Die ISTDP ist eine psychotherapeutische Methode, die von bereits ausgebildeten Therapeuten verschiedener Richtungen zusätzlich erlernt wird, aber kassenärztlich nicht zugelassen ist. Die Methode ist abgeleitet aus der Psychoanalyse und arbeitet im wesentlichen mit und in der Übertragung, wobei davon ausgegangen wird, daß der Patient bereits Übertragungsbereitschaft in die Therapie mitbringt, d.h. den Therapeuten als primäre Bezugsperson sieht. Übertragungsbereitschaft hat generell jeder Mensch. Entdeckt wurde dies von Freud und konsequent angewandt und umgesetzt hat dies Davanloo. Die Methode wird sehr kontrovers diskutiert und kann auch kontroverse Gefühle bei Beobachtern des Verfahrens auslösen, wie z.B. Faszination oder Aggression und Abwehr.
Inhalt
Gemeinsamkeiten mit der Psychoanalyse
Unterschiede zur Psychoanalyse
Die ISTDP zielt ab auf
Indikation
Kontraindikation
Theoretischer Hintergrund
Psychische Phänomene
1. Abwehrmechanismen
2. Angst
3. Gefühle
Sektflaschen-Prinzip beim Abbau der Gefühle
Interventionen: Zentraldynamische Sequenz der ISTDP
1. Probetherapie
2. Interventionsmethoden
3. Therapiephasen und ihre Auswirkungen
Phase 1: Befragung nach Schwierigkeiten
Phase 2: Druck auf unterdrückte Gefühle
Phase 3: Klären und Herausfordern der Abwehrmechanismen
Phase 4: Energischer Angriff auf Widerstände im Über-Ich
Phase 5: Intrapsychische Krise und erster Einblick in die Kernneurose
Phase 6: Systematische Analyse der Übertragungsgefühle und Exploration der Vergangenheit
Phase 7: Vervollständigung der Anamnese
Phase 8: Psychodynamische Formulierung und Therapieplanung
4. Zugangswege zum Unbewussten
5. Zusätzliche Technik für Sonderfälle
Anforderungen an den Therapeuten
Therapeutische Haltung bzw. Aktivität
Die ISTDP ist eine psychotherapeutische Methode, die von bereits ausgebildeten Therapeuten verschiedener Richtungen zusätzlich erlernt wird, aber kassenärztlich nicht zugelassen ist. Die Methode ist abgeleitet aus der Psychoanalyse und arbeitet im wesentlichen mit und in der Übertragung, wobei davon ausgegangen wird, daß der Patient bereits Übertragungsbereitschaft in die Therapie mitbringt, d.h. den Therapeuten als primäre Bezugsperson sieht. Übertragungsbereitschaft hat generell jeder Mensch. Entdeckt wurde dies von Freud und konsequent angewandt und umgesetzt hat dies Davanloo. Die Methode wird sehr kontrovers diskutiert und kann auch kontroverse Gefühle bei Beobachtern des Verfahrens auslösen, wie z.B. Faszination oder Aggression und Abwehr.
Gemeinsamkeiten mit der Psychoanalyse
- Aufdeckung und Durcharbeitung verdrängter Wurzeln der Störung zusammen mit Patient und dadurch Leidensbefreiung
- Als Motor für neurotische Symptome und Charakterstörungen werden unverarbeitete und im Unbewussten gespeicherte traumatische Erlebnisse mit primären Bezugspersonen angesehen
- Nutzung der Phänomene der Übertragung = Reinszenierung der alten Situation in heutigen Beziehungen – hier zum Therapeuten
- Widerstandsanalyse als zentrale Rolle
- Nutzung des Phänomens, dass Aufdeckung des Verdrängten befreit und Erkennen der Wurzeln zur Integration führen, sowie Erfahrung und Einübung korrigierender Verhaltensweisen in der therapeutischen Beziehungen neue Strukturen und Möglichkeiten der Heilung schaffen
Unterschiede zur Psychoanalyse
- Hat anderes Übertragungsbild = verdrängte Gefühle und Abwehrmuster in der Übertragung werden genau beobachtet, gefördert und genutzt mit Vermeidung der Entwicklung einer Übertragungsneurose, freie Assoziation wird hierdurch unnötig
- Ziel ist die rasche Mobilisierung des Unbewussten
- Will schon in der 1. Sitzung die für die neurotische Störung verantwortlichen psychopathologischen dynamischen Kräfte erschließen = „unlocking“
- Zielt auf raschen Durchbruch verdrängter Schuld- und Wutgefühle
- Der Mobilisierung der Arbeitsbeziehung wird große Aufmerksamkeit gewidmet, um die bewusste und unbewusste therapeutische Allianz („UTA“) zu fördern
- Speziell auf UTA gerichtete Interventionen, die die Motivation des Patienten fördern
- Deutung erübrigt sich
Die ISTDP zielt darauf ab:
- Widerstände herauszufordern = eine Serie von Abwehrmechanismen zu aktivieren
- Intensive Übertragungsgefühle aufzudecken und den Patienten diese erleben zu lassen
- Dem Patienten Parallelen zu ähnlichen Mustern in anderen Beziehungen in Gegenwart und Vergangenheit zu zeigen
- Situationen zu schaffen, in denen ein direkter Zugang zum Unbewussten erfolgt mit Aufdeckung der Kernneurose
Indikation:
- neurotische Erkrankungen
- neurotische Persönlichkeitsstörungen
- psychosomatische Störungen
Kontraindikation:
- Psychosen
- fragile Persönlichkeitsstruktur
- endogene Depression
- Manie
- schwere Borderline-Persönlichkeits-Störung
- fortgeschrittener Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit
- lebensbedrohliche psychosomatische Zustände (z.B. Colitis ulcerosa)
Kontraindikation kann anhand von anhand der Lebensgeschichte und durch Zeichen wie Störungen der kognitiven Ich-Funktion, chaotischen Denkprozessen, geringer Angstkapazität, Angstzuständen ermittelt werden.
