„Fast alles was wir über „die Jugend“ und deren Kulturen wissen, wissen wir aus den Medien. Diese sind aber vor allem an Extremen und Negativem interessiert. Sie leben davon stets das außergewöhnliche, nicht alltägliche in den Vordergrund zu rücken und zur Normalität zu erheben…“
Leider stellt diese dargestellte „Normalität“ aber oft nur einen Teil der Wahrheit dar und der Rest, der sich nicht gut verkaufen lässt, bleibt im Verborgenen. So können schnell ganze Teile der Bevölkerung oder z.B. Jugendkulturen diffamiert werden und wenn die Medien dann noch oft genug berichten, brennt sich ein Grundkonsens in den Köpfen der nicht hinterfragenden Leser ein.
So erfreuten sich z.B. am 23. November 2000 die Bild-Leser mit an der Schlagzeile: „Neonazis ertränken Kind“. Am folgenden Tag titelt Bild-Online: „Die Skinheads standen wie eine lebende Mauer um Joseph“. Seit Beginn der 90er Jahre werden Skinheads mit rechtsextremen Gewalttaten verbunden. Natürlich sieht man auf vielen Berichten oder Fotos, zum Beispiel bei rassistischen Übergriffen in Rostock und Hoyerswerda oder den Hitlergruß posierenden Skinheads im Rahmen der Montagsdemonstrationen im November 1989, dass es rechtsgerichtete Skinheads gibt. Dass die Wurzeln der Skinheadkultur multikulturell geprägt sind ist nur wenigen und hauptsächlich nur Szenegängern bekannt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Jugend(sub)kulturen und Szenen
2.1. Jugend
2.2. Kultur
2.3. Subkultur
2.4. Jugend(sub)kultur
2.5. Szene
3. Die Skinheadszene in ihrer historischen Entwicklung
3.1. Sozialhistorische Situation im England der 1950er und 60er Jahre
3.2. „Multikulturelle Synthese“
3.3. Gangs, Fußball und Entfremdung
3.4. Punk, Oi! und 2 Tone
4. Politisierung und Differenzierung
4.1. Entstehung des rechten Lagers
4.2. Linke, antirassistische und „unpolitische” Skinheads
5. Die Skinheadszene in Deutschland
5.1. Der Kult kommt nach Deutschland
5.2. Entwicklung in Deutschland von der Wende bis heute
5.3. Politische Selbsteinschätzung
5.4. Skinhead – „a way of life”
6. Einordnung der Skinheadszene in die Subkulturtheorie
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
1. Einleitung
„Fast alles was wir über ‚die Jugend’ und deren Kulturen wissen, wissen wir aus den Medien. Diese sind aber vor allem an Extremen und Negativem interessiert. Sie leben davon stets das außergewöhnliche, nicht alltägliche in den Vordergrund zu rücken und zur Normalität zu erheben…“[1]
Leider stellt diese dargestellte „Normalität“ aber oft nur einen Teil der Wahrheit dar und der Rest, der sich nicht gut verkaufen lässt, bleibt im Verborgenen. So können schnell ganze Teile der Bevölkerung oder z.B. Jugendkulturen diffamiert werden und wenn die Medien dann noch oft genug berichten, brennt sich ein Grundkonsens in den Köpfen der nicht hinterfragenden Leser ein.
So erfreuten sich z.B. am 23. November 2000 die Bild-Leser mit an der Schlagzeile: „Neonazis ertränken Kind“. Am folgenden Tag titelt Bild-Online: „Die Skinheads standen wie eine lebende Mauer um Joseph“. Seit Beginn der 90er Jahre werden Skinheads mit rechtsextremen Gewalttaten verbunden.[2] Natürlich sieht man auf vielen Berichten oder Fotos, zum Beispiel bei rassistischen Übergriffen in Rostock und Hoyerswerda[3] oder den Hitlergruß posierenden Skinheads im Rahmen der Montagsdemonstrationen im November 1989[4], dass es rechtsgerichtete Skinheads gibt. Dass die Wurzeln der Skinheadkultur multikulturell geprägt sind ist nur wenigen und hauptsächlich nur Szenegängern bekannt.
Besonders interessiert hat mich die Frage, wie es zu dieser Entwicklung kam, also wie sich aus einer „multikulturellen Synthese“[5] von weißer und schwarzer Arbeiterkultur eine Jugendkultur entwickeln konnte, die sich im Laufe der Jahre in verschiedene, auch extreme politische Lager gespalten hat und von der breiten Masse als rechtsextrem eingeordnet wird.
