Viele wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit Luhmann befassen, erklären seine Theorie meist anhand seiner Begriffe. In diesem Essay soll jedoch zusätzlich versucht werden, eine Alltagssituation systemtheoretisch zu betrachten, um sehen zu können, inwieweit sich die Theorie auf die Praxis anwenden lässt und wo ihre Grenzen sind. Dabei soll auf das Beispiel „Falschparken“ - im Sinne von Parken ohne Parkschein - zurückgegriffen werden.
Da für die Analyse von Luhmanns Theorie zunächst einmal viele Begriffserklärungen benötigt werden, um ein Grundverständnis dafür bekommen zu können, befasst sich der erste Teil des Essays mit den wichtigsten Definitionen der Systemtheorie. Bei den einzelnen Erklärungen wird dabei immer direkt auf Luhmanns eigene Definitionen zurückgegriffen. Anschließend folgen dann noch weitergehende Begriffsbestimmungen, die als Voraussetzung für die Beispiele gesehen werden sollen. Erst dann wird anhand zweier Modelle des Falschparkens versucht, die Theorie auf die Praxis anzuwenden. Bei diesem Punkt soll jedoch nicht die genaue Rechtslage in den Mittelpunkt gestellt werden oder der Grund für die einzelne Akteurshandlung, sondern es soll veranschaulicht werden, wie die zuvor sehr theoretischen Begriffsbeschreibungen in der Praxis aussehen können und inwieweit sie überhaupt in der Realität Anklang finden.
Im letzten Teil wird dann noch auf die spezielle Rolle der Organisation eingegangen. Hierbei soll natürlich vor allem geklärt werden, warum Organisationen so besonders sind und warum sie sich so verhalten wie sie es tun – immer mit Bezug auf die im Beispiel vorkommende Organisation.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Theoretischer Rahmen
Soziologische Akteurmodelle
Organisation
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Viele wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit Luhmann befassen, erklären seine Theorie meist anhand seiner Begriffe. In diesem Essay soll jedoch zusätzlich versucht werden, eine Alltagssituation systemtheoretisch zu betrachten, um sehen zu können, inwieweit sich die Theorie auf die Praxis anwenden lässt und wo ihre Grenzen sind. Dabei soll auf das Beispiel „Falschparken“ - im Sinne von Parken ohne Parkschein - zurückgegriffen werden.
Da für die Analyse von Luhmanns Theorie zunächst einmal viele Begriffserklärungen benötigt werden, um ein Grundverständnis dafür bekommen zu können, befasst sich der erste Teil des Essays mit den wichtigsten Definitionen der Systemtheorie. Bei den einzelnen Erklärungen wird dabei immer direkt auf Luhmanns eigene Definitionen zurückgegriffen. Anschließend folgen dann noch weitergehende Begriffsbestimmungen, die als Voraussetzung für die Beispiele gesehen werden sollen. Erst dann wird anhand zweier Modelle des Falschparkens versucht, die Theorie auf die Praxis anzuwenden. Bei diesem Punkt soll jedoch nicht die genaue Rechtslage in den Mittelpunkt gestellt werden oder der Grund für die einzelne Akteurshandlung, sondern es soll veranschaulicht werden, wie die zuvor sehr theoretischen Begriffsbeschreibungen in der Praxis aussehen können und inwieweit sie überhaupt in der Realität Anklang finden.
Im letzten Teil wird dann noch auf die spezielle Rolle der Organisation eingegangen. Hierbei soll natürlich vor allem geklärt werden, warum Organisationen so besonders sind und warum sie sich so verhalten wie sie es tun – immer mit Bezug auf die im Beispiel vorkommende Organisation.
Theoretischer Rahmen
Bevor man zu dem eigentlichen Beispiel und damit zu dem Versuch, Luhmanns verzweigte Theorie auf einen konkreten Sachverhalt anzuwenden, kommen kann, muss auf einige grundsätzliche Begriffe bei Luhmann eingegangen werden, ohne die die Theorie nicht auskommt.
Da wäre zum einen das entscheidende Vorhandensein von Systemen. Diese grundlegende Erkenntnis Luhmanns, „daß es Systeme gibt“ (Luhmann 1987: 30) setzt den Grundstein für seine Theorie und auf sie bauen sich auch all seine kommenden Aussagen auf.
Systeme zeichnen sich nach Luhmann durch zwei grundlegende Dinge aus, zum einen operieren sie autopoietisch und zum anderen in Differenz zu ihrer Umwelt. Daher bezeichnet er seine Theorie auch als eine „Theorie autopoietischer, selbstreferentieller, operativ geschlossener Systeme“ (Luhmann 1997: 79). Autopoietische Systeme sind für ihn solche Systeme, die ihre „Elemente, aus denen sie bestehen, durch die Elemente, aus denen sie bestehen, selbst produzieren und reproduzieren“ (Luhmann 1995: 56), d.h. die sich selbst erhalten, wie z.B. der Mensch. Die Unterscheidung System-Umwelt wird durch die Operationen des Systems selbst erzeugt, was bedeutet, dass durch die Benennung des Systems automatisch eine Umwelt zum System entsteht; sie bedingen sich also gegenseitig. So gibt es nicht nur eine Differenzierung in System und Umwelt, sondern definiert jedes System seine Umwelt anders und so kann es auch innerhalb eines Systems zu weiteren System-Umwelt Differenzierungen kommen (vgl. Luhmann 1987: 37).
