Die Finanzierung des Sozialstaats ist ein zunehmendes Problem unserer Gesellschaft.
Der Staat ist deshalb darauf angewiesen, dass Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege
wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) existieren und mit Hilfe ehrenamtlicher Helfer
soziale Aufgaben erfüllen. Das geschieht zur Erhaltung eines möglichst hohen Niveaus
des Allgemeinwohls. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege werden durch den
Staat unterstützt, in dem sie an bestimmte Voraussetzungen geknüpft als gemeinnützig
anerkannt werden und dadurch steuerliche Begünstigungen erhalten. Eine Besteuerung
der Tätigkeiten, die im Interesse des Allgemeinwohls vorgenommen werden, ist deshalb
nicht sinnvoll und würde der Unterstützungsabsicht entgegenstehen.1
Gemeinnützige Einrichtungen wie das DRK dürfen sich zur Finanzierung der sozialen
Aufgaben auch wirtschaftlich betätigen und erhalten dafür ebenfalls teilweise steuerliche
Vorteile. Diese Begünstigungen stehen gegebenenfalls in Konkurrenz zu dem
Schutzbedürfnis der gewerblichen Unternehmen, da ihnen ohne die steuerlichen Vergünstigungen
möglicherweise Wettbewerbsnachteile erwachsen können.2
Daraus ergibt sich für den Staat das Dilemma, dass er einerseits gemeinnützige Einrichtungen
wie das DRK u.a. durch steuerliche Begünstigungen fördern möchte und Wert
auf die angebotenen Dienste legt, andererseits aber auch private Dienstleister, die zum
Teil vergleichbare Leistungen erbringen, nicht benachteiligen kann.
Die vorliegende Arbeit soll anhand eines konkreten DRK-Kreisverbandes für bestimmte
Tätigkeitsbereiche beispielhaft untersuchen, wie versucht wird, den Konflikt der Steuerbegünstigung
auf der einen Seite und der Wettbewerbsbenachteiligung auf der anderen
Seite zu lösen: Ergibt sich daraus aufgrund bestimmter Tätigkeiten eine potentielle
Gefährdung der Gemeinnützigkeit für den DRK-Kreisverband?
Ein weiterer zu untersuchender Aspekt dieser Arbeit ist, dass sich aus den diskutierten
steuerlichen Risiken für die ehrenamtlichen Mitarbeiter (z.B. Vorstandsmitglieder der
DRK-Kreisverbände) in Bezug auf bestimmte Sachverhalte Haftungsrisiken ergeben.3 [...]
1 vgl. UTERHARK in Schwarz, Kommentar zur AO; § 51 Rn.1; erg. b. 101. Lfg. 11/2002; Haufe Verlag, Freiburg
2 vgl. BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, S. 13; 8. Aufl., EFV Achim bei Bremen, 2003
3 vgl. www.sozialbank.de/finale/inhalt/servicel/fachbeitraege32223.shtml ; Autor: Thomas von Holt
Inhaltsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG - EINFÜHRUNG IN DAS THEMA
2 DARSTELLUNG DER RECHTLICHEN UND STEUERLICHEN GRUNDLAGEN DES DRK-KREISVERBANDES
2.1 DIE RECHTLICHEN GRUNDLAGEN DES DRK-KREISVERBANDES ALS E.V
2.1.1 Organisation des DRK-Kreisverbandes als eingetragener Verein
2.1.1.1 Definition des Vereinsbegriffs
2.1.1.2 Rechtsfähigkeit
2.1.1.3 Organe
2.1.1.3.1 Mitgliederversammlung
2.1.1.3.2 Vorstand
2.1.1.4 Haftung
2.1.1.4.1 Haftung des DRK-Kreisverbandes
2.1.1.4.2 Organhaftung
2.1.2 Einordnung des DRK-Kreisverbandes im Bereich der freien Wohlfahrtspflege
2.2 DIE STEUERLICHEN GRUNDLAGEN DES DRK-KREISVERBANDES
2.2.1 Die Gemeinnützigkeit des DRK-Kreisverbandes
2.2.2 Satzungsgem äß e Aufgaben des DRK-Kreisverbandes
2.2.3 Die Tätigkeitsbereiche des DRK-Kreisverbandes
2.2.3.1 Ideeller Bereich
2.2.3.2 Vermögensverwaltung
2.2.3.3 Zweckbetrieb
2.2.3.4 Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
2.2.4 Ertragsteuerliche Behandlung des DRK-Kreisverbandes
2.2.5 Umsatzsteuerliche Behandlung der einzelnen Betätigungen
2.3 ABGRENZUNG DES E.V. ZU ANDEREN RECHTSFORMEN
2.3.1 Kapitalgesellschaften
2.3.1.1 Unterschiede im Bereich der Haftung
2.3.1.2 Unterschiede in der steuerlichen Behandlung
2.3.2 Personengesellschaften
2.3.2.1 Unterschiede im Bereich der Haftung
2.3.2.2 Unterschiede in der steuerlichen Behandlung
3 DIE STEUERLICHE BEHANDLUNG DES BLUTSPENDEDIENSTES UND DES ÄRZTLICHEN NOTFALLDIENSTES ALS WIRTSCHAFTLICHER GESCHÄFTSBETRIEB ODER ALS ZWECKBETRIEB
3.1 BLUTSPENDEDIENST
3.1.1 Der Blutspendedienst als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
3.1.1.1 Ertragsteuerliche Auswirkungen
3.1.1.1.1 Besteuerungsgrenze
3.1.1.1.2 Freibetrag
3.1.1.2 Umsatzsteuerliche Auswirkungen
3.1.1.2.1 Voller Steuersatz (16%)
3.1.1.2.2 Ermäßigter Steuersatz (7%)
3.1.1.2.3 Befreiung von der USt gemäß § 4 Nr.18 UStG
3.1.2 Der Blutspendedienst als Zweckbetrieb
3.1.2.1 Ertragsteuerliche Auswirkungen
3.1.2.2 Umsatzsteuerliche Auswirkungen
3.1.2.2.1 Ermäßigter Steuersatz (7%)
3.1.2.2.2 Befreiung von der USt nach § 4 Nr.18 UStG
3.1.3 Zwischenergebnis
3.2 ÄRZTLICHER NOTFALLDIENST
3.2.1 Derärztliche Notfalldienst als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
3.2.1.1 Ertragsteuerliche Auswirkungen
3.2.1.2 Umsatzsteuerliche Auswirkungen
3.2.1.2.1 Voller Steuersatz (16%)
3.2.1.2.2 Ermäßigter Steuersatz (7%)
3.2.1.2.3 Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 Nr.18 UStG
3.2.2 Derärztliche Notfalldienst als Zweckbetrieb
