Im Rahmen dieser Arbeit soll zunächst grundsätzlich geklärt werden, wie die zunehmende Bedeutung des Themas Work-Life Balance und der Maßnahmen zu deren Verbesserung mit der fortschreitenden Entgrenzung der Arbeit zusammenhängen. Auf dieser Grundlage soll anschließend, als zentrales Element der Arbeit, kritisch hinterfragt werden, ob die Realisierung einer guten und den Ansprüchen der Beschäftigten entsprechenden Vereinbarkeit von beruflichem und privatem Bereich, vor dem Hintergrund wegfallender Begrenzungen tatsächlich, wie von den Unternehmen beabsichtigt, erleichtert oder, als Folge neuer Herausforderungen, erschwert wird. Ziel dieser Arbeit ist es abschließend, Handlungsempfehlungen für die Beschäftigten zu erarbeiten und aufzuzeigen, die es diesen ermöglichen sollen, die ihnen angebotenen Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Work-Life Balance unter Berücksichtigung der Ausführungen bezüglich erodierender Grenzen positiv zu nutzen.
Inhaltsverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Relevanz der Themenstellung
1.2 Fragestellung und Zielsetzung
1.3 Vorgehen und Methodik
2 Work-Life Balance
2.1 Begriffsdefinition
2.2 Ursachen des Bedeutungszuwachses der Work-Life Balance
2.2.1 Demographische Entwicklung
2.2.2 Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit
2.2.3 Wertewandel in der Gesellschaft
2.2.4 Globalisierung und technologischer Wandel
2.2.5 Wirtschaftlicher und organisationaler Strukturwandel
2.3 Entstehung von Konflikten zwischen Berufs- und Privatbereich
2.4 Wahrnehmung der Work-Life Balance durch die Beschäftigen
2.4.1 Individuelle Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung
2.4.2 Lebensweltliche Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung
3 Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance
3.1 Grundlagen bezüglich der Konzeption und Implementierung
3.1.1 Zielgruppenpassung und Lebensphasenorientierung
3.1.2 Geschlechtsorientierung
3.1.3 Problemloser und fairer Zugang zu den Maßnahmen
3.1.4 Kombination verschiedener Maßnahmen
3.1.5 Einbezug der Führungskräfte
3.2 Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance
3.2.1 Gesundheitsförderung
3.2.2 Serviceangebote und flankierende Maßnahmen
3.2.3 Personalentwicklung, Beratung und Information
3.2.4 Flexibilisierungsmaßnahmen
4 Entgrenzung der Arbeit
4.1 Begriffsklärung
4.2 Ursachen der Entgrenzung der Arbeit
4.2.1 Globalisierung
4.2.2 Rationalisierung und Reorganisation
4.2.3 Neue Ansätze zur Mitarbeitersteuerung
4.2.4 Erschließung neuer Mitarbeiterpotentiale
4.2.5 Deregulierung und Wertewandel
4.3 Entgrenzungstreibende Maßnahmen und Instrumente
5 Entgrenzung der Arbeit und Work-Life Balance
5.1 Grundlegender Zusammenhang zwischen entgrenzter Arbeit und Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance
5.2 Entgrenzte Arbeit als Chance für die Realisierung einer Work-Life Balance
5.3 Entgrenzte Arbeit als Hindernis für die Realisierung einer Work-Life Balance
5.3.1 Überforderung der Beschäftigten durch indirekte Kontrolle
5.3.2 Unzureichende Gestaltungsspielräume
5.3.3 Intensivierung und Extensivierung der Arbeit
5.3.4 Verberuflichung des privaten Bereichs
5.3.5 Work-Life Balance-Maßnahmen als rein unternehmenspolitische Strategie
5.3.6 Schwächung der betrieblichen Interessenvertretung
6. Handlungsempfehlungen für Beschäftigte
6.1 Aktive Grenzziehung
6.2 Aktive Strukturierung des Arbeitsalltags
6.3 Entwicklung neuer Kompetenzen
6.4 Unternehmerisches Denken
6.5 Stärkung der persönlichen Ressourcen
6.6 Kollektive Vertretung der Mitarbeiterinteressen
7 Schluss
7.1 Zusammenfassung und kritische Betrachtung
7.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Alphabetische Liste der Suchbegriffe
Anhang 2: Entwicklung des Anteils berufstätiger Frauen von 2003 bis 2010
Anhang 3: Entwicklung des Anteils berufstätiger Personen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren von 2003 bis 2010
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Genutzte Datenbanken
Abbildung 3: Kategorisierte Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Entwicklung des Anteils berufstätiger Frauen von 2003 bis 2010
Tabelle 2: Entwicklung des Anteils berufstätiger Personen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren von 2003 bis 2010
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Relevanz der Themenstellung
Das Konzept der Work-Life Balance ist nicht neu. Schon in den 1970er Jahren wurden eine Humanisierung der Arbeit und eine an den Mitarbeitern orientierte Gestaltung der Arbeitsplätze gefordert (Klimpel & Schütte, 2006, S. 24; Michalk & Nieder, 2007, S. 11). Trotzdem scheint die Thematik, getrieben von verschiedenen Entwicklungen, heute von besonderer Relevanz. So sorgen etwa die demographische Entwicklung, die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit, der Wertewandel in der Gesellschaft und die neuen Herausforderungen für die Unternehmen und ihre Beschäftigten durch die Globalisierung sowie durch technologischen, wirtschaftlichen und organisationalen Wandel dafür, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gleichzeitig wichtiger aber schwerer zu realisieren wird. In der Folge rückt das Thema Work-Life Balance und deren mögliche Verbesserung in den Fokus der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter (Klimpel & Schütte, 2006, S. 25). Weniger als 1 % der Unternehmen verzichtet mittlerweile auf das Angebot unterstützender Maßnahmen, während 79,8 % der Unternehmen das Thema Work-Life Balance als bedeutsam ansehen, wie eine Untersuchung des „Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ aus dem Jahr 2010 zeigt (BFSFJ, 2010, S. 5 f.). Gleichzeitig gewinnt die Diskussion bezüglich eines fortschreitenden Entgrenzungsprozesses der Arbeit, im Sinne von wegfallenden Grenzen und Orientierungspunkten für die Beschäftigten, an Bedeutung. Auch diese Entwicklung ist kein neues Phänomen, denn Flexibilität im beruflichen Bereich gibt es bereits seit einiger Zeit. Trotzdem ist dieses Thema, aufgrund der heute zu beobachtenden neuen Qualität entgrenzter Arbeitsorganisation, von besonderer Relevanz (Kratzer, 2003, S. 207). Zunehmend wird kritisch hinterfragt, ob Freiheiten im beruflichen Bereich für die Beschäftigten tatsächlich Befreiung oder eher Belastung bedeuten (Glißmann & Peters, 2001, S. 18; Kratzer, 2003, S. 15; Mayer-Ahuja, 2004, S. 271).
1.2 Fragestellung und Zielsetzung
Im Rahmen dieser Arbeit soll zunächst grundsätzlich geklärt werden, wie die zunehmende Bedeutung des Themas Work-Life Balance und der Maßnahmen zu deren Verbesserung mit der fortschreitenden Entgrenzung der Arbeit zusammenhängen. Auf dieser Grundlage soll anschließend, als zentrales Element der Arbeit, kritisch hinterfragt werden, ob die Realisierung einer guten und den Ansprüchen der Beschäftigten entsprechenden Vereinbarkeit von beruflichem und privatem Bereich, vor dem Hintergrund wegfallender Begrenzungen tatsächlich, wie von den Unternehmen beabsichtigt, erleichtert oder, als Folge neuer Herausforderungen, erschwert wird. Ziel dieser Arbeit ist es abschließend, Handlungsempfehlungen für die Beschäftigten zu erarbeiten und aufzuzeigen, die es diesen ermöglichen sollen, die ihnen angebotenen Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Work-Life Balance unter Berücksichtigung der Ausführungen bezüglich erodierender Grenzen positiv zu nutzen.
