Aufgabe 1:
Erläutern Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Rechtsverordnungen
und Satzungen; geben Sie Beispiele.
Aufgabe 2:
N. wohnt neben einem von der Gemeinde eingerichteten und unterhaltenen
Bolzplatz. Da er sich durch den ständigen Lärm spielender Kinder gestört fühlt,
möchte er die Gemeinde auf „Betriebseinstellung“ verklagen. Handelt es sich hier um
eine öffentlich rechtliche oder um eine privatrechtliche Streitigkeit? Wofür ist diese
Fragestellung relevant?
1 Gemeinsamkeiten von Rechtsverordnungen und Satzungen
Rechtsverordnungen und Satzungen gehören, bei Einteilung der Rechtsquellen, zum geschriebenen Recht. Sie haben gemeinsam das sie in der Regel materielle Gesetze sind, also Rechtsnormen, die allgemein verbindlich sind.
Rechtsverordnungen und Satzungen haben weiterhin gemeinsam, dass sie exekutives Recht sind und von unterschiedlichen Stellen der Exekutive[1] in jeweils unterschiedlichen Verfahren erlassen werden können. Sie kommen somit nicht in dem von der Verfassung für die Gesetzgebung vorgeschriebenen Verfahren zustande.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.1 Rechtsverordnungen
Rechtsverordnungen und Satzungen sind exekutives Recht, aber nur die Rechtsverordnungen gehören zum Recht der unmittelbaren Staatsverwaltung.[2]
Definiert wird der Unterschied zwischen unmittelbarer und mittelbarer Staatsverwaltung des Bundes in Art. 86 GG (Grundgesetz). Träger der unmittelbaren Bundesverwaltung ist die juristische Person "Bund". Träger der mittelbaren Bundesverwaltung sind Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des Bundesrechts, die Ihre Aufgaben treuhänderisch wahrnehmen. Beispiele für solche selbstständigen juristischen Personen der mittelbaren Bundesverwaltung sind die Bundesanstalt für Arbeit und die Bundesbank, sowie die Bundesknappschaft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[3] Bei der Landesverwaltung gliedert sich die mittelbare Staatsverwaltung auch nach Körperschaften, Anstalten und Stiftungen auf. Ein Beispiel für mittelbare Landesverwaltung sind die Landesversicherungsanstalten als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Unmittelbare Staatsverwaltung lässt sich bei der Landesverwaltung in oberste Behörden, Oberbehörden, Mittelbehörden und Unterbehörden aufteilen.[4]
Ebenso wie es im Privatrecht eine begrenzte Zahl von juristischen Personen gibt, etwa Verein, GmbH oder Aktiengesellschaft, kennt auch das öffentliche Recht nur eine begrenzte Zahl von juristischen Personen. Dazu gehören die unmittelbare Staatsperson, also den Bund und die 16 Bundesländer, sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen der mittelbaren Bundes- sowie Landesverwaltung.
Rechtsverordnungen sind vor diesem Hintergrund Recht der unmittelbaren Staatsverwaltung. Als Adressaten von Verordnungsermächtigungen nennt Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG die Bundesregierung, eine oberste Bundesbehörde, einzelne Bundesministerien, ebenfalls oberste Bundesbehörden, und schließlich Landesregierungen, also oberste Landesbehörden. Satzungen dagegen sind Recht der mittelbaren Staatsverwaltung. Eine gemäß Art. 80 GG entsprechende Regelung fehlt für sie.
Rechtsverordnungen bedürfen einer Grundlage in einem förmlichen Gesetz, einer Verordnungsermächtigung. Von der gesetzlichen Verordnungsermächtigung verlangt die Verfassung in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, das sie nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein muss. Daraus folgt, dass der Verordnungsgeber nur wenig Spielraum hat. Die Grundentscheidungen trifft bereits das Gesetz. Eine Rechtsverordnung dient dem Zweck, diese Grundentscheidungen auszugestalten. Zwischen förmlichem Gesetz und Rechtsverordnung besteht aufgrund von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ein Konkretisierungszusammenhang.
Das lässt sich zum Beispiel an §135 Abs. 1 Satz 1 GBO (Grundbuchordnung)[5] aufzeigen. Diese Vorschrift trifft die Grundentscheidung, dass “Anträge, sonstige Erklärungen sowie Nachweise über andere Eintragungsvoraussetzungen […] dem Grundbuchamt als elektronische Dokumente übermittelt werden” können. § 135 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-5 der Grundbuchordnung enthalten die Ermächtigung für die Exekutive (Landesregierung), durch Rechtsverordnung unter anderem Vorschriften zu erlassen, ab welchem Zeitpunkt die elektronische Dokumentenübermittlung möglich sein soll, sowie über Einzelheiten der Übermittlung- und Datenspeicherung.
