Jede Verfassungsgebung wird mitbestimmt von den Erfahrungen der unmittelbaren staatlichen Vergangenheit, und zwar um so stärker, je unglücklicher diese Vergangenheit war. Die Beratungen des Parlamentarischen Rates, der vom 1. September 1948 bis 8. Mai 1949 in Bonn das Grundgesetz für die entstehende Bundesrepublik Deutschland ausarbeitete, wurden deshalb dominiert von den Erfahrungen mit dem unglücklichen Ende der Weimarer Republik . Denn die nationalsozialistische Diktatur kam nicht durch einen blutigen Umsturz, sie kam auf der Grundlage eines Gesetzes, das vom Deutschen Reichstag am 23. März 1933 verabschiedet und vom Reichspräsidenten ordnungsgemäß ausgefertigt wurde. Mit dem Gesetz zur Behebung der Not von Staat und Volk vom 24. März 1933 , das schon damals besser als Ermächtigungsgesetz bekannt war , wurde die seit 30. Januar 1933 amtierende Reichsregierung Hitler vom Reichstag ermächtigt, ohne Zustimmung des Reichstages oder des Reichsrates und ohne Gegenzeichnung durch den Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen. An die Stelle von Demokratie und Rechtstaatlichkeit traten auf der Grundlage eines Gesetzes, das von der zeitgenössischen Staatsrechtslehre als legal angesehen wurde , Willkür- und Terrorherrschaft.
Besonders dieses äußerlich legale Hinübergleiten des deutschen Verfassungszustandes in die totalitäre Diktatur führte in den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu einer tiefen Ablehnung der Weimarer Reichsverfassung, der man Versagen vorwarf . Eine Demokratie, welche die Tyrannis so widerstandslos aus sich heraus entlassen habe, sei es nicht wert, noch einmal geschaffen zu werden, lautete das vernichtende Urteil des Parlamentarischen Rates. Das Ergebnis waren umfangreiche Sicherungen gegen Machtmissbrauch und Entgleisung des politischen Systems, die man nur verstehen kann, wenn man die historische Situation von 1948/1949 bedenkt.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung: Weimars langer Schatten
2 das ermächtigungsgesetz vom 24. märz
2.1 deutschland zwischen 1929 und 1933 – eine republik in auflösung
2.2 machtübernahme – auf dem weg in die diktatur
2.3 das ermächtigungsgesetz vom 24. märz
2.4 ermächtigungsgesetz und weimarer reichsverfassung
2.5 die auswirkungen des ermächtigungsgesetzes
2.6 zusammenfassung
3 die konsequenzen des grundgesetzes
3.1 die entstehung des grundgesetzes
3.2 weimarer reichsverfassung und grundgesetz
3.2.1 Entscheidung für den materialen rechtsstaat
3.2.2 überwindung der strukturellen schwächen der wrv
3.3 die wertorientierte und wehrhafte demokratie des grundgesetzes
3.4 die institute zur sicherung des grundgesetzes
3.4.1 Der bestandsschutz des grundgesetzes
3.4.2 Die sicherungen der „freiheitlichen demokratischen grundordnung“
3.5 zusammenfassung
4 Schlussbetrachtung: die freiheitlichste deutsche verfassung
5 Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die gesetzgebung zwischen 1930 und 1933
Tabelle 2: die gesetzgebung nach erlass des ermächtigungsgesetzes
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung: Weimars langer Schatten
„An der Wiege des Bonner Grundgesetzes
haben die Gespenster von Weimar gestanden“[1]
Jede Verfassungsgebung wird mitbestimmt „von den Erfahrungen der unmittelbaren staatlichen Vergangenheit, und zwar um so stärker, je unglücklicher diese Vergangen-heit war“[2]. Die Beratungen des Parlamentarischen Rates, der vom 1. September 1948 bis 8. Mai 1949 in Bonn das Grundgesetz für die entstehende Bundesrepublik Deutschland ausarbeitete, wurden deshalb dominiert von den Erfahrungen mit dem unglücklichen Ende der Weimarer Republik[3]. Denn die nationalsozialistische Diktatur kam nicht durch einen blutigen Umsturz, sie kam auf der Grundlage eines Gesetzes, das vom Deutschen Reichstag am 23. März 1933 verabschiedet und vom Reichspräsidenten ordnungsgemäß ausgefertigt wurde. Mit dem Gesetz zur Behebung der Not von Staat und Volk vom 24. März 1933[4], das schon damals besser als Ermächtigungsgesetz bekannt war[5], wurde die seit 30. Januar 1933 amtierende Reichsregierung Hitler vom Reichstag ermächtigt, ohne Zustimmung des Reichstages oder des Reichsrates und ohne Gegenzeichnung durch den Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen. An die Stelle von Demokratie und Rechtstaatlichkeit traten auf der Grundlage eines Gesetzes, das von der zeitgenössischen Staatsrechtslehre als legal angesehen wurde[6], Willkür- und Terrorherrschaft.
Besonders dieses „äußerlich legale Hinübergleiten des deutschen Verfassungszustandes in die totalitäre Diktatur“[7] führte in den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu einer tiefen Ablehnung der Weimarer Reichsverfassung, der man Versagen vorwarf[8]. Eine Demokratie, welche die Tyrannis so widerstandslos aus sich heraus entlassen habe, sei es nicht wert, noch einmal geschaffen zu werden, lautete das vernichtende Urteil des Parlamentarischen Rates[9]: „Bewußt oder unbewußt maß der PR der WRV eine Schuld an der Heraufführung der Demokratie zu, Bemüht, nicht nur den faktischen Erscheinungsformen der Diktatur zu begegnen, sondern tiefer zu den Ursachen der Diktatur zu dringen, die Diktatur gleichsam nachträglich in ihren Wurzeln zu bekäm-pfen, unterzog der PR die der Diktatur vorangehende demokratische Verfassung, die WRV, einer Revision. Das Bemühen des PR, eine von der WRV abweichende Verfassung zu schaffen, ist gleichsam eine Ausstrahlung der Gegenposition, die der PR gegen die Diktatur bezog“[10]. Das Ergebnis waren umfangreiche „Sicherungen gegen Machtmissbrauch und ‚Entgleisung’ des politischen Systems, die man nur verstehen kann, wenn man die historische Situation von 1948/1949 bedenkt“[11].
Die vorliegende Arbeit will sich deshalb mit dem Ermächtigungsgesetz und seinem Einfluss auf die Entstehung der Verfassung der zweiten deutschen Demokratie beschäftigen. Zunächst soll der Weg zum Ermächtigungsgesetz und die verfassungsrechtliche Ausgangssituation aufgezeigt werden. Hier soll verdeutlicht werden, dass der Weg in die Diktatur vor dem 30. Januar 1933, dem Tag der Berufung Hitlers zum Reichskanzler, begann, die Nationalsozialisten, wie Herbert Wehner bereits 1942 feststellte, Strukturen vorfanden, die spätestens 1930 mit der Installierung von Präsidialregierungen ihren Beginn nahmen und von den Nationalsozialisten lediglich für ihre Zwecke genutzt werden mussten[12]. Diese Strukturen wiederum konnten sich nur herausbilden, da sie bereits in der Weimarer Reichsverfassung angelegt waren. Neben der Darstellung der Ereignisse in der Spätphase der Weimarer Republik und der sog. Machergreifung nimmt deshalb die Analyse der Weimarer Reichsverfassung und die damit verbundene Frage, nach der bereits in ihr selbst angelegten Missbrauchs-anfälligkeit breiten Raum ein. In einem nächsten Schritt soll der Inhalt des Ermächtigungsgesetzes vom 24. März 1933 und die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Ermächtigungsgesetzes durch die Staatsrechtslehre der Weimarer Republik analysiert werden. Im Mittelpunkt steht hier die Weimarer Reichsverfassung und ihre Auslegung: War das Ermächtigungsgesetz, das immerhin die in der Weimarer Verfassung normierte Gewaltenteilung aufhob, verfassungswidrig oder stand es im Einklang mit den Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung? Welches methodische Vorverständnis für die Auslegung der Weimarer Reichsverfassung leitete die damals herrschende Staatsrechtslehre? Sodann sollen die Auswirkungen des Ermächtigungsgesetzes vom 24. März 1933 auf den deutschen Verfassungszustand dar-gestellt werden, um die dramatische Bedeutung dieses Gesetzes aufzuzeigen.