Theoretischer Hintergrund
Entwickelt wurde die Methode Anfang der 60er Jahre durch genaue Analyse gefilmter Arzt-Patient-Interaktionen. Hierbei wurden wiederholt dieselben Szenen betrachtet, wodurch das Auflösungsvermögen erhöht und damit die Wirkung eines Mikroskops erzielt wurde.
Durch objektive Beobachtung des Verhaltens der Patienten wurden spezifische Interventionen und eine systematische Beschreibung des psychotherapeutischen Prozesses als „Zentraldynamische Sequenz“ entwickelt.
Dabei wurde auch entdeckt, dass gezielte präzise Interventionen seitens des Therapeuten beim Patienten komplexe Übertragungsgefühle mobilisieren. Konsequentes Verbleiben bei diesem Vorgehen führt zum Durchbruch durch die Widerstände des Patienten. Dabei erlebt dieser gleichzeitig die komplexen Gefühle in der Übertragung. Hierdurch wird ein direkter Zugang zum dynamisch wirksamen Unbewussten geschaffen, das dann weiter analysiert und durchgearbeitet werden kann.
Davanloo konzentrierte sich vor allem auf die psychischen Phänomene
- Abwehrmechanismen
- Angst
- Gefühle
die er als Konfliktdreieck darstellte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Psychische Phänomene
1. Abwehrmechanismen
Sie sollen verdrängte, stark nach Abfuhr drängende Gefühle und die damit verbundene Angst verhindern und sind weitgehend unbewusst.
Für die meisten neurotischen Störungen gibt es bestimmte charakteristische Muster von Abwehrmechanismen, die zudem als ich-synton, d.h. als zur Person gehörend erlebt werden und mitunter positiv besetzt sind, d.h. im Leben als hilfreich erlebt werden.
Der Therapeut muss daher als erstes den Patienten mit seiner Abwehr vertraut machen und ihn gegen diese Abwehr einstellen. Durch direkten Druck auf die verdrängten Gefühle treten automatisch die Abwehrmechanismen als Widerstände zutage und stellen sich in der Übertragung dar. Neurotische Charakterstrukturen weichen so nach und nach auf und aus Charakterwiderstand wird Übertragungswiderstand = taktischer Widerstand.
Der Taktische Widerstand stellt sich im Moment der Interaktion dem Gegenüber entgegen und kann durch Bewusstmachen überwunden werden. Dazu gehören
- zwanghafte Widerstände umständliches Reden, ausweichende Antworten, emotionale Distanzierung
- regressive Widerstände Weinerlichkeit, hilflose Handlungen, Impulsivität
- maligne Widerstände Trotz, Bockigkeit, Arroganz, Zynismus, Entwertung
- fragile Widerstände Zusammenbruch des Ichs, Driften, Seh- u. Hörstörungen, Dissoziation
Als Charakterwiderstand ist die Verdrängung zu ansehen.
2. Angst
Angst ist eine unspezifische Reaktion auf Gefahren von innen oder außen, sie ist bewusst oder unbewusst und spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung, dem Verlauf und der Behandlung einer neurotischen Störung. Dabei geht es um die Angst vor den nach Abfuhr drängenden Gefühlen.
Davanloo hat, entgegen der üblichen tiefenpsychologischen Beschreibung von Angst in ihrer Funktionalität, diese in ihrer Phänomenologie (= Beobachtbarkeit) beschrieben. Er fand, dass es für Spüren und Sichtbarwerden der Angst reifere und unreife Abfuhrwege gibt.
