Meine Facharbeit ist, abgesehen von Einleitung und Fazit, in drei Kapitel unterteilt, die sich wiederum in einzelne Unterpunkte aufspalten. Im ersten Teil finden sich Hintergrundinformationen zu Dürrenmatt und zu den Physikern, so dass der Leser einen Überblick über Werk und Autor erlangt. Die Analyse des Weltbildes Dürrenmatts und seiner Beziehung zum Theater erfolgt in den ersten beiden Unterpunkten des zweiten Kapitels. In den beiden darauffolgenden Unterpunkten werden die Ansichten Dürrenmatts zur Verantwortung der Wissenschaft und zum Kalten Krieg anhand der „Physiker“ dargestellt. Im letzten Kapitel wird die Position Dürrenmatts zur Verantwortung der Wissenschaft mit den Positionen Berthold Brechts und Heinar Kipphardts verglichen, um eine differenziertere Betrachtung Dürrenmatts Ansichten zu ermöglichen.
Dürrenmatts Beziehung zum Theater und seine Ansichten zum Kalten Krieg und zur Verantwortung der Wissenschaft dargestellt an seiner dramatischen Komödie „Die Physiker“
1) Einleitung
Bei der Wahl meines Facharbeitsthemas war für mich von entscheidender Bedeutung, dass der Autor in seinem Werk auf gesellschaftliche und politische Probleme eingeht und sich mit diesen auseinandersetzt. Dürrenmatts Theaterstücke erfüllen nicht nur dieses Kriterium, sondern sind durch seine Liebe zur Satire und seine besondere Vorstellung vom Theater auch einzigartig. Ich entschied mich dafür „Die Physiker“ als Grundlage meiner Arbeit zu verwenden, da an dieser Komödie sehr gut deutlich wird wie Dürrenmatt politische Themen in seinen Stücken verarbeitet. Ziel dieser Arbeit ist es am Beispiel der „Physiker“ Dürrenmatts Beziehung zum Theater und sein damit verbundenes Weltbild zu herauszuarbeiten, um Einblick in seine Denkweise zu erlangen. Außerdem habe ich mich mit Dürrenmatts Ansichten zum Kalten Krieg und zur Verantwortung der Wissenschaft beschäftigt, da diese Themen auch in den „Physikern“ von großer Bedeutung sind. Alle analytischen Erkenntnisse dieser Arbeit sind nur für einen bestimmten Lebensabschnitt Dürrenmatts gültig, da eine Analyse der Entwicklung Dürrenmatts Weltbild und seiner Ansichten im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich war. Meine Facharbeit ist, abgesehen von Einleitung und Fazit, in drei Kapitel unterteilt, die sich wiederum in einzelne Unterpunkte aufspalten. Im ersten Teil finden sich Hintergrundinformationen zu Dürrenmatt und zu den Physikern, so dass der Leser einen Überblick über Werk und Autor erlangt. Die Analyse des Weltbildes Dürrenmatts und seiner Beziehung zum Theater erfolgt in den ersten beiden Unterpunkten des zweiten Kapitels. In den beiden darauffolgenden Unterpunkten werden die Ansichten Dürrenmatts zur Verantwortung der Wissenschaft und zum Kalten Krieg anhand der „Physiker“ dargestellt. Im letzten Kapitel wird die Position Dürrenmatts zur Verantwortung der Wissenschaft mit den Positionen Berthold Brechts und Heinar Kipphardts verglichen, um eine differenziertere Betrachtung Dürrenmatts Ansichten zu ermöglichen. Der nach obenhin begrenzte Umfang der Facharbeit war für mich die größte Herausforderung, da es Aufgrund der inhaltlichen Zusammenhänge der Kapitel kaum Möglichleiten gab, die einzelnen Unterpunkte zu kürzen, ohne die Zusammenhänge zu gefährden
2) Friedrich Dürrenmatt im Porträt und „Die Physiker
2.1) Friedrich Dürrenmatt : Eine Kurzbiographie
Friedrich Josef Dürrenmatt gilt als einer der bekanntesten deutschsprachigen Schriftsteller und Dramatiker und zählte bereits zu seinen Lebzeiten zu den Klassikern der Moderne. Er wurde am 5. Januar 1921 in Konolfingen, einem kleinen Dorf in der Schweiz als erstgeborener Sohn des evangelischen Pfarrers Reinhold Dürrenmatt und dessen Frau Hulda geboren.[1] Drei Jahre später wurde seine Schwester Verena geboren, außerdem sollen Dürrenmatts Eltern noch eine Adoptivtochter gehabt haben, deren Existenz in der Literaturwissenschaft allerdings umstritten ist.1 Obwohl Dürrenmatt selbst seine Erziehung als liberal beschreibt, entwickelte er schon früh eine Abneigung gegenüber der christlich biederen Lebensweise seiner Eltern.1Stark geprägt wurde er hingegen durch seinen Großvater Ulrich Dürrenmatt, der ein rebellischer Dichter und Politiker war.1 Folgen dieser Prägung sind unter anderem die Liebe Friedrich Dürrenmatts zur Satire und sein Auftreten als Querdenker und Rebell.1 Nach dem Umzug nach Bern 1935 und seiner mit nur mittelmäßigen Zensuren bestandenen Matura 1941 studierte er bis 1946 Philosophie, Literaturwissenschaften und Naturwissenschaften in Zürich und Bern. Er brach dieses Studium aber ab, um Schriftsteller zu werden.