Im Mittelpunkt des zweiten Teils der Arbeit stehen der Parlamentarische Rat und seine Antwort auf die „Entmächtigung der Weimarer Reichsverfassung“[13] durch das Ermächtigungsgesetz. Es soll verdeutlicht werden, dass die traumatischen Erfahrungen mit dem Untergang der Weimarer Republik die Arbeit am Grundgesetz maßgeblich beeinflusst haben und zu umfangreichen Regelungen führten, die ein neuerliches Abdriften des Staates in eine Diktatur ohne gewaltsamen Umsturz oder zumindest dem Stigma der Verfassungswidrigkeit verhindern sollen. Am Anfang des zweiten Teils soll, wie schon im ersten Teil der Arbeit, ein verfassungsgeschichtlicher Überblick über die Ereignisse zwischen 1945 und 1949 stehen, da sowohl die Alliierten, die nach dem Zusammenbruch der deutschen Staatlichkeit im Mai 1945 die Regierungsgewalt in Deutschland ausübten, als auch die Ministerpräsidenten der zwischen Mai 1945 und Januar 1947 neugebildeten Länder, Vorentscheidungen trafen, die der Verhinderung einer erneuten deutschen Diktatur dienen sollten und erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit des Parlamentarischen Rates hatten. Sodann soll die Arbeit des Parlamen-tarischen Rates am Grundgesetz dargestellt werden. Hier soll aufgezeigt werden, dass nicht nur diejenigen Bestimmungen, die der Sicherung der Verfassung gegen Angriffe von Staatsorganen oder gesellschaftlichen Gruppen dienen, eine Antwort auf das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 darstellen, sondern auch viele Bestimmungen im staatsorganisationsrechtlichen Teil und im Abschnitt über die Grundrechte das Ergebnis eines intensiven Nachdenkens des Parlamentarischen Rates über die tieferen Ursachen für die Entstehung der Diktatur sind
2 Das Ermächtigungsgesetz vom 24.März 1933
Bereits mit der Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten am 26. April 1925 setzte ein „stiller Verfassungswandel“[14] ein, der den Charakter der Weimarer Republik veränderte. Die Wahl des kaiserlichen Generalfeldmarschalls war nicht der Beginn einer Phase der Stabilität des demokratischen Systems, sondern vielmehr eine Niederlage der demokratischen Republik[15]. Der 78 Jahre alte Reichspräsident führte eine äußerst aktive Rolle bei der Regierungsbildung, die er auf Grund persönlicher Präferenzen und unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen im Reichstag vornahm[16]. Deutschland müsse „mehr nach rechts regiert“[17] werden, lautete seine Grundeinstellung.
Als im Winter 1929/1930 die Weltwirtschaftskrise Deutschland erreichte, erstarkten die Parteien am rechten und linken Rand, staatstragende Parteien wie Zentrum und DNVP vollzogen einen deutlichen Rechtsruck[18]. Die Verankerung der Demokratie in der Bevölkerung nahm empfindlichen Schaden genommen, die Weimarer Republik wurde zu einer „Republik ohne Basis“[19]. Hitlers Machtergreifung, die als Regierungsübernahme am 30. Januar 1933 begann und ihren Abschluss mit der Vereinigung der Ämter des Reichspräsidenten und Reichskanzlers am 2. August 1934 endete, bildete in dem Prozess der Auflösung der Weimarer Republik dabei lediglich die Schlussphase, die auf eine Phase des Machtverlusts (Ära Brüning) und einer Phase des Machtvakuums (Ära Papen/Schleicher) folgte[20]. Ohne die verfassungspolitische Entwicklung in den letzten Jahren der Weimarer Republik ist der Prozess der Machtübernahme nicht denkbar[21].
2.1 Deutschland zwischen 1930 und 1933: Eine Republik in Auflösung
Nach chaotischen Anfangsjahren und einer Phase der „relativen Stabilisierung“[22] Mitte der Zwanziger Jahre, erreichte die durch massive Kurseinbrüche an der New Yorker Wallstreet am 25.Oktober 1929 (sog. „Schwarzer Freitag“) ausgelöste Weltwirtschaftskrise Deutschland im Winter 1929/30 und wuchs sich schnell von einer ökonomischen Krise zu einer Verfassungskrise aus[23]: Massenarbeitslosigkeit und soziale Verelendung führten im Laufe des Jahres 1930 zu einer politischen Radikalisierung, die zu einem massiven Anwachsen des linken und rechten Rands des Parteienspektrums der Weimarer Republik führten[24]. Nun rächte sich, dass es in einer Phase außenpolitischer Erfolge, wirtschaftlichen Aufschwungs und innerer Festigung der Republik zwischen 1924 und 1929 nicht gelungen war, das politische und sozialökonomische System zu konsolidieren[25]. Die Weimarer Republik war am Vorabend der Weltwirtschaftskrise nicht auf innere Erschütterungen vorbereitet und einer ernsthaften Krise nicht gewachsen[26]. Die im Reichstag vertretenen Parteien waren mit der Krise überfordert: Weder konnten sie Persönlichkeiten, die das Vertrauen der Bevölkerung besaßen, als Identifikationspersonen aufbieten noch besaßen sie die zur Krisenbewältigung nötige Kompromissbereitschaft[27].
Im März 1930 zerbrach die aus SPD, Zentrum, DDP, DVP und BVP 1928 gebildete Große Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD) wegen Streitigkeiten über die Finanzierung der Arbeitslosenversicherung[28]. Als die Regierung Müller am 27.März 1930 ihre Demission einreichte, schlug die Stunde derer, die der Republik ablehnend gegenüberstanden. Das Ende der Regierung Müller bedeutete auch den Anfang vom Ende des Parlamentarismus. Reichspräsident von Hindenburg beauftragte den Abgeordneten der Zentrumsfraktion, Heinrich Brüning, mit der Bildung eines Präsidialkabinetts mit der Auflage, eine Rechtsregierung ohne Beteiligung der SPD zu bilden. Als Instrumente der Machtsicherung sollten dabei die dem Reichspräsidenten von der Verfassung verliehenen Kompetenzen dienen[29].
Der Plan, eine Präsidialregierung unter weitestgehender Ausschaltung des Reichstages und unter Wahrung der rechtlichen Vorgaben der Verfassung zu bilden, um damit eine legale Machtkonzentration vom Reichstag hin zum Reichspräsidenten zu bewirken und die alten Eliten in Armee, Verwaltung und Wirtschaft wieder zu stärken, wurde bereits ein Jahr vor dem Scheitern der Großen Koalition vorbereitet und in Angriff genommen: Bereits um Ostern 1929 wurde der Fraktionsvorsitzende der Zentrumspartei, Heinrich Brüning, von Vertrauensleuten des Reichspräsidenten in die Pläne, ein Präsidialregime zu bilden, eingeweiht[30]. Nun rächte sich, dass mit dem monarchisch-konservativ gesinnten Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg 1925 eine Identifikationsfigur des Kaiserreiches an die Spitze der Republik gewählt wurde, der zwar formal verfassungs-treu, jedoch verfassungsfremd amtierte und der parlamentarischen Demokratie ablehnend gegenüberstand[31].
Die Mittel, auf legalem Wege den Charakter der Republik in ein autoritäres Präsidial-regime zu verändern, gab ihm die Verfassung in Form der Art. 25, 48 und 53 WRV. Denn Reichskanzler und Reichsminister wurden nicht nur vom Reichspräsidenten er-nannt, ohne dass es einer Wahl oder Bestätigung durch den Reichstag bedurfte, sie konnten von ihm auch jederzeit gem. Art. 53 WRV wieder entlassen werden. Darüber hinaus lag das Recht zur Auflösung des Reichstages, wenn auch nur einmal aus dem gleichen Anlass, gem. Art. 25 WRV beim Reichspräsidenten und bot ihm in Form des Notstandsartikels 48 WRV die Möglichkeit im Wege von Notverordnungen am Reichs-tag vorbei zu regieren, ja sogar vorübergehend Grundrechte außer Kraft zu setzen.
Auch in die Gesetzgebung konnte das Staatsoberhaupt jederzeit eingreifen, da er vom Reichstag beschlossene Gesetze gem. Art. 73 Abs. 1 WRV zur Volksabstimmung bringen konnte. Zudem übte der Reichspräsident gem. Art. 47 WRV den Oberbefehl über die Wehrmacht aus. Zu einem gewissen Grad rückte damit der Reichspräsident in die Position des Kaisers und wurde deshalb auch als Ersatzkaiser bezeichnet[32]. Hinzu kam die Direktwahl des Reichspräsidenten, die eine starke Legitimation des Amts-inhabers bewirkte und nach der verfassungsrechtlichen Konzeption als eine „pouvoir neutre“ ein Gegengewicht zum Parlament bilden sollte[33]. Das Regierungssystem der Weimarer Republik hatte auf diese Weise „wesentliche Elemente des konstitutionellen Regierungssystems übernommen, wies andererseits aber eine folgenschwere Struktur-schwäche auf. Reichspräsident und Parlament wurden gleichermaßen vom Volk gewählt, das Regierungssystem war also durch eine ‚doppelte Volkssouveränität’ gekennzeichnet“[34].