1.3 Vorgehen und Methodik
Dazu ist die vorliegende Arbeit wie in der folgenden Abbildung 1 dargestellt aufgebaut.
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle 1: Eigene Darstellung.
In einem ersten Schritt befasst sich das 2. Kapitel mit den Grundlagen der Thematik Work-Life Balance. Es wird eine grundlegende Begriffsdefinition vorgenommen und der Frage nachgegangen, warum der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben von den Unternehmen und den Beschäftigten zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Daran anschließend werden die Ursachen der potentiell problematischen Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Anforderungen aufgezeigt, als Basis der folgenden Darstellung verschiedener Faktoren, welche die Wahrnehmung einer guten und schlechten Work-Life Balance durch die Beschäftigten beeinflussen können. Auf dieser Grundlage werden im 3. Kapitel zu Beginn verschiedene Überlegungen zur erfolgsversprechenden Konzeption und Implementierung betrieblicher Maßnahmen zur Förderung der Work-Life Balance aufgezeigt, um diese Unterstützungsmöglichkeiten anschließend in kategorisierter Form differenziert darstellen zu können und den Ausgangspunkt für die Betrachtung begründet ausgewählter Maßnahmen vor dem Hintergrund der Entgrenzung der Arbeit zu schaffen. Dazu werden zunächst im Rahmen des 4. Kapitels die Grundlagen der Entgrenzung der Arbeit dargestellt, um im Anschluss daran, abgeleitet aus den verschiedenen Arten entgrenzter Arbeit, den Prozess der Entgrenzung vorantreibende Maßnahmen und Instrumente darzulegen. Im Rahmen des 5. Kapitels werden die vorhergehenden Ausführungen zusammengeführt, um, nach der grundlegenden Klärung der Frage, wie die Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance und die zunehmende Entgrenzung der Arbeit zusammenhängen, kritisch zu hinterfragen, inwiefern wegfallende Grenzen im beruflichen Bereich Chancen zur Realisierung einer angepassten Work-Life Balance bieten und welche neuen Probleme und Herausforderungen eine entgrenzte Arbeitsorganisation in Bezug auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben mit sich bringt. Als Reaktion auf die aufgezeigten Chancen und Risiken wegfallender Begrenzungen für die Work-Life Balance der Mitarbeiter werden im 6. Kapitel Handlungsempfehlungen abgeleitet, die es den Beschäftigten ermöglichen sollen, die Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Work-Life Balance unter Berücksichtigung der damit verbundenen Herausforderungen für sich positiv zu nutzen.
Alle Überlegungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit basieren auf einer umfassenden Literaturanalyse und der daran anschließenden, deduktiven Zusammenführung der gewonnen Erkenntnisse. Die Literaturrecherche stützt sich dabei auf zwei Säulen. Zum Einen auf eine Analyse verschiedener Bibliotheksbestände, um relevantes Material, welches die vorliegende Thematik behandelt und so neue Erkenntnisse liefern kann, zu identifizieren, zum Anderen auf die systematische Suche mithilfe verschiedener Datenbanken. Die folgende Abbildung 2 zeigt diese überblicksartig auf, während im Rahmen des Anhangs 1 die Suchbegriffe in alphabetischer Reihenfolge differenziert dargestellt werden.
Abbildung 2: Genutzte Datenbanken
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle 2: Eigene Darstellung.
2 Work-Life Balance
In diesem Kapitel wird das Konzept der Work-Life Balance vorgestellt. Dazu wird zunächst eine Definition des Begriffs erarbeitet in deren Rahmen auch kritische Aspekte bezüglich der Begrifflichkeit aufgegriffen werden. Im Anschluss daran werden die Ursachen des Bedeutungszuwachses der Work-Life Balance und deren Verbesserung aufgezeigt, als Grundlage einer differenzierten Darstellung der Gründe für entstehende Konflikte zwischen Arbeits- und Privatbereich. Darauf folgend wird eine Annäherung an die Frage, was eine gute oder schlechte Work-Life Balance bedeutet, vorgenommen, indem Einflussfaktoren auf die positive oder negative Wahrnehmung einer Balance durch die Mitarbeiter beschrieben werden. Damit soll dieses Kapitel als Grundlage der im nächsten Kapitel folgenden Maßnahmen zur Förderung der Work-Life Balance der Beschäftigten dienen.
2.1 Begriffsdefinition
Der Begriff Work-Life Balance findet zunehmend Verbreitung. Mitarbeiter der verschiedensten Branchen und in unterschiedlichsten Beschäftigungsverhältnissen fordern sie und Unternehmen bieten als Reaktion darauf Maßnahmen und Unterstützungsleistungen an, um ihren Angestellten eben diese Work-Life Balance zu ermöglichen. Grundlegend stellt sich deshalb die Frage, was mit der Bezeichnung Work-Life Balance gemeint ist, denn in der Literatur existieren zahlreiche Umschreibungen bezüglich des Begriffs (Michalk & Nieder, 2007, S. 17). Im Folgenden sollen verschiedene Ansätze und Herangehensweisen dargestellt werden, um abschließend eine zusammenfassende Definition für diese Arbeit aufzeigen zu können.
Die Work-Life Balance lässt sich grundsätzlich als die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben oder auch als Abwesenheit von nicht zu akzeptierenden Konflikten zwischen beruflichen und privaten Anforderungen beschreiben. Die zentrale Fragestellung ist dabei, wie berufliches und privates Leben in Übereinstimmung gebracht und wie verschiedene Aufgaben und Verantwortungen koordiniert werden können (Greenblatt, 2002, S. 179; Michalk & Nieder, 2007, S. 21; Schneewind, 2009, S. 81).
Mit dieser Definition bleibt jedoch die Frage offen, was mit den beiden Sphären Arbeit und Privatleben gemeint ist. Verschiedene Bezeichnungen für die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, wie beispielsweise „Work-Family Balance“ oder „Life Domain Balance“ begründen die Überlegung, ob Privatleben nur das Familienleben im Sinne einer in der Literatur häufig synonym zur Work-Life Balance gebrauchten „Work-Family Balance“ meint, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie umfasst oder ob es darüber hinaus noch andere Bereiche in der privaten Sphäre gibt, die mit der beruflichen Sphäre koordiniert werden müssen (Schneewind, 2009, S. 81; Schobert, 2007, S. 22 f.). Um diese Frage klären zu können, scheint es sinnvoll die einzelnen Bestandteile der Begrifflichkeit Work-Life Balance genauer zu betrachten und jeweils einzeln zu definieren.
Der Bereich „Work“ wird beschrieben als die Arbeitswelt des Individuums, die alle Tätigkeiten, Handlungen und Verpflichtungen umfasst, welche das Berufsleben mit sich bringt. Freier (2005, S. 18) unterscheidet drei Parameter, welche die Arbeitswelt beschreiben: Die Zeit, im Bereich der Arbeit die Arbeitszeit, die Tätigkeiten und Handlungen, im beruflichen Kontext beispielsweise die Arbeitsaufgaben oder Dienstreisen, sowie die strukturellen Gegebenheiten, also etwa den Ort der Arbeit und die Ausstattung des Arbeitsplatzes. Diese Überlegungen von Freier, die von verschiedenen Autoren geteilt werden, werden in der abschließend zu erarbeitenden Definition noch einmal aufgegriffen.