3.2.2.1 Ertragsteuerliche Auswirkungen
3.2.2.2 Umsatzsteuerliche Auswirkungen
3.2.2.2.1 Ermäßigter Steuersatz (7%)
3.2.2.2.2 Befreiung von der USt
3.2.3 Zwischenergebnis
3.3 AUSWIRKUNGEN DER ZUORDNUNG DES BLUTSPENDEDIENSTES UND DES ÄRZTLICHEN NOTFALLDIENSTES ZUM WIRTSCHAFTLICHEN GESCHÄFTSBETRIEB FÜR DEN DRK-KREISVERBAND
3.3.1 Bedrohung der Existenz durch Insolvenz
3.3.2 Verlust der Gemeinnützigkeit
3.3.2.1 Verluste aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben
3.3.2.2 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zum Satzungszweck
3.3.2.3 Bedeutung des Verlustes der Gemeinnützigkeit für Spenden etc
3.3.3 Persönliche Haftung der Vereinsorgane
3.4 DIE GEMEINNÜTZIGKEIT UND DAS EU-RECHT
3.4.1 Regelungen in anderen EU-Staaten
3.4.2 Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
3.5 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DEN DRK-KREISVERBAND
3.5.1 Rechtsstreit
3.5.1.1 Erfolgsaussichten
3.5.1.2 Kostenrisiko
3.5.2 Weitergabe der Steuerbelastung
3.5.3änderung der Rechtsform
3.5.3.1 gGmbH
3.5.3.1.1 Vorteile gegenüber dem gemeinnützigen e.V
3.5.3.1.2 Nachteile gegenüber dem gemeinnützigen e.V
3.5.3.1.3 Zwischenergebnis
3.5.3.2 gAG
3.5.3.2.1 Vorteile gegenüber dem gemeinnützigen e.V
3.5.3.2.2 Nachteile gegenüber dem gemeinnützigen e.V
3.5.3.2.3 Zwischenergebnis
3.5.4 Steuerminimierung
4 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
KOMMENTARE
PUBLIKATIONEN
VERÖFFENTLICHUNGEN DER EU-KOMMISSION
WEBSITES
RECHTSPRECHUNG
ERKLÄRUNG
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Die Sphären eines gemeinnützigen Vereins
Abb.2: Gewinnermittlung des FA für den Blutspendedienst
Abb.3 Umsatzsteuerermittlung des FA für den Blutspendedienst
Abb. 4: Umsatzsteuer 7% Blutspendedienst
Abb.5: Gewinnermittlung des FA für denärztlichen Notfalldienst
Abb.6 Umsatzsteuerermittlung des FA für denärztlichen Notfalldienst
Abb.7 Umsatzsteuer 7%ärztlicher Notfalldienst
Abb.8: Einnahmen des Jahres 2000 nach Abzug von Spenden und Beiträgen
1 Einleitung - Einführung in das Thema
Die Finanzierung des Sozialstaats ist ein zunehmendes Problem unserer Gesellschaft. Der Staat ist deshalb darauf angewiesen, dass Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) existieren und mit Hilfe ehrenamtlicher Helfer soziale Aufgaben erfüllen. Das geschieht zur Erhaltung eines möglichst hohen Niveaus des Allgemeinwohls. Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege werden durch den Staat unterstützt, in dem sie an bestimmte Voraussetzungen geknüpft als gemeinnützig anerkannt werden und dadurch steuerliche Begünstigungen erhalten. Eine Besteuerung der Tätigkeiten, die im Interesse des Allgemeinwohls vorgenommen werden, ist deshalb nicht sinnvoll und würde der Unterstützungsabsicht entgegenstehen.1
Gemeinnützige Einrichtungen wie das DRK dürfen sich zur Finanzierung der sozialen Aufgaben auch wirtschaftlich betätigen und erhalten dafür ebenfalls teilweise steuerliche Vorteile. Diese Begünstigungen stehen gegebenenfalls in Konkurrenz zu dem Schutzbedürfnis der gewerblichen Unternehmen, da ihnen ohne die steuerlichen Vergünstigungen möglicherweise Wettbewerbsnachteile erwachsen können.2 Daraus ergibt sich für den Staat das Dilemma, dass er einerseits gemeinnützige Einrichtungen wie das DRK u.a. durch steuerliche Begünstigungen fördern möchte und Wert auf die angebotenen Dienste legt, andererseits aber auch private Dienstleister, die zum Teil vergleichbare Leistungen erbringen, nicht benachteiligen kann. Die vorliegende Arbeit soll anhand eines konkreten DRK-Kreisverbandes für bestimmte Tätigkeitsbereiche beispielhaft untersuchen, wie versucht wird, den Konflikt der Steuerbegünstigung auf der einen Seite und der Wettbewerbsbenachteiligung auf der anderen Seite zu lösen: Ergibt sich daraus aufgrund bestimmter Tätigkeiten eine potentielle Gefährdung der Gemeinnützigkeit für den DRK-Kreisverband?
Ein weiterer zu untersuchender Aspekt dieser Arbeit ist, dass sich aus den diskutierten steuerlichen Risiken für die ehrenamtlichen Mitarbeiter (z.B. Vorstandsmitglieder der DRK-Kreisverbände) in Bezug auf bestimmte Sachverhalte Haftungsrisiken ergeben.3 Diese haften z.B. für die Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen, soweit sie infolge grob
fahrlässiger oder vorsätzlicher Weise die ihnen auferlegten Pflichten nicht erfüllt haben.4
Hierfür werden zunächst die rechtlichen Grundlagen und die steuerliche Behandlung des DRK als gemeinnütziger e.V. dargestellt. Im Anschluss daran wird die steuerliche Einordnung der Problembereiche Blutspendedienst und ärztlicher Notfalldienst anhand der unterschiedlichen Auffassungen, insbesondere denen der Rechtsprechung erläutert, und die Folgen für den DRK-Kreisverband aufgezeigt. Darüber hinaus sollen Handlungsempfehlungen zur Vermeidung bzw. Reduzierung der steuerlichen und haftungsrechtlichen Risiken gegeben werden.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse mit Ausblick auf die Entwicklung der Gemeinnützigkeit schließt die Arbeit ab.
