Aufgrund weltweit zunehmender Zins-, Aktien- und Währungskursschwankungen hat die Nachfrage nach Instrumenten zur Risikoabsicherung bei Banken und Unternehmen stark zugenommen. In Hinblick auf damit verbundene wachsende Bedeutung derivativer Finanzinstrumente wird im Rahmen dieser Arbeit versucht, diese zu systematisieren und deren Grundbausteine darzustellen. Dabei soll vor allem auf Optionen, Futures und Forwards, deren Verwendung im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften und die Bilanzierung und Bewertung nach deutschen und internationalen Rechnungslegungsvorschriften eingegangen werden. Angesichts der wachsenden Verbreitung der US-amerikanischen und der IASC-Rechnungslegungsstandards und deren Bedeutung für international tätige Großunternehmen und Banken, soll am Ende dieser Arbeit kritisch hinterfragt werden, inwieweit die Anwendung internationaler Standards (insbesondere die Anwendung der Zeitwertbewertung) in Hinblick auf die Ziele der Rechnungslegung und die Rechnungslegungsvorschriften in Deutschland möglich und sinnvoll erscheint.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Einleitung
2. Realoptionen und klassische Verfahren der Unternehmensbewertung
2.1 Klassische Verfahren der Unternehmensbewertung
2.2 Realoptionen und klassische Verfahren der Unternehmensbewertung
2.3 Realoptionsbasierte Verfahren
3. Realoptionenansatz und Unternehmenswert
3.1 Von der Finanzoption zur Realoption
3.2 Typisierung der Realoptionen
4. Modelle zur Bewertung von Realoptionen
4.1 Einführung
4.2 Das Binomialmodell
4.3 Das Modell von Black/Scholes
4.4 Bestimmungsfaktoren für den Wert einer Realoption
5. Kritische Würdigung der dargestellten Verfahren
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ansätze der Unternehmensbewertung
Abbildung 2: Grundpositionen bei Optionsgeschäften
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich zwischen Call-Option und Realoption
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Kapitalwertbasierte Bewertungsverfahren haben sich in der Vergangenheit als Standardverfahren der Unternehmensbewertung etabliert. Häufig aber werden bei Unternehmenstransaktionen hohe Preise erzielt und auch an den Börsen erfahren einige Unternehmen Bewertungen, die mit diesen herkömmlichen Verfahren der Unternehmensbewertung kaum nachvollziehbar sind. Dies trifft insbesondere auf junge, innovative und wachstumsstarke Unternehmen zu, für die keine oder nur wenige Erfahrungswerte aus der Vergangenheit vorliegen. Häufig kann für solche Unternehmen mit den herkömmlichen Verfahren der Unternehmensbewertung kein positiver Unternehmenswert ermittelt werden. Begründet wird dies oft mit strategischen Wertkomponenten, die aus Handlungsmöglichkeiten dieser Unternehmen in der Zukunft resultieren. Die Quantifizierung solcher Komponenten ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden. Zur wertmäßigen Erfassung dieser Handlungsflexibilitäten versucht man die Methoden der Optionspreisbewertung für die Zwecke der Unternehmensbewertung nutzbar zu machen. Diese Ansätze werden in der Literatur auch unter dem Stichwort "Realoptionen" diskutiert. Der Realoptionenansatz kann ein Schlüssel zum Verständnis der Wertabweichungen zu den herkömmlichen Verfahren der Unternehmensbewertung sein.
Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, inwieweit die Verfahren zur Bewertung von Finanzoptionen auch auf die Bewertung von Unternehmen übertragbar sind und ob sich damit die beschriebenen Abweichungen zu den mit herkömmlichen Verfahren ermittelten Werten erklären lassen.
