Wachs nahm ebenso wie andere Materialien, z.B. Ton, Holz oder Bronze, einen
Weg, welcher über den Stoff als Gebrauchsgegenstand, über angewandte Kunst zur
bildenden Kunst führte. Dieser Weg soll in dieser Arbeit näher beschrieben werden.
Er beginnt in der sakralen Ebene, in welcher Totenmasken und Effigien zu finden
sind, und führt von heidnischen Voodoofiguren und christlichen Votivplastiken zu
Büsten und Figuren aus höfischen und bürgerlichen Kreisen. Der Weg geht von anatomischen
Modellen, die aus wissenschaftlichen Gründen angefertigt wurden, hin zu
Wachsfiguren, die heute noch in Panoptiken und Wachsfigurenkabinetten zu sehen
sind. Natürlich spielt Wachs auch in der bildenden Kunst eine Rolle, auf die in dieser
Arbeit besonders eingegangen werden soll. Das Wachs der Biene ist das wichtigste tierische Wachs, das der Mensch seit Urzeiten
für viele Zwecke verwendete. Andere Naturwachse, wie z.B. pflanzliche, werden
erst seit ca. 100 Jahren hergestellt. Die Biene besaß mit ihren Erzeugnissen Wachs
und Honig schon damals für den Menschen eine große Bedeutung. Ihr Leben mit
seinen Abläufen blieb allerdings bis ins 19. Jahrhundert ein Geheimnis. Gerade dieses
Rätselhafte versetzte sie in früheren Zeiten in den Bereich des Mythos. Genau
dort beginnt auch der Bereich der Verwendung der Wachsplastik.
1. Das Material Wachs
Das Wachs der Biene ist das wichtigste tierische Wachs, das der Mensch seit Urzeiten für viele Zwecke verwendete. Andere Naturwachse, wie z.B. pflanzliche, werden erst seit ca. 100 Jahren hergestellt. Die Biene besaß mit ihren Erzeugnissen Wachs und Honig schon damals für den Menschen eine große Bedeutung. Ihr Leben mit seinen Abläufen blieb allerdings bis ins 19. Jahrhundert ein Geheimnis. Gerade dieses Rätselhafte versetzte sie in früheren Zeiten in den Bereich des Mythos. Genau dort beginnt auch der Bereich der Verwendung der Wachsplastik.
2. Die sakrale Wachsplastik
Die plastische Darstellung des menschlichen Körpers hat ihren Ursprung im römischen Toten- und Familienkult und setzte in zwei Punkten religiös bestimmend ein.
- Votivplastik
- Funeralplastik
Der Votivglaube bezeichnet das Verhältnis des Lebenden zur Gottheit während das Leichenritual das Verhältnis des Toten zum Jenseits bezeichnet.[1]
2.1 Die Votivplastik
Votiv und Weihegaben sind schon aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit bekannt.
Die Menschen brachten sie aus Dankbarkeit oder mit einer Bitte, z.B. um Genesung an heilige Stätten und Wallfahrtsorte. Besondere Wirkung versprach man sich, wenn diese Gegenstände an bestimmten Festtagen abgelegt wurden. Erhalten gebliebene, heute in Museen und Sammlungen stehende Votive geben Zeugnis einstiger Volksfrömmigkeit. Geopfert wurden neben Metallgegenständen auch Kleidungsstücke und immer wieder Wachsgegenstände in allen Variationen. Geformte, ungeformte und Kerzen in einer für uns heute unvorstellbaren Menge. Solche Votive konnten etwa aus Wachs geformte Beine sein, wenn ein Lahmer für neue Kraft zum Laufen betete (Abb.1). Das Wachs nahmen die Kirchenleute besonders gerne an, denn daraus konnten sie sich neue Kerzen für den Hausgebrauch machen und auch noch eine Menge „verscherbeln“. Profit mit solchen Votivgegenständen machte auch die Servitenklosterkirche SS. Annunziata. Die Votive, die man hier Boti nannte, wurden vor Ort von bekannten Wachskünstlern hergestellt, z.B. von der Familie Benitendi. Sie stellten ein naturgetreues Abbild des Menschen dar, welcher das Opfer erbrachte. Das Kloster erschien in dieser Zeit als Unternehmer und vergab die eingegangenen Aufträge. Es gab sogar einen Liefervertrag: Das Kloster hatte das Wachs an die Hersteller der Votive zu liefern, um den Rest, wie Kleidung, Haare, Glasaugen, Farben und Pinsel, mussten sich die Künstler selbst kümmern. Seit dem 13. Jahrhundert standen in der SS. Annunziata Hunderte von Wachsfiguren, für die ständig neue Bühnen („ballatoi“) gebaut werden mussten. Bis unter das Kirchengewölbe musste man sie schließlich heraufziehen. Ab und zu passierten schwere Unfälle, wenn die Stricke rissen und die großen Figuren auf die Beter herabstürzten.[2]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abb.1
2.2 Die Funeralplastik
2.2.1 Totenmasken
