Die vorliegende Arbeit thematisiert die CSR-Aktivitäten von Unternehmen unter
Berücksichtigung der Ambivalenz zwischen Handeln und Nichthandeln. Es wird
exemplarisch für die zahlreichen Felder, in denen sich CSR-Aktivitäten abspielen können,
auf die die Verantwortung von Unternehmen für die berufliche Bildung Benachteiligter
eingegangen. Dabei steht der gesellschaftliche Nutzen, unter anderem indiziert durch die
Bemühungen Menschen über Bildung eine Erwerbstätigkeit zukommen zu lassen, in
Verbindung mit den Vorteilen für die Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und
einem möglichen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Es wird die Frage verfolgt, ob und
inwieweit CSR-Aktivitäten einen Beitrag an der beruflichen Bildung benachteiligter
Jugendlicher leisten können.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Theoretische Konzeptionen
2.1.1 Corporate Social Responsibility
2.1.2 Berufliche Bildung benachteiligter Jugendlicher
2.1.2.1 Benachteiligtenbegriff
2.1.2.2 Rahmenbedingungen der beruflichen Orientierung benachteiligter Jugendlicher
2.2 Bildung als Handlungsfeld für CSR
2.3 Benachteiligtenförderung als CSR-Maßnahme am Beispiel der Initiative JOBLINGE
3. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Beispiel des Triple-Bottom-Line-Modells
Abb. 2: Schwerpunkte gesellschaftlichen Engagements
Abb. 3: Das JOBLINGE-Programm
1. Einleitung
„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ (Molière s. d.) Dieses Zitat des französischen Schauspielers und Dramatikers Molière wirft die Frage nach einer Operationalisierung des Begriffs Verantwortung auf. Dabei wird der Fokus von der Verpflichtung für das eigene Handeln auf die Verantwortungsübernahme für die Folgen einer ausgebliebenen Handlung verschoben. Diesem Gedankenmuster folgend bedarf es bei der planvollen Ausführung einer Handlung auch einer Reflexion über die Folgen des Nichtausführens. Ist der Mensch neben den Folgen der Ausführung auch auf die der Nichtausführung bedacht, so könnte man sagen, berücksichtigt er auch seine Verantwortung für beide Handlungsoptionen.
Molières Gedanken lassen sich auch in der Frage nach der Verantwortung von Unternehmen für ihre Handlungen und das Ausbleiben jener nachzeichnen. Agiert ein Unternehmen wirtschaftlich und geht einen Weg der profitablen Leistungserstellung nach, so hat es für die Konsequenzen dieses Handelns Verantwortung zu übernehmen. Darüber hinaus kann ein Unternehmen aber auch für die Gesellschaft Sorge tragen. Diese Form von Verantwortung wird mit dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) belegt. In Deutschland wird die gesellschaftliche Verantwortung „zu den Grundelementen der Sozialen Marktwirtschaft“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2010, S. 7) gezählt. Angewendet auf das Eingangszitat bedeutet diese Einschätzung, dass Unternehmen durch den Verzicht auf gesellschaftsförderliche Aktivitäten ebenso Verantwortung übernehmen, wie durch die Forcierung jener.
Die vorliegende Arbeit thematisiert die CSR-Aktivitäten von Unternehmen unter Berücksichtigung der Ambivalenz zwischen Handeln und Nichthandeln. Es wird exemplarisch für die zahlreichen Felder, in denen sich CSR-Aktivitäten abspielen können, auf die die Verantwortung von Unternehmen für die berufliche Bildung Benachteiligter eingegangen. Dabei steht der gesellschaftliche Nutzen, unter anderem indiziert durch die Bemühungen Menschen über Bildung eine Erwerbstätigkeit zukommen zu lassen, in Verbindung mit den Vorteilen für die Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und einem möglichen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Es wird die Frage verfolgt, ob und inwieweit CSR-Aktivitäten einen Beitrag an der beruflichen Bildung benachteiligter Jugendlicher leisten können.
Beginnend mit einer Abhandlung des CSR-Begriffs, wird in einem weiteren Schritt auf den Begriff der Benachteiligung und das Gebiet der beruflichen Bildung benachteiligter Jugendlicher eingegangen. Im Anschluss wird die Bedeutung der CSR-Aktivitäten im Bildungssektor für die Unternehmen und die Gesellschaft untersucht. Danach wird mit der Initiative JOBLINGE ein Projekt aus der Praxis vorgestellt, das exemplarisch für CSR- Maßnahmen im Bereich der Benachteiligtenförderung gelten soll. Auf der Grundlage von Erkenntnissen in diesen Projekten sollen Handlungsempfehlungen für ein zukünftiges Vorgehen in diesem Feld konstruiert werden. Abschließend wird im Schlussteil die Leitfrage nach dem Beitrag von CSR-Aktivitäten für die berufliche Bildung Benachteiligter nochmals aufgegriffen und geprüft, ob sie im Hauptteil beantwortet wurde. Zudem werden die Forschungsergebnisse zusammengefasst und eine Bewertung dieser vorgenommen.