2. Realoptionen und klassische Verfahren der Unternehmensbewertung
2.1 Klassische Verfahren der Unternehmensbewertung
Unter dem Begriff der Unternehmensbewertung wird allgemein die Anwendung der Ansätze der Investitionsrechnung auf die Bewertung von Unternehmensteilen oder ganzen Unternehmen verstanden.[1]
Die gebräuchlichsten Verfahren sind das Ertragswertverfahren und das Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF-Verfahren). Beiden beruhen auf dem Kapitalwertverfahren der Investitionsrechnung. Dabei wird der Unternehmenswert durch die Abdiskontierung der jeweiligen Zukunftserfolge ermittelt. Beim Ertragswertverfahren erfolgt die Diskontierung der ausschüttbaren zukünftigen Jahresüberschüsse und beim DCF-Verfahren werden die zukünftigen Cash Flows diskontiert.[2]
Folgende Abbildung gibt einen Überblick über die gebräuchlichsten Verfahren der Unternehmensbewertung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ansätze der Unternehmensbewertung[3]
Die Ansätze der direkt beobachtbaren Kapitalmarktdaten, können lediglich im Einzelfall die Werte künftiger Handlungsmöglichkeiten berücksichtigen. Der Ansatz der Einzelbewertung ist dazu aufgrund seines statischen Charakters ebenfalls wenig geeignet.[4]
Auch das Ertragswert- und das DCF-Verfahren sind in der Regel ungeeignet, tatsächliche Handlungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Unsicherheiten werden bei diesen Verfahren berücksichtigt, indem die Diskontierungsraten dem Risiko angepasst werden oder Sicherheitsäquivalente der riskanten Zahlungsströme verwendet werden. Alternativ kann der Kapitalisierungszins auch unter Verwendung von kapitalmarktbezogenen Methoden wie dem Capital Asset Pricing-Modell (CAPM) oder der Arbitrage Pricing Theory (APT) bestimmt werden.[5]
Ferner lassen sich Risiken in der Unternehmensbewertung wertmäßig über die Sensitivitätsanalyse, die Simulation und die mathematische Programmierung erfassen. Diese Ansätze eignen sich jedoch nicht zur Abbildung asymmetrischer Risikoprofile.[6]
2.2 Realoptionen und klassische Verfahren der Unternehmensbewertung
Das Umfeld vieler Unternehmen und Branchen verändert sich derzeit mit hoher Geschwindigkeit. Durch technologischen Fortschritt und die Möglichkeiten moderner Technologien entstehen neue Märkte und Branchen. Investitionen für die Entwicklung neuer Produkte und Technologien sind mit hohen Unsicherheiten verbunden und münden in vielfältige Handlungsmöglichkeiten.[7]
Die herkömmlichen Verfahren sind nicht in der Lage, die bei Unternehmenstransaktionen gezahlten Preise und die hohe Börsenbewertung einiger Unternehmen zu erklären. So sind z. B. die Marktwerte von einigen Unternehmen in der Realität drei bis viermal so hoch, wie die Summe der prognostizierten und diskontierten Einzahlungsüberschüsse.[8] Dies ist häufig bei jungen Unternehmen der Fall, für die keine oder nur geringe Erfahrungen aus der Vergangenheit vorliegen.[9] Diese Unternehmen sind durch Wachstumsstärke und ausgeprägte Innovationskraft gekennzeichnet, erfordern häufig hohe Erstinvestitionen und können erst mit der weiteren Verbreiterung dieser Investition erfolgreich werden.[10] Oft bedeutet dies, dass am Anfang kein positiver Ertragswert berechnet werden kann, da lediglich negative Cash Flows generiert werden. Erweist sich die Anfangsinvestition später jedoch als rentabel können Folgeinvestitionen getätigt werden und die Gewinnmöglichkeiten sind unbegrenzt. Die mit der Investition erworbene Flexibilität stellt somit einen eigenen ökonomischen Wert dar.[11]
Bei den herkömmlichen Verfahren der Unternehmensbewertung wird häufig von einem passiven Management ausgegangen, welches von günstigen Entwicklungen profitiert und bei ungünstigen verliert.[12] Durch strategische Handlungsmöglichkeiten können Fehlentscheidungen jedoch später korrigiert werden. Diese Flexibilitäten können anhand des Barwert- oder Kapitalwertkriteriums in der Regel nicht erfasst werden. Insbesondere bei Investments mit späteren Dispositionsmöglichkeiten und hohen Volatilitäten führt die Bewertung mit dem Barwert- oder Kapitalwertkriterium dazu, dass weniger flexible und kostengünstigere Investments bevorzugt werden. Dadurch kommt es in der Regel zu kurzsichtigem Investitionsverhalten.[13]
2.3 Realoptionsbasierte Verfahren