2 Darstellung der rechtlichen und steuerlichen Grundlagen des DRK-Kreisverbandes
2.1 Die rechtlichen Grundlagen des DRK-Kreisverbandes als e.V.
Die wesentlichen Bestimmungen zur Gründung, Eintragung, Rechtsstellung usw. eines Vereins sind im BGB in den §§ 21 - 79 geregelt.
Zunächst unterscheidet das BGB drei Arten des Vereins:
- Den nichtwirtschaftlichen (ideellen) Verein (§ 21 BGB) [auch Idealverein]
- Den wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB)
- Den ausländischen Verein (§23BGB)
Die Abgrenzung zwischen dem wirtschaftlichen und dem ideellen Verein erfolgt in der Rechtssprechung durch eine aus objektiven und subjektiven Bestandteilen zusammengesetzte Theorie. Demnach ist ein wirtschaftlicher Verein gegeben, sofern ein Geschäftsbetrieb unterhalten wird und dieser einem wirtschaftlichen Hauptzweck dient.5 Auch ein ideeller Verein darf sich wirtschaftlich betätigen, sofern er nicht von seinem Zweck her auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist.6 Der DRKKreisverband ist in den Bereich der Idealvereine einzuordnen.
2.1.1 Organisation des DRK-Kreisverbandes als eingetragener Verein
Der DRK-Kreisverband e.V. ist eine juristische Person des privaten Rechts. Das ergibt sich aus dem 1. Buch des BGB (Allgemeiner Teil), in dem die Vereine unter Abschnitt
1 Titel 2 „Juristische Personen“ behandelt werden. Juristische Personen sind von der Rechtsordnung anerkannt als selbständige Träger von Rechten und Pflichten.7
2.1.1.1 Definition des Vereinsbegriffs
Das Reichsgericht für Zivilsachen hat den Begriff des Vereins 1934 folgendermaßen definiert:
„Ein Verein ist eine dauernde Verbindung einer größeren Anzahl von Personen, der, zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, nach Satzung körperschaftlich organisiert ist, einen Gesamtnamen führt und auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt ist.“8
Auch noch heute ist diese Definition gültig. Eine gesetzliche Definition des Vereinsbegriffs gibt es nicht.9
2.1.1.2 Rechtsfähigkeit
Der DRK-Kreisverband ist ein eingetragener Idealverein. Dieser erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in ein Vereinsregister, das beim örtlichen Amtsgericht geführt wird. Der eingetragene Verein führt den Namenszusatz „e.V.“. Nicht eingetragene Vereine werden nach § 54 BGB wie BGB-Gesellschaften behandelt. Diese konnten vormals grundsätzlich nicht eigenständige Träger von Rechten und Pflichten sein. Das hat sich durch das Grundsatzurteil des BGH v. 29.01.2001 geändert. Der BGB-Gesellschaft wird seit dem partielle Rechtsfähigkeit zuerkannt.10
2.1.1.3 Organe
Die gesetzlichen Organe eines Vereins sind die Mitgliederversammlung und der Vorstand, wobei die Mitgliederversammlung das oberste Organ des Vereins darstellt.
2.1.1.3.1 Mitgliederversammlung
Die Aufgabe der Mitgliederversammlung liegt gem. § 32 Abs.1 BGB darin, alle Angelegenheiten des Vereins, die nicht durch Gesetz oder Satzung dem Vorstand zugewiesen sind, durch Beschlussfassung zu regeln (z.B. Bestellung des Vorstandes). Hauptsächlich
werden die Tätigkeiten des Vorstandes überwacht bzw. diesem im Rahmen der Satzung und des Gesetzes Weisungen erteilt, die er ausführen muss.11
2.1.1.3.2 Vorstand
Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen und wird durch Beschluss der Mitgliederversammlung bestellt bzw. widerrufen (§§ 26, 27 BGB). Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführung des DRK-Kreisverbandes. D.h., dass er im Innenverhältnis zur Vornahme aller Handlungen befugt ist, die der Förderung der Vereinszwecke dienen.12 Außerdem hat der Vorstand nach § 26 Abs.2 BGB die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Das bedeutet, dass der Kreisverband durch seinen Vorstand handelt und über ihn nach außen erkennbar am Rechtsverkehr teilnimmt.13 Beschränkungen der Handlungsmacht sind gegenüber Dritten nur dann wirksam, wenn sie ins Vereinsregister eingetragen sind.14 Zu den Aufgaben des Vorstandes gehört auch die Ausführung von Beschlüssen der Mitgliederversammlung, soweit in der Satzung nicht etwas Gegenteiliges bestimmt ist, und die Anmeldung zur Eintragung ins Vereinsregister.15
Der Vorstand des in dieser Arbeit untersuchten DRK-Kreisverbandes bedient sich zur Führung der Geschäfte eines hauptamtlichen Geschäftsführers. Dieser stellt kein Organ des DRK-Kreisverbandes dar, er ist lediglich Angestellter des Vereins und hat keine eigene Entscheidungsbefugnis.16
2.1.1.4 Haftung
2.1.1.4.1 Haftung des DRK-Kreisverbandes
Der DRK-Kreisverband haftet als Vertragspartner für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen. In Fällen, in denen der Vorstand sich über eine in das Vereinsregister eingetragene Haftungsbeschränkung hinwegsetzt oder außerhalb des Vereinszwecks gehandelt hat, haften die handelnden Mitglieder des Vorstandes persönlich (Organhaftung).17
Gem. § 31 BGB haftet der Kreisverband unmittelbar für Handlungen seiner Organe gegenüber Dritten, die zum Schadensersatz verpflichten. Diese Vorschrift ist demnach keine haftungsbegründende sondern eine haftungszuweisende.18
Die Haftung nach § 31 BGB ist keine Haftung für fremdes sondern für eigenes Verschulden, da der Kreisverband durch seine Organe handelt.19
2.1.1.4.2 Organhaftung