[2] Zuvor hatte er versucht, sich an verschiedenen Kunsthochschulen zu bewerben, war jedoch abgelehnt worden, weil er nach eigener Aussage zu expressionistisch für die damalige Zeit gemalt habe.2 Im Oktober 1946 heiratete er die Schauspielerin Lotti Geißler, die nur ein Jahr später ihren Sohn Peter und in den folgenden Jahren noch die beiden Töchter Barbara und Ruth zur Welt brachte.2 Seine schriftstellerischen Anfänge waren vor allem finanziell schwierig, da seine ersten Bühnenstücke wie „Es steht geschrieben“ und „Der Blinde“ kaum Beachtung fanden. Erst mit seinem Welterfolg „Der Besuch der alten Dame“ erreichte er 1956 große Bekanntheit und finanzielle Unabhängigkeit.2 Unter dem Einfluss des Kalten Krieges und der atomaren Bedrohung schrieb er 1962 mit seiner tragischen Komödie „Die Physiker“ seinen zweiten Welterfolg.2 Daraufhin folgten weitere Bühnenstücke wie „Der Meteor“, sowie Neuinszenierungen seiner älteren Werke und eine Ausstellung seiner Bilder in seinem langjährigen Heimatort Neuchatel.2 Nachdem 1983 seine Frau Lotti Geißler verstarb, widmete er sich noch stärker seiner Arbeit.2 Bei den Dreharbeiten zu einem Filmportrait, welches später unter dem Titel „Porträt eines Planeten“ erschien, lernte er noch im selben Jahr die Journalistin Charlotte Kerr kennen und heiratete sie nur ein Jahr später.2 Am 14. Dezember 1990 starb Friedrich Dürrenmatt im Alter von 69 Jahren in Neuchatel an einem Herzinfarkt. Obwohl Dürrenmatt Zeit seines Lebens auch als Maler, politischer Denker und Redner aktiv war, wurde er vor allem durch sein literarisches Werk wahrgenommen.[1] Für dieses erhielt er unter anderem 1986 den Georg Büchner Preis.[2]
2.2) Theatertheorie Dürrenmatts, Entwicklung aus Brechts Theatertheorie
Bei Dürrenmatts Vorstellungen vom Theater von einer Theatertheorie zu sprechen, ist in der Literaturwissenschaft durchaus umstritten, da Dürrenmatt sich selbst, obwohl er zahllose Texte zum Theater schrieb, nie als Theatertheoretiker empfannd[3]. Dennoch habe ich mich dafür entschieden, diesen Begriff zu benutzen, weil Dürrenmatt mit seinen Aussagen zur Rolle und zur Funktion des Theaters ein so genaues Bild des Theaters zeichnet, dass man durchaus von einer Theatertheorie sprechen kann. Dürrenmatt sah sich seiner Zeit vor das Problem gestellt, dass der Bezug der Menschheit zur Schuld nach dem zweiten Weltkrieg zu kompliziert geworden war, um das Problem der kollektiven Schuld zu lösen.[4] Diese Problematik hatte zwangsläufig die Vermeidung der Themen Schuld und Verantwortung zur Folge.4 Weil aber die Tragödie Schuld und Verantwortung voraussetzt, wie Dürrenmatt 1955 in seinem Text „Theaterprobleme“ schreibt,3 kann sie gar keine Wirkung mehr auf den Zuschauer haben. Er sieht die einzig mögliche Lösung des Problems in der Komödie, in welcher er durch die Groteske eine Identifikation des Publikums mit dem Bühnengeschehen vermeiden will, um so eine Distanz zwischen Zuschauer und Thema zu erzeugen.3 Durch die so erzeugte Distanz überlistet er die Zuschauer und bringt sie dazu, sich mit Themen zu beschäftigen, die sie eigentlich verdrängen wollen.[5] Obwohl die Tragödie für Dürrenmatt als Literaturform nicht mehr möglich ist, spielt die Tragik in der Komödie für ihn eine entscheidende Rolle.5 Schon vor Dürrenmatt entwickelte Brecht seine Theorie des „epischen Theaters“, bei der ebenfalls die Distanz zwischen Zuschauer und Thema im Mittelpunkt steht.5 Allerdings versucht Brecht diese mit einer Verfremdung des Bühnengeschehens durch die Einfügung von epischen Elementen und nicht-szenischen Formen wie Songs und Kommentaren in den Text zu erreichen, während Dürrenmatt das Thema an sich verfremdet, indem er es zur Komödie umformt.5 Brechts Versuch in seinem Epischen Theater die Wirklichkeit darzustellen, steht im direkten Gegensatz zu Dürrenmatt, der in seinen Stücken „theatralische Alternativen“ zur Wirklichkeit erschafft.3 Brecht will mit seinen Theaterstücken das Publikum nicht nur unterhalten, sondern es auch von seiner marxistischen Ideologie überzeugen.5 Dürrenmatt hingegen, für den Ideologien unzulässige Verkürzungen der Weltgeschichte darstellen, folgt mit seiner Theatertheorie keiner Ideologie.[1] Diese Ablehnung der Ideologien lässt sich auch mit der Tatsache erklären, dass Dürrenmatt im Gegensatz zu Brecht nicht davon ausgeht, dass Schriftsteller mit ihren Werken die Möglichkeit besitzen, die Welt zu verändern.1 Obwohl sich die beiden Theorien in vielen Punkten unterscheiden und sogar widersprechen, ist Brechts Theorie vom „epischen Theater“ grundlegend für Dürrenmatts Theatertheorie, weil sie sich als erste Theorie mit der für Dürrenmatt so entscheidenden Distanz zwischen Zuschauer und Thema befasst.