Als am 30. März 1930 Brüning seine Regierung, das sog. „Hindenburg-Kabinett“[35], vorstellte, trat der „stille Verfassungswandel“[36] in seine finale Phase: Fortan war jede Regierung allein vom Vertrauen des Reichspräsidenten abhängig, eine parlamentarische Mehrheit konnte keine Regierung mehr vorweisen. An die Stelle des Parlaments-gesetzes trat nun die präsidentielle Notverordnung[37]. Die Gesetzgebungskompetenz ver-lagerte sich dadurch zwischen 1930 und 1933 immer mehr von der Legislative auf die Exekutive. Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 war somit lediglich ein weiterer, wenn auch dramatischer, Schritt in der bereits eingeleiteten Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz von der Legislative hin zur Exekutive und kein Novum[38]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Die Gesetzgebung zwischen 1930 und 1933
Es wurden erlassen
Quelle: Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S. 64 (Nr. 35)
Zwar konnte der Reichstag gem. Art. 48 Abs. 3 WRV die Außerkraftsetzung der Verordnungsmaßnahmen verlangen, doch lief diese Korrekturmaßnahme der Verfassung in der Endphase der Republik weitgehend ins Leere: Reichspräsident von Hindenburg löste im Gegenzug gem. Art. 25 WRV den Reichstag auf und verschaffte der Reichsregierung eine parlamentsfreie Zeit, die das Regieren vereinfachte. Denn Art. 25 Abs. 2 WRV räumte eine Frist für Neuwahlen von bis zu 60 Tagen nach Auflösung des Reichstages ein und verschaffte damit der Regierung erhebliche Handlungsspielräume. Art. 25 WRV wurde deshalb aus guten Gründen als einer der entscheidenden Konstruktionsfehler der WRV bezeichnet, da er dem Reichspräsidenten gegenüber dem Reichstag ein Übergewicht verlieh und selbst eine missbräuchliche Anwendung der Bestimmung, die eine wiederholte Auflösung des Reichstages aus gleichem Anlass untersagte, wirksam und ohne Sanktionen blieb[39].
Das Regieren über Art. 48 WRV war hingegen in der Weimarer Republik heftiger Kritik durch die Staatsrechtslehre ausgesetzt. Insbesondere wurde darauf verwiesen, dass die Norm lediglich kurzfristige Maßnahmen zur Bekämpfung von Einzel-maßnahmen gestatte: „Die im Art. 48 Abs. 2 RV normierte Diktaturgewalt ist kein transkonstitutionelles Instrument der nationalen Sicherheit, sondern eine der Verfassung eingegliederte, ihrer Erhaltung dienende Zuständigkeit. Ihre Aufgabe ist der Schutz des im Rahmen der Weimarer Verfassung sich vollziehenden öffentlichen Lebens und damit der Sicherung und Erhaltung dieser Verfassung selbst. […] Die Benutzung der Diktatur-gewalt wird aber zum Mißbrauch, wenn sie verwandt wird, um in schwierigen Situationen unter mehr oder weniger deutlicher Billigung des Parlaments selbst dieses für weitgehende Entschließungen auszuschalten und ‚auf Grund des Art. 48 zu regieren’. […] Die Diktatur ist zur Bekämpfung einmaliger Sicherheitsgefahren geschaffen, ihre Entscheidungen haben vorläufigen Charakter. Sie ist ihrer verfassungs-mäßigen Funktion nach nicht ein zweiter Weg der Gesetzgebung, dessen Beschreiten dem Reichspräsidenten und der Reichsregierung, wenn sie das Parlament nicht anzu-gehen wünschen, neben der parlamentarischen Gesetzgebung offenstünde“[40].
Begünstigt wurde dieses Ausweichen in den Diktaturartikel durch einen weiteren Konstruktionsfehler der Verfassung. Denn der Diktaturartikel war von der Nationalver-sammlung bewusst weit konzipiert worden. Den Einbau materieller Grenzen, welche über den Verfassungswortlaut hinausgingen, lehnte die Mehrheit ausdrücklich ab[41]. Es kam somit maßgeblich auf die Intention des Amtsinhabers an: „Leicht zugespitzt lässt sich formulieren: Mit demselben Instrumentarium, mit welchem unter Ebert die Republik gerettet wurde, wurde sie unter Hindenburg zerstört. Es kam demnach darauf an, welcher Gebrauch von der Notstandskompetenz gemacht wurde. Gerade weil sie so effektiv sein sollte und deshalb so wenig begrenzt war, war sie zugleich so mißbrauchsanfällig. Hier liegen Stärke und tödliche Schwäche der Republik nahe beieinander“[42].
Der Weg der Verfassungsdurchbrechung wurde von Reichskanzler Brüning, der das wenig republikanische Fernziel der Wiederherstellung der Monarchie verfolgte[43], von Anfang an konsequent beschritten. Als der Reichstag im Juli 1930 mit einer Mehrheit von 256:193 Stimmen einen Gesetzentwurf zur Durchsetzung der rigorosen Deflations-politik der Regierung ablehnte, wurde die Gesetzesvorlage von Brüning in eine Notverordnung umgewandelt. Dies stellte nach der herrschenden Staatsrechtslehre einen klaren Verfassungsbruch dar[44]. Als der Reichstag von seinen in Art. 48 Abs. 3 WRV normierten Rechten gebrauch machte und die Aufhebung der Notverordnung vom Reichspräsidenten verlangte, reagierte Reichspräsident von Hindenburg mit der Auflösung des Reichstages. „Mit diesem Akt und an diesem Tag begann die permanente Durchbrechung des Verfassungssystems durch die Diktaturgewalt des Reichs-präsidenten, die sich mit ihrer ersten Maßnahme zugleich gegen die von der Verfassung auferlegten Beschränkungen wandte“[45].
Die Reichstagswahlen im September 1930 brachten eine massive Radikalisierung der Parteienlandschaft im Reichstag. Die der Republik feindlich gegenüberstehenden Parteien KPD und NSDAP konnten ihren Stimmanteil steigern, während die verfassungstreuen Parteien SPD, Zentrum und Deutsche Staatspartei (bis 1930: DDP) und BVP massive Stimmenverluste hinnehmen mussten. Die Nationalsozialisten, die ihren Stimmenanteil von 2,6% bei den Reichstagswahlen 1928 auf 18,3% steigern konnten, waren die Nutznießer der Wahl und fortan ein politischer Faktor[46].
Gegründet 1919 in München, war die NSDAP vor dem von ihr initiierten November-putsch 1923 regional weitgehend auf Bayern beschränkt und hatte sich bis 1924 an keiner Wahl beteiligt. Der gescheiterte Umsturzversuch, der am Abend des 8. November 1923 im Münchener Hofbräuhaus begann und bereits am Mittag des fol-genden Tages an der Münchener Feldherrnhalle endete, brachte die Partei in eine desolate Lage. Ihr „Führer“ Adolf Hitler musste eine mehrjährige Festungshaftstrafe antreten und der übriggebliebene Führungskader der NDSAP zerfiel in rivalisierende Gruppen.
Nach Hitlers vorzeitiger Entlassung aus der Festungshaft im Dezember 1924 kam es am 27. Februar 1925 zu einer Neugründung und Neuorganisation der NSDAP. Die Putschtaktik wurde durch eine Legalitätstaktik ersetzt und die NSDAP auf eine breitere Basis gestellt. Aus der Regionalpartei wurde eine Partei mit reichsweiter, streng zentra-listischer Organisation und Beteiligung an Reichstagswahlen[47]. Die Septemberwahlen brachten den Durchbruch: Rein soziologisch betrachtet war die NSDAP zur Volkspartei geworden, der es gelungen war, neben Nichtwählerstimmen auch massiv Stimmen aus dem Lager der republiktreuen Parteien zu mobilisieren[48].
Das Kabinett Brüning verlor nach den Reichspräsidentenwahlen 1932 das Vertrauen Hindenburgs, der sich einem zweiten Wahlgang stellen musste und nur dank der Unter-stützung von SPD und Zentrum mit 53% der Wählerstimmen über Hitler (36,8%) siegen konnte[49]. Hindenburg, der Brüning für seine Unbeliebtheit bei den konservativen Wählern verantwortlich machte, entschloss sich nun auf Anraten seiner inoffiziellen Berater, der sog. Kamarilla, zu der insbesondere General Kurt von Schleicher gehörte, Brüning fallen zu lassen[50]. Die neue Regierung sollte nach von Schleichers Plänen von der NSDAP toleriert werden und noch weiter rechts orientiert sein als das bisherige Präsidialkabinett. Von der Reichswehr getragen sollte so ein dauerhaft anti-parlamentarisch-autoritäres Präsidialregime mit Hilfe der Verfassungsfeinde etabliert werden[51].