Der Vorstand steht in Rechtsbeziehung zum DRK-Kreisverband, nicht aber zu den Mitgliedern des Vereins. Er ist dazu verpflichtet, dem Kreisverband Auskunft über seine Tätigkeiten zu erteilen und Rechenschaft abzulegen. Sofern der Vorstand seine Verpflichtungen gegenüber dem Kreisverband schuldhaft verletzt, ist er dazu verpflichtet, den daraus entstandenen Schaden zu erstatten.20 Sofern der Vorstand mit seiner Tätigkeit für den DRK-Kreisverband Dritte schädigt, können diese gem. § 31 BGB den Verein zur Verantwortung ziehen. Die Geschädigten können gegebenenfalls auch Ansprüche gegen die Verursacher selbst geltend machen, da diese zusammen mit dem Verein gesamtschuldnerisch für unerlaubte Handlungen haften (§§ 421, 840 BGB).21
So haftet der Vorstand neben dem Kreisverband z.B. persönlich für die Erfüllung der umsatzsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten des Vereins. Hierzu gehören u.a. Aufzeichnungspflichten sowie die Zahlung der entsprechenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.22
Die Mitglieder des Vorstandes haften außerdem für Ansprüche aus der nicht rechtzeitigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens mit ihrem eigenen Vermögen.23 Auch für unzureichende Spendenbescheinigungen oder eine fehlerhafte Verwendung der zugewandten Mittel können die Vorstandsmitglieder mit ihrem Privatvermögen haften.24
Trotz der Übertragung der laufenden Geschäftstätigkeit auf einen hauptamtlichen Vereinsgeschäftsführer tragen die Vorstandsmitglieder weiterhin die Geschäftsführungsverantwortung und haften persönlich.25
2.1.2 Einordnung des DRK-Kreisverbandes im Bereich der freien Wohlfahrtspflege
Mit dem Begriff „Freie Wohlfahrtspflege“ (FW) wird i.w.S. die Gesamtheit aller sozialen Hilfen, die in Deutschland gemeinnützig organisiert geleistet werden, bezeichnet. Das DRK ist einer der sechs Spitzenverbände, die der BAGFW (FW i.e.S.) angehören.26 Es ist 1863 gegründet worden und besteht aus 19 Landesverbänden, die in 534 Kreisverbände und diese wiederum in 5.110 Ortsverbände, 7.446 Bereitschaften und ca.
5.000 Jugendrotkreuz-Gruppen untergliedert sind.27 Auf den einzelnen Ebenen sind die Verbände als selbständige eingetragene Vereine organisiert.
2.2 Die steuerlichen Grundlagen des DRK-Kreisverbandes
Der DRK-Kreisverband ist gemäß seiner Satzung als gemeinnütziger eingetragener Verein einzuordnen und ist auch als solcher von der Finanzverwaltung anerkannt. Er ist buchführungspflichtig gem. § 141 Abs.1 Nr.1 AO, da seine Umsätze mehr als 260.000 € im Jahr betragen. Da der DRK-Kreisverband buchführungspflichtig ist, ist er auch verpflichtet, eine Bilanz zu erstellen. Er bilanziert nach § 4 Abs.1 EStG.
2.2.1 Die Gemeinnützigkeit des DRK-Kreisverbandes
Es gibt in Deutschland kein allgemeingültiges Verfahren zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Die Gemeinnützigkeit ist insbesondere für die steuerliche Behandlung von Vereinen von großer Bedeutung. Die Entscheidung, ob Steuervergünstigungen wegen der Förderung gemeinnütziger Zwecke gewährt werden, liegt bei dem für die einzelnen
Steuerarten zuständigen FA.28 In der Regel wird bei der Körperschaftsteuerveranlagung geprüft, ob der Verein die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen wegen der Förderung gemeinnütziger Zwecke erfüllt. Hierzu muss er seiner Satzung und auch der tatsächlichen Geschäftstätigkeit nach selbstlos, ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit fördern.29 Die in der Abgabenordnung geregelten gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Steuervergünstigungen müssen in jedem Steuerjahr erneut geprüft werden.30
Gemäß seiner Satzung ist der DRK-Kreisverband gemeinnützig tätig, da er mit seinen Tätigkeiten und Einrichtungen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken dient. Voraussetzung für die Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung sind:
- Förderung der Allgemeinheit:
Der Kreisverband verfolgt nach § 52 AO gemeinnützige Zwecke, sofern er die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos fördert. Nicht gemeint ist hiermit eine Förderung der Bevölkerung insgesamt; sofern die Tätigkeit einem Teil der Bevölkerung zugute kommt oder kommen könnte, ist dies ausreichend.31
- Selbstlosigkeit:
Gem. § 55 AO verlangt das Gebot der Selbstlosigkeit, dass
- der DRK-Kreisverband in erster Linie keine eigenwirtschaftlichen Zwecke fördert.
- die Vereinsmittel nicht für Zwecke außerhalb der satzungsgemäßen gemeinnützigen Zwecke verwendet werden.
- aus Mitteln des Vereins keinem Mitglied Zuwendungen verschafft werden (Aufmerksamkeiten, die im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern allgemein üblich und nach allg. Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind, sind ausgenommen).
- Mitglieder bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung des Vereins höchstens ihre eingezahlten Kapitalanteile bzw. den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten. (Dieser Punkt ist für den DRK-Kreisverband nicht relevant)
- das Vermögen des Vereins nach dem Grundsatz der Vermögensbindung (§ 61 AO) bei Auflösung oder Wegfall des bisherigen Zwecks nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird.
