1. Einleitung
Martin Luther übersetzte die Bibel aus dem Lateinischen in die deutsche Sprache und beschäftigte sich sein Leben lang mit der Auslegung und Deutung des Heiligen Buches. Er war also mit dem Inhalt der Schrift genauso gut vertraut wie Bischöfe, Priester und andere geistliche Mitglieder der Kirche. Außerdem führte er jahrelang ein Leben als Mönch und später als Priester. Daher konnte er genau beurteilen, inwiefern das Leben als Geistlicher den Geboten in der Heiligen Schrift entsprach. Zu seiner Zeit hob sich die Kirche über den Staat, die weltliche Macht und entzog sich von dessen Gesetzen.
Die Geistlichen, vermutlich insbesondere die Päpste, fühlten sich direkt von Gott berufen und deshalb nahmen sie sich den Anspruch einer Vorrangstellung gegenüber anderen Klassenschichten heraus. Diese Zustände innerhalb der Geistlichkeit missfielen Luther und er wollte dagegen ankämpfen. Wie schon in seinen 95 Thesen oder anderen Texten beklagt er die derzeitige Position der Religion und vor allem die ihrer Verfechter. Der Adressat des zu untersuchenden Textes ist der christliche Adel deutscher Nation, den Luther zur Besserung bekehren will. Er erklärt seine Kritik mit Hilfe einiger rhetorischer Mittel, sowie vieler Verweise und direkter Zitate aus der Bibel, um seine Intention deutlich zu machen.
In der vorliegenden Arbeit sollen zunächst diese rhetorischen Mittel gefunden und genauer untersucht werden. Im Einzelnen ist der Blickwinkel vor allem auf Bilder, Vergleiche, Beispiele, Anreden, (rhetorische) Fragen, den Gebrauch der 1. Person Plural (Wir) und rhetorische Posen, die Luther sich selbst gibt, gelegt. Weitere Mittel sind Wiederholungen und Aufzählungen, die sich wiederum in unterschiedliche Kategorien einteilen. Auch die Struktur beziehungsweise der Aufbau des Textes soll dargelegt werden.
Im zweiten Teil der Arbeit sollen schließlich die Verweise und Zitate aus der Bibel genannt und auch wieder analysiert werden. Das wird anhand der Struktur geschehen, die Luther zum Gliedern des Textes verwendet hat. Dabei wird vor allem auf die drei großen Abschnitte der Argumentation Luthers gegen die „Romanisten“ ein Wert gelegt.
Als Übersicht für rhetorische Mittel soll René Bongartz‘ „Sammlung rhetorischer Tropen und Figuren“ dienen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Rhetorische Mittel in der Schrift
3. Verweise und Zitate aus der Heiligen Schrift
4. Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Martin Luther übersetzte die Bibel aus dem Lateinischen in die deutsche Sprache und beschäftigte sich sein Leben lang mit der Auslegung und Deutung des Heiligen Buches. Er war also mit dem Inhalt der Schrift genauso gut vertraut wie Bischöfe, Priester und andere geistliche Mitglieder der Kirche. Außerdem führte er jahrelang ein Leben als Mönch und später als Priester. Daher konnte er genau beurteilen, inwiefern das Leben als Geistlicher den Geboten in der Heiligen Schrift entsprach. Zu seiner Zeit hob sich die Kirche über den Staat, die weltliche Macht und entzog sich von dessen Gesetzen.
Die Geistlichen, vermutlich insbesondere die Päpste, fühlten sich direkt von Gott berufen und deshalb nahmen sie sich den Anspruch einer Vorrangstellung gegenüber anderen Klassenschichten heraus. Diese Zustände innerhalb der Geistlichkeit missfielen Luther und er wollte dagegen ankämpfen. Wie schon in seinen 95 Thesen oder anderen Texten beklagt er die derzeitige Position der Religion und vor allem die ihrer Verfechter. Der Adressat des zu untersuchenden Textes ist der christliche Adel deutscher Nation, den Luther zur Besserung bekehren will. Er erklärt seine Kritik mit Hilfe einiger rhetorischer Mittel, sowie vieler Verweise und direkter Zitate aus der Bibel, um seine Intention deutlich zu machen.
In der vorliegenden Arbeit sollen zunächst diese rhetorischen Mittel gefunden und genauer untersucht werden. Im Einzelnen ist der Blickwinkel vor allem auf Bilder, Vergleiche, Beispiele, Anreden, (rhetorische) Fragen, den Gebrauch der 1. Person Plural (Wir) und rhetorische Posen, die Luther sich selbst gibt, gelegt. Weitere Mittel sind Wiederholungen und Aufzählungen, die sich wiederum in unterschiedliche Kategorien einteilen. Auch die Struktur beziehungsweise der Aufbau des Textes soll dargelegt werden.
Im zweiten Teil der Arbeit sollen schließlich die Verweise und Zitate aus der Bibel genannt und auch wieder analysiert werden. Das wird anhand der Struktur geschehen, die Luther zum Gliedern des Textes verwendet hat. Dabei wird vor allem auf die drei großen Abschnitte der Argumentation Luthers gegen die „Romanisten“ ein Wert gelegt.
Als Übersicht für rhetorische Mittel soll René Bongartz‘ „Sammlung rhetorischer Tropen und Figuren“ dienen.
