Die arabische Welt ist im Umbruch. So scheint es zumindest für den außenstehenden Beobachter aus dem Westen seit dem Beginn des „Arabischen Frühlings“. Er sieht Menschen die auf dem Tahrir-Platz stehen und nach Freiheit und mehr Rechten rufen. Dieses Bild erinnert ein wenig an den Umbruch Ende der 1980er Jahre, in der die dritte Welle der Demokratisierung über die ehemaligen Staaten des Ostblocks schwappte und insbesondere in Deutschland, durch die Wiedervereinigung, ein historisches Ereignis hinterließ. Die Demonstrationen in der arabisch-islamischen Welt scheinen den Eindruck zu erwecken, die Demokratisierung habe nun auch den Maghreb und Nahen Osten erreicht. Es werden autoritäre Regime, wie das Regime von Ben Ali in Tunesien und das Regime von Hosni Mubarak in Ägypten gestürzt und selbst in Staaten wie Jordanien werden Rufe nach wirtschaftlichem Wohlstand und mehr Rechtsststaatlichkeit laut. Doch hinterlassen diese Umbrüche im Westen einen faden Beigeschmack. Ist hier doch zu sehr das Wort „Islam“ mit „Terror“ und „Islamismus“ oder gar „Fundamentalismus“ verknüpft. Es stellt sich die Frage, ob der Arabische Frühling zu einer Demokratisierung, einer Modernisierung des Islams oder zu einer Islamisierung der ehemals „stabilen“ Staaten führt.
In dieser Arbeit soll den Fragen nachgegangen werden, ob und inwiefern eine Säkularisierung im Islam möglich ist und ob, trotz scheinbarem Erstarken des Islamismus, in der arabischen Welt eine Demokratie mit den islamischen Werten vereinbar ist. Hierzu wird zuerst die Entstehung des Islam erklärt und das Herrschaftsprinzip des Kalifats. Im anschließenden Kapitel wird der Frage nach der Säkularisierung im Islam nachgegangen, wobei hier die Trennung von Religion und Staat, die Säkularisierung als Feindbild und die Trennung von Vernunft und Religion nach Abed al-Jabri beleuchtet werden. Im vierten Kapitel wird auf die Vereinbarkeit von Demokratie mit dem Islam eingegangen. Hierzu wird erklärt, wie die islamische Staatlichkeit und Ordnung aussieht und der Vertrag von Medina beleuchtet, der als erster Gesellschaftsvertrag angesehen werden kann und vom Propheten Muhammad unterzeichnet wurde. Im Anschluss daran werden im Fazit die wichtigsten Punkte zusammengefasst und ein Resümee gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Über den Islam und das Kalifat
2.1. Die Entstehung des Islam
2.2. Die Herrschaftsform des Kalifats
3. Säkularisierung und Islam
3.1. Trennung von Religion und Staat
3.2. Säkularisierung als Feindbild
3.3. Exkurs: Abed al-Jabri - Zur Trennung von Vernunft und Religion
4. Demokratie und Islam
4.1. Islamische Staatlichkeit und islamische Ordnung
4.2. Der Vertrag von Medina
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis.
„Es ist unmöglich, daß ein Mensch ohne Religion seines Lebens froh werde.“
- Immanuel Kant (1724-1804), dt. Philosoph
1. Einleitung
Die arabische Welt ist im Umbruch. So scheint es zumindest für den außenstehenden Beobachter aus dem Westen seit dem Beginn des „Arabischen Frühlings“. Er sieht Menschen die auf dem Tahrir-Platz stehen und nach Freiheit und mehr Rechten rufen. Dieses Bild erinnert ein wenig an den Umbruch Ende der 1980er Jahre, in der die dritte Welle der Demokratisierung über die ehemaligen Staaten des Ostblocks schwappte und insbesondere in Deutschland, durch die Wiedervereinigung, ein historisches Ereignis hinterließ. Die Demonstrationen in der arabisch-islamischen Welt scheinen den Eindruck zu erwecken, die Demokratisierung habe nun auch den Maghreb und Nahen Osten erreicht. Es werden autoritäre Regime, wie das Regime von Ben Ali in Tunesien und das Regime von Hosni Mubarak in Ägypten gestürzt und selbst in Staaten wie Jordanien werden Rufe nach wirtschaftlichem Wohlstand und mehr Rechtsststaatlichkeit laut. Doch hinterlassen diese Umbrüche im Westen einen faden Beigeschmack. Ist hier doch zu sehr das Wort „Islam“ mit „Terror“ und „Islamismus“ oder gar „Fundamentalismus“ verknüpft. Es stellt sich die Frage, ob der Arabische Frühling zu einer Demokratisierung, einer Modernisierung des Islams oder zu einer Islamisierung der ehemals „stabilen“ Staaten führt.