Diese zwingenden Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit müssen schon in der Satzung des Vereins verankert sein.32
- Ausschließlichkeit:
Eine ausschließliche Verfolgung der Vereinszwecke kann gem. § 56 AO angenommen werden, wenn der Kreisverband nur die in der Satzung festgelegten, steuerbegünstigten Zwecke fördert. Ein Verein darf mehr als einen steuerbegünstigten Zweck verfolgen, ohne dass ihm steuerliche Nachteile entstehen.33 Er darf auch wirtschaftliche Zwecke verfolgen, solange diese nicht zum Hauptzweck des Vereins erhoben werden (z.B. wirtschaftliche Geschäftsbetriebe).
- Unmittelbarkeit:
Unmittelbarkeit i.S.d. § 57 AO liegt dann vor, wenn der DRK-Kreisverband seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst (im eigenen Namen) verwirklicht. Die Einschaltung von Hilfspersonen, die sowohl natürliche als auch juristische Personen sein können, ist nicht schädlich.34 Gemäß einer Verfügung der OFD Frankfurt/Main vom 02.07.199735 muss eine Hilfsperson folgende Kriterien erfüllen:
- Sie muss nach den Weisungen des Vereins einen konkreten Auftrag ausüben.
- Der Verein muss nachweisen können, dass er sowohl den Umfang als auch den Inhalt der Tätigkeit der Hilfsperson bestimmen kann.
- Die Hilfsperson muss an die Weisungen des Vereins gebunden sein und sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit stets an die Vereinssatzung halten.
- Das Vertragsverhältnis sollte als Arbeits-, Dienst- oder Werkvertrag gestaltet sein.
2.2.2 Satzungsgemäße Aufgaben des DRK-Kreisverbandes
Zu den Aufgaben des hier behandelten DRK-Kreisverbandes gehören gem. § 2 seiner Satzung insbesondere folgende Aufgaben:
- Hilfe und Schutz der Zivilbevölkerung,
- Krankentransport und Rettungsdienst,
- Blutspendedienst,
- Katastrophenschutz und erste Hilfe bei Notständen und Unglücksfällen,
- Ausbildung der Bevölkerung in erster Hilfe,
- Sozialarbeit, Jugendhilfe,
- Unterhaltung karitativer Einrichtungen und Ausbildungsstätten,
- Ausbildung ehren- und hauptamtlicher Kräfte,
- Mittelbeschaffung und Werbung für die Aufgaben des DRK in der Bevölkerung.36
2.2.3 Die Tätigkeitsbereiche des DRK-Kreisverbandes
Für gemeinnützige Vereine wie den DRK-Kreisverband gibt es kein Verbot, sich wirtschaftlich zu betätigen. Es ist jedoch zu beachten, dass die wirtschaftliche Betätigung, sofern es sich hierbei nicht um einen Zweckbetrieb handelt, nicht zur Haupttätigkeit oder zum Satzungszweck werden darf. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen die beschriebenen Grundsätze der Selbstlosigkeit bzw. Ausschließlichkeit vor.37 Die nachfolgende Übersicht stellt die Bereiche dar, die in steuerlicher Hinsicht unterschieden werden müssen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Die Sphären eines gemeinnützigen Vereins
Die Übersicht zeigt, dass die Zuordnung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu einer Belastung mit Ertragsteuern führt und deshalb möglichst vermieden werden sollte. Auch eine Belastung mit Umsatzsteuer ist möglich und sollte in der Kalkulation berücksichtig werden. Diese liegt im Bereich der Vermögensverwaltung und der Zweckbetriebe bei 7%, bei den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben bei 16%, sofern die Tätigkeiten nicht nach § 4 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.
2.2.3.1 Ideeller Bereich
Hierunter werden die Einnahmen und Ausgaben aus den nichtwirtschaftlichen Betätigungen des DRK-Kreisverbandes zusammengefasst. Diese bestehen in der Regel aus Geld, teilweise auch aus Sachmitteln.38 Mit dem ideellen Bereich verfolgt der Verein unmittelbar seine gemeinnützigen Zwecke. Werden in diesem Bereich Einnahmen erzielt, so sind das zumeist solche, die die Beziehung zu Mitgliedern betreffen.39 Hierzu gehören insbesondere:
- Mitgliedsbeiträge
- Spenden, Erbschaften, Vermächtnisse und Schenkungen.
- Zuschüsse von Bund, Land, Gemeinde oder von anderen öffentlichen Körperschaften
- Spenden für die Kleiderkammer
- Einnahmen aus der Sozialarbeit
- Einnahmen aus dem Zivilschutz
2.2.3.2 Vermögensverwaltung
Nutzt der DRK-Kreisverband die von ihm zulässigerweise gebildeten Vermögenswerte zur Einnahmenerzielung, so handelt es sich um Vermögensverwaltung. Die Vermögenswerte dürfen nicht dazu bestimmt sein, der unmittelbaren Verwendung für gemeinnützige Zwecke zu dienen. Die AO unterscheidet gem. § 14 AO zwischen dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und der Vermögensverwaltung. Daraus geht hervor, dass Vermögensverwaltung dann vorliegt, wenn es sich lediglich um Vermögensnutzung durch Vermietung und Verpachtung oder Verzinsung von Kapitalvermögen handelt. Auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften können dem Bereich der Vermögensverwaltung zugeordnet werden (s. AEAO Nr.3 zu § 64 AO), soweit kein entscheidender Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Gesellschaft ausgeübt wird (personell; Anteilshöhe).40 Zum Bereich der Vermögensverwaltung gehören demnach die Tätigkeiten, die auf Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) bzw. aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) gerichtet sind.41
2.2.3.3 Zweckbetrieb
Ein Zweckbetrieb ist grundsätzlich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 AO. Allerdings ist dieser wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dem steuerbegünstigten Bereich des Kreisverbandes zuzuordnen. Nach der allgemeinen Zweckbetriebsdefinition gem. § 65 AO liegt ein solcher vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
1. „der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
2. die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.“
Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass bestimmte Formen der wirtschaftlichen Betätigung mit dem ideellen Bereich sehr eng verbunden sein können. Während der echte wirtschaftliche Geschäftsbetrieb die Vereinszwecke nur mittelbar unterstützt, indem die Überschüsse aus diesem für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, muss der Zweckbetrieb neben der Verwendung der Überschüsse auch mit seiner inhaltlichen Tätigkeit selbst satzungsgemäßen, gemeinnützigen Zwecken dienen. Die Aufgaben dürfen ohne diesen Betrieb nicht erreichbar sein (Unentbehrlichkeit).42
Besondere Bedeutung hat die Wettbewerbsklausel (Nr.3), denn hierbei kommt es nicht darauf an, ob eine tatsächliche Wettbewerbssituation entsteht. Kriterien für die Beurteilung, ob ein Zweckbetrieb vorliegt oder nicht, sind z.B. der tatsächliche oder potentielle Personenkreis bzw. die Preisgestaltung. Ausreichend ist bereits, dass die wirtschaftliche Betätigung des Vereins die Eröffnung gleichartiger Gewerbebetriebe behindern könnte (potentieller Wettbewerb).43
Die sehr weit gefassten Abgrenzungskriterien führen in der Praxis häufig zu Zuordnungsproblemen, woraus sich letztlich die in dieser Arbeit untersuchten steuerlichen Risiken für den DRK-Kreisverband ergeben.