Rechtsverordnungen eröffnen für die Verwaltung die Möglichkeit, nicht nur den Einzelfall, sondern eine Vielzahl von Fällen abstrakt zu regeln. Der Gesetzgeber entlastet sich mit der Delegation und ermöglicht es, flexibler und schneller zu agieren.
Es gibt sowohl Rechtsverordnungen auf Bundes-, aber auch auf Landesebene. Auch im kommunalen Bereich sind Rechtsverordnungen bei entsprechender gesetzlicher Ermächtigung möglich. Als Beispiel sei hier die örtliche Gefahrenabwehrverordnung genannt.
Wenn auch nicht unmittelbar, so gelten die in Art. 80 GG formulierten Standards auch für Rechtsverordnungen auf landesrechtlicher Ebene. Unabhängig davon kann eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnis nicht grenzenlos erfolgen. Grenzen ergeben sich aus der sogenannten Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, die unter anderem besagt, dass alle für den Staat und die Bürger wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber selbst zu regeln sind.
1.2 Satzungen
Satzungen sind abstrakt generelle Reglungen, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Reglung ihrer eignen Angelegenheiten aufgrund gesetzlicher Reglung erlassen werden.
Satzungen sind wie Rechtsverordnungen exekutive Rechtsnormen, gehören jedoch zum Recht der mittelbaren Staatsverwaltung. Satzungen sind im Unterschied zu Rechtsverordnungen Ausdruck von Selbstverwaltung. Die Träger der mittelbaren Staatsverwaltung, die Satzungen erlassen, sind gegenüber der unmittelbaren Staatsverwaltung verselbstständigt.
Die Verselbstständigung kommt in der Rechtsfähigkeit der Träger mittelbarer Staatsverwaltung zum Ausdruck. Satzungsrecht wird darum auch autonomes Recht genannt. Eine Art. 80 Abs.1 Satz 2 GG vergleichbare Vorschrift, welche das Satzungsrecht "an den verlängerten Arm" des Gesetzesrechts nimmt, fehlt. Der Satzungsgeber ist freier, was sich damit rechtfertigen lässt, dass das satzungsgebende Organ von Selbstverwaltungsträgern, etwa ein Gemeinderat, über eine eigenständige demokratische Legitimation durch Wahl verfügt. Die Rechtsquelle der Satzung ist mit dem Gedanken der Selbstverwaltung eng verbunden. Dies macht ihre Besonderheit gegenüber der Rechtsverordnung aus.
Zu nennen sind hier vor allem die kommunalen Satzungen im Bereich kommunaler Selbstverwaltungsaufgaben. Als Beispiel seien, Bebauungspläne, Gebührensatzungen und Benutzungssatzungen genannt. Diese kommunalen Satzungen werden auch als „Ortsrecht“ bezeichnet.
2 Öffentliches Recht / Privatrecht
2.1 Relevanz der Differenzierung
Bei einigen Sachverhalten kann die Selektion, ob es sich um öffentliches Recht oder privates Recht handelt, von besonderer Bedeutung sein.
Zum einen richtet sich die Handlungsform der Behörde nach der Art der Aufgabe. Bei der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben im Bereich der Eingriffs- und Ordnungsverwaltung nutzt die Verwaltung regelmäßig den Verwaltungsakt als Handlungsform, der eine einseitige Durchführung der Erfüllung von Aufgaben ermöglicht.[6]
[...]
[1] Exekutive ist die ausführende oder vollziehende Gewalt.
[2] Sauter, Werner (2009): TEIA (Herausgeber). Privatrecht und öffentliches Recht Abb.1; Internet Akademie Lehrbuch Verlag; http://www.teialehrbuch.de/Wirtschaft/Wirtschaftsrecht.php; 16.11.2012,22:48 Uhr
[3] Stahlmann, Günther (2011): Lese- und Arbeitsbuch zur Einführung in das öffentliche Recht. 2.1 Mittelbare und unmittelbare Staatsverwaltung; Online Modul http://www2.hs-fulda.de/fb/sw/BASS/Studienbrief_BASS_O2/Resources/ B/II/BII21.htm
[4] Vgl.: Müller, Bernd 3. Überarbeitete Auflage (2004): Verwaltungsrecht- Schnell erfasst. Springer Verlag (Herausgeber).Ort: Berlin. S. 7
[5] Grundbuchordnung (GBO) i.d.F.v. 26.05.1994, zuletzt geändert am 15.12.2011
[6] vgl.: http://www.juraforum.de/lexikon/abgrenzung-oeffentliches-recht-privatrecht; 17.11.2012 22:25 Uhr
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Verw. (FH)/ Dipl.-Verw.-Betriebsw. (VWA) Sonja Destino (Autor:in), 2012, Öffentliches Recht - Rechtsverordnung und Satzung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209012
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