Das verfassungswidrige Regieren mit Art. 48 und 25 WRV ging mit Brünings Nachfolger, Franz von Papen, nahtlos weiter: Im Sommer 1932 brachte die Reichs-regierung den wichtigsten Machtfaktor des Reiches, das Land Preußen, unter seine Kontrolle. Mit dem sog. Preußenschlag wurde die preußische Landesregierung unter Ministerpräsident Otto Braun (SPD) abgesetzt und Preußen, das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land Deutschlands, fortan von Reichskanzler von Papen, der von Hindenburg mittels Notverordnung zum Reichskommissar Preußens ernannt wurde, regiert. Mit dieser politischen Gleichschaltung Preußens, die nur teilweise vom Staats-gerichtshof bestätigt, deren damit verbundene Übertragung landesautonomer Rechte auf das Reich jedoch als verfassungswidrig verworfen wurde[52], trat die Weimarer Republik in ihre Endphase[53].
Die elf Tage nach dem Preußenschlag am 31. Juli 1932 abgehaltenen Reichstagswahlen machten die NSDAP, die ihren Stimmenanteil gegenüber den Reichstagswahlen 1930 von 18,6% auf 37,3% steigern konnte, zur mit Abstand stärksten Fraktion im Reichstag. Hitler dachte jedoch nicht an Tolerierung der Regierung Papen, wie es von Schleicher vorschwebte, sondern forderte die Kanzlerschaft, die ihm Hindenburg jedoch in einer persönlichen Unterredung am 13. August nachdrücklich verwehrte[54]. Hitler schlug daraufhin einen scharfen Konfrontationskurs zur Regierung ein, die ein Handeln Hindenburgs und seiner Berater erforderte, um die Eskalation der sich dramatisch verschärfenden Staatskrise zu verhindern[55].
Am 30. August 1932 entschloss sich Hindenburg zur Verfassungsdurchbrechung, um erfolgreiche Misstrauensanträge des Reichstages gegen die Regierung, die gem. Art. 54 WRV deren Rücktritt nach sich zog, zu verhindern: Fortan sollte die Auflösung des Reichstages ohne die in Art. 25 Abs. 2 WRV vorgeschriebenen Neuwahlen geschehen[56]. Doch es kam anders: Nach einem erfolgreichen Misstrauensantrag am 12. September 1932 wurden, wenn auch erst nach einem tagelangen Schwebezustand, Neu-wahlen aus Angst vor einer erfolgreichen Klage der NSDAP vor dem Staatsgerichtshof für den 6. November 1932 angesetzt[57]. Auch wenn Hitlers Partei Verluste hinnehmen musste und nur noch auf 33,1% der Wählerstimmen kam, blieb sie dennoch die stärkste Fraktion und Hitler forderte erneut die Kanzlerschaft, die ihm erneut versagt wurde[58]. Allerdings konnte Hindenburg Papen, von Schleicher fallengelassen und ohne jede Basis im Reichstag, nicht halten und beauftragte nunmehr Schleicher selbst mit der Bildung eines Präsidialkabinetts[59]. Dessen Versuch, ein parteiübergreifendes Bündnis aus Gewerkschaften, Verbänden und dem linken Flügel der NSADAP um Gregor Strasser zu schmieden, misslang jedoch und führte zum Scheitern seiner Kanzlerschaft bereits zwei Monate nach Amtsantritt[60].
Deutschland befand sich am Abgrund: Die zeitgenössische Staatsrechtslehre sprach treffend von einem Zustand der Verfassungslähmung[61]. Die Verfassungsfeinde NSDAP und KPD verfügten über eine negative Mehrheit, die es ihnen jederzeit möglich machte, einer Präsidialregierung erfolgreich das Misstrauen auszusprechen oder die Rücknahme von Notverordnungen zu verlangen[62]. Der Reichstag trat nach der Wahl im November 1932 bis zum 30. Januar 1933 nur noch einmal zusammen. Als auch noch die Gewerk-schaften einen Generalstreik planten, sah Schleicher am Ende seiner kurzen Kanzler-schaft den einzigen Ausweg aus der Staatskrise in der Ausrufung des Staatsnotstandes und der Einführung einer auf die Reichswehr gestützten Militärdiktatur[63].
Der Plan, bereits seit Herbst 1932 ernsthaft erwogen, von Franz von Papen zur Rettung seiner Kanzlerschaft ins Spiel gebracht und ausgerechnet von Schleicher als undurch-führbar boykottiert, scheiterte nunmehr an Papens Vergeltungsdrang, der sich weiter hohen Ansehens bei Hindenburg erfreute und seit seinem Schleicher zugeschriebenen Sturz mit intriganter Energie die Kanzlerschaft Hitlers vorbereitete[64]. Hindenburg, vor die Wahl gestellt, den Staatsnotstand auszurufen, um das Präsidialkabinett Schleicher zu retten oder Hitler die Kanzlerschaft zu übertragen, ernannte jedoch, Papens Rat folgend, am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler. Das Papensche Einrahmungs- und Bändigungskonzept – drei Nationalsozialisten standen immerhin acht konservative Minister gegenüber, die Hitler konstruktiv einbinden und in der Regierungsarbeit „abnutzen“[65] sollten –, überzeugte den Reichspräsidenten[66]: „Zweimal hatte er sich der verfassungsrechtlichen Unmöglichkeit der Übergabe der Kanzlerschaft an einen nach der Alleinmacht strebenden Parteiführer bewusst gezeigt. Als im Januar 1933 diese Frage zum dritten Mal an ihn herantrat, forderte die Verantwortlichkeit, in die er als Hüter der Reichsverfassung gestellt war, von ihm an den bisherigen Bedenken festzuhalten. Statt dessen vollzog er nun, ohne auch nur um die mindesten Garantien für die Verfassungstreue des ihm vorgeschlagenen Kanzleranwärters besorgt zu sein, die Anvertrauung der Regierungsmacht an den neuen Mann, den er bis dahin verächtlich den ‚böhmischen Gefreiten’ zu nennen pflegte – dies alles offenbar vor allem nur der Ungeduld folgend, der Last der Krise, in der das Reich, die Reichsverfassung und schließlich er selber als Reichsoberhaupt sich befanden, endlich ledig zu werden“[67].
2.2 Machtübernahme – Auf dem Weg in die Diktatur
Im sog. Ulmer Reichswehrprozess hatte Hitler 1930 als Zeuge sein berühmtes Legalitätsbekenntnis abgelegt und den Weg in das Dritte Reich geschildert: „Die Verfassung schreibt nur den Boden des Kampfes vor, nicht das Ziel. Wir treten in die gesetzlichen Körperschaften ein und werden auf diese Weise unsere Partei zum ausschlaggebenden Faktor machen. Wir werden dann allerdings, wenn wir die verfassungsmäßigen Rechte besitzen, den Staat in die Form gießen, die wir als die richtige ansehen“[68].Auf die Frage des Richters, ob dies auf verfassungsmäßige Weise geschehen solle, antwortete Hitler mit „Jawohl“[69].
Das Ziel der „Machtergreifung“ war mit seiner Ernennung zum Reichskanzler jedoch noch nicht erreicht[70]. Denn am 30. Januar 1933 war Hitler lediglich zum Kanzler eines Präsidialkabinetts ernannt worden, Hitlers Macht somit begrenzt. Die Machtergreifung war deshalb zunächst nicht mehr als eine Machtübergabe[71]. Zwar besaßen die beiden neben Hitler in der Regierung vertretenen Nationalsozialisten mit dem Innenministerium (Frick) und der Kontrolle über die preußische Polizei (Göring gehörte dem Kabinett als Minister ohne Geschäftsbereich an und war kommissarischer preußischer Innenminister) Schlüsselpositionen, doch war Hitler weiter von der Unterstützung des Reichspräsidenten und dessen Bereitschaft, ihm vorgelegte Notverordnungen zu unterzeichnen, abhängig. Folgerichtig war Hitlers erste Maßnahme, dem Reichspräsidenten die Auflösung des Reichstages mit dem Versprechen abzuringen, dass diese Wahl die letzte Neuwahl sein und zudem an der Zusammensetzung der jetzigen Reichsregierung nichts ändern werde[72].