Der Begriff „Life“ ist die Lebenswelt des Individuums und steht für all das, was nicht in den Bereich der Erwerbsarbeit fällt, also auch die Arbeit, welche im Privatbereich zu leisten ist, wie beispielsweise die Haushaltsführung. Entgegen der ersten Intuition wird als Gegenstück der beruflichen Arbeit also meist nicht nur „Freizeit“ im eigentlichen Sinne als Zeit, über die ein Individuum frei verfügen kann und die es eigenen und individuellen Bedürfnissen entsprechend gestalten kann, verstanden (Michalk & Nieder, 2007, S. 20; Klimpel & Schütte, 2006, S. 21). Vielmehr umfasst die Lebenswelt alle Bereiche, Personen, Handlungen und Erfahrungen, mit denen sich ein Individuum außerhalb der Sphäre „Work“ konfrontiert sieht (Freier, 2005, S. 16). So wird deutlich, dass die Lebenswelt nicht nur als Familienbereich zu beschreiben ist, was Mischau und Oechsle (2005, S. 8) verdeutlichen, indem sie die Work-Life Balance als eine Balance zwischen Arbeitszeit, Familienzeit und Lebenszeit beschreiben. Der Begriff Work-Life Balance wird deshalb bewusst für diese Arbeit gewählt, um der Vielfältigkeit des Lebensbereichs Rechnung tragen zu können und den Fokus nicht ausschließlich auf familiäre Verpflichtungen im Sinne der „Work-Family Balance“ zu legen.
Bezüglich des Begriffs einer „Balance“ der beiden Bereiche „Work“ und „Life“ herrschen teils Unklarheiten, was in der Literatur kritisch Erwähnung findet (Schobert, 2007, S. 21). Es wird oftmals die Metapher einer Waage genannt, um die Work-Life Balance als ein ausgeglichenes Verhältnis von beruflichem und privatem Leben, beispielsweise von verschiedenen Motiven und Zielen beider Sphären, zu beschreiben (Hoff, Grote, Dettmer, Hohner & Olos, 2005, 197). In Abgrenzung zu einer potentiellen Dysbalance, welche verbunden ist mit Synchronisationsproblemen, Konflikten und einem Ungleichgewicht der Bereiche, soll eine Balance dem Individuum die Möglichkeit geben, verschiedene Anforderungen zu erfüllen, um Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Motivation und Ausgeglichenheit zu erreichen (Freier, 2005, S. 12, 20). Allerdings ist hier gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass das beschriebene ausgeglichene Verhältnis eher nicht im Sinne eines zu erreichenden statischen Gleichgewichts der beiden oben beschriebenen Bereiche anzusehen ist. Vielmehr meint Balance in diesem Themenbereich ein labiles Gleichgewicht, welches das Individuum dazu zwingt, unterschiedliche Anforderungen der beiden beschriebenen Sphären „Work“ und „Life“ auszubalancieren und zu koordinieren (Eberling, Hielscher, Hildebrandt & Jürgens, 2004, S. 54).
Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff einer Work-Life Balance zu der Annahme führen kann, die beiden Bereiche Arbeit und Leben seien klar gegeneinander abzugrenzen. Dies wird in der Literatur aus verschiedenen Gründen als problematisch angesehen. So impliziert der Begriff Work-Life Balance unter Umständen, dass weder Arbeit in den privaten Bereich, noch Privates in den beruflichen Bereich vordringen kann. Das entspricht nach Schobert (2007, S. 21) nicht der Realität. Zusätzlich wird eine klare Abgrenzung zwischen Arbeit und Leben auch deshalb in Frage gestellt, da durch sie davon ausgegangen wird, dass das Leben, welches für Individuen Sinnerfüllung und Selbstverwirklichung bedeutet, nahezu ausschließlich außerhalb der Erwerbsarbeit stattfindet (Klimpel & Schütte, 2006, S. 123; Hoff et al., 2005, S. 196). Diese Überlegungen werden in der nun folgenden Definition der Work-Life Balance als Grundlage der vorliegenden Arbeit berücksichtigt.
Die vorherigen Überlegungen und Darstellungen zusammenfassend, bedeutet Work-Life Balance im Sinne dieser Arbeit ein veränderliches Gleichgewicht zwischen dem beruflichen und dem privaten Lebensbereich, das es einem Individuum erlaubt, alle seine Verpflichtungen und Interessen zu erfüllen. Dabei wird der Bereich „Work“ als die Erwerbsarbeit des Individuums definiert, während der Bereich „Life“ als all das angesehen wird, was nicht in den Bereich der Erwerbsarbeit fällt, also auch Bereiche wie beispielsweise Nicht-Erwerbsarbeit im häuslichen Bereich und Zeitfenster zur individuellen Selbstverwirklichung innerhalb der privaten Sphäre.
2.2 Ursachen des Bedeutungszuwachses der Work-Life Balance
Nach der Klärung der Begrifflichkeit ist es wichtig, die Gründe für den Bedeutungszuwachs des Themas Work-Life Balance auf Unternehmens- und Mitarbeiterseite aufzuzeigen. So soll der folgende Abschnitt diese überblicksartig darstellen, um eine Handlungsbedarf bezüglich dieser Thematik zu begründen und die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der im weiteren Verlauf der Arbeit darzustellenden Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance zu verdeutlichen.
2.2.1 Demographische Entwicklung
In Deutschland wird es aufgrund sinkender Geburtenraten auf einem insgesamt niedrigen Niveau in der Zukunft immer mehr ältere Menschen und immer weniger junge Menschen geben. Der Rückgang, welcher seit den 1960er Jahren zu beobachten ist, führt zu einer aktuellen Geburtenrate von durchschnittlich 1,3 Kindern pro Frau (Klimpel & Schütte, 2006, S. 25 f.; Regnet, 2009b, S. 686). Der Anteil der Beschäftigten zwischen 55 und 64 Jahren ist in den Jahren von 2003 bis 2010 von 39 % auf 57,7 % angestiegen. Eine detaillierte Darstellung dieser Entwicklung befindet sich im Anhang 3 (OECD, 2012b).
Eine Folge der sich ändernden Altersstruktur ist ein zu erwartender Fach- und Führungskräftemangel, sodass es für die Unternehmen immer bedeutender werden wird, vorhandenes Personal zu binden und gleichzeitig die Rekrutierung neuer Mitarbeiter systematisch zu verbessern (Flüter-Hoffmann, 2007, S. 61; Klimpel & Schütte, 2006, S. 29; Rost, 2007, S. 47). Mit Work-Life Balance-Maßnahmen scheint es möglich zu sein, die Identifikation und Bindung der Beschäftigten mit ihrem und an ihr Unternehmen zu steigern, genauso wie die Mitarbeitermotivation, die Einsatzbereitschaft sowie die Arbeitszufriedenheit. Außerdem kann die Unternehmenswahrnehmung und –attraktivität in der Öffentlichkeit verbessert werden, um die Rekrutierung neuer Mitarbeiter zu vereinfachen. (BFSFJ, 2005a, S. 27; De Graat, 2007, S. 232; Freier, 2005, S. 77; Kaiser, Ringlstetter, Reindl & Stolz, 2010, S. 250; Michalk & Nieder, 2007, S. 35-37).
Eine andere Folge der veränderten Altersstruktur und der steigenden Lebenserwartungen der Individuen ist, dass das Durchschnittsalter der Belegschaften steigen wird und damit auch der potentielle Krankenstand bei unzureichender Gesundheitsvorsorge, denn mit steigendem Alter fällt Arbeit zunehmend schwerer und Regenerationsmöglichkeiten für die Beschäftigten werden immer wichtiger. Das macht es für Unternehmen heute und in der Zukunft bedeutender, Work-Life Balance-Maßnahmen zur Prävention anzubieten, um die Mitarbeiter langfristig gesund zu erhalten und so gleichzeitig Kosten für längere Ausfallzeiten zu reduzieren (Klimpel & Schütte, 2006, S. 29; Michalk & Nieder, 2007, S. 34 f.; Regnet, 2009b, S. 686, 689).