2. Hauptteil
2.1 Theoretische Konzeptionen
2.1.1 Corporate Social Responsibility
Ehe auf das Forschungsgebiet der Benachteiligtenförderung und der Rolle von unternehmerischen CRS-Maßnahmen in diesem Bereich eingegangen wird, führt dieses Kapitel zu dem Begriff CSR hin. Neben der Abgrenzung von themenverwandten Begriffen werden im Rahmen einer kritischen Annäherung unter Berücksichtigung der Forschungsrichtungen die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten von CSR beleuchtet.
Nähert man sich dem CSR-Begriff aus einer historischen Perspektive an, so kann für die deutsche private Industrie besonders im Bereich von lokal und regional involvierten Betrieben freiwilliges soziales bzw. ökologisches Engagement verzeichnet werden. Als Indikator für eine frühe Auseinandersetzung mit verantwortungsbewussten und nachhaltigem Handeln bzw. Wirtschaften kann die Richtlinie „Sylvicultura Oeconomica“ von Hans Carl von Carlowitz aus dem Jahre 1713 herangezogen werden. Diese schreibt der Forstwirtschaft einen verantwortungsvollen Umgang mit den naturgegebenen Ressourcen des Waldes vor, indem nur die Menge an Holz geschlagen werden darf, die auch wieder nachwächst (vgl. Mathieu 2002 zit. n. Vitols 2011, S. 17). Die Motive für eine unternehmerische Verantwortung können bis in die 1950er Jahre einerseits auf die religiösen bzw. ethischen Einstellungen der Unternehmer zurückgeführt werden. Andererseits diente die Zufriedenstellung der Mitarbeiter durch die soziale Verantwortung der Arbeitgeber dem Verhindern von Radikalisierungen und Arbeiterbewegungen. Einen weiteren Aspekt stellte zudem der Druck von Konsumenten dar, weshalb beispielsweise die englische Zuckerindustrie in der indischen Kolonie im Jahre 1790 auf den Einsatz von Sklaven verzichten musste. (Vgl. Vitols 2011, S. 17) Wirtschaftswissenschaftlich thematisiert der US-Amerikaner Howard R. Bowen in den 1950er Jahren erstmalig die Verantwortung von Unternehmen gegenüber den Erwartungen, Zielen und Werten einer Gesellschaft. Er postuliert CRS als „ethisch-normative“ (Korfs 2008, S. 6) Verpflichtung: „It refers to the obligations of businessmen to pursue those policies, to make those decisions, or to follow those lines of action which are desireable in terms of the objectives and values of our society“ (Browen 1953 zit. n. Carroll 1999, S. 270) Vor dem Hintergrund des angelsächsischen Ursprungs dieses Ansatzes bedarf es jedoch des Verweises auf die Unterschiede in den staatlichen gesetzlichen Regulierungen. Als Beispiel dazu dient die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen. Während amerikanische Unternehmen ihren Angestellten eine solche als freiwillige Zusatzleistung anbieten, sind deutsche Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet einen festgesetzten Teil der Beiträge zu übernehmen (vgl. u.a SGB § 5). An dieser Stelle wird bereits deutlich, dass CSR-Aktivitäten von unterschiedlichen Faktoren und Rahmenbedingungen abhängig sind.
Der CSR-Begriff ist auf dieser Grundlage nach Akteur, Interessenslage und Rahmen unterschiedlich auslegbar. Somit gibt es trotz der mehr als fünfzigjährigen wissenschaftlichen Behandlung dieses Gebietes keine einheitliche Definition. CSR gilt als freiwillige Unternehmensstrategie, welche „auf eine nachhaltige, langfristig orientierte Unternehmensentwicklung abstellt und neben ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele aufeinander abstimmt“ (Vitols 2011, S. 18). In diesem Rahmen hat sich allgemeinhin das „Triple-Bottom-Line-Model“, welches von dem englischen Berater und Buchautor John Brett Elkington weiterentwickelt wurde, durchgesetzt. Elkington beschreibt darin das reflexive Verhältnis der Bereiche Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung. Er weist ihnen eine gleichwertige Bedeutung zu und lässt sie in einer ausgewogenen Balance zueinander stehen. Aus der integrativen Betrachtung dieser drei Zieldimensionen ergeben sich die Inhalte und Ziele von CSR. (Vgl. Axmann 2008, S. 43 zit. n. Vitols 2011, S. 18)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Beispiel des Triple-Bottom-Line-Modells (vgl. Indiana State University n. Becker 2010, S. 20)
Der „bottom-line“ wird die Bedeutung eines Schlussstriches beigemessen, der die Gewinn- und Verlustrechnung abschließt und schlussendlich den Profit darstellen soll. Die „triple- bottom-line“ hat die Funktion den Mehrwert zu benennen, den ein Unternehmen ökonomisch, ökologisch und sozial schafft. Kritik findet dieses Modell in dem Argument, dass sich die Determinante des gesellschaftlichen Engagements nicht so eindeutig berechnen lasse, wie der Gewinn, der in der klassischen „bottom-line“ ausschlaggebend ist. (Vgl. Becker 2010, S. 20)
Neben der diffizilen Messbarkeit des sozialen Aspektes bei CSR-Aktivitäten, stellt sich auch die theoretische Auslegung der Dimension social als gespalten dar. Bei der wörtlichen Übersetzung des englischen Adjektivs in die deutsche Sprache ergeben sich zwei Ansätze. Zum einen kann social die soziale Verantwortung beschreiben, die sich ausschließlich auf das Wohl der Menschen und den Beitrag am Sozialsystem bezieht. Zum anderen kann das Adjektiv aber auch die gesellschaftliche Verantwortung umfassen, welche neben der sozialen auch die ökologische und ökonomische Dimension mit einbezieht. Im wissenschaftlichen Diskurs wird jedoch zumeist von letzterer Option ausgegangen (vgl. Kreikebaum 1996; Jonker et al. 2010, S. 86).