Neuwahlen, so Hitlers Kalkül, würden der NSDAP die Mehrheit bringen, die lästigen Koalitionsfesseln lösen und schließlich den Weg für ein Ermächtigungsgesetz ebnen, das Hitler vom Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten unabhängig machen und das Einspruchsrecht des Reichstages gem. Art. 48 Abs. 3 WRV leerlaufen lassen würde[73]. Neu war dieser Plan nicht. Wenige Tage vor Hitlers erster Unterredung mit Reichspräsident von Hindenburg am 13. August 1932 notierte Joseph Goebbels in Erwartung der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler in seinem Tagebuch: „Wenn der Reichstag das Ermächtigungsgesetz ablehnt, wird er nach Hause geschickt. Hindenburg will mit einem nationalen Kabinett sterben. Wir werden die Macht niemals wieder auf-geben, man muß uns als Leichen heraustragen“[74]. Hindenburg selbst wurde von Hitler im Rahmen ihrer zweiten Besprechung über den Versuch einer Regierungsbildung unter Führung Hitlers bereits am 19. November 1932 über dessen Absichten bezüglich eines Ermächtigungsgesetzes ausführlich in Kenntnis gesetzt[75].
Wahlkampf bedeutete damals „Auseinandersetzung bis hin zum Bürgerkrieg“[76] und die Nationalsozialisten nutzten den Regierungsapparat geschickt, um die Wahlen am 5. März für sich zu entscheiden: Bereits drei Tage nach der Auflösung des Reichstages am 1. Februar 1933, begann die Unterdrückung oppositioneller Parteien, insbesondere von KPD und SPD. Durch die Verordnung zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933[77] (sog. Schubladenverordnung[78] ), die auf der Grundlage von Art. 48 Abs. 2 WRV ergangen war, konnten öffentliche Versammlungen gem. § 1 Abs 2 verboten werden, wenn eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten war, oder gem. § 2 Nr. 2 aufgelöst werden, wenn in der Versammlung Organe, Ein-richtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht wurden. Druckschriften, deren Inhalt geeignet war, die öffentliche Sicherheit zu gefährden, konnten gem. § 7 Abs. 1 polizeilich beschlagnahmt und einge-zogen werden; periodische Druckschriften konnten gem. § 9 Abs. 1 Nr. 7 verboten werden, wenn sie offensichtlich unrichtige Nachrichten enthielten, deren Verbreitung geeignet war, lebenswichtige Interessen des Staates zu gefährden. Die „Schubladenverordnung“ wurde im Wahlkampf willkürlich und exzessiv als Terrorinstrument zur Unterdrückung des politischen Gegners angewandt[79].
In Preußen baute Göring in seiner Eigenschaft als kommissarischer preußischer Innen-minister im Februar 1933 eine Hilfspolizei auf und machte 40 000 SA- und SS-Männer, die laut dem sog. Schießerlass vom 17. Februar „die wichtigsten staatsaufbauenden Kräfte“[80] des Reiches für ihn darstellten, zu Staatsorganen mit polizeilichen Befugnissen. Ausdrücklich wurde die preußische Polizei zur Zusammenarbeit und zu wohlwollender Duldung der Maßnahmen von SA und SS angewiesen. Gegen [kommunistische Terrorakte] staatsfeindlicher Organisationen“[81] hingegen sollte rücksichtslos vorgegangen werden. Zahllose nationalsozialistische Terrorakte, denen vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten zum Opfer fielen, waren die Folge und prägten das Gesicht des Wahlkampfes[82]. Von freien Wahlen konnte angesichts der Verfolgung der politischen Linken und Einschüchterung der anderen Parteien deshalb keine Rede mehr sein[83].
Als am 27. Februar das Reichstagsgebäude in Flammen aufging, nutzte Hitler dies als weitere Chance, den politischen Gegner zu schwächen. Hitler, Göring und Goebbels bezichtigten die Kommunisten als Urheber der Brandstiftung und nutzten die günstige Gelegenheit zur weiteren Ausschaltung des politischen Gegners. Noch in der Nacht zum 28. Februar ordnete Göring das Verbot der kommunistischen und, beschränkt auf zwei Wochen, das Verbot der sozialdemokratischen Presse an[84]. Die Rechtsgrundlage bildete § 7 Abs. 1 der „Schubladenverordnung“. Frick arbeitete im Innenministerium eine weitere Notverordnung aus, die am anderen Tag vom Kabinett verabschiedet und noch am selben Tag von Hindenburg unterschrieben wurde: Durch die Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933[85] wurden verfassungswidrig auf der Grundlage von Art 48 Abs. 2 WRV bis auf weiteres wichtige Grundrechte der Weimarer Reichsverfassung wie die Freiheit der Person, Meinungs-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit, das Post- und Fernmeldegeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf Eigentum außer Kraft gesetzt. Damit wurde ein verfassungswidriger Ausnahmezustand geschaffen, der bis zum Ende des Dritten Reiches andauern sollte und nicht im Einklang mit der Verfassung stand[86]. Die „Reichstagsbrandverordnung“ wurde bis 1945 nicht mehr außer Kraft gesetzt und bildete „die eigentliche Grundlage für den Aufbau der Terrorherrschaft“[87].
Die Endphase des Wahlkampfes war geprägt von einer reichsweiten Unterdrückung der Presse- und Versammlungsfreiheit linker Parteien sowie durch Terror von NSDAP und SA[88]. Dennoch erreichte Hitler sein Ziel nicht: Obwohl die Wahlbeteiligung bei 88,8 Prozent lag (bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 betrug sie 80,6 Prozent) und die NSDAP 288 Sitze im Reichstag erobern konnte (1932: 196), wurde die erstrebte Mehrheit nicht erreicht. Die NSDAP erhielt lediglich 43,9% der Stimmen, ihr deutsch-nationaler Koalitionspartner[89] konnte seine 52 Reichstagssitze bei leichten Stimmen-verlusten verteidigen. Schlimmer noch: Die Sozialdemokraten verloren nur leicht Stimmanteile und einen Sitz im Reichstag, die Kommunisten kamen trotz massiver Behinderung immerhin noch auf 12,3% (1932: 16,9%) und das Zentrum konnte sich mit 11,2% relativ stabil halten (1932: 11,9%)[90].
Dennoch war der Jubel der Nationalsozialisten über das Wahlergebnis keineswegs unangebracht: „Der Ausgang der Wahl erfüllte gleichwohl die entscheidende ihr zugedachte Funktion: Sie erbrachte der neuen Regierung eine plebiszitäre Legitimation, die als moralischer Rückhalt um so wichtiger war, als mit Hilfe dieses Mandats die parlamentarische Demokratie endgültig zugunsten einer autoritären Führung verab-schiedet werden sollte“[91]. Die Reichstagswahlen bildeten den Ausgangspunkt für die in wenigen Tagen durchgeführte Gleichschaltung der Länder. Zwischen dem 5. und 9. März 1933 forderten nationalsozialistische Schlägertrupps die Absetzung oder Fest-nahme von Amtspersonen, die jüdisch oder nicht der NS-Bewegung angehörig und damit politisch unzuverlässig waren. Das Ergebnis dieser offensichtlich genau von der NS-Führung geplanten und gelenkten Terroraktionen war die Entsendung von Reichs-kommissaren in die noch nicht national-sozialistisch regierten Länder und die damit verbundene Entmachtung der legitimen Landesregierungen[92]. Rechtsgrundlage für diese scheinlegale Aktion war § 2 der „Reichstagsbrandverordnung“, der die Reichsregierung ermächtigte, die Befugnisse der obersten Landesbehörde vorübergehend wahrzu-nehmen, wenn in einem Land die zur Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nicht getroffen werden. Auch Hitler gab trotz des für ihn enttäuschenden Wahlergebnisses seine Zurückhaltung auf[93]. Gegenüber seinen Koalitionspartnern trat an die Stelle von Rücksichtsnahme und Zurückhaltung nun ein aggressiver und herrischer Ton. Vermied es Hitler bisher, von „Machtergreifung“ zu sprechen, war nun sogar von der „nationalen Revolution“ die Rede[94]. Das seit August 1932 geforderte Ermächtigungsgesetz sollte ihm den Weg zu den ersehnten diktatorischen Vollmachten ebnen. Zwei Tage nach der Wahl zeigte er sich in der Ministerbesprechung vom 7. März überzeugt, die nötige Mehrheit im Reichstag zu erhalten[95].