Zur Verdeutlichung des Zusammenhangs zwischen einer guten Work-Life Balance und der Gesundheit der Mitarbeiter sei hier eine Schweizer Untersuchung durch Hämmig und Bauer (2004, S. 121) im Jahr 2004 angeführt. Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigt, dass eine schlechte Work-Life Balance das subjektive Gesundheitsempfinden, den Optimismus, die körperliche Aktivität sowie die Zufriedenheit der befragten Beschäftigten negativ beeinflusst und gesundheitliche Beschwerden wie Rücken- und Kreuzschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Erschöpfungssymptome fördert. Auch das Auftreten von Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit sowie Angst und Depressionen wird bei einer als negativ wahrgenommenen Work-Life Balance wahrscheinlicher.
Die dritte Folge der demographischen Entwicklung, welche in einer allgemeinen Alterung der Gesellschaft resultiert, ist, dass die Betreuung und Pflege älterer Angehöriger als familiäre Verpflichtung der Beschäftigten insgesamt bedeutsamer wird. Das begründet in diesem Bereich die wachsende Bedeutung der Work-Life Balance-Thematik und der damit verbundenen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben (Bäcker, 2003, S. 131; Rost, 2007, S. 47).
2.2.2 Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit
Die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit kann den Bedeutungszuwachs des Themas Work-Life Balance ebenfalls erklären. So stieg der Anteil der erwerbstätigen Frauen in Deutschland, wie mithilfe des Anhangs 2 differenziert dargestellt, in den Jahren 2003 bis 2010 von 58,7 % auf 66,1 % (OECD, 2012a).
Diese Entwicklung ist beispielsweise darauf zurückzuführen, dass die Erwerbstätigkeit junger und gut ausgebildeter Frauen wichtig ist, um ungenutzte Beschäftigungspotentiale in Anbetracht des bereits dargestellten Fach- und Führungskräftemangels erschließen zu können. Der betriebliche Alltag gestaltet sich teilweise für weibliche Beschäftigte schwierig, da ohne den unternehmensseitigen Fokus auf die Möglichkeit zur Realisierung einer Work-Life Balance sowie entsprechende Strukturen und Unterstützungsangebote in den Unternehmen eine Entscheidung zwischen beruflichen und familiären Verpflichtungen erforderlich wird. Aus diesem Grund nimmt die Bedeutung der Work-Life Balance und Möglichkeiten zu deren Verbesserung zu, denn es gilt beispielsweise Lösungsmöglichkeiten für die Kinderbetreuung der Beschäftigten zu erarbeiten sowie bereitzustellen und Mitarbeiter nach der Geburt eines Kindes flexibel zu unterstützen. So wird durch die Vereinbarkeit von beruflichem und familiärem Bereich ermöglicht, Chancengleichheit herzustellen und weibliche Beschäftigte so an die Unternehmen zu binden. Auch für Männer gewinnt in diesem Bereich das Thema Work-Life Balance an Bedeutung, da es beispielsweise bei zwei berufstätigen Elternteilen weiterhin die Möglichkeit geben muss, Kinder angemessen zu betreuen oder andere familiäre Verpflichtungen, wie etwa Pflegetätigkeiten, ausführen zu können (Eichhorst & Thode, 2003, S. 19 ff.; Flüter-Hoffmann, 2007, S. 61; Klimpel & Schütte, 2006, S. 42-45).
2.2.3 Wertewandel in der Gesellschaft
Die Werte und Lebensstrukturen der Gesellschaft und damit auch der Beschäftigten verändern sich. So führen beispielsweise das zunehmende Streben nach Individualität und Selbstverwirklichung sowie die Emanzipation der Geschlechter zu Wandlungen etwa bezüglich der Rollenverständnisse, Familienstrukturen und Lebensformen. Dadurch nimmt die Zahl der verschiedenen Aufgaben und Rollen zu, was eine Synchronisation der Lebensbereiche erschwert. Aufgrund dieser Veränderungen, Unklarheiten und unterschiedlichsten Gestaltungsformen des privaten Lebens entsteht ein wachsendes Bedürfnis nach der Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben auf der Seite der Beschäftigten, welches dazu führt, dass das Thema Work-Life Balance von den Unternehmen nicht unberücksichtigt bleiben darf (Freier, 2005, S. 2, 191; Greenblatt, 2002, S. 178 f.; Hoff et al., 2005, S. 197; Klimpel & Schütte, 2006, S. 30 f.). Gerade für jüngere Beschäftigte ist die berufliche Karriere oft nicht mehr das zentrale Lebensziel, ihr Fokus liegt mehr und mehr auf einer Balance von Arbeit und Privatleben. Das führt zu insgesamt höheren Ansprüchen an die Qualität des Arbeitslebens und an angemessene Handlungsspielräume zur Realisierung einer guten Work-Life Balance (Freier, 2005, S.2; Greenblatt, 2002, S. 178 f.; Regnet, 2009a, S. 40; Wiendieck, 2009, S. 553, 554). Das Streben nach einer individuellen Gestaltung des Lebenslaufs, nach einer, an die verschiedensten Bedürfnisse angepassten, Beschäftigungs- und Aufstiegsperspektive in den Unternehmen ohne erzwungene Unterbrechungen beispielsweise aufgrund einer Schwangerschaft und nach der individuellen Gestaltbarkeit des privaten Bereichs erhöht die Bedeutung der Work-Life Balance und der Bemühungen zu deren Verbesserung (BFSFJ, 2005a, S. 28 f.).
2.2.4 Globalisierung und technologischer Wandel
Steigende Ansprüche an die Arbeitnehmer in Zeiten des härter werdenden Wettbewerbs aufgrund von Internationalisierung und Globalisierung können dazu führen, dass auch hochqualifizierte und eigentlich belastbare Mitarbeiter an ihre Grenzen geführt werden, denn die Unternehmen, und damit jeder einzelne Beschäftigte, müssen neuen Anforderungen durch Schnelligkeit und immer neue Innovationen begegnen. Schnellere Produktentwicklung, kürzere Produktlebenszyklen und neue Prozesstechnologien haben schnelle technologische Veränderungen und zunehmend komplexe Arbeitsabläufe zur Folge und erhöhen die Belastungen der Mitarbeiter. Dadurch begründeten neuen „Work-Life Imbalancen“ soll durch den erweiterten Einsatz von Work-Life Balance-Maßnahmen begegnet werden, um den privaten und sozialen Ansprüchen der Beschäftigten gerecht zu werden (Freier, 2005, S. 1; Klimpel & Schütte, 2006, S. 38 ff.; Regnet, 2009a, S. 37).