Am Abbild des Menschen haftet seit jeher ein dämonisches Element, und der Gedanke, die Persönlichkeit des Menschen zu erhalten, wird bis in die heutige Zeit verfolgt. Diese Erhaltung bezieht sich vor allem auf den wesentlichsten, ausdrucksvollsten Teil des Körpers, auf das Gesicht. An diesem Punkt entstanden die bis ins Altertum zurückzuverfolgenden Totenmasken, welche auch „Imagines“ genannt werden. Den Toten wurde hierbei ein Gipsabdruck vom Gesicht gemacht, das später mit Wachs ausgegossen wurde. Älteste Berichte über Totenmasken gibt es seit 336 vor Chr. „Nach Plinius (Naturae Historia 35, 153) hat zur Zeit Alexanders des Großen (336-323 v. Chr.) der Bruder des Bildhauers Lysippos, Lysistratos, als Erster das Verfahren erfunden, einen Gipsabdruck vom Gesicht eines Toten abzunehmen und mit Wachs auszugießen, um ein möglichst ähnliches Portrait zu erhalten.“[3] Von ganz primitiven Bildungen wie Schliemanns Fund in Mykene oder magisch tätowierten Terrakottamasken, geht der Weg über den Idealstil der antiken Kunst zu sehr realistischen Produkten. Die Römer nutzten diese Masken beim feierlichen, patrizischen Leichenzug, indem ein Schauspieler, der die gleiche Größe und das Gewicht des Verstorbenen hatte, diese Maske trug und oben auf einem Wagen hinter dem Leichenzug mitfuhr. Die Maske diente außerdem als Schutz vor Verwesung und als Abwehrzauber, um den Leichnam vor der Einwirkung böser Geister zu schützen, und um die Seele des Toten zu bannen. Deshalb legte man diese dem Toten beim Begräbnis auf. Leider sind von den antiken Masken heute so gut wie keine Exemplare mehr erhalten. Zwei Totenmasken aus dem 20. Jh. kann man sich in der „Geschichte der Porträtbildnerei in Wachs“ von Julius von Schlosser ansehen. Sie zeigen den Gesichtsabdruck von Gustav Mahler (1860 – 1911) und Charlotte Wolter (1834 – 1897).[4]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2
Noch heute bieten einige Begräbnisunternehmen den Angehörigen Verstorbener die Herstellung von Totenmasken an. Im Internet sind einiger solcher Adressen zu finden. Allerdings werden die Totenmasken weniger zum Schutz gegen Verwesung angefertigt als zur Erinnerung an den Toten, wie er wirklich aussah.
2.2.2 Effigien
Nachbildungen des ganzen Körpers aus Wachs, wie sie bei großen, langen Begräbnisfeiern Verwendung fanden, nennt man Effigien. Meist waren nur Kopf und Hände modelliert, während der Körper nur aus einem mit Kleidern überzogenen Weidegeflecht bestand. Man bahrte die Scheinleiber der Verstorbenen auf, kleidete sie feierlich ein und verbrannte sie später zeremoniell. Durch die sehr realistische Darstellung des Verstorbenen kam es gelegentlich zu kuriosen Zwischenfällen. Bekannt ist besonders die von Appian geschilderte Leichenfeier Cäsars. „Der Ermordete war in Wachs nachgebildet worden und lag zunächst zurückgelehnt auf einem Ruhelager. Plötzlich aber wurde er emporgehoben, durch eine eingebaute Drehvorrichtung wandte sich die Figur nach allen Seiten und zeigte dem Volk die 23 Stichwunden, durch welche Cäsar ermordet worden war. Es gab einen ungeheuren Tumult des Volkes, in dessen Verlauf schließlich die Curie des Pompeius in Brand gesteckt wurde.“[5]
Diese Sitte aus der Antike, den Toten oder wenigstens dessen Gesicht und Hände in Wachs nachzubilden und ihn mit seinen Prunkgewändern bekleidet zur Schau zu stellen, tauchte im Mittelalter erneut auf und behielt seine Geltung am französischen Hof bis ins 17. Jh. Das Erstreben, die Figur so lebensecht wie möglich anzufertigen, galt immer noch als höchstes Gesetz. Diese war meist die Aufgabe von offiziellen Hofkünstlern. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein zeitgenössischer Bericht über die Zeremonien beim Tode Karls IX. von 1574. „Dabei wurden der Effigie täglich mehrere Mahlzeiten von den Edelleuten vom Dienst serviert, das Wasserbecken zum Benetzen der Hände und die Serviette zum Abtrocknen, alles genauso, wie das umständliche Tafelzeremoniell es vorschrieb und so, als ob es dem lebenden König gelte.“[6]
[...]
[1] Vgl. Schlosser, Julius von. Tote Bli>
[2] Ebda. S. 58,59.
[3] S. Angeletti, Charlotte. Geformtes Wachs.München. S.28.
[4] Schlosser, Julius von. S. 149.
[5] S. Angletti, Charlotte. S. 29.
[6] Ebda. S. 30.
- Citar trabajo
- Johanna Quednau (Autor), 2002, Die Wachsplastik - Positionen des Realismus vom Mittelalter bis in die Gegenwart, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21148
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.