In den Bereich Zweckbetrieb sind folgende Tätigkeiten des DRK-Kreisverbandes einzuordnen:
- Kleiderkammer
- Rubbellos-Lotterie
- Wohlfahrtsbriefmarken
- Gedenkkerzen
- Behindertentransporte
- Ausbildung
- Hausnotruf
- evtl. Blutspendedienst (Problembereich)
- evtl. ärztlicher Notfalldienst (Problembereich)
In den §§ 66 - 68 AO sind darüber hinaus Sonderregelungen für bestimmte Einrichtungen und Veranstaltungen definiert. Die hier aufgeführten Betriebe sind Zweckbetriebe qua Gesetz, auch wenn sie die oben genannten Voraussetzungen des § 65 AO nicht erfüllen. Dazu gehören:
- Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO)
- Krankenhäuser (§ 67 AO)
- Bestimmte sportliche Veranstaltungen (§ 67a AO)
- Weitere Zweckbetriebe (§68 AO)
2.2.3.4 Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Gem. § 64 AO ist es den gemeinnützigen Vereinen wie dem DRK-Kreisverband ausdrücklich gestattet, steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu unterhalten. Diese stehen im Spannungsverhältnis zu den vorgenannten Grundsätzen der Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit.44
Falls ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zum Satzungszweck erhoben wird oder der „steuerschädliche“ Geschäftsbetrieb im Vordergrund steht, hat das für den Verein den Verlust der Gemeinnützigkeit zur Folge.45 Deshalb ist es für den DRK-Kreisverband von großer Bedeutung, dass keine wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe als Satzungszwecke aufgeführt werden. Im Fall des Blutspendedienstes könnte sich für den DRKKreisverband ein Problem hinsichtlich der Aberkennung der Gemeinnützigkeit ergeben, weil der Blutspendedienst aufgrund der noch ausstehenden Entscheidung des BFH möglicherweise dem Bereich der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zuzuordnen ist. Der Blutspendedienst ist in § 2 der DRK-Satzung als Aufgabe des DRK-Kreisverbandes aufgeführt (vgl. 3.3.2.2).
Nach der Definition in § 14 AO ist der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs weiter zu fassen als der des Gewerbebetriebs i.S.v. § 15 EStG, da er mit Ausnahme der Vermögensverwaltung jede selbständige nachhaltige Tätigkeit erfasst, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Tätigkeit i.S.d. § 14 AO kann jedes aktive Tun, Dulden oder Unterlassen sein. Für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs müssen sämtliche Voraussetzungen (Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und Erzielung von wirtschaftlichen Vorteilen) des § 14 AO erfüllt sein.46 Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich.47
In den Bereich der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe des DRK-Kreisverbandes fallen die Altkleidersammlung sowie evtl. der Blutspendedienst und der ärztliche Notfalldienst (bereits angesprochene Problembereiche).
2.2.4 Ertragsteuerliche Behandlung des DRK-Kreisverbandes
Der DRK-Kreisverband ist grundsätzlich körperschaftsteuerpflichtig gem. § 1 Abs.1 Nr.4 KStG, da er eine sonstige juristische Person des Privatrechts darstellt. Die Körperschaftsteuerpflicht umfasst nach § 1 Abs.2 KStG sämtliche Einkünfte. Der DRKKreisverband ist aber eine Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 - 68 AO dient. Daher sind gem. § 5 Abs.1 Nr.9 KStG die Einkünfte, die er im ideellen Bereich, im Bereich Vermögensverwaltung sowie mit seinen Zweckbetrieben erzielt, von der Körperschaftsteuer befreit. Für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe gilt diese Befreiung nicht. Allerdings sind keine Steuern zu zahlen, solange die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer48 die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs.3 AO i.H.v. 30.678 € pro Jahr nicht übersteigen. Die Besteuerungsgrenze bezieht sich allerdings nur auf die Körperschaft- und Gewerbesteuer als Ertragsteuern. Sofern ein Verein mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhält, sind diese nach § 64 Abs.2 AO wie ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln. Die Einnahmen aus diesen müssen addiert werden, die Besteuerungsgrenze gilt also für den Verein als solchen und nicht für die einzelnen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.49
Erzielt der Verein Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die oberhalb der Besteuerungsgrenze liegen, so wird ihm gem. § 24 KStG ein Freibetrag i.H.v. 3.835 € auf sein steuerpflichtiges Einkommen gewährt. Veranlagungszeitraum für die Körperschaftsteuer ist das Wirtschaftsjahr des DRK-Kreisverbandes. Der Tarif der Körperschaftsteuer lag bis zum VZ 2000 bei 40%, ab dem VZ 2001 bei 25% und ab dem VZ 2003 bei 26,5%50 des zu versteuernden Einkommens zuzüglich Solidaritätszuschlag.
Gewerbesteuerpflichtig ist der DRK-Kreisverband gem. § 3 Nr. 6 GewStG ebenfalls nur mit seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Die Gewerbesteuer ist an die Gemeinde abzuführen, in der der Kreisverband seinen Sitz hat und hängt u.a. von der Höhe des Hebesatzes vor Ort ab. Bei der Ermittlung der Gewerbesteuer kann gem. § 11 Abs.1 Nr.2 GewStG ein Freibetrag i.H.v. 3.835 € vom Gewerbeertrag subtrahiert werden. Die Gewerbesteuer selbst ist als abzugsfähige Ausgabe zu behandeln.