Gleichzeitig wird das Thema Work-Life Balance in diesem Zusammenhang auch deshalb immer wichtiger, weil sich die Unternehmen in Anbetracht des wachsenden globalen Wettbewerbsdrucks Kosteneinsparungen durch eine gute Work-Life Balance ihrer Beschäftigten versprechen. So kann eine ausgeglichene Work-Life Balance dabei helfen, die Fluktuation, den Krankenstand oder die Unfallzahlen in den Unternehmen zu reduzieren, indem beispielsweise die Stressbelastung der Mitarbeiter vermindert wird und gleichzeitig die Arbeitsqualität erhöht wird. Als Folge können etwa Anwerbungs- und Ausbildungskosten, Lohnfortzahlungskosten, Krankheitskosten und Lohnnebenkosten niedriger sein (Badura & Vetter, 2003, S. 14; Michalk & Nieder, 2007, S. 35 f., 44). Eine Untersuchung des „Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ (BFSFJ, 2005b, S. 12 ff.) in Zusammenarbeit mit diversen deutschen Unternehmen aus dem Jahr 2005 unterstreicht, dass Kostensenkungen in den Bereichen Wiederbeschaffung und Fluktuation, Überbrückung, Wiedereingliederung sowie bezüglich vermiedener Fehlzeiten realisierbar sind, auch unter Berücksichtigung der Kosten, welche durch die Einführung von Work-Life Balance-Maßnahmen entstehen.
2.2.5 Wirtschaftlicher und organisationaler Strukturwandel
Hand in Hand mit der Globalisierung und dem technologischen Wandel geht der wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturwandel, der sich durch den Wandel von einer Industrie- zur Wissensgesellschaft auszeichnet sowie durch einen allgemeinen Anstieg des Qualifikationsniveaus. Außerdem findet zugleich ein organisationaler Strukturwandel statt (BFSFJ, 2005a, S. 12 f.; Klimpel & Schütte, 2006, S. 25, 33).
Bedingt durch Rationalisierungs- und Anpassungsbemühungen als eine Folge der Globalisierung kommt es zu immer schlankeren und flexibleren Organisationsformen und Organisationsstrukturen mit kundennaher und vor allem dezentraler Entscheidungsfindung. Ehemals formale Organisationsformen werden mit einigen Zwischenschritten zu sogenannten „virtualisierten Organisationsformen“ mit einem Fokus auf das Arbeiten in virtuellen Teams und in virtuellen Strukturen. Die daraus resultierende Verdichtung der Arbeit für die einzelnen Mitarbeiter, die veränderten Arbeitsstrukturen, die dynamischen Qualifikationsanforderungen und die veränderten Führungsstile führen zu erhöhten Belastungen für die Beschäftigten, die diesem Wandel gerecht werden müssen, und mehr potentiellen Schwierigkeiten bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (Freier, 2005, S. 2, 37; Regnet, 2009a, S. 37; Wiendieck, 2009, S. 550). Diesen Schwierigkeiten und vor allem negativen gesundheitlichen Folgen der neuen Anforderungen und Herausforderungen, soll mithilfe des stärkeren Fokus auf das Thema Work-Life Balance und auf geeignete Work-Life Balance Maßnahmen begegnet werden, da die Beschäftigten oft nicht in der Lage sind, dies ohne Unterstützung selbst zu tun. Eine Untersuchung (Hunzinger & Kestin, 2003, S. 82-84) aus dem Jahr 2002/ 2003 verdeutlicht, dass zwar 50 % der befragten Top-Manager angeben, selbst auf ihre Gesundheit zu achten, gleichzeitig aber trotzdem über 50 % der befragten Manager beispielsweise von Rücken- und Gelenkschmerzen oder Schlafstörungen als Folge von Überlastung betroffen sind.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass diese Überlastungen und die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen nicht ausschließlich auf neue wirtschaftliche und organisationale Strukturen zurückzuführen sind. Auch die schon aufgezeigten demographischen Entwicklungen mit älteren, tendenziell eher anfälligeren Mitarbeitern und der verschärfte Wettbewerb als Folge der Globalisierung führen diesbezüglich zu neuen Herausforderungen und einem Bedeutungszuwachs des Themas Work-Life Balance.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Unternehmen und ihre Beschäftigten aufgrund der aufgezeigten Entwicklungen vor der Herausforderung stehen, den entstehenden Schwierigkeiten adäquat begegnen zu müssen. Auf der einen Seite sorgt beispielsweise der Wertewandel dafür, dass die Beschäftigten ihrer Work-Life Balance einen immer höheren Stellenwert zuschreiben, während auf der anderen Seite die Realisierbarkeit einer guten Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben gleichzeitig aber etwa durch globalisierungsbedingte Entwicklungen erschwert wird. Das Streben danach, einen Ausgleich zwischen diesen beiden Entwicklungen zu schaffen, erklärt letztendlich den Bedeutungszuwachs dieses Themas in der betrieblichen Realität.
2.3 Entstehung von Konflikten zwischen Berufs- und Privatbereich
Nach der grundlegenden Klärung des Begriffs Work-Life Balance und der Darstellung warum die gute Vereinbarkeit von beruflichem und privatem Bereich mehr und mehr in das Blickfeld der Unternehmen und Beschäftigten rückt, ist zusätzlich zu hinterfragen, wie und warum Konflikte, die einen Handlungsbedarf und damit die Mitarbeiter unterstützende Maßnahmen begründen, zwischen den Bereichen „Work“ und „Life“ überhaupt entstehen können. Dieser Frage wird in diesem Abschnitt nachgegangen, indem mithilfe der Rollentheorie das Konfliktpotential unterschiedlicher beruflicher und privater Anforderungen an ein Individuum grundlegend verdeutlicht wird. In einem zweiten Schritt wird anschließend auf die „Work/Family Border Theory“ von Clark (2000, S. 73 ff.) zurückgegriffen, um differenziert verdeutlichen zu können, von welchen Faktoren das tatsächliche Auftreten von Konflikten und der damit verbundene Handlungsbedarf zur Sicherstellung einer positiven Work-Life Balance abhängig ist.
Grundlegend wird gemäß der weitverbreiteten strukturalistischen Konzeption der Rollentheorie, unter einer Rolle „[…] das Insgesamt der Erwartungen verstanden, die an eine Person als Inhaberin einer Position gerichtet werden“ (Neuberger, 2002, S. 314). Rollen erfordern also von Individuen ein Verhalten, was grundlegend unproblematisch wäre, gäbe es pro Individuum nur eine ihm zugewiesene Rolle und somit auch eindeutige Erwartungen an sein Verhalten. Bei der Betrachtung der Work-Life Balance jedoch gibt es zwei unterschiedliche Sphären, welche meist in kontrastierendem Verhältnis zueinander stehen, sodass Mitarbeiter verschiedenen Bezugssystemen ausgesetzt sind und als Folge auch unterschiedlichen Forderungen, die nicht zwangsläufig in dieselbe Richtung weisen (Streich, 1995, S. 84). So entsteht die Herausforderung für die Beschäftigten als Positionsinhaber in mehreren Systemen, die verschiedenen Lebensbereiche und die damit verbundenen unterschiedlichen Rollen, Verpflichtungen und Ansprüche verschiedener Anspruchsgruppen koordinieren und ausbalancieren zu müssen, was zu einem „Inter-Rollen-Konflikt“ und damit verbundenen Problemen bezüglich der Work-Life Balance der Beschäftigten führen kann. (Greenhaus & Beutell, 1985, S. 77; Neuberger, 2002, S. 324; Schobert, 2007, S. 20).
Ein problematischer Konflikt entsteht dann, wenn dem Positionsinhaber keine für alle Beteiligten Parteien zufriedenstellende Koordination gelingt, was vor allem dann der Fall ist, wenn die Zeit, die benötigt wird, um die Anforderungen einer Rolle zu erfüllen, die Anstrengung, die innerhalb einer Rolle erbracht werden muss oder das spezifische Verhalten, das im Rahmen einer Rolle von einem Individuum erwartet wird es schwierig machen, die Anforderungen der anderen Rolle zu erfüllen. Greenhaus und Beutell (1985, S. 76) nennen diese verschiedenen Konfliktarten „time-based“, „strain-based“ und „behavior-based“.