Außerdem ist es interessant die Frage zu klären, wie man eine solch ambivalente Jugendkultur nach heutigen Forschungsstand in die Theorie zum Thema Jugend(sub)kulturen einordnen soll oder ob das überhaupt noch möglich ist.
Diesen beiden Fragen will ich in der vorliegenden Seminararbeit nachgehen um vielleicht ein wenig mehr Verständnis für diese geächtete Jugendkultur zu wecken.
2. Jugend(sub)kulturen und Szenen
2.1. Jugend
Da der Begriff „Jugend“ nicht leicht zu definieren ist und eine Darstellung der Begriffsentwicklung den Rahmen einer Seminararbeit sprengen würde, möchte ich für diese Arbeit folgende Definition verwenden, welche versucht alle zu betrachtenden Aspekte miteinander zu verbinden:
„Jugend ist eine gesellschaftliche institutionalisierte, intern differenzierte Lebensphase, deren Verlauf, Ausdehnung und Ausprägungen wesentlich durch soziale Bedingungen und Einflüsse (sozioökonomische Lebensbedingungen, Strukturen des Bildungssystems, rechtliche Vorgaben, Normen und Erwartungen) bestimmt sind. Jugend ist keine homogene Sozialgruppe, sondern umfasst unterschiedliche Jugenden.“[6]
2.2. Kultur
Grundsätzlich kann unter Kultur alles verstanden werden was der Mensch selbst schafft und eben nicht selbst von der Natur geschaffen wird. In den Sozialwissenschaften wird der Begriff deskriptiv verwendet und bezeichnet nicht nur die Werke der Hochkultur, sondern auch Sprache, Symbole, Werte, Normen, Rituale und Alltagsästhetiken bzw. die Wahrnehmungs-, Deutungs- und Handlungsmuster sozialer Gruppen, sozialer Klassen und Milieus (Arbeiterkultur, Kultur der Mittelschicht etc.).[7]
2.3. Subkultur
Wenn der Kulturbegriff also auf die Gesamtgesellschaft bzw. die als dominant empfundene Kultur bezogen wird, kann man abweichende Formen als Subkulturen bezeichnen.[8]
Das Subkultur-Modell von Rolf Schwendter, differenziert dabei in Teilkulturen, welche nicht eigenständig von der Jugend sondern für die Jugend geschaffen werden und in Teilkulturen, die von der Jugend selbst geschaffen und als Subkulturen bzw. als Gegenkulturen bezeichnet werden. Diese werden weiter unterteilt in progressive und regressive Subkulturen. Progressive Subkulturen sind laut Schwendter darauf aus den gegenwärtigen Stand der Gesellschaft aufzuheben, weiterzutreiben und einen grundsätzlich neuen Zustand zu erarbeiten. Regressive Subkulturen hingegen versuchen einen vergangenen Stand der Gesellschaft wiederherzustellen bzw. zu konservieren.[9]
Weiterhin ist wichtig, dass viele Subkulturen ihre traditionellen Herkunftsmilieus verlieren bzw. verloren haben. Um Skinhead zu sein muss man heute zum Beispiel nicht mehr der Arbeiterklasse entstammen[10]
2.4. Jugend(sub)kultur
Wenn man die soeben definierten Begriffe verbindet, sind Jugendkulturen Kulturen die von einer Jugend geprägt werden und Teil der Gesamtkultur sind. Jugendsubkulturen sind Teilkulturen welche sich bewusst und gewollt von der als herrschend verstandenen Kultur abgrenzen.