2.3 Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933
Bereits in der ersten Ministerbesprechung am 30. Januar 1933 wurde über das von Hitler geplante Ermächtigungsgesetz gesprochen. Reichsinnenminister Frick führte als Begründung für dieses Vorhaben die in Folge der Weltwirtschaftskrise entstandene Arbeitslosigkeit und die Notwendigkeit, sie effektiv zu bekämpfen, an. Sowohl Wirtschaftsminister Hugenberg (DNVP) als auch Vizekanzler v. Papen stimmten ihm ausdrücklich zu. Auch Hindenburgs Staatssekretär, Dr. Meißner, zeigte sich von der Notwendigkeit eines Ermächtigungsgesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit überzeugt. Allerdings ging er davon aus, dass zum Zustandekommen des Gesetzes eine einfache Mehrheit im Reichstag ausreichen würde und eine für verfassungsändernde Gesetze nötige Zweidrittelmehrheit aufgrund der begrenzten Ermächtigung der Reichs-regierung nicht benötigt würden.
Weder Hitler noch Frick informierten den Koalitionspartner oder den Vertreter des Reichspräsidenten über ihre wahren Pläne[96]. Auch die Öffentlichkeit wurde über das Vorhaben, ein neues Gesetzgebungsverfahren ohne Beteiligung des Reichstages und des Reichspräsidenten zu etablieren, getäuscht, denn Hitler sprach in der Öffentlichkeit nicht von einem Ermächtigungsgesetz, sondern von Vierjahresplänen zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise. Von Diktatur und dauerhafter Ausschaltung der verfassungsmäßigen Rechte von Reichstag und Reichspräsident war keine Rede[97].
Zu Hilfe kam ihm dabei der Umstand, dass ein solches Gesetz in der Weimarer Republik kein Novum darstellte. Bereits die Nationalversammlung erließ drei Ermächtigungsgesetze, welche die Reichsregierung abweichend von § 4 des Gesetzes über die vorläufige Reichsgewalt vom 10. Februar 1919[98] ermächtigte, Verordnungen mit Gesetzeskraft zur Regelung der Folgen des Verlusts von Elsaß-Lothringen, zur Durchführung der Waffenstillstandsbedingungen und zum Übergang von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft zu erlassen[99]. Nach Zusammentritt des 1. Reichstages kamen zwischen 1920 und 1923 insgesamt fünf Ermächtigungsgesetze zustande, die eine Reaktion darstellten auf innere und äußere Bedrohungslagen des Deutschen Reiches, die eine vereinfachte Gesetzgebung durch Delegation an die Exekutive notwendig erschienen ließen[100].
Gemeinsame Kennzeichen dieser Ermächtigungsgesetze in der schwierigen Frühphase der Republik waren ihre Zweckbindung und ihr enger zeitlicher Rahmen zur Behebung kurzfristiger Notsituationen. Auch ermächtigten sie die Reichsregierung lediglich zum Erlass von Rechtsverordnungen und nicht zum Erlass von förmlichen Gesetzen. Zudem enthielten sie, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, parlamentarische Kontroll-möglichkeiten[101]. Die ihnen immanente Problematik der Verfassungsdurchbrechung blieb allerdings keineswegs unerkannt. Denn auch wenn das auf der Grundlage von Ermächtigungsgesetzen erlassene Recht die Bezeichnung „Verordnung“ trug, hatte es Gesetzesrang. Solche gesetzesvertretetenden Verordnungen wiederum konnten Gesetze ändern und von Gesetzen abweichen[102]. Die Weimarer Staatsrechtslehre warnte deshalb ausdrücklich vor einem Verzicht des Reichstages auf seine legislativen Kompetenzen zugunsten der Reichsregierung: „Aus der Ideenwelt heraus, welche die Entwicklung des modernen ‚Rechts- und Verfassungsstaates’ bestimmt hat, lassen sich gegen eine solche ‚vereinfachte Form der Gesetzgebung’ unzweifelhaft recht ernste Bedenken erheben. Über die juristische Zulässigkeit der tatsächlich ergangenen Gesetze zu streiten, ist heute allerdings insofern müßig, als die Praxis ihre Gültigkeit bzw. die der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen regelmäßig bejaht hat. Jedenfalls aber wird für den gültigen Erlass eines derartigen Ermächtigungsgesetzes, das ja stets eine Abweichung von den Art. 68ff. WRV in sich schließt, mindestens die Beobachtung der für Verfassungsänderungen in Art. 76 WRV gegebenen Vorschriften zu fordern sein“[103].
In der Ministerbesprechung vom 15. März 1933 präsentierte Frick eine Formulierung des geplanten Ermächtigungsgesetzes, die fast wörtlich dem Zweiten Reichs-ermächtigungsgesetz vom 8. Dezember 1923 entnommen war[104], allerdings mit dem nicht eben geringen Unterschied, dass es Regelungen, die von der Verfassung abweichen, ausdrücklich gestattete: „Die Reichsregierung wird ermächtigt, die Maß-nahmen zu treffen, die sie im Hinblick auf die Not von Volk und Staat für erforderlich hält. Dabei kann von den Bestimmungen der Reichsverfassung abgewichen werden“[105]. Frick täuschte somit Kontinuität vor, wo keine war. Doch dabei blieb es nicht. Am 20. März wurde ein völlig anderer Gesetzesentwurf sowohl der Zentrumsfraktion als auch dem Kabinett vorgelegt, der weit über den am 15. März vorgestellten Entwurf hinausging[106]. Nun war von einer Zweckbindung keine Rede mehr: Denn die Kernaussage des Gesetzesentwurfs war nun, dass die Reichsregierung völlig selbständig förmliche Gesetze, und zwar auch verfassungsdurchbrechende Gesetze, beschließen kann, und der Reichskanzler bei der Ausfertigung der Gesetze an die Stelle des Reichspräsidenten tritt.
Dies bedeutete aber nichts anderes als eine Aufgabe der bisherigen verfassungsmäßigen Ordnung. Denn Art. 1 des Gesetzesentwurfs machte die Reichsregierung zu einem gleich-berechtigten Gesetzgebungsorgan neben Reichstag und Volk. Damit war die bisherige Unterscheidung von formellen Parlamentsgesetz und dem materiellen Gesetz der Exekutive aufgehoben[107]. Dies aber bedeute nicht weniger, als die Aufgabe zentraler Verfassungsprinzipien, da nach Inkrafttreten des Gesetzes die Verfassungsbindung der Exekutive genauso obsolet werden würde, wie die ebenfalls in der Weimarer Reichsverfassung verankerte Gewaltenteilung und das Demokratieprinzip[108]. Die einzige Schranke für die Rechtsetzung der Reichsregierung bildete Art. 2, der lediglich eine Bestandsgarantie für Reichstag und das Reichspräsidentenamt enthielt.
Dennoch bedeutete der Gesetzesentwurf, der in unveränderter Fassung am 21. März 1933 von der NSDAP- und DNVP-Fraktion in den Reichstag eingebracht und zwei Tage darauf vom Reichstag beschlossen wurde, nichts anderes als eine komplette Entmachtung von Reichstag und Reichspräsident. Denn gem. Art. 3 S. 1 des Gesetzesentwurfs sollte die Ausfertigung der Regierungsgesetze durch den Reichskanzler erfolgen. Der Reichspräsident, dem gem. Art. 70 WRV die Ausfertigung von Reichsgesetzen und gem. Art. 76 Abs. 2 WRV die Ausfertigung von verfassungsändernden Gesetzen oblag, war damit aber als Kontrollinstanz ausgeschaltet. Im Gegensatz zu den früheren Ermächtigungsgesetzen sah dieser Gesetzesentwurf zudem keine Möglichkeit der Kontrolle durch den Reichstag vor[109]. Denn Art. 3 S. 3 stellte klar, dass das Gesetzgebungsverfahren der Art. 68 ff. WRV auf Regierungsgesetze keine Anwendung findet. Damit konnten Regierungsgesetze weder gem. Art. 72 WRV vom Reichstag ausgesetzt noch gem. Art. 73 Abs 2 WRV einem Volksentscheid unterbreitet werden. Auch entfiel die in Art. 74 WRV normierte Einspruchsmöglichkeit des Reichsrates und damit eine weitere Kontrollinstanz der Weimarer Reichsverfassung. Die bereits von Frick in der Ministerbesprechung vom 15. März 1933 vorgeschlagene zeitliche Begrenzung der Ermächtigung[110], fand in Art. 5 ihren Niederschlag. Art. 5 S. 2 sah eine zeitliche Befristung von vier Jahren vor und damit eine Rückkehr zur bisherigen Rechtslage. Ferner sah Art. 5 S. 2 ein Außerkrafttreten des Gesetzes vor, wenn die gegenwärtige Reichsregierung durch eine andere abgelöst werde. Art. 5 sollte durch seine Limitierung somit den Anschein der Legalität vermitteln und stellt – angesichts der bereits dargestellten, weitgehenden Pläne Hitlers – somit nichts anderes als eine Täuschungshandlung dar, um den Reichstag zu umfassenden diktatorischen Maßnahmen zu bewegen[111]. Der von Frick vorgelegte Gesetzesentwurf stellte somit keine Fortsetzung der Weimarer Praxis dar, die zum Erlass von Rechtsverordnungen und nicht zum Erlass von förmlichen Gesetzen und verfassungsdurchbrechenden Gesetzen ermächtigten.