Bezüglich verschiedener Anspruchsgruppen ist zunächst auf innerorganisatorische Anspruchsgruppen in den Unternehmen, welche Anforderungen an die Beschäftigten stellen, zu verweisen. Diese Anspruchsgruppen können beispielsweise Vorgesetzte und Kollegen sein. Zusätzlich gibt es außerorganisatorische Anspruchsgruppen, von denen im Bereich der Untersuchung des Konfliktpotentials von „Work“ und „Life“ besonders die Anspruchsgruppen des privaten Bereichs, wie etwa die Familie, von Interesse sind (Neuberger, 2002, S. 319 f. Streich, 1995, S. 84).
Vor allem die zeitlichen Ansprüche der verschiedenen Anspruchsgruppen stellen Mitarbeiter vor eine große Herausforderung. Bei einem Übermaß an zeitlichen Verpflichtungen des beruflichen Bereichs bleibt für private und familiäre Aktivitäten zu wenig Zeit, während die private Zeit gleichzeitig Gefahr läuft, zu einer Restgröße und zur bloßen Regenerationsmöglichkeit für die Anforderungen des beruflichen Bereichs zu werden (Streich, 1995, S. 89).
Ob es tatsächlich zu diesen Konflikten und den damit verbundenen Schwierigkeiten bezüglich der Work-Life Balance eines Beschäftigten kommt, hängt nach der „Work/Family Theory“ von Clark (2000, S. 753 ff.) von verschiedenen Charakteristika der zu koordinierenden Bereiche „Work“ und „Family“, den zwischen den Bereichen liegenden Grenzen, den „Grenzgängern“ selbst und den sogenannten „Grenzbewahrern und anderen Bereichsangehörigen“ ab. Diese Überlegungen werden im Folgenden weiter ausgeführt.
Zunächst hängt die Konfliktwahrscheinlichkeit davon ab, wie sehr sich die beiden Bereiche „Work“ und „Life“ etwa bezüglich ihrer Kulturen und Werte unterscheiden und ob ein Individuum anstrebt, diese beiden Sphären strikt zu trennen oder nicht. Die grundlegende Überlegung ist, dass es aufgrund der Trennung von Arbeitsplatz und Heim nach der industriellen Revolution Unterschiede zwischen Arbeits- und Privatbereich gibt, welche beispielsweise durch unterschiedliche Regeln und Verhaltensmuster zum Ausdruck kommen. Der Grad der Unterschiedlichkeit bezüglich der beruflichen und privaten Kulturen bestimmt dabei, ob es den Individuen gelingt, die beiden „Welten“ zu koordinieren oder ob Schwierigkeiten und Probleme entstehen (Clark, 2000, S. 753 ff.).
Zusätzlich hängt es von den Grenzen zwischen den Bereichen ab, ob Konflikte zwischen Berufs- und Privatbereich entstehen. Clark (2000, S. 756 ff.) unterscheidet drei Arten der Grenzen: Zum Einen die physischen, wie Wände, die zeigen wo bereichsrelevantes Verhalten beginnt, zum Anderen die zeitlichen, wie die Arbeitszeit, die definiert wann bereichsrelevantes Verhalten beginnt und zuletzt die psychologischen Grenzen, die von den Individuen geschaffen werden und festlegen, wann und wo welche Denkmuster, Verhaltensmuster und Emotionen angemessen sind. Ob und in welcher Stärke Konflikte auftreten hängt von der Durchlässigkeit, der Flexibilität oder der Stärke der Grenzen ab, die dem Individuum die Vereinbarkeit von „Work“ und „Life“ erschweren oder erleichtern können.
Das Entstehen von Konflikten und eine erschwerte Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben hängen weiterhin von den betroffenen Beschäftigten selbst ab. Diese „Grenzgänger“ unterscheiden sich nach dem Grad ihres Einflusses im jeweiligen Bereich und nach dem Grad der Identifikation mit den beiden Bereichen Arbeit und Leben. Höherer Einfluss im beruflichen Bereich und größere Entscheidungsautonomie machen das Auftreten problematischer Konflikte unwahrscheinlicher, ebenso wie eine hohe Identifikation mit einem Bereich (Clark, 2000, S. 759 ff.).
Zuletzt entstehen Konflikte zusätzlich eher dann, wenn Angehörige der beiden Bereiche, die sogenannten „Grenzbewahrer und anderen Bereichsangehörigen“, wie beispielsweise Vorgesetzte oder Ehepartner, die Anforderungen des jeweils anderen Bereichs an ein Individuum nicht berücksichtigen und sie somit nicht bei der Realisierung einer Balance unterstützen (Clark, 2000, S. 761 ff.). Clark sieht in diesem Bereich also nicht die Existenz verschiedener Anspruchsgruppen als grundlegend problematisch an, sondern deren mögliche Anforderungen und mögliches Verhalten.
Zusammenfassend kann man als Antwort auf die zu Beginn gestellte Frage nach den Ursachen von Konflikten bezüglich der Work-Life Balance sagen, dass diese Konflikte aus den unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Anspruchsgruppen an ein Individuum und damit verbundenen Verpflichtungen resultieren. Die Koordination des Berufs- und Privatbereichs kann in der Folge für die Beschäftigten herausfordernd sein, was die Notwendigkeit zu deren Unterstützung durch die Unternehmen mithilfe geeigneter Maßnahmen verdeutlicht. Die „Work/Family Border Theory“ zeigt zusätzlich, dass es verschiedene Faktoren gibt, welche die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts mit negativen Folgen für das Individuum und seine Work-Life Balance sowie für seine Umwelt, beeinflussen können.
2.4 Wahrnehmung der Work-Life Balance durch die Beschäftigen
Die Erkenntnis von Clark (2000, S. 753 ff.), dass das Auftreten von Konflikten von den verschiedenen zu koordinierenden Bereichen, den Grenzen, den Grenzgängern und den Grenzbewahrern abhängt, zeigt, dass eine einheitliche und klare Definition einer konfliktfreien und damit guten Work-Life Balance der Beschäftigten, welche es zu realisieren gilt, und einer schlechten Work-Life Balance, welche zu vermeiden ist, nicht möglich ist. Deshalb ist zu untersuchen, von welchen Faktoren das individuell positive oder negative Empfinden einer Work-Life Balance abhängt, als Grundlage der Überlegungen, was mit den daran anschließenden Work-Life Balance-fördernden Maßnahmen erreicht oder vermieden werden soll.
Der folgende Abschnitt zeigt Faktoren auf, die die Wahrnehmung der Work-Life Balance durch die Beschäftigten beeinflussen. So wird es im Rahmen dieser Arbeit möglich, zumindest Annäherungsmöglichkeiten an und Anhaltspunkte für eine gute Work-Life Balance aufzuzeigen. Die Gliederung in „individuelle Faktoren“ und „lebensweltliche Faktoren“ ist angelehnt an Freier (2005, S. 80) sowie an die aufgezeigten Überlegungen von Clark (2000, S. 753 ff.), die herausstellt, dass es individuelle Einflussfaktoren im Bereich der Grenzgänger selbst und lebensweltliche im Bereich der Grenzbewahrer gibt.
2.4.1 Individuelle Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung
Grundlegend hängt der Anspruch eines Individuums an die gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und dessen Verständnis von einer guten Work-Life Balance von individuellen Faktoren ab, welche unter anderem die Gewichtung der verschiedenen Lebensbereiche durch den Mitarbeiter bestimmen und die daraus resultierende Quantität und Qualität der Pflichten und Aktivitäten in den verschiedenen Bereichen (Freier, 2005, S. 13; Michalk & Nieder, 2007, S. 29 f.). Im Folgenden werden zunächst diese individuellen Einflüsse überblicksartig dargestellt.
