)
Anhand dieser Tabelle ist nun ablesbar, welches Potential sich in den einzelnen Möglichkeiten der Kundenintegration zur DL-Erstellung ergibt und wie groß generell gesehen das Potential der marktnahen Entwicklung ist.
3.5 Grenzen der Kundenintegration für Dienstleistungsunternehmen
Allerdings ziehen die positiven Seiten der Methoden der integrativen Innovationserstellung für DL auch gewisse Kehrseiten mit sich. Somit stellt die Integration von Kunden in den Innovationsprozess je nach Intensität einen großen Kostenfaktor dar. Daher ist es Aufgabe des Managements abzuwägen, ob der Mehrkostenaufwand durch Kundenintegration auch zu entsprechend größeren Potentialen und später zu Erträgen aufschließt. Außerdem kommt es zu einer steigenden Komplexität bei intensiverer Kundenintegration, welche wiederum neue, zu realisierende Aufgaben an das Innovationsmanagement stellt.[36]
Eine weitere Problematik besteht in der Auswahl geeigneter Kunden für sowohl reaktive Verfahren wie z.B. Kundenbefragungen, als auch für aktive Methoden wie das Lead-User Verfahren oder User Groups. Somit wären selbst bei komplett richtiger, technischer und methodischer Vorgehensweise die gewonnenen Informationen schlichtweg unverwertbar, da u.U. keine (ausreichende) Repräsentativität gegeben ist.[37]
Allerdings können sich auch die im vorangegangenen Kapitel erläuterten Methoden und somit die Möglichkeiten, welche bei DL durch den engen Kundenkontakt existieren, einschränken, weil nicht jede DL ein hohes Maß an Individualisierung charakterisiert. Für DL, die hauptsächlich oder ausschließlich standardisierte Leistungen anbieten oder in hohem Maße industriell definiert sind, ergeben sich Vorrausetzungen für die Kundenintegration, welche eher denen im Sachgütererstellungsbereich ähneln. Da hier die Kundenkontakte wesentlich geringer ausfallen, sind somit auch die Möglichkeiten bspw. der Kundenbeobachtung deutlich eingeschränkt.
Andere Methoden, wie das Feldexperiment, eignen sich bei DL wie bei Sachgütern fast gleichermaßen.
Generell gibt es auch Kunden, die ihre Informationen über Marktverhältnisse und –perspektiven nicht preisgeben möchten oder ein anderes Engagement gegenüber dem Unternehmen existiert. Somit können nur Kunden mit wirklich hohem Engagement auch tiefer in kundenorientierte Innovationsprozesse involviert werden.[38]
4. Zusammenfassung und Ausblick
Somit kann zusammenfassend festgehalten werden, dass Kundenintegration in den Dienstleistungserstellungsprozess eine gut nutzbare Strategie darstellt, um den steigenden Herausforderungen des Marktes und des Wettbewerbs erfolgreich entgegentreten zu können. Es wurde anhand der Perspektiven, Dienstleistung, Innovation(-sprozesse) untersucht, ob und inwiefern Erfolgspotentiale und Grenzen hinsichtlich dieser Methodik bestehen, um marktwirtschaftliche Unternehmensziele effizient zu erreichen. Dabei wurde deutlich, dass ein zielorientierter Einsatz der dafür verfügbaren und geeigneten Methoden einen deutlichen Beitrag zur Zielerfüllung beitragen kann. Gerade durch die generellen kundenintegrativen Elemente und Vorrausetzungen einer Dienstleistung wird diese Wirkung verstärkt und unterstützt. Besonders auf Dienstleistungsmärkten ist ein solches Verfahren nahezu notwendig um sich gegenüber der Konkurrenz zu differenzieren und Eintrittsbarrieren oder akquisitorische Potentiale aufzubauen. Durch die Intensivierung und Individualisierung des Kontaktes mit Kunden wird dieser so als Ressource erschlossen, die produktiv in das Innovations- , Prozess- und Dienstleistungsmanagement eingebracht werden kann. Insgesamt kann so die Kundenzufriedenheit gesteigert werden, was sich im Unternehmenserfolg niederschlägt. Es ist allerdings ebenso zu berücksichtigen, dass dieser Verfahrensweise Grenzen gesetzt sind, welche sich in Form von korrekter Anwendung und Kosten-/Nutzenanalysen zeigen.
Es muss also im Einzelfall geprüft werden, ob und inwiefern die kundenintegrative Dienstleistungserstellung sinnvoll zur Zielerfüllung eingesetzt werden kann.
Abschließend jedoch steht fest, dass gerade mit Blick auf die zukünftige Entwicklung solcher Märkte deutlich Potential in solchen Strategien besteht, um sich langfristig am Markt gegenüber der Konkurrenz behaupten zu können und auch innerbetrieblich effizient zu sein.
Literaturverzeichnis
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[...]
[1] Vgl. Meffert (2000), S. 46 ff.
[2] Vgl. Kleinaltenkamp (2001), S. 32-40.
[3] Vgl. Engelhardt (1993), S.398ff.
[4] Vgl. Meffert/Bruhn (2003), S. 32.
[5] Vgl. Kleinaltenkamp (2001), S. 34.; vgl. auch Engelhardt (1993), S. 400.
[6] Vgl. Meffert/Bruhn (2003), S. 551.
[7] Vgl. Benkenstein (2001), S. 689-699.
[8] Vgl. Schneider (1998), S. 131.
[9] Vgl. Förster/Kreuz (2003), S. 1-2.
[10] Vgl. Herstatt (1991), S.1 ff.
[11] Vgl. Müller-Hagedorn (1999), S. 108.
[12] Bitz/Dellmann/Domsch, et al. (1998), S. 354.
[13] Kleinaltenkamp (1996), S. 23.
[14] Vgl. Brockhoff (1993), S. 2 ff.; vgl. auch Meffert (2000), S.374ff.
[15] Vgl. Jacob ((2003), S. 85-88.
[16] Vgl. Ritter (1998), S. 53 und 56.
[17] Pepels (1997), S. 191.
[18] Vgl. Pepels (1995), S. 22 ; vgl. auch Woratschek (2001), S. 266.
[19] Vgl. Herstatt (1991), S. 126-142.
[20] Vgl. Müller-Hagedorn (1996), S143-148.
[21] Woratschek (2001), S. 265.
[22] Vgl. Woratschek (2001), S. 274-275.
[23] Vgl. Palmer (1994), S. 17.
[24] Vgl. Benkenstein (2001), S. 699-700.
[25] Vgl. Jacob (2003), S. 83-84.
[26] Förster/Kreuz (2003), S 8.
[27] Vgl. Förster/Kreuz (2003), S. 2-4.
[28] Vgl. Förster/Kreuz (2003), S. 9.
[29] Vgl. Herstatt (1991), S. 62-63.
[30] Vgl. Herstatt (1991), S. 85-87.
[31] Vgl. Herstatt (1991), S. 130ff.
[32] Förster/Kreuz (2003), S. 13-14.
[33] Vgl. Herstatt (1991), S. 93ff.
[34] Vgl. Reichwald/Ney/Wagner (2003), S. 14-15.
[35] Vgl. Reichwald/Ney/Wagner (2003), S. 9.
[36] Vgl. Reichwald/Ney/Wagner (2003), S. 12-13.
[37] Vgl. Förster/Kreuz (2003), S. 4 ff.
[38] Vgl. Dittrich (2000), S. 19
- Arbeit zitieren
- Alex Trimborn (Autor:in), 2003, Möglichkeiten und Grenzen der Integration von Kunden in den Prozess der Dienstleistungserstellung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21348
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