Realoptionen stellen im weiteren Sinne reale Investitions- oder Desinvestitionsmöglichkeiten dar. Im engeren Sinne können unter Realoptionen Handlungsoptionen verstanden werden. Durch die den Optionen eigenen asymmetrischen Risiko- und Zahlungsprofile können einerseits Verluste begrenzt und andererseits Gewinnpotenziale genutzt werden.[14]
Realoptionen und die mit ihnen verbundene Flexibilität haben für den Erfolg unternehmerischer Tätigkeit eine herausragende Bedeutung. Diese Flexibilität sind ist grundsätzlich von Vorteil. In vielen Fällen müssen jedoch zusätzliche Mittel aufgewendet werden. Deshalb kommt der möglichst exakten Quantifizierung des Wertes dieser Handlungsspielräume für praktische Entscheidungen in Unternehmen eine wichtige Rolle zu.[15]
Handlungsspielräume liegen immer dann vor, wenn das Management die Möglichkeit hat, auf neue Informationen wertorientiert reagieren zu können. Dadurch entsteht die Möglichkeit eine zukünftige positive Umweltentwicklung durch entsprechende Aktivitäten zugunsten des Unternehmens nutzen zu können. Bei negativer Entwicklung besitzt das Unternehmen hingegen die Möglichkeit zur Gegensteuerung und Verlustbegrenzung. Hinter diesen Gedanken steht die Tatsache, dass sich Unsicherheiten im Zeitablauf auflösen.[16]
3. Realoptionenansatz und Unternehmenswert
3.1 Von der Finanzoption zur Realoption
Optionen stellen asymmetrische einseitig verpflichtende Geschäfte dar.[17] Allgemein kann man sie als Rechte oder tatsächliche Handlungsmöglichkeiten bezeichnen, etwas tun zu können, ohne es tun zu müssen. Man wird sie nur ausüben, wenn sie wertvoll sind. Anderenfalls wird man sie verfallen lassen.[18]
Eine rechtliche Option kann sich darauf beziehen, einen Vermögensgegenstand zu einem vorher festgelegten Preis (Basis- oder Ausübungspreis) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (amerikanische Option) oder in einem bestimmten Zeitpunkt (europäische Option) zu erwerben oder zu veräußern.[19]
Soweit Optionen handelbare Finanzkontrakte darstellen, spricht man von Finanzoptionen. Diese werden als Kontrakte zwischen Käufer (Inhaber) und Verkäufer (Stillhalter) abgeschlossen. In der folgenden Abbildung sind die vier Grundpositionen von Käufer bzw. Verkäufer beim Optionsgeschäft zusammengestellt.[20]
[...]
[1] Vgl. Copeland, T., Koller, T., Murrin, J., Unternehmenswert, 2000, S. 466.; Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1983.
[2] Vgl. Gintschel, A., Bewertung von Realoptionen, 1999, S. 60.; Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1984.
[3] Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1983.
[4] Vgl. Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1983.
[5] Vgl. Gintschel, A., Bewertung von Realoptionen, 1999, S. 60; Löhr, D., Unternehmensbewertung mit Realoptionen, 2000, S. 1984 ff.
[6] Vgl. Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1984.
[7] Vgl. Krolle, S./Oßwald, U., Strategieberatung, 2001, S. 234.
[8] Vgl. Gintschel, A., Bewertung von Realoptionen, 1999, S. 61.
[9] Vgl. Mayer, M. D., Optionspreistheorie, 2001, S. 595.
[10] Vgl. Nelles, M., Rojahn, J., Berner, C., Unternehmensbewertungsverfahren, 2001, S. 322.
[11] Vgl. Behringer, S., Unternehmensbewertung, 2002, S. 214.
[12] Vgl. Amely, T./Suciu-Sibianu, P., Unternehmensbewertung, 2001, S. 88.; Peemöller, V. H., Unternehmensbewertung, 2002, S. 736.
[13] Vgl. Copeland, T., Koller, T., Murrin, J., Unternehmenswert, 2000, S. 466.; Gintschel, A., Bewertung von Realoptionen, 1999, S. 61.; Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1984 ff.
[14] Vgl. Krolle, S./Oßwald, U., Strategieberatung, 2001, S. 234.; Löhr, D., Unternehmensbewertung, 2000, S. 1983.
[15] Vgl. Breuer, W., Gürtler, M., Schuhmacher, J., Realoptionen, 1999, S. 213.
[16] Vgl. Peemöller, V. H., Unternehmensbewertung, 2002, S. 735 f.
[17] Vgl. Mayer, M. D., Optionspreistheorie, 2001, S. 599.
[18] Vgl. Ballwieser, W., Unternehmensbewertung, 2002, S. 185.
[19] Vgl. Copeland, T., Koller, T., Murrin, J., Unternehmenswert, 2000, S. 466.; Ballwieser, W., Unternehmensbewertung, 2002, S. 185.
[20] Vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft, 1999, S. 316.
- Arbeit zitieren
- Steffen Finke (Autor:in), 2004, Aktuelle Probleme der Unternehmensbewertung/ Unternehmensbewertung und Optionspreistheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21107
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