Interessanterweise lässt sich aus dem Protokoll der Ministerbesprechung keinerlei Widerstand oder kritisches Wort des Koalitionspartners DNVP über diese weitreichende Ermächtigung entnehmen, die einer Kaltstellung von Reichstag und Reichspräsident gleichkam. Die Gefahr, selbst als Opfer dieses Verfassungswandels zu enden, schien nicht einmal im Ansatz erkannt worden zu sein. Zwar war keiner der im Kabinett vertretenen Minister ein Anhänger oder gar Streiter für die Weimarer Demokratie, doch ist die Blauäugigkeit mit der man Hitlers Worten Glauben schenkte, dass sich alsbald der Reichstag als Nationalversammlung konstituieren und, wie von allen Ministern erhofft, eine neue, von „übertriebenen Parlamentarismus“[112] befreite Verfassung erarbeiten und verabschieden werde, verwunderlich. Selbst als Göring, Hugenbergs Vorschlag, einen Passus in den Gesetzentwurf aufzunehmen, wonach der Reichstag zur Nationalversammlung erklärt werden solle, kurzerhand als nicht zweckmäßig verwarf, kam kein Misstrauen in der Runde auf[113]. Hitler, der, wie Papen es noch vor wenigen Wochen ausgedrückt hatte, eingerahmt und gezähmt werden sollte[114], schien sich durchgesetzt zu haben. Das Reichskabinett stimmte am Ende der Ministerbesprechung dem Entwurf des Ermächtigungsgesetzes in der von Frick vorgelegten Fassung einstimmig zu[115].
Die Zentrumsfraktion hingegen schien die wahre Dimension des Ermächtigungs-gesetzes schnell erfasst zu haben. Denn die Mitglieder der Zentrumsfraktion qualifizierten es als eine „Generalvollmacht der Regierung“[116]. Auf die Stimmen des Zentrums aber kam es entscheidend an: Da das Gesetzesvorhaben auch Abweichungen von den Bestimmungen der Verfassung vorsah, bedurfte es einer Zweidrittelmehrheit im Reichstag zur Annahme des Gesetzes. Denn Art. 76 WRV, der ausdrücklich Änderungen der Verfassung im Wege der Gesetzgebung gestattete, sah als einzige Hürde für die Verfassungsänderung eine doppelte qualifizierte Mehrheit vor. Nur wenn „zwei Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl anwesend sind und wenigstens zwei Drittel der Anwesenden zustimmen“ waren Verfassungsänderungen gem. Art. 76 S. 2 WRV durch Beschluss des Reichstages erfolgreich zu Stande gekommen. Zwei Drittel der gesetzlichen Mitglieder mussten somit zur Abstimmung erscheinen, um die Beschlussfähigkeit herzustellen und im beschlussfähigen Reichstag mussten wiederum zwei Drittel der Anwesenden für das Gesetz stimmen, um das Gesetzesvorhaben nicht zum Scheitern zu bringen. Dieses Problem wurde in der Ministerbesprechung am 7. März 1933 klar erkannt und erörtert. Hitler verwies auf den Umstand, dass die Abgeordneten der KPD sich entweder in Haft oder auf der Flucht befänden und somit nicht zur Reichstagssitzung erscheinen würden. Tatsächlich ergab sich, wie Frick dem Kabinett vorrechnete, durch Abziehen der 81 kommunistischen Abgeordnetenmandate eine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse, die allerdings nur eine Mehrheit von 5 Stimmen brachte und somit noch keine Zweidrittelmehrheit bescherte. Allerdings war damit die Gefahr des Scheiterns aufgrund von ablehnenden Stimmen geringer gewor-den. Denn die Gefahr, dass die gesetzliche Mindestzahl der anwesenden Abgeordneten durch Nichterscheinen oder Verlassen der Sitzung nicht erreicht werden könnte, wurde klar erkannt. Lösung des Problems lag für Göring in einer Änderung der Geschäfts-ordnung des Reichstages.
[...]
[1] Dreher, Das parlamentarische System des Bonner Grundgesetzes, S. 130.
[2] Strauß, Der Bundespräsident und die Bundesregierung, S. 272.
[3] Vgl. Winkler, Der lange Weg nach Westen II, S. 134ff.
[4] RGBl I, S. 141.
[5] Vgl. Wadle, Das Ermächtigungsgesetz, S. 170.
[6] Vgl. Strenge, Machtübernahme 1933, S. 182f. m. w. N.
[7] Fromme, Von der Weimarer Reichsverfassung zum Bonner Grundgesetz, S. 7.
[8] Vgl. Maunz, Deutsches Staatsrecht, S. 7ff.
[9] Vgl. Abg. Kroll (CSU), Siebte Sitzung des Wahlrechtsausschusses vom 21. Oktober 1948, abgedruckt in: Der Parlamentarische Rat, Bd. 6, S. 114 (Nr. 7 ).
[10] Ebda., S. 9.
[11] Hufen, Staatsrecht II, S. 29.
[12] Vgl. Wehner, Selbstbesinnung und Selbstkritik, S. 63ff.
[13] Bickenbach, Vor 75 Jahren, S. 199.
[14] Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 130f. m. w. N.
[15] Vgl. Fest, Hitler, S. 327f.
[16] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 277.
[17] Reichspräsident v. Hindenburg, zit. nach: Kolb, Die Weimarer Republik, S. 85.
[18] Vgl. ebda, S. 126f.
[19] Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 400.
[20] Vgl. Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik, S.257ff.
[21] Vgl. Broszat, Hitlers Staat, S. 24ff.
[22] Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 57ff.
[23] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 400ff.
[24] Vgl. ebda., S. 401.
[25] Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 112ff.
[26] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S.401.
[27] Vgl. Falter, Hitlers Wähler, S. 30ff.
[28] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 404.
[29] Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 132.
[30] Vgl. ebda., S. 229ff. m. w. N.
[31] Vgl. Fest, Hitler, S. 387f.
[32] Vgl. Maurer, Staatsrecht I, S. 63.
[33] Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte VI, S. 310.
[34] Ipsen, Staatsrecht I, S. 154.
[35] Zum Begriff „Hindenburg-Kabinett“: Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 132f.
[36] Kolb, Die Weimarer Republik, S. 85.
[37] Rosenberg datiert deshalb das Ende der Weimarer Republik auf das Jahr 1930 (vgl. Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, S. 211). Vgl. hierzu auch: Falter, Hitlers Wähler, S.18ff. m. w. N.
[38] Vgl. Bickenbach, Vor 75 Jahren, S. 201.
[39] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 102.
[40] Grau, in: Anschütz/Thoma, HdStR II, §80, S. 274.
[41] Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 19 m. w. N.
[42] Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 113.
[43] Vgl. Brüning, Memoiren 1918-1934, S. 194, 418, 512.
[44] Vgl. Grau, in: Anschütz/Thoma, HdStR II, §80, S. 292.
[45] Schulz, Zwischen Demokratie und Diktatur, Bd. 3, S. 768.
[46] Vgl. Falter, Hitlers Wähler, S.30.
[47] Vgl. Broszat, Der Staat Hitlers, S. 33ff.
[48] Vgl. ebda., S. 365ff.
[49] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 279.
[50] Vgl. ebda.
[51] Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte VII, S. 972f.
[52] Vgl. RGZ 138, Anhang, S. 1ff.
[53] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 281ff.
[54] Vgl. Kershaw, Hitler 1989-1936, S. 468f.
[55] Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte VII, S. 1079ff.
[56] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 412f.
[57] Vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 145.
[58] Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte VII, S. 1149ff.
[59] Vgl. Winkler, Der lange Weg nach Westen, S. 534f.
[60] Vgl. Willoweit, Verfassungsgeschichte, S. 282.
[61] Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte VII, S. 1227 m. w. N.
[62] Mehrfach stellten DNVP, KPD und NSDAP Anträge auf Aufhebung von Notverordnungen gem. Art. 48 Abs. 3 WRV, die nur dank der SPD abgewehrt werden konnten (vgl. Kolb, Die Weimarer Republik, S. 134f. m. w. N.).
[63] Vgl. ebda. S.1228ff.
[64] Vgl. Kershaw, Hitler 1989-1936, S.512ff.
[65] Huber, Verfassungsgeschichte VII, S. 1278.