Die Gewichtung der beruflichen und privaten Lebensbereiche ist zeitabhängig und lebensabschnittspezifisch. So ist hier die Lebensphase der Individuen ein bedeutender Einflussfaktor darauf, was Mitarbeiter als eine gute Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben wahrnehmen und erleben. Exemplarisch sind hier die beruflichen Lebensphasen „Schul- und Berufsausbildung“, „Eintritt ins Berufsleben“, „Berufsbegleitende Qualifizierung“ oder auch „Beförderung/ Jobwechsel“ zu nennen. Im privaten Bereich sind beispielsweise verschiedene wichtige Phasen der Individuen geprägt durch Heirat, die Geburt eines Kindes oder durch die erforderlich werdende Pflege von Eltern und Verwandten. Die Gewichtung der einzelnen Lebensbereiche kann sich so im Verlauf des Lebens verändern und mit ihr die als positiv empfundene Work-Life Balance (Freier, 2005, S. 13; Michalk & Nieder, 2007, S. 29 f.). Sturges und Guest (2004, S. 17) kommen im Rahmen einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Schulabgänger bereit sind, Einbußen bezüglich ihrer Work-Life Balance zu Beginn ihrer Karriere hinzunehmen, um Karriereerfolge realisieren zu können. Die Bereitschaft zu diesen Zugeständnissen nimmt allerdings mit zunehmendem Alter ab.
Zusätzlich kommt es im Bereich der individuellen Faktoren auf die physischen und psychischen Voraussetzungen der einzelnen Mitarbeiter an, welche beeinflussen, wie gut Beschäftigte mit Herausforderungen bezüglich der Vereinbarkeit des Berufs- und Privatlebens umgehen können und welche Situation diesbezüglich als gute Work-Life Balance wahrgenommen wird. Der Charakter und die Persönlichkeit der Individuen beeinflussen die Handlungen und Reaktionen im Alltag der Beschäftigten maßgeblich und somit die als positiv empfundene Balance der Lebensbereiche (Freier, 2005, S. 81 f.; Greenblatt, 2002, S. 179).
Auch verschiedene Arbeitsstile und Handlungskompetenzen der unterschiedlichen Mitarbeiter sind als Einflussfaktoren auf eine individuell als positiv wahrgenommene Work-Life Balance zu berücksichtigen. So können unterschiedliche Fähigkeiten der Mitarbeiter bezüglich des Zeitmanagements und der Arbeitsorganisation, aber auch eventuell vorhandene Erfahrungen im beruflichen wie auch im privaten Bereich eine als positiv wahrgenommene Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben beeinflussen (Freier, 2005, S. 81 f.; Greenblatt, 2002, S. 179).
Im Zusammenhang mit den physischen und psychischen Voraussetzungen der Beschäftigten kommt es beim individuellen Empfinden einer guten Work-Life Balance auch auf das persönliche und individuell unterschiedliche Stressempfinden verschiedener Mitarbeiter an sowie auf deren Fähigkeit, mit Stresssituationen und eventuell auftretenden Konflikten im beruflichen und privaten Bereich umgehen zu können. Ob ein Individuum eine Situation als belastend oder nicht einschätzt, ist individuell unterschiedlich und somit ist auch die als individuell wenig belastende und somit gute Work-Life Balance-Situation von Mitarbeiter zu Mitarbeiter verschieden (Freier, 2005, S. 13, 81; Michalk & Nieder, 2007, S. 29 f.). Braunstein-Bercovitz, Frish-Burstein und Benjamin (2012, S. 323) stellen den Zusammenhang zwischen der Belastbarkeit eines Beschäftigten und der persönlichen und individuellen Charakteristik im Rahmen einer Untersuchung aus dem Jahr 2012 heraus.
Zuletzt ist allgemein bezüglich der individuellen Faktoren darauf hinzuweisen, dass es zwischen den Geschlechtern in allen Bereichen zu Unterschieden kommen kann, wie Untersuchungen verdeutlichen (Hill, Jacob, Shannon, Brennan, Blanchard & Martinengo, 2008, S. 177 f.).
2.4.2 Lebensweltliche Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung
Im Bereich der Lebenswelt der Beschäftigten gibt es zusätzliche Faktoren, die eine gute und positiv wahrgenommene Work-Life Balance beeinflussen.
So ist das Lebensmodell eines Individuums bedeutsam, also ob es alleine oder in einer Partnerschaft lebt und wie diese Partnerschaft ausgestaltet ist, denn das Zusammenleben mit einem Partner führt zu zahlreichen privaten Wechselbeziehungen. Die Erwartungen an eine gute Work-Life Balance hängen somit beispielsweise vom Rollenverständnis innerhalb einer Beziehung und der daraus resultierenden Zeitplanung und Organisation des privaten Haushaltes ab. Unterscheiden kann man hier etwa die traditionelle, geschlechtsspezifische Rollenteilung mit klarer Abtrennung der Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen, oder, dazu kontrastierend, das moderne Rollenverständnis mit Gleichverteilung der verschiedenen Verpflichtungen. Die realisierte Verteilung der Verpflichtungen bestimmt unter anderem die zeitlichen Ansprüche an die Bereiche „Work“ und „Life“ und damit das Verständnis von einer guten Work-Life Balance (Freier, 2005, S. 83 ff., 170 ff.).
Zusätzlich bestimmen im privaten Bereich auch weitere familiäre Verpflichtungen der Individuen, beispielsweise aufgrund des Vorhandenseins von Kindern oder von pflegebedürftigen Verwandten, die positive oder negative Wahrnehmung einer realisierten Work-Life Balance (Freier, 2005, S. 83 f., 179, 184). Hier sei allerdings auf eine Untersuchung von Reynolds (2003, S. 1192) hingewiesen, deren Ergebnis unter anderem ist, dass Eltern, entgegen der Intuition, nicht zwangsläufig mehr Zeit für die Familie und weniger für den Beruf zur Verbesserung ihrer Work-Life Balance anstreben.
Die Frage was eine gute Work-Life Balance für einen einzelnen Mitarbeiter ist, muss auch unter Berücksichtigung von dessen weiterem sozialen, nicht-familiären Umfeld beantwortet werden. So beeinflussen Freunde, Nachbarn oder Sportkollegen, also alle mehr oder weniger nahe stehenden Personen, die einem Individuum wichtig sind, dessen Ansprüche an seine individuell gute Work-Life Balance. Berufliche und private Aktivitäten und Unternehmungen sind mit zeitlichem Aufwand verbunden, der im Alltag koordiniert werden muss. Der Umfang der privaten Verpflichtungen im sozialen Umfeld beeinflusst also schlussendlich die Erwartungen an die Gestaltung des „Work“-Bereiches und an die gute Work-Life Balance (Freier, 2005, S. 83-85).
Aber auch die finanziellen Möglichkeiten eines Individuums, also etwa monatliche Einkommen und Ausgaben, und die persönliche Definition des individuellen Lebensstandards, haben Einfluss auf die als realisierbar und positiv angesehene individuelle Work-Life Balance. Sind ausreichend Ressourcen verfügbar, kann eine Balance eventuell durch den Erwerb von bestimmten Dienstleistungen bezüglich der Aufgaben im Haushalt leichter hergestellt werden, sodass zum Beispiel ein zeitlich ausufernder beruflicher Bereich, als weniger negativ wahrgenommen wird und die individuell gute Work-Life Balance davon nicht ungünstig beeinflusst wird (Freier, 2005, S. 85).