In dieser Arbeit soll den Fragen nachgegangen werden, ob und inwiefern eine Säkularisierung im Islam möglich ist und ob, trotz scheinbarem Erstarken des Islamismus, in der arabischen Welt eine Demokratie mit den islamischen Werten vereinbar ist. Hierzu wird zuerst die Entstehung des Islam erklärt und das Herrschaftsprinzip des Kalifats. Im anschließenden Kapitel wird der Frage nach der Säkularisierung im Islam nachgegangen, wobei hier die Trennung von Religion und Staat, die Säkularisierung als Feindbild und die Trennung von Vernunft und Religion nach Abed al-Jabri beleuchtet werden. Im vierten Kapitel wird auf die Vereinbarkeit von Demokratie mit dem Islam eingegangen. Hierzu wird erklärt, wie die islamische Staatlichkeit und Ordnung aussieht und der Vertrag von Medina beleuchtet, der als erster Gesellschaftsvertrag angesehen werden kann und vom Propheten Muhammad unterzeichnet wurde. Im Anschluss daran werden im Fazit die wichtigsten Punkte zusammengefasst und ein Resümee gezogen.
2. Über den Islam und das Kalifat
2.1. Die Entstehung des Islam
Der Islam ist heute die zweitgrößte Weltreligion und heißt übersetzt „Hingabe an Gott“. Dabei handelt es sich genau genommen um eine monotheistische abrahamitische Religion, bei der das bestimmende Element die Lehre vom tauhid ist, also der Einheit Gottes. Der Koran, also das „Heilige Buch“, stellt das unverfälschte Wort Gottes dar und ist die ranghöchste Quelle des Glaubens. Hier enthalten sind auch die fünf Grundpflichten, die jeder Muslime zu erfüllen hat. Bei diesen Grundpflichten handelt es sich um das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada), das fünfmalige Gebet (Salat). die Almosensteuer (Zakat), das Fasten im Ramadan (Saum) und die Pilgerfahrt nach Mekka (Haddsch). Der Islam ist „eine der wenigen Religionen, die sich gleichsam im Lichte der Geschichte entwickelt haben und deren Ursprünge wir halbwegs genau bestimmen können.“[1]
Um das Jahr 570 n. Chr. wurde der spätere Prophet Muhammad in Mekka geboren. Mekka hatte sich zu dieser Zeit aufgrund seiner sehr günstigen Lage an der Weihrauchstraße zu einer blühenden Handelsmetropole entwickelt, die von den Koreischiten, einem arabischen Stamm von Kaufleuten dominiert wurde. Muhammads Sippe, die Haschemiten, gehörten auch diesem Stamm an, waren aber verhältnismäßig arm. Im Alter von 40 Jahren, also um das Jahr 609/610 n. Chr. hatte Muhammad Visionen, in denen ihm der Erzengel Gabriel erschienen war der ihm das Wort Gottes[2] überbrachte und das er nur seinem unmittelbaren Umfeld verkündete. Diese Visionen ergeben, in Suren gestaltet, den Koran. Durch den enormen Zulauf von Anhängern begannen diese den Glauben an die alten Götter zu bekämpfen und es kam zum Bruch zwischen Muhammad und dem Stamm der Koreischiten[3].