2. Rhetorische Mittel in der Schrift
Martin Luther benutzt viele Enumeratio, wiederholende Aufzählungen, in seiner Schrift, um seinen Worten einen entsprechenden Nachdruck zu verleihen. Oftmals sind zwei Substantive mit gleichem Anfangsbuchstaben durch eine Konjunktion (meistens „und“) verbunden. So redet er zum Beispiel von „Büberei und Bosheit“[1], „Gnade und Gewalt“[2], „Bauer und Bürger“[3], „Werk und Worte“/ „Wort oder Werk“, „Leib und Leben“[4], „not und nütze“[5], „Land und Leute“[6], „Schatzerei und Schinderei“[7], „Schaden und Schanden“[8]. Entweder ergänzen sich diese Hauptworte in der Bedeutung und in Bezug auf den Inhalt oder sie drücken als Synonyme den gleichen Umstand aus. Tritt letzteres ein, nennt man dieses rhetorische Mittel „Figura etymologia“, aufgrund des etymologischen Gleichklangs[9]. In folgendem Beispiel werden auch die Präfixe der Nomen und Adjektive wiederholt: „[...] sie nun auch Mitchristen sind, Mitpriester, mitgeistlich, mitmächtig [...]“[10].
Es werden nicht nur Nomen und Adjektive auf die Weise verwendet, auch Verben gebraucht Martin Luther auf die gleiche Art. Beispielsweise „wehren und widerstehen“[11], „zu prachten und zu prangen“[12], „versetzte oder verkaufte“[13], „gegeben und geliehen“[14] entsprechen diesem Wiederholungsschema. Die letzten drei Beispiele zeigen aber eine veränderte Verwendung der Enumeratio. Es wird nicht nur der erste Anfangslaut wiederholt, sondern mehrere Buchstaben sowie Präpositionen und Präfixe.
Auch bei Adjektiven spielt die Wiederholung der Vorsilbe eine Rolle, wie zum Beispiel bei „unnatürlich, [...] unchristlich“[15], „ungehindert, unangesehen“[16], „unchristlich und ungöttlich“[17]. Die Vorsilbe „un-„ wird in diesen Fällen zum Betonen der Negierung eingesetzt. Im ersten Beispiel erreicht Martin Luther durch die Verwendung von „nicht“ in einer rhetorischen Frage eine weitere Bekräftigung seiner Worte durch diese doppelte Verneinung in einer Correctio: „Ist’s nicht unnatürlich, um nicht zu sagen unchristlich, daß ein Glied dem anderen nicht helfen, seinem Verderben nicht wehren soll?“[18]
Auch normale Aufzählungen benutzt Martin Luther häufig. Die komplette Aufzählungsreihe „Priester, Bischöfe und Päpste“[19] wiederholt er sogar auf den folgenden Seiten in abgewandelter Form. Es kommt also zu einer wiederholten Wiederholung – was in der Struktur selbst schon wieder ein Polyptoton ist. Vor allem Gesellschaftsschichten beziehungsweise Berufs- oder Ständeklassen werden aufgezählt. Weitere Beispiele dafür sind „[e]in Schuster, ein Schmied, ein Bauer“[20] oder eine ganze Verkettung von vielen Aufzählungen im folgenden Satzteil: „[...] so sollt‘ man die Schneider, Schuster, Steinmetzen, Zimmerleute, Köche, Kellermeister, Bauern und alle weltlichen Handwerker hindern, daß sie weder dem Papst, Bischöfen, Priestern, Mönchen Schuhe, Kleider, Haus, Essen, Trinken machten [...]“[21]. Es kommt sogar zu einer gegensätzlichen Aufzählung (Asyndeton adversativum)[22] der weltlichen Handwerker und des geistlichen Adels, die mit einer weiteren erklärenden Aufzählung (Asyndeton explicativum)[23] verknüpft sind. Durch eine lange Aufzählung substantivierter negativ besetzter Verben und entsprechender Nomen kommt die Verachtung zum Ausdruck, die Martin Luther für diese Eigenschaften hegt: „Da ist ein Kaufen, Verkaufen, Wechseln, Tauschen, Lärmen, Lügen, Trügen, Rauben, Stehlen, Prachten, Hurerei, Büberei, Gottesverachtung auf vielerlei Weise [...].“[24] Die häufige Wiederholung von ein und derselben Sache durch Synonyme verleiht seinen Worten Nachdruck. Hätte Luther nur ein oder zwei Sünden aufgezählt, so hätten sie auf sein Publikum beim Lesen keine Wirkung gehabt. Die Aufzählungen verleihen dem Text somit einen hyperbolischen Charakter, denn möglicherweise waren die Zustände nicht ganz so schlimm, wie Martin Luther sie auf diese Weise dargestellt hat.
[...]
[1] Martin Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation: von des christlichen Standes Besserung (1520), Stuttgart, Reclam Verlag, 2008, S. 13 (Text)
[2] Text, S. 15
[3] Text, S. 16
[4] Text, S. 19
[5] Text, S. 25
[6] Text, S. 31
[7] Text, S. 42
[8] Text, S. 44
[9] René H.R. Bongartz, Sammlung rhetorischer Tropen und Figuren, S. 6
[10] Text, S. 24
[11] Text, S. 33
[12] Text, S. 35
[13] Text, S. 43
[14] Text, S. 44
[15] Text, S. 17
[16] Text, S. 18
[17] Text, S. 27
[18] Text, S. 17
[19] Text, S. 16
[20] Text, S. 17
[21] Text, S. 18
[22] René H.R. Bongartz, Sammlung rhetorischer Tropen und Figuren
[23] ebd.
[24] Text, S. 41
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2010, Rhetorische Mittel in Luthers Schrift 'An den christlichen Adel deutscher Nation', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208257
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