Viele Autoren plädieren dazu den Begriff Jugendsubkulturen durch Lebensstil zu ersetzen. Lebensstil ist für viele Subkulturen jedoch nicht zutreffend, da sich z.B. das Hooligan-Dasein nur auf das Wochenende beschränkt.[11]
2.5. Szene
Der umgangssprachlich oft verwendete Begriff Szene bezeichnet in der Theorie lediglich ein loses Netzwerk von Menschen mit ähnlichen Orientierungen und/ oder Interessenslagen, vor allem zur freiwilligen Freizeitgestaltung. Cliquen dienen dabei als zwischenmenschliche Basis der Szeneaktivitäten mit direktem Kontakt. Der größte Teil des Informationsaustauschs erfolgt oft durch Medien, wie z.B. Fan- und Webzines oder Internetforen.[12]
3. Die Skinheadszene in ihrer historischen Entwicklung
3.1. Sozialhistorische Situation im England der 1950er und 60er Jahre
In den Nachkriegsjahrzehnten gab es in England wie überall im kapitalistischen Westen einen rasanten Wandel des gesellschaftlichen Lebens.[13]
Das Wirtschaftswachstum ermöglichte auch Arbeiterfamilien Konsum und bescheidenen Wohlstand. Einigen gelang sogar der Aufstieg aus der Unter- in die Mittelschicht durch den Besuch von Schulen und Universitäten. Einige fanden durch Beamtenjobs den Einzug in das Kleinbürgertum, was die konservative Regierung dieser Zeit durchaus begrüßte.[14]
Doch es gab damals nicht nur Gewinner. Die Rationalisierung in der Industrie bewirkte auch wachsende Arbeitslosigkeit. Somit entstand durch das Wirtschaftswachstum in den Städten einerseits eine Arbeiterelite und andererseits ein „Lumpenproletariat“.[15]
Gleichzeitig wurden die alten Arbeiterviertel saniert. Die Aufwertung der Wohnviertel zog finanzstarke Mittelschichten an und ein Teil der Arbeiter zog in die Neubauviertel um. In den heruntergekommen billigen Wohngegenden lebten neben der weißen Unterschicht Einwanderer aus der Karibik, Pakistan, Indien und Westafrika, welche aufgrund fehlender Integration ein eigenes soziales Umfeld aufbauten, dass für ihre weißen Nachbarn verschlossen blieb.[16]
„Die alte (weiße) Homogenität der Viertel löste sich auf. Die Einwanderung und die tägliche Konfrontation mit den Aufsteigern hinterließ bei den eingesessenen Familien, dem Kern der traditionellen britischen Arbeiterklasse, das Gefühl, fremd im eigenen Land zu sein, zu einem aussterbenden Stamm zu gehören.“[17]
3.2. „Multikulturelle Synthese“
In dieser, für einen Teil der Arbeiterklasse frustrierenden, Wohnsituation entwickelten sich in den 50er und 60er Jahren zahlreiche Jugendkulturen. Die bekanntesten sind die Teddyboys, Mods bzw. Hardmods, Rocker sowie die jamaikanischen Rudeboys.
Mods waren jugendliche aus der wohlhabenderen Arbeiterschicht. „Mod sein hieß: Teure Klamotten, Ska und Northern Soul, chromverspiegelte Vespas, Coolness, Aufputschtabletten, Prahlerei und Lauf-Bursche in einer Bankfiliale zu sein. Wichtiger als das reale Sein war der Warenschein.“[18] Die Mods wollten durch ihre Erscheinung bewusst die Wurzeln ihrer Vorfahren verbergen, wobei auch viele durch den Besuch von Schulen und Universitäten den gesellschaftlichen Aufstieg schafften.
[...]
[1] Farin, K.: Jugendkulturen heute. In: APuz 27/2010, Seite 1.
[2] Hier dargestellt nach: Meiners, O.: Oi!- the history. Seite 62.
[3] Vgl. Farin, K.: Generation kick.de, Seite 144.
[4] Vgl. Stock, M.; Mühlberg, P.: Die Szene von Innen. Seite 11.
[5] Vgl. Farin, K.; Seidel-Pielen, E.: Skinheads. Seite 32.
[6] Schäfers, B.; Scherr, A.: Jugendsoziologie. Seite 23.
[7] Ebd., Seite 134.
[8] Ebd., Seite 136.
[9] Hier dargestellt nach: Farin, K: Generation kick.de. Seite 61.
[10] Ebd., Seite 19.
[11] Ebd., Seite 19.
[12] Ebd., Seite 19.
[13] Vgl. Farin, K.; Seidel-Pielen, E.: Skinheads. Seite 24.
[14] Ebd. Seite 24.
[15] Stock, M.; Mühlberg, P.: Die Szene von Innen. Seite 11.
[16] Vgl. Farin, K.; Seidel-Pielen, E.: Skinheads. Seite 24 - 25.
[17] Ebd. Seite 26.
[18] Ebd. Seite 27.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2012, Jugendliche Subkulturen. Die Skinheadszene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209332
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