Soziale Systeme haben dabei die Besonderheit, dass sie durch Kommunikation operieren, sich dadurch also „autopoietisch bilden, erhalten und von ihrer Umwelt abgrenzen“ (Berghaus 2003: 67). Kommunikation nach Luhmann ist dabei nur eine Selektion in drei Bereiche: „Information, Mitteilung und Verstehen“ (Luhmann 1997: 190). Daher spielen bei der Kommunikation auch Komplexität, Selektion und Kontingenz eine wichtige Rolle, da der Sender einer Nachricht aus einer Fülle von Informationen eine oder wenige auswählen muss und diese Selektionsentscheidung dabei immer kontingent bleiben wird. Komplexität bedeutet daher, „daß es stets mehr Möglichkeiten gibt, als aktualisiert werden können“ (Luhmann 2008: 31), und Kontingenz soll heißen, dass jede Entscheidung auch anders hätte ausfallen können. Eine Differenzierung ist aus diesem Grunde unerlässlich, um Komplexität zu reduzieren, gleichzeitig steigert die Selektion aber auch die Komplexität.
Soziologische Akteurmodelle
Um also nun Luhmanns Systemtheorie auf das Beispiel des Falschparkens übertragen zu können, wird im Folgenden davon ausgegangen, dass es Systeme gibt, die mit ihrer Umwelt verbunden sind, jedoch nicht damit kommunizieren können und durch Selektion, die kontingent ist, ihre Komplexität reduzieren.
Des Weiteren wird im Beispiel von strukturellen Kopplungen ausgegangen, was bedeutet, dass das „System bestimmte Eigenarten seiner Umwelt dauerhaft voraussetzt und sich strukturell darauf verläßt“ (Luhmann 1993: 441). Eine solche Annahme des Systems in unserem Beispiel wäre etwa, dass man erwarten kann, dass Menschen lesen und Straßenschilder verstehen können.
Diese konkreten Erwartungen[1] geben dem System eine gewisse Struktur, auf die es sich verlassen kann. Struktur wird dabei als „Selektivitätsverstärkung“ gesehen und zwar durch die „Ermöglichung doppelter Selektivität“ (Luhmann 2008: 40). Die doppelte Selektion stellt dabei die vom Sender aus einer Vielzahl von Möglichkeiten ausgewählte Mitteilung dar, die der Empfänger dann nicht mehr als Selektion, sondern als Gegebenheit ansieht und so bei der Selektion seines Anschlusses daraufhin eingeschränkt ist (vgl. Luhmann 2008: 40).
Erwartungen werden indessen noch in normative und kognitive Erwartungen aufgeteilt. Dabei stellen normative Erwartungen solche dar, die bei Nichteintreten der Erwartung immer noch aufrecht erhalten, d.h. nicht durch andere Erwartungen ersetzt werden, während kognitive Erwartungen solche sind, die „im Falle der Enttäuschung an die Wirklichkeit angepaßt werden“ (Luhmann 2008: 42).
Ebenso sinnvoll ist es, den Begriff der Entscheidung für das Beispiel vorweg zu nehmen, da er besonders im Bereich der Organisationssysteme häufiger gebraucht wird. Durch eine Entscheidung wird zum einen die Selektion und damit Kontingenz und Komplexität sichtbar gemacht und zum anderen ist an jede Entscheidung auch ein Risiko geknüpft. Da „im Hinblick auf die Folgen unterschiedlicher Entscheidungen unterschiedliche Nutzenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsverteilungen“ (Luhmann 1991: 22) angenommen werden, können Ergebnisse bestimmter Entscheidungen riskanter sein als andere. Der Begriff des Risikos bezieht sich also auf Entscheidungen, d.h. der Schaden wird als Folge der Entscheidung gesehen; im Unterschied zur Gefahr, wo der Schaden als extern veranlasst gesehen und somit der Umwelt zugeschrieben wird (vgl. Luhmann 1991: 31). Um diese Differenzierung vornehmen zu können, braucht man den Beobachter 2. Ordnung, da er den blinden Fleck des Beobachters 1. Ordnung wahrnehmen kann, und damit eine neue Perspektive auf die Situation anbietet. Beobachtung ist dabei die Unterscheidung in zwei Dinge, wobei jedoch nur eine Seite benannt werden kann (vgl. Luhmann 1990: 21 f.). Der Beobachter 2. Ordnung sieht also den blinden Fleck des Beobachters 1. Ordnung, kann jedoch seinen eigenen blinden Fleck nicht wahrnehmen, auch wenn er sich dessen bewusst ist (vgl. Luhmann 1991: 23/24).
Im Bereich der Beobachtung erhält dabei die System-Umwelt Differenzierung nochmals eine besondere Bedeutung, da die System-Umwelt Unterscheidungen innerhalb eines Systems als Grundabgrenzung für sämtliche Unterscheidungen und sämtliches Beobachten benutzt wird, und damit leitend für die Beobachtung ist (vgl. Berghaus 2003: 40).
[...]
[1] „Die Erwartung (engl. expectation) drückt eine Vorstellung über zukünftige Ereignisse oder Handlungen aus. […] Die Erwartungen stellen darüber hinaus Maßstäbe für die eintreffenden Ereignisse und Handlungen dar, und sie ermöglichen Handlungsplanungen für die Zukunft. Diese Erwartungen werden über ein Regelwissen und gelernte Informationen gebildet. Sie dienen […] neben der Handlungsplanung auch der Identitätssicherung, indem man die Erwartung so bildet, dass man die dadurch gewonnenen Maßstäbe auch erfüllt. […] Abweichungen werden unter Umständen sanktioniert“ (Witte 2011: 115/116).
- Citation du texte
- Julia Knobelspies (Auteur), 2012, Falschparken. Eine systemtheoretische Betrachtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213241
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