Muhammad musste daher mit seinen Anhängern fliehen und zog nach Yathrib (Medina), um Schutz zu suchen. Dieses Ereignis, also der Einzug in Medina, markiert als Hedschra den Beginn der islamischen Zeitrechnung. Gleichzeitig beginnt hier auch die politische Tätigkeit Muhammads. Es entstand der islamische Staat, denn Muhammad hatte in der medinensischen Gesellschaft die angesehene Stellung eines Schlichters und wurde zugleich als Oberhaupt der islamischen Gemeinde, der Umma, angesehen. In Medina fand aber auch die gesellschaftliche Ausformung des Islam seinen Anfang. Die Suren des Korans nahmen immer stärkeren Bezug auf bestimmte Regelungen des Lebens und der Organisation der islamischen Gemeinschaft. Auch wurden die Unterschiede zwischen Muslimen, Juden und Christen betont, wobei Juden und Christen unter dem Schutz der Muslime standen. Diese Schutzbefohlenheit resultiert unter anderem aus dem Umstand, dass Muhammad zwar der letzte und wichtigste Prophet war, aber auch Abraham, David, Isaak, Jakob, Mose und auch Jesus zu den Propheten des Islam gehören, wobei Jesus allerdings nicht als Gottes Sohn anerkannt wird.
660 n. Chr., wenige Jahrzehnte nach dem Tod von Muhammad kam es zum Schisma im Islam. Mu‘awiya errichtete in Damaskus ein Gegen-Kalifat zu Ali. Es kam zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Ali und Mu‘awiya, die 661 n. Chr. mit dem Tod Alis endete. Mu‘awiya wurde Kalif und Nachfolger Muhammads, was die Parteigänger Alis nicht akzeptierten. Es entstanden die zwei Strömungen der Sunniten und der Shi‘at Ali[4], wobei die Sunniten heute mit etwa 85% die zahlenmäßig größte Gruppierung im Islam darstellen.
2.2. Die Herrschaftsform des Kalifats
Das bereits oben genannte Kalifat ist eine islamische Regierungsform, die unter Islamisten noch heute angestrebt wird. Es bezeichnet die Herrschaft oder das Reich eines Kalifen, der Nachfolger des Gesandten Gottes ist[5]. Hierbei sind die weltliche und geistliche Sphäre in einer Person vereint. Der Kalif ist demnach als Nachfolger Muhammads mit der politischen und religiösen Führung der Umma, der muslimischen Gemeinschaft, betraut. Bereits Muhammads Stadtstaat in Medina basierte auf einem theokratischen Modell, da er sowohl Führer der religiösen Bewegung als auch Herrscher des Machtbereichs war, in dem der Islam gelebt wurde. Sowohl die islamistischen, als auch die orthodoxen Doktrin sehen das Kalifat als einzig legitime Herrschaftsform im Islam an. Diese Universalität der Institution des Kalifats wird von den islamischen Theologen und Juristen aus dem Koran hergeleitet, genauer aus der Pflicht zum Dschihad[6]. Die Pflicht zum Dschihad macht es notwendig, dass der Kalif nicht nur die religiöse Führung innehat, sondern auch in der Lage ist, Krieg zu führen. Dies wiederum bedeutet, dass er die Kontrolle über die Armee besitzen muss. Diesbezüglich gibt es eine sprachliche Trennung zwischen Imam und Kalif. Hierbei wird das Imamat als die religiöse Führung verstanden und das Kalifat bezieht sich auf den politischen und militärischen Bereich.
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[1] Krämer, Gudrun: Demokratie im Islam - Der Kampf für Toleranz und Freiheit in der arabischen Welt. C.H. Beck Verlag, München 2011, S. 15.
[2] Im Islam wird Gott Allah genannt, was der Einzige heißt.
[3] Muslime bezeichnen die Zeit vor dem Islam als Dshahiliyya (Epoche der Unwissenheit)
[4] Shiiten
[5] Also Nachfolger Muhammads
[6] Dschihad bedeutet „Heiliger Krieg“
- Citar trabajo
- Mehran Zolfagharieh (Autor), 2012, Zwischen Islam und Islamismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209277
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