Nation, Nationalismus, Volk, Ethnie und Demokratie sind Begriffe der öffentlichen
Diskussion, da die Wechselwirkungen unter ihnen explosives Potential besitzt, das zu
spektakulären Eruptionen führen kann. Unter anderem zeigte der Zerfall des Ostblocks
wieder die Instabilität von „Uralt- Staaten“ und die Macht regionaler Nationalismen.
Herausragend in der neuesten Geschichte Europas ist sicher das Beispiel Spaniens, da
dort für „westliche“ Maßstäbe ein sehr hohes Maß an Nationalismen wahrgenommen
werden kann.
Kaum vergeht eine Woche in der man nicht in den Tageszeitungen Spaniens
Schlagzeilen lesen kann, die den Konflikt zwischen regionalen Nationalisten und der
Obrigkeit ins Rampenlicht rücken. Offensichtlich ist der Weg von Zentralstaat zu
nación de naciones nur durch Opfergaben zu beschreiten. Es gibt Diskussionen über
Zuständigkeitsbereiche der autonomías, verschärfte regionale Sprachpolitik, die alles
andere als vereinfachend ist, bis hin zu den Aktionen der ETA.
Obwohl es sich dabei einerseits um eine unverhältnismäßige und ungerechte
Anwendung physischer und psychischer Gewalt und andererseits um große
Borniertheit handelt, sollte man das Ganze der spanischen Entwicklung betrachten, um
fundierte und gerechte Bewertungen der Situation zu erhalten.
Ist die übermäßige Betonung der regionalen Identitäten (v.a. in Baskenland, Katalonien
und Galizien ) nur auf die Unterdrückung der peripheren Kulturen durch den Caudillo
zurückzuführen, verleitet die neue politische Freiheit oder muß man mit Erklärungen
viel früher ansetzen?
Eine Gegenüberstellung von baskischem und kastilischem Nationalismus sollte ein
Gesamtbild zeichnen, das einer Erklärung der momentanen spanischen Realität
bezüglich dieser Reibungsfläche fähig ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Überlegungen
3. Historische Voraussetzungen
3.1 Kastilische Zentralmacht und die fueros
3.2 Baskische Sonderentwicklung
4. Gegenwärtige Situation Spaniens
4.1 Transición und staatliche Ordnung
4.2 Kastilischer Unikonformismus
5. Nachwort.
6. Anhang
6.1 Abkürzungsverzeichnis
6.2 Literatur
1. Einleitung
Nation, Nationalismus, Volk, Ethnie und Demokratie sind Begriffe der öffentlichen Diskussion, da die Wechselwirkungen unter ihnen explosives Potential besitzt, das zu spektakulären Eruptionen führen kann. Unter anderem zeigte der Zerfall des Ostblocks wieder die Instabilität von „Uralt- Staaten“ und die Macht regionaler Nationalismen.
Herausragend in der neuesten Geschichte Europas ist sicher das Beispiel Spaniens, da dort für „westliche“ Maßstäbe ein sehr hohes Maß an Nationalismen wahrgenommen werden kann.
Kaum vergeht eine Woche in der man nicht in den Tageszeitungen Spaniens Schlagzeilen lesen kann, die den Konflikt zwischen regionalen Nationalisten und der Obrigkeit ins Rampenlicht rücken. Offensichtlich ist der Weg von Zentralstaat zu nación de naciones nur durch Opfergaben zu beschreiten. Es gibt Diskussionen über Zuständigkeitsbereiche der autonomías, verschärfte regionale Sprachpolitik, die alles andere als vereinfachend ist, bis hin zu den Aktionen der ETA.
Obwohl es sich dabei einerseits um eine unverhältnismäßige und ungerechte Anwendung physischer und psychischer Gewalt und andererseits um große Borniertheit handelt, sollte man das Ganze der spanischen Entwicklung betrachten, um fundierte und gerechte Bewertungen der Situation zu erhalten.
Ist die übermäßige Betonung der regionalen Identitäten (v.a. in Baskenland, Katalonien und Galizien ) nur auf die Unterdrückung der peripheren Kulturen durch den Caudillo zurückzuführen, verleitet die neue politische Freiheit oder muß man mit Erklärungen viel früher ansetzen?
Eine Gegenüberstellung von baskischem und kastilischem Nationalismus sollte ein Gesamtbild zeichnen, das einer Erklärung der momentanen spanischen Realität bezüglich dieser Reibungsfläche fähig ist.
2. Theoretische Überlegungen
Das potentielle Dilemma von Staaten, die sich aus mehreren Nationalitäten zusammensetzen, ist aus theoretischer Sicht leicht zu erkennen. Demokratie setzt auf Volkssouveränität, in den Worten Lincolns: „ Regierung des Volks, durch das Volk, für das Volk“[1]. Nun muss aber Klarheit darüber herrschen, was hinter dem Begriff Volk im konkreten Einzelfall steht. Dieses sollte in Form einer politischen Gemeinschaft einen gemeinsamen politischen Rahmen füllen. Ist dies nicht der Fall, drohen gegensätzliche Bestrebungen das Staatengebilde von innen zu zerstören. Zusätzlich zu kulturellem Ursprung erhalten politische Bewegungen weitere Sprengkraft, wenn der Anspruch auf ein bestimmtes Territorium hinzukommt. Dann gesellt sich zu den Möglichkeiten politischen Widerspruchs noch die der Abspaltung hinzu. Vor dem Hintergrund solcher Bestrebungen wird das Regime vor folgendes Problem gestellt: „Kein Staat duldet die Abspaltung eines ansehnlichen Teils seiner Bevölkerung. Gerade weil die Grenzen der meisten Staaten so willkürlich und anfechtbar sind, dürfen sie nicht in Frage gestellt werden. Denn wenn sie einmal der Veränderung freigegeben werden, gibt es keine natürliche Beschränkung mehr, die weiteren Veränderungen Einhalt gebieten könnte.“[2] Nur wenn sich die Bewohner eines Territoriums in erster Linie der entsprechenden Nation zugehörig fühlen, können Auseinandersetzungen auch in institutionelle Bahnen gelenkt werden.