2.3) Die historischen Hintergründe zur Tragikomödie „Die Physiker“
In seinem Bühnenstück „Die Physiker“ bringt Friedrich Dürrenmatt mit dem Kalten Krieg und der Verantwortung der Wissenschaft zwei zur damaligen Zeit politisch und gesellschaftlich hoch aktuelle Themen zur Sprache. Denn das zuvor fast uneingeschränkte Vertrauen der Bevölkerung in den Nutzen der Wissenschaft war nach den Atombombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki beeinträchtigt.[2] Auch der Absturz eines mit Atomwaffen beladenen amerikanischen Bombers im November 1961 über North Carolina führte der Öffentlichkeit die Möglichkeit einer nuklearen Katastrophe vor Augen.[3] Schon vorher hatten sich 18 deutsche Atomwissenschaftler in der „Göttinger Erklärung“ 1957 gegen die militärische Nutzung der Kernenergie ausgesprochen.[4] Aber vor allem der Kalte Krieg war nach dem Abschuss eines amerikanischen Aufklärungsflugzeuges durch die UdSSR im Mai 1960 und dem Bau der Berliner Mauer im August des darauffolgenden Jahres ein politisch sehr brisantes Thema.4 Im Jahr der Uraufführung der „Physiker“ 1962 erreichten diese politischen Spannungen mit der Kuba Krise sogar ihren Höhepunkt.3 Dürrenmatt zeigte großes Interesse für diese Themen und las unter anderem eine der Schriften des amerikanischen Atomphysikers J. Robert Oppenheimer, der als Vater der Atombombe gilt.3 Besonderen Einfluss auf Dürrenmatt hatte allerdings das Buch „Heller als tausend Sonnen“ von Robert Jungk, das 1956 erschien und als eines der ersten Bücher den Konflikt der Atomphysiker zwischen Menschlichkeit und Forschung beschreibt.3 Bei seiner Rezension zu Jungks Werk, welche am 7.12.1956 in der „Weltwoche“ erschien, fällt auf, dass viele Textstellen seinen später veröffentlichten „21 Punkten zu den Physikern“ stark ähneln.3 Dürrenmatts meist inszeniertes Stück ist also nicht nur stark durch die historischen Umstände geprägt, sondern wird oftmals auch als literarische Reflexion seiner Ansichten zu diesen Umständen gesehen.
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[1] Tantow, Lutz : Dürrenmatt, S.23-37
[2] Kurt, Nicola : http://www.duerrenmatt.net/biographie/
[1] Pulver, Elsbeth : Literaturtheorie und Politik S.77 f.
[2] Kurt, Nicola : http://www.duerrenmatt.net/biographie/
[3] Knopf, Jan : Dürrenmatt, S.84
[4] Hambsch, Jasmin : http://jasmin-hambsch.suite101.de/der-dramatiker-friedrich-duerrenmatt-a53641
[5] Eisenbeis Manfred : Lektürehilfen Die Physiker, S.64-80
[1] Eisenbeis Manfred : Lektürehilfen Die Physiker, S.61-77
[2] Eisenbeis Manfred : Lektürehilfen Die Physiker, S.30
[3] Eisenbeis Manfred : Lektürehilfen Die Physiker, S.93 ff.
[4] Knopf, Jan : Dürrenmatt, S.104 f.
- Citation du texte
- Jeremy Fischer (Auteur), 2012, Friedrich Dürrenmatt's "Die Physiker", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212270
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