Die Art und Weise der Angstabfuhr ist abhängig von
- der Reife des Individuums
- seiner Angsttoleranz
- der Angstintensität
- der Intensität der darunter liegenden Gefühle, d.h. dem erlebten Druck derselben
Daraus folgt, dass die erste diagnostische Aufgabe des Therapeuten darin besteht, sowohl den Angstpegel, als auch die Angsttoleranz mittels druckerzeugender Interventionen zu testen. Anhand der Reaktionen des Patienten lässt sich feststellen, wie belastbar dessen psychische Strukturen sind.
Die reifste Form der Angstabfuhr ist die psychisch erlebte Angst. Ausgedrückt wird diese durch Anspannung der quergestreiften Muskulatur = verspannte Haltung, Herzklopfen, Mundtrockenheit, flaues Gefühl in der Magengegend. Seufzen oder angespannte Bewegung der Daumen weisen auf diese reiferen Strukturen hin, d.h. der Patient kann dem Ansteigen komplexer Übertragungsgefühle standhalten. Hier kann der Therapeut den direkten Zugang zum Unbewussten des Patienten anstreben.
Die größte psychische Angst ist die Panik.
Bei der unreifen Form wird die Angst über das vegetative Nervensystem abgeführt, wie z.B. mittels Bronchialspasmus oder Durchfall.
Bei geringer Angsttoleranz oder Ich-Schwäche bzw. sehr großer Angst kommt es zum Versagen der Ich-Funktionen, was sich in Nebelsehen, Ohrensausen, Verwirrtheit des Denkens, Muskelschwäche oder Ohnmacht äußert.
Liegen keine reifen Strukturen, geringe Angsttoleranz oder Ich-Fragilität vor, lässt sich die Kapazität der Angsttoleranz mittels dosiertem Anheben und Absenken der Angst erhöhen. Dazu werden 10 – 30 Sitzungen systematische Arbeit an der Angst der eigentlichen ISTDP vorgeschaltet, was zu reiferen Strukturen führt.
3. Gefühle
Sie gelten in der ISTDP als Energiestrom spezifischer Intensität und Qualität. Gefühle durchströmen den Rumpf und die Extremitäten und führen, wenn sie nicht zurückgedrängt werden zu einem Handlungsimpuls, der in Händen und Beinen spürbar ist und von konkreten Gedanken und Vorstellungen begleitet wird.
Jedes Gefühl hat eine spezifische Energiequalität und tritt in der Interaktion oder Reaktion zu einem Gegenüber auf.
Es gibt zärtliche und erotische Gefühle, die aus Wünschen und Bedürfnissen entstehen und aggressive Gefühle, die aus Frustrationen oder Verletzungen entstehen. Negative Gefühle überwiegen die positiven an Intensität.
Die Abfuhr der Gefühle kann auf drei verschiedenen Wegen erfolgen:
- motorisch reflexartig ohne Bewusstsein in einer Handlung (schlagen, umarmen)
- semimotorisch verbal („am liebsten hätte ich, würde ich ...“) und gestisch (drohen mit der Faust, Küsschen zuwerfen)
- psychisch volles Erleben der körperlichen Gefühle, wobei die Energie im Körper verbleibt und dazugehörige Gedanken und Phantasien bewusst werden
Gedanken und Phantasien ohne körperlich erfahrenes Gefühl bewirken keine Abfuhr.
Neurotische dynamisch wirksame Gefühle sind geschluckte, vergrabene, nicht abgeführte Energien, die im Körper stecken blieben. Sie bilden den Motor für die Aufrechterhaltung der Neurose. Beim Durcharbeiten werden oft frühere Mordphantasien oder Verlustängste bewusst. Jetzt wird die Angst vor der Abfuhr dieser Gefühle verständlich.
Warum aber kommt es zu Angst und Verdrängung obwohl diese Gefühle keine Konsequenzen hatten und nicht zu Handlungen führten?
Der neurotische Konflikt im Gefühlsbereich geht auf die ersten Jahre der mensch-lichen Entwicklung zurück, in der sich die psychischen Strukturen bilden. Hier ist die Unterscheidung zwischen Phantasie und Realität, d.h. zwischen Handlungsimpulsen, vorgestellten Handlungen und tatsächlichem Handeln noch nicht möglich (Jahre des magischen Denkens - hier können Blicke töten).
In der Therapie soll der Patient lernen, Gefühle statt auszuagieren, auf rein psychischer Strukturebene abzuführen, indem die neurophysiologischen Abfuhrwege (der „pathway“) freigelegt werden, damit die verdrängten Gefühle sich im Körper ausbreiten und damit verbundene Gedanken und Phantasien bewusst werden können.
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- Quote paper
- Dipl.-Psych. Adelheid Kühn (Author), Ellen Bröker (Author), 2001, Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy (ISTDP) = intensive psychodynamische Kurzzeittherapie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21074
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