Zusätzlich zu den genannten individuellen und lebensweltlichen Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung einer Work-Life Balance durch die Beschäftigten weist Freier (2005, S. 85 ff.) auf arbeitsweltliche Determinanten hin. Diese können beispielsweise die Arbeitszeit und –organisation, betriebliche Zusatzleistungen, die Unternehmenskultur, der Führungsstil der Vorgesetzten und die Informations- und Kommunikationspolitik innerhalb eines Unternehmens sein. Diese Einflussfaktoren werden in diesem Kapitel nicht dargestellt, sondern eine Auswahl davon wird im weiteren Verlauf im Rahmen der möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance durch die Unternehmen näher beschrieben.
Als Lösungsversuch für die in diesem Abschnitt aufgezeigte Problematik, dass die Definition einer allgemein guten Work-Life Balance aufgrund unterschiedlichster Einflussfaktoren nicht möglich ist, sei hier jedoch ergänzend eine andere Annäherung an die Frage, was eine gute und schlechte Work-Life Balance bedeutet, angeführt. Hämmig und Bauer (2004, 180-120) definieren „Indikatoren mangelnder Work-Life Balance“, die zwar ebenfalls nicht beschreiben können, was der einzelne Mitarbeiter als gute Work-Life Balance empfindet, aber den Unternehmen Anhaltspunkte für eine unzureichende und damit schlechte Work-Life Balance der Beschäftigten liefern können. So kann mithilfe der Indikatoren von Hämmig und Bauer ein Handlungsbedarf sichtbar gemacht werden, indem gemessen wird, ob die Beschäftigten Schwierigkeiten damit haben, Beruf und Privatleben zu vereinbaren, ob sie relativ unzufrieden sind mit dem Ausmaß der Freizeit, und ob es bei ihnen einen impliziten Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung gibt. Diese Herangehensweise fragt also nicht danach, was eine gute Work-Life Balance ausmacht, sondern danach, wie eine schlechte Work-Life Balance zum Ausdruck kommt. Sie kann somit zusammen mit den zuvor angeführten Determinanten trotz aller Schwierigkeiten einen Eindruck verschaffen, was eine gute und was eine schlechte Work-Life Balance ausmacht.
Abschließend ist in diesem Bereich darauf hinzuweisen, dass die Kenntnis allgemeiner Aspekte einer guten oder schlechten Work-Life Balance es zwar erleichtern könnte, eventuelle Probleme in den Unternehmen zu erkennen und herauszufinden, wo und wie angesetzt werden muss, um die gute Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben aller Beschäftigten zu fördern. Allerdings unterscheidet sich das individuell als positiv und angemessen empfundene Maß von beruflichen und privaten Verpflichtungen und Aktivitäten deutlich zwischen verschiedenen Individuen und Beschäftigten (Eberling et al., 2004, S. 267).
Eine grundsätzliche Antwort auf die Frage, was allgemein eine gute Work-Life Balance ausmacht, kann deshalb nicht gegeben werden. Mithilfe der aufgezeigten, die Erwartungen an eine gute Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben beeinflussenden, Faktoren können aber zusammen mit den Indikatoren einer unzureichenden Work-Life Balance Anhaltspunkte aufgezeigt werden, die ein Verständnis davon, welche Beschäftigtengruppen welches Maß an Vereinbarkeit schätzen und welche Merkmale der Individuen bei der Gestaltung und Umsetzung von Work-Life Balance-Maßnahmen berücksichtigt werden müssen, schaffen können. Im folgenden Kapitel werden deshalb vor der Beschreibung konkreter Maßnahmen grundlegende Hinweise für eine erfolgsversprechende Konzeption und Implementierung Work-Life Balance-förderlicher Maßnahmen gegeben, die zu einem großen Teil aus den vorhergegangenen Überlegungen bezüglich der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Beschäftigten und ihrer Ansprüche abgeleitet werden.
3 Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life Balance
Dieses Kapitel zeigt zunächst Grundlagen bezüglich der Gestaltung und Umsetzung verschiedener Maßnahmen zur Unterstützung der Work-Life Balance der Beschäftigten auf. Daran anschließend werden verschiedene ausgewählte und im betrieblichen Alltag relevante Maßnahmen dargestellt, die es den Unternehmen ermöglichen, die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben ihrer Beschäftigten zu fördern, um, darauf folgend, die für die Betrachtung vor dem Hintergrund der Entgrenzung der Arbeit relevanten Maßnahmen begründet abzugrenzen.
3.1 Grundlagen bezüglich der Konzeption und Implementierung
Aufgrund der zuvor aufgezeigten Problematik, dass sich die Beschäftigten in ihren individuellen Erwartungen an eine gute Work-Life Balance unterscheiden, folgen in einem ersten Schritt daraus abgeleitete Überlegungen zu den grundlegenden Anforderungen an die Maßnahmen zur Förderung der Work-Life Balance, um diese dann in einem zweiten Schritt innerhalb dieses Kapitels näher darzustellen. Grundlage der folgenden Ausführungen ist der Gedanke, dass sich die Konzeption und Umsetzung der Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben an den unterschiedlichen Ansprüchen der verschiedenen Mitarbeiter orientieren müssen. Das wird im Folgenden differenziert aufgezeigt, ergänzt um den Hinweis auf die besondere Rolle, welche die Führungskräfte der Unternehmen für die Implementierung und Wirksamkeit der Work-Life Balance-förderlichen Maßnahmen spielen.
3.1.1 Zielgruppenpassung und Lebensphasenorientierung
Grundlegend ist, aufbauend auf den vorhergegangenen Überlegungen, darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen im Hinblick auf ihre jeweilige Zielgruppe auszuwählen und zu implementieren sind. Zielgruppen können dabei beispielweise Mitarbeiter mit Familien, ältere Arbeitnehmer oder Führungskräfte sein (Michalk & Nieder, 2007, S. 53). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch unterschiedliche Familien unterschiedliche Maßnahmen schätzen, wie eine Untersuchung von Fursman & Zodgekar (2009, S. 47) zeigt und beispielsweise Eltern ihre Work-Life Balance nicht unbedingt durch mehr Zeit für den Privatbereich verbessern möchten (Reynolds, 2003, S. 1192). Wichtig ist zusätzlich eine Orientierung an den verschiedenen Lebensphasen und Lebenszyklen, in welchen sich verschiedene Mitarbeiter befinden. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass sich innerhalb eines Lebens die jeweiligen Schwerpunkte innerhalb und zwischen den Bereichen „Work“ und „Life“ verändern können, aufgrund von sich verändernder Karriereorientierung oder Änderungen innerhalb des familiären Bereichs (BFSFJ, 2012, S. 22 f.; Michalk & Nieder, 2007, S. 55 f.; Staudinger, 2007, S. 93). Maßnahmen sind deshalb so auszuwählen und immer wieder zu hinterfragen, dass Laufbahnen „alternsgerecht“ ausgestaltet werden können, um zu jeder Zeit die Fähigkeiten und Kenntnisse der Mitarbeiter optimal zu nutzen und diesen im Gegenzug zu jeder Zeit eine angepasste Work-Life Balance zu ermöglichen (Kaiser, 2007, S. 114; Seifert, 2007, S. 23 f.). Eine Lebensphasenorientierung ist zum Beispiel durch das Angebot von Maßnahmen nach dem „Cafeteria-System“ möglich, welches den Mitarbeitern ermöglicht, sich Maßnahmen zusammenzustellen, die ihrer momentanen beruflichen und familiären Situation entsprechen und diese bei auftretenden Veränderungen auch flexibel abzuändern (Michalk & Nieder, 2007, S. 115).
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- Quote paper
- M. Sc. (Wirtschafts- und Organisationswissenschaften) Fabian Burner (Author), 2012, Verbesserungsmaßnahmen für die Work-Life Balance vor dem Hintergrund entgrenzter Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209102
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