[66] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 302.
[67] Huber, Verfassungsgeschichte VII, S. 1278.
[68] Zit. nach Kershaw, Hitler 1889-1936, S. 427.
[69] Ebda.
[70] Strenge schlägt deshalb vor, besser von Machtübernahme zu sprechen, die am 30. Januar 1933 begann und mit dem Ermächtigungsgesetz am 24.03.1933 juristisch abgeschlossen war (vgl. Strenge, Machtübernahme 1933, S. 13).
[71] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 318.
[72] Vgl. Ministerbesprechung vom 31. Januar 1933, abgedruckt in: Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S. 10f. (Nr.2)
[73] Vgl. Kershaw, Hitler 1989-1936, S. 557.
[74] Goebbels, Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei, S. 139
[75] Vgl. Huber, Dokumente IV, Nr. 489.
[76] Benz, Geschichte des Dritten Reichs, S. 21f.
[77] RGBl I, S. 35.
[78] Zum Begriff „Schubladenverordnung: Vgl. Strenge, Machtübernahme 1933, S. 149f.
[79] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 304f.
[80] Erlaß des Preußischen Innenministers Hermann Göring vom 17. Februar 1933 (Schießerlaß), abgedruckt in: Michalka, Das Dritte Reich, Bd. 1, S. 24.
[81] Ebda.
[82] Vgl. Winkler, Der lange Weg nach Westen II, S.8f.
[83] Vgl. Falter, Hitlers Wähler, S. 38.
[84] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 306.
[85] Vgl. Huber, Dokumente IV, Nr. 530.
[86] Vgl. Schoenborn, in: Anschütz/Thoma, HdStR II, §81, S. 301.
[87] Bickenbach, Vor 75 Jahren, S. 201; Winkler spricht von der Liquidation des Rechtsstaates in Deutsch-land (vgl. Winkler, Der lange Weg nach Westen II, S. 9), Fest qualifiziert die Reichstagsbrandverordnung mehr noch als das Ermächtigungsgesetz als die entscheidende Rechtsgrundlage des Dritten Reiches, als das „zweifellos wichtigste Gesetz des Dritten Reiches überhaupt“ (Fest, Hitler, S. 548).
[88] Vgl. Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 306.
[89] Die DNVP schloss am 11. Februar ein Wahlbündnis mit den Interessenbündnissen Stahlhelm und Landbund sowie parteimäßig nicht gebundenen Politikern, darunter Franz von Papen, und firmierte bei den Wahlen unter dem Namen Kampffront Schwarz-Weiß-Rot (vgl. Winkler, Der lange Weg nach Westen II, S. 9).
[90] Vgl. Falter, Hitlers Wähler, S.25.
[91] Broszat, Der Staat Hitlers, S. 105.
[92] Vgl. ebda., S. 130f.
[93] Noch in der Wahlnacht soll Hitler missmutig geäußert haben, dass er nun zumindest zu Lebzeiten Hindenburgs weiter von seinen Koalitionspartnern abhängig sein werde (vgl. Kershaw, Hitler 1889-1936, S. 584).
[94] Vgl. Broszat, Der Staat Hitlers, S. 108.
[95] Vgl. Ministerbesprechung vom 30. März 1933, abgedruckt in Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S. 13 (Nr. 5).
[96] Vgl. Ministerbesprechung vom 30. März 1933, abgedruckt in Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S. 9f. (Nr.1).
[97] Vgl. Strenge, Machtübernahme 1933, S. 172.
[98] Vgl. RGBl I, S. 169.
[99] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 62.
[100] Vgl. Biesemann, Das Ermächtigungsgesetz, S. 18ff. m. w. N.
[101] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 159ff. m. w. N.
[102] Vgl. ebda., S. 157f. m. w. N.
[103] Schoenborm, in: Anschütz/Thoma, HdStR II, §81, S. 312.
[104] RGBl. 1923 I, S.1179: „§ 1. Die Reichsregierung wird ermächtigt, die Maßnahmen zu treffen, die sie im Hinblick auf die Not von Volk und Reich für erforderlich hält und dringend erachtet. Eine Abweichung von den Vorschriften der Reichsverfassung ist nicht zulässig.“
[105] Ministerbesprechung vom 15. März 1933, abgedruckt in: Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S.14 (Nr. 8).
[106] Der von Frick in der Ministerbesprechung vom 20. März dem Kabinett vorgetragene Gesetzesentwurf hatte folgenden Wortlaut:
„Entwurf eines Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich
Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird, nachdem festgestellt ist, daß die Erfordernisse verfassungsändernder Gesetzgebung erfüllt sind:
Artikel 1
Reichsgesetze können außer in dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden. Dies gilt auch für die in den Artikeln 85 Abs. 2 und 87 der Reichsverfassung bezeichneten Gesetze.
Art. 2
Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können von der Reichsverfassung abweichen, soweit sie nicht die Einrichtung des Reichstags und des Reichsrats als solche zum Gegenstand haben. Die Rechte des Reichspräsidenten bleiben unberührt.
Art. 3
Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze werden vom Reichskanzler ausgefertigt und im Reichsgesetzblatt verkündet. Sie treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Die Artikel 68 bis 77 der Reichsverfassung finden auf die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze keine Anwendung.
Art. 4
Verträge des Reichs mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen für die Dauer der Geltung dieses Gesetzes nicht der Zustimmung der an der Gesetzgebung beteiligten Körperschaften. Die Reichsregierung erlässt die zur Durchführung dieser Verträge erforderlichen Vorschriften.
Art. 5
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit dem 1. April 1937 außer Kraft; es tritt ferner außer Kraft, wenn die gegenwärtige Reichsregierung durch eine andere abgelöst wird“ (abgedruckt in: Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S. 22 [Nr. 18]).
[107] Die Unterscheidung zwischen dem Gesetz im formellen Sinne und dem Gesetz im materiellen Sinne geht auf das konstitutionelle Staatsrecht des 19. Jahrhunderts zurück. Während im Absolutismus die Rechtsetzung ausschließlich dem Monarchen oblag, bestimmten die Verfassungen des 19. Jahrhunderts, dass die Gesetze vom Monarchen mit Zustimmung der Volksvertretung zu erlassen sind. Der Gesetzesbegriff wurde damit zu einem Kernpunkt des konstitutionellen Staatsrechts des 19. Jahrhunderts. Denn es stellte sich die Frage, welche Regelungen als Gesetz der Zustimmung der Volksvertretung bedurften und welche Regelungen nicht unter den Gesetzesbegriff fallen und deshalb weiterhin, - als Verordnung - allein vom Monarchen erlassen werden durften. Der Gesetzesbegriff begründete somit die Zuständigkeit der Volksvertretung und war damit Kompetenzbegriff. Dies führte zu einem, noch heute vertretenen, dualistischen Gesetzesbegriff, der zwischen dem Gesetz im formellen Sinne und dem Gesetz im materiellen Sinne unterschied. Das Gesetz im formellen Sinne bezog sich auf die Form. Jeder Hoheitsakt, der vom verfassungsrechtlichen Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren als Gesetz erlassen wurde, war – ohne Rücksicht auf seinen Inhalt – Gesetz im formellen Sinne. Der Begriff des Gesetzes im materiellen Sinne hingegen stellte auf den Inhalt ab. Da aber der Inhalt, insbesondere die allgemeinverbindliche Rechtsnorm, auch in anderer Form, nämlich als Rechtsverordnung oder als Satzung ergehen konnte, deckten sich beide Begriffe nicht, sondern bildeten gleichsam zwei sich überschneidende Kreise (vgl. Maurer, Staatsrecht I, S. 515ff. m. w. N.).
[108] Vgl. Bickenbach, Vor 75 Jahren, S. 200.
[109] Vgl. Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, S. 160f.
[110] Vgl. ebda.
[111] Vgl. Strenge, Machtübernahme 1933, S. 176.
[112] Ministerbesprechung vom 20. März 1933, abgedruckt in: Morsey: Das Ermächtigungsgesetz, S. 18 (Nr. 9).
[113] Vgl. ebda., S. 19.
[114] Vgl. Strenge, Machtübernahme 1933, S. 197.
[115] Vgl. Ministerbesprechung vom 20. März 1933, abgedruckt in: Morsey: Das Ermächtigungsgesetz, S. 19 (Nr. 9).
[116] Sitzung des Vorstands der Zentrumsfraktion am 20. März 1933, abgedruckt in Morsey, Das Ermächtigungsgesetz, S. 20 (Nr. 11).
- Citation du texte
- Stephan P. Rieker (Auteur), 2008, Das Ermächtigungsgesetz und die Konsequenzen des Grundgesetzes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207996
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