3. Historische Voraussetzungen
3.1 Kastilische Zentralmacht und die fueros
Bis zum Herrschaftsantritt der Katholischen Könige war das Gebiet der Iberischen Halbinsel in zahlreiche Herrschaftsgebiete[3] aufgeteilt und nicht, wie man annehmen könnte, schon immer „ein Spanien“. Diese regionalen Herrschaften wurden durch Heirat, Eroberung und Verwandtschaft immer wieder vermischt und schlossen sich vereinzelt mit dem Ziel der Reconquista zusammen, bis 1469 unter der (Zentral- ) Herrschaft Kastilien-Leóns und Aragoniens die Halbinsel geeint wurde, was den Weg zum spanischen Staat ebnete.
Noch vor diese Zeit fällt sie Entstehung des Foralrechts, der fueros[4]. Die Reconquista zwang den damaligen Herrschern Zugeständnisse an die Bevölkerung ab, die wiedergewonnenene Gebiete ja zu Verteidigungszwecken besiedeln mussten. Das Foralrecht umfasste Freiheitsgarantien und Sonderprivilegien und wurde von der Bevölkerung in hohem Maße geschätzt. „Sie wurden zu lokalen Rechtsordnungen, die die wesentlichen politischen und rechtlichen Fragen regelten, den Städten außerdem größere Freiheiten und Selbstverwaltungsrechte gewährte und so eine Vorform moderner Autonomieverbürgungen darstellten.“[5]
Das Foralrecht entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Gewohnheitsrecht und die Position der Regionen gegenüber dem jeweiligen Herrscher erstarkte.
Mit der Eroberung von Navarra 1512 waren Spaniens Herrschaftsgebiete vereint. Unter dem Staatenkonstrukt, das von den katholischen Königen regiert wurde, behielt jedes Königreich seine eigene Verwaltungsstruktur und Rechtsprechung. Wo die weltliche Macht der Monarchen nicht omnipräsent war, sprang die Inquisition ein. Nach dem spürbaren Niedergang des Großreiches im 17. Jahrhundert stand das 18. ganz im Zeichen von Zentralisierung und Stärkung der Macht Madrids. Nach dem Erbfolgekrieg entzog Phillip V. den Karls- treuen Landesteilen Aragonien und Katalonien die althergebrachten fueros um kastilisches Verfassungsrecht einzuführen. Das Baskenland und Navarra, die im Krieg auf Seiten Phillips gekämpft hatten, behielten ihre eigene Verfassung. Die damit erreichte politische Gleichschaltung eines Großteils der Landesteile war das erste wirkliche Erscheinen eines spanischen Einheitsstaates.[6]
Weitere Maßnahmen lassen die Intention der damaligen Herrscher erkennen: verfassungsrechtliche Festschreibung der kastilischen Vormacht, das castellano wurde Amts- und Verkehrssprache, nicht zuletzt wegen der Unterdrückung des Katalanischen und Valencianischen, die als Hochsprachen verschwanden. Der Staat wurde auf Kosten der Rechte der Regionen um Kastilien in Zentrum und Peripherie gegliedert.[7]
Mit der kulturellen Abschottung aus Angst vor dem Gedankengut des revolutionären Frankreichs und der Einsetzung Joseph Bonapartes als Herrscher über Spanien nahm der Niedergang des Reichs seinen Lauf. Diese Regentschaft nicht anerkennend, wurde vom spanischen Volk ein Guerilla- Krieg gestartet, der die Kluft zwischen diesem und der Krone deutlich machte.
Verwirrung war die Folge dieser Herrschaftslosigkeit der Besitzungen in Übersee. Die Kreolen, die Gunst des Augenblicks zum Ausbau ihrer Machtstellung gegenüber dem Mutterland nutzend und als stärkste Partei in den Kolonien, füllten das Machtvakuum aus, fühlten sich aber dennoch der bourbonischen Krone verpflichtet und erkannten das Regime Bonaparte nicht an. Die in größeren Städten gebildeten Junta- Regierungen, die den Anspruch erhoben, im Namen Ferdinand VII zu regieren, forderten mehr Selbstbestimmung, diese jedoch im Rahmen des spanischen Großreiches. Nachdem auch die liberalen Cortes von Cádiz nicht bereit waren, die Gleichstellung Amerikas mit dem Mutterland zu akzeptieren, sondern die Vormacht Spaniens betonten, wurde der Kampf der Kreolen zum, wie man weiß, erfolgreichen Unabhängigkeitskampf.[8]
[...]
[1] Aus der berühmten Gettysburg Address von 1863
[2] Burnheim, J.,S. 58
[3] Kastilien und León, Aragonien, Navarra, Katalonien mit Balearen und Valencia, Álava, Guipúzcoa, Vizcaya
[4] fueros municipales und fueros nobiliarios; Gebietszuteilungen, Nutzungsrechte, Selbstverwaltungsrechte, Zollfreiheiten, bürgerliche Freiheiten
[5] Pielow, J.-C.: S. 7
[6] vgl. Bernecker, W.L., S.82f
[7] vgl. Bernecker, W.L., S.92
[8] vgl. Bernecker, W.L., S. 106f
- Citar trabajo
- Ralf Borrmann (Autor), 2003, Iberischer Nationalismus - Zentralismus und regionalistische Bestrebungen am Beispiel des Baskenlands unter Berücksichtigung der Rolle der Zentralregierung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21307
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