Die Diskussion über ethisch-gesellschaftliche Fragestellungen gehört eigentlich fest zum Kerngeschäft des Politikers. Vor allem im Bereich der Technikfolgenabschätzung geht es dabei häufig um fundamentale Fragen des menschlichen Zusammenlebens: Ist es rechtens, ungeborenes Leben aufgrund von Erbschädigungen abzutöten? Dürfen wir dem Sterbewunsch schwerkranker Patienten entsprechen? Kann eine verantwortungsvolle Gesellschaft weiter auf die Nutzung von Kernenergie setzen? In jüngster Zeit lässt sich bei der politischen Bearbeitung solcher Themen - wie schon bei anderen Entscheidungsmaterien zuvor - zunehmend ein neuer Trend beobachten: Die Delegation an institutionalisierte Expertengremien. So wurde in der Ethikkommission "Sichere Energieversorgung" neben Risikobewertung und Zukunftsperspektiven auch die ethische Dimension von Atomkraftwerknutzung diskutiert. Parallel dazu existieren bereits seit vielen Jahren
dauerhafte Strukturen wie die zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, die Entscheidungsträger vor allem im Bereich der Forschungspolitik beraten wollen.
Wie eine Vielzahl von Publikationen und Tagungen jüngeren Datums beweisen, wird das Phänomen ethische Politikberatung auch in der Wissenschaft heftig diskutiert. Die Debatte kreist dabei unter anderem um die Frage, wie die "Produktion von Moral" in Expertengremien idealerweise organisiert werden sollte. Die meisten Beobachter sind überzeugt, dass sogenannte
Bottom-up Ansätze angewandter Ethik die beste Antwort darauf liefern können: Im fachwissenschaftlichen Diskurs, im Zusammenspiel von Konsens und Dissens werden sich schrittweise Lösungen für moralische Probleme und Handlungsempfehlungen für die Politik herauslösen.
Doch entspricht die Arbeitsweise von Ethikgremien tatsächlich dem anspruchsvollen Muster diskursiver Verfahren? Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, diese spannende Frage anhand der Praxis des Deutschen Ethikrates zu überprüfen. Zu diesem Zweck werden wichtige Prozessdokumente und Sekundärquellen des Ethikrates qualitativ und quantitativ ausgewertet und mit zentralen Aussagen des Modells verglichen. Am Ende sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Theorie und Praxis sichtbar werden, die erlauben, die Leistungsfähigkeit ethischer Politikberatung zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Kapitel 1: Ethik - Annäherung an einen speziellen Beratungsgegenstand
II.1 Die institutionalisierte Ethikberatung in Deutschland
II.1.1 Funktionen und Besonderheiten der Ethik
II.2 Das Bottom-up Modell angewandter Ethik: Was macht gute Ethikberatung aus?
III. Kapitel 2: Die Praxis institutionalisierter Politikberatung auf dem Prüfstand
III.1 Der Deutsche Ethikrat als Beispiel für ein nationales Beratungsorgan in ethischen Streitfragen
III.2 Vergleich von Theorie und Praxis: Bottom-up Theorien als Modell S.15 zur Erklärung ethischer Politikberatung?
III.2.1 Die Qualifikation der Mitglieder
III.2.2 Die Zusammensetzung des deutschen Ethikrates
III.2.3 Die Unabhängigkeit der Ratsmitglieder
III.2.4 Die Öffentlichkeit des Deutschen Ethikrates
III.2.5 Die Abstimmungsergebnisse des Deutschen Ethikrates
IV. Ergebnisse, Schlussfolgerungen und Ausblick: Was kann institutionalisierte S.26-27 Ethikberatung wirklich leisten?
V. Quellenverzeichnis
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