2.2.5 Umsatzsteuerliche Behandlung der einzelnen Betätigungen
Grundsätzlich sind Vereine anderen Unternehmen umsatzsteuerlich gleichgestellt. Sie sind Unternehmer i.S.v. § 2 Nr.1 UStG, sofern sie Lieferungen und sonstige Leistungen nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen gegen Entgelt ausführen.51 Der Umsatzsteuer unterliegen prinzipiell alle Umsätze des Vereins, die in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, einem Zweckbetrieb oder innerhalb der Vermögensverwaltung anfallen. Lediglich die Einnahmen im ideellen Bereich (z.B. Mitgliedsbeiträge) sind nicht steuerbar, da sie nicht im Rahmen eines Unternehmens erzielt werden. Der allgemeine Umsatzsteuersatz beträgt 16% des Nettoumsatzes. Außerdem gibt es einen ermäßigten Steuersatz von 7% für bestimmte Umsätze. Nach § 4 UStG sind einige Umsätze vollständig von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsätze, die der DRK-Kreisverband im Rahmen der Vermögensverwaltung bzw. der Zweckbetriebe erzielt, unterliegen gem. § 12 Abs.2 Nr. 8a UStG dem ermäßigten Steuersatz i.H.v. 7%, sofern sie nicht nach § 4
UStG befreit sind. Die Umsätze aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unterliegen der vollen Umsatzsteuer. Sofern ein Umsatz steuerbar ist, können die Befreiungsvorschriften des § 4 UStG geprüft werden. Für den DRK-Kreisverband ist hierbei vor allem die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 18 UStG von Bedeutung, die gegebenenfalls trotz Zuordnung der Umsätze zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb keine Umsatzsteuerpflicht zur Folge hat.
2.3 Abgrenzung des e.V. zu anderen Rechtsformen
Bei der steuerlichen Abgrenzung wird die Umsatzsteuer außer Acht gelassen, da die Rechtsform zunächst keinen Einfluss auf die Umsatzsteuerpflicht hat. Einfluss auf die Umsatzsteuerpflicht hat aber z.B. die Einordnung der Tätigkeiten in einen der vier Tätigkeitsbereiche (s.u. 2.2.3).
2.3.1 Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften sind ebenfalls juristische Personen des Privatrechts. Auch sie handeln durch ihre Organe. Diese sind bei der AG Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionärsversammlung und bei der GmbH Geschäftsführer und Gesellschafterversammlung. Kapitalgesellschaften sind Formkaufleute und haben neben den allgemeinen Vorschriften für alle Kaufleute (Drittes Buch HGB, erster Abschnitt) auch die besonderen Bestimmungen für Kapitalgesellschaften (Drittes Buch HGB, zweiter Abschnitt) zu beachten.52
2.3.1.1 Unterschiede im Bereich der Haftung
Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern grundsätzlich auf das ins Handelsregister eingetragene Vermögen der Gesellschaft beschränkt. Dieses wird durch die Gesellschafter in Form von Kapitaleinlagen eingebracht. Üblicherweise hängen die Stimmrechte der einzelnen Mitglieder von ihrem Anteil am Stammkapital ab.53
Die Haftung ist allerdings erst ab der Eintragung ins Handelsregister beschränkt. Vorher haften die Handelnden persönlich.54
Auch bei den Kapitalgesellschaften gibt es die Organhaftung. Die Geschäftsführer/ der Vorstand einer Kapitalgesellschaft haften ebenso wie die Mitglieder des Vorstands eines e.V. z.B. für die Erfüllung der umsatzsteuerlichen Verpflichtungen, die Abführung von Lohnsteuern und Sozialabgaben sowie für die rechtzeitige Einleitung eines Insolvenzverfahrens.
2.3.1.2 Unterschiede in der steuerlichen Behandlung
Kapitalgesellschaften sind unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Das folgt aus § 1 Abs.1 Nr.1 KStG. Allerdings kommen sie nicht in den Genuss des Freibetrages (i.H.v. 3.835 €) nach § 24 KStG. Das zu versteuernde Einkommen wird mit 25% Körperschaftsteuer (für den VZ 2003: 26,5%) zuzüglich Solidaritätszuschlag belastet. Gewerbesteuer fällt für Kapitalgesellschaften ebenfalls an, da sie i.d.R. grundsätzlich ein Gewerbe betreiben. Die Gewerbesteuerpflicht ergibt sich aus § 2 GewStG. Auch hier ist die Höhe der Steuer abhängig vom örtlichen Hebesatz. Der Gewerbesteuerfreibetrag i.H.v. 3.835 € nach § 11 Abs.1 Nr.2 GewStG kann nicht gemeinnützigen Kapitalgesellschaften grundsätzlich nicht gewährt werden. Die Umsätze nicht gemeinnütziger Kapitalgesellschaften fallen außerdem nicht unter die Besteuerungsgrenze nach § 64 Abs.3 AO i.H.v. 30.678 €.
Die Umsätze einer Kapitalgesellschaft sind i.d.R. steuerbar nach § 1 UStG, soweit von der Gesellschaft Lieferungen oder sonstige Leistungen im Inland gegen Entgelt im Rahmen des Unternehmens ausgeführt werden. Die Umsätze sind steuerpflichtig, wenn sie nicht nach § 4 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Der Steuersatz beträgt nach § 12 Abs.1 UStG 16%, sofern die Umsätze nicht in den Katalog der Anlage zu § 12 Abs.2 UStG fallen und mit 7% zu besteuern sind.
[...]
1 vgl. UTERHARK in Schwarz, Kommentar zur AO; § 51 Rn.1; erg. b. 101. Lfg. 11/2002; Haufe Verlag, Freiburg
2 vgl. BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, S. 13; 8. Aufl., EFV Achim bei Bremen, 2003
3 vgl. www.sozialbank.de/finale/inhalt/servicel/fachbeitraege32223.shtml ; Autor: Thomas von Holt
4 vgl. BFH v. 04.05.1998 - I B 116/96, BFH/NV 1998, 14
5 Heinrichs in PALANDT; § 21 Rn.2; 61. Aufl., Beck Verlag München, 2002
6 vgl. SCHLEDER; Steuerrecht der Vereine, Rn. 8; 4. Aufl., NWB Herne/Berlin, 1997
7 vgl. BROX; Allg. Teil des BGB, Rn. 683; 23. Aufl., C. Heymanns Verlag, 1999
8 RGZ 143, 212
9 Weick in STAUDINGER (Hrsg.) Kom. zum BGB, Bd. I Vorbem. zu §§ 21 ff. Rn.43; 1995
10 Jula in THEMENLEXIKON BGB-GESELLSCHAFT, Überblick; Haufe-Index: 579097, vgl. Heinrichs in PA LANDT; § 54 Rn.2; 61. Aufl., Beck Verlag München, 2002, vgl. BGH v. 29.01.2001; NJW 2001. 1056
11 vgl. BROX; Allg. Teil des BGB, Rn. 692; 23. Aufl., C. Heymanns Verlag, 1999
12 BROX; Allg. Teil des BGB, Rn. 696; 23. Aufl., C. Heymanns Verlag, 1999
13 BURHOFF; Vereinsrecht, Rn. 135; 3. Aufl., NWB Verlag Herne/Berlin, 1997
14 vgl. BURHOFF; Vereinsrecht, Rn. 159; 3. Aufl., NWB Verlag Herne/Berlin, 1997
15 FM NRW; Broschüre „e.V.“; http://www.c@ll-nrw.de
16 vgl. www.suedschiene.de/recht.htm ; Autor: K.Regenauer
17 http://www.wegweiser-buergergesellschaft.de ; Die Haftung des Vereins und des Vorstandes ggüb. Dritten (1)
18 Heinrichs in PALANDT; § 31 Rn.2; 61. Aufl., Beck Verlag München, 2002
19 BURHOFF; Vereinsrecht, Rn. 205; 3. Aufl., NWB Verlag Herne/Berlin, 1997
20 FM NRW; Broschüre „e.V.“; http://www.c@ll-nrw.de
21 vgl. Weick in STAUDINGER (Hrsg.) Kom. zum BGB, Bd. I § 31 ff. Rn.49; 1995
22 vgl. www.sozialbank.de/finale/inhalt/servicel/fachbeitraege32223.shtml ; Autor: T. von Holt
23 vgl. www.sozialbank.de/finale/inhalt/servicel/fachbeitraege32223.shtml ; Autor: T. von Holt
24 vgl. www.gemeinnuetzigeag.de/Sachgebiet/Vorstand/Haftung.htm ; Autor: T. von Holt
25 vgl. www.gemeinnuetzigeag.de/Sachgebiet/Vorstand/Haftung.htm ; Autor: T. von Holt
26 vgl. OTTNAD, Zw. Markt und Mildtätigkeit, S. 15, Olzog Verlag, München 2000
27 http://www.drk-schwenningen.de/drkframe.htm
28 BURHOFF; Vereinsrecht, Rn. 255; 3. Aufl., NWB Verlag Herne/Berlin, 1997
29 SCHLEDER; Steuerrecht der Vereine, Rn. 61; 4. Aufl., NWB Herne/Berlin, 1997
30 BFH-Urteil v. 28.8.1968; BStBl 1969 II S.145
31 vgl. SCHLEDER; Steuerrecht der Vereine, Rn. 102; 4. Aufl., NWB Herne/Berlin, 1997
32 vgl. SCHLEDER; Steuerrecht der Vereine, Rn. 421, 422; 4. Aufl., NWB Herne/Berlin, 1997
33 Uterhark in SCHWARZ, Kommentar zur AO; § 56 Rn.1; ergänzt bis 101. Lfg. 11/2002; Haufe Verlag, Freiburg
34 Frotscher in SCHWARZ, Kommentar zur AO; § 57 Rn.1; ergänzt bis 101. Lfg. 11/2002; Haufe Verlag, Freiburg
35 DB 1997, S. 1745
36 Satzung f. DRK-Kreisverbände, § 2
37 vgl. SCHLEDER; Steuerrecht der Vereine, Rn. 561; 4. Aufl., NWB Herne/Berlin, 1997
38 http://www.lebenshilfe.de/navylink/bvlhlink/Verbandsdienst/VD%201-2001/Gicklhorn.htm Autor: R.Gicklhorn
39 Herfurth in THEMENLEXIKON GEMEINNÜTZIGKEIT, 4.1 Die ideelle Sphäre; Haufe-Index: 8230
40 http://www.lebenshilfe.de/navylink/bvlhlink/Verbandsdienst/VD%201-2001/Gicklhorn.htm Autor: R.Gicklhorn
41 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht; S. 209; 8. Aufl., EFV Achim bei Bremen, 2003
42 vgl. http://www.lebenshilfe.de/navylink/bvlhlink/Verbandsdienst/VD%201-2001/Gicklhorn.htm ; Autor: R. Gicklhorn
43 vgl. SCHLEDER; Steuerrecht der Vereine, Rn.581; 4. Aufl., NWB Herne/Berlin, 1997
44 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht; S. 205; 8. Aufl., EFV Achim bei Bremen, 2003
45 BMF, 15.02.2002, IV C 4 - S 0174 - 2/01, BStBl I 2002, 267
46 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, S. 206; 8. Aufl., EFV Achim bei Bremen, 2003
47 BFH v. 18.01.1984 - I R 138/79; BStBl II 1984, 451
48 vgl. BFH v. 27.03.2001 - I R 78/99, DB 2001, 1231 - Gemeint sind hiermit die Bruttoeinnahmen
49 vgl. FM NRW, Vereine und Steuern, S. 38; 2003
50 FM NRW, Vereine und Steuern, S. 53; 2003
51 vgl. FM NRW, Vereine und Steuern, S. 57; 2003
52 www.wsp.de/bibliothek/bib019.htm
53 www.sozialnet.ch/materialien/verein_gmbh.html
54 vgl. www.vonholt.de
- Quote paper
- Anne Keuchel (Author), 2003, Ein Kreisverband des DRK - Gefährdung der Gemeinnützigkeit durch wirtschaftliche Aktivitäten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20979
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