Entgegen der Auffassung Bowens, der CSR eher als verpflichtend interpretiert, versteht es die Europäische Kommission als ein Konzept, „das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern1 zu integrieren.“ (Europäische Kommission 2001, S. 7)
Wie bereits in der Einleitung angeklungen, herrscht eine ambivalente Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen. Aus einem ökonomischen Verständnis heraus sind Unternehmen „ausschließlich für eine optimale wirtschaftliche Ressourcenallokation und einer damit verbundenen Maximierung des Gewinns verantwortlich“ (Jonker et al. 2010, S. 86). Zwar resultiert daraus ein gesellschaftlicher Nutzen, jedoch ist die Intention rein wirtschaftlicher Natur. Im Gegensatz dazu sieht eine sozialorientiertere Auslegung das Ziel der Gewinnmaximierung zwar als legitim an, jedoch kann dieses nicht als ausreichende Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung angesehen werden. Unternehmen haben vielmehr die Pflicht Gesetzeslücken, ohne jegliches Verantwortungsgefühl für mögliche negative externe Effekte auf die Gesellschaft, nicht auszunutzen. „Da Staat und Rechtssystem nicht in der Lage sind, ständig neue Rahmenbedingungen zu schaffen, die alle Eventualitäten abdecken, stehen Unternehmen in der Pflicht, sich nicht nur für ihre Handlungen sondern auch für einen entsprechenden Handlungsrahmen verantwortlich zu zeigen und diese ethischen Überlegungen nicht allein dem Staat zuzuweisen.“ (Pommerening 2005, S. 1) Unabhängig von der Interpretationsperspektive und altruistischer oder ökonomischer Motivationsgrundlage lässt sich festhalten, dass CSR Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich die Aspekte ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst zu machen und sich durch eine freiwillige Verpflichtung über die Konformität der Gesetze hinweg entsprechend zu agieren. (Vgl. Pommerening 2005, S. 2f.) Moderne Stakeholder verlangen von Unternehmen eben jene Bemühungen, die über die Verfolgung von ökonomischen Zielsetzungen unter der Beachtung vorhandener Gesetze hinausgehen (vgl. Jonker et al. 2010, S. 87).
Um sich dem CSR-Begriff noch weiter annähern zu können, muss er von einigen artverwandten Begriffen abgegrenzt werden. In Literatur und Sprachgebrauch werden die Begriffe Corporate Citizenship (CC) und Corporate Sustainability (CS) synonym für CSR verwendet. CC beschreibt die „Gestaltung der Gesamtheit der Beziehungen zwischen einem Unternehmen und dessen lokalem, nationalem und globalem Umfeld“ (Europäische Kommission 2001, S. 28). Dem Unternehmen wird dabei die Rolle eines verantwortungsvollen Bürgers zuteil und trägt zur Lösung eines konkreten standortbezogenen Problems bei. Im Unterschied zum CSR-Ansatz gehen CC-Aktivitäten über das eigentliche Kerngeschäft des Unternehmens hinaus (vgl. Pommerening 2005, S. 26; Jonker et al. 2010, S. 87). CS, die unternehmerische Nachhaltigkeit, zielt auf die „langfristige Sicherung des sozialen, ökonomischen und ökologischen Kapitals eines Unternehmens“ (Jonker et al. 2010, S. 88) ab. Während CS freiwillige als auch unfreiwillige Aktivitäten in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit umfasst, „bezieht sich das CSR-Konzept im Kern auf die freiwilligen, ökologischen und sozialen Aktivitäten eines Unternehmens und kann somit als Teilbereich der Corporate Sustainability verstanden werden“ (ebd.).
[...]
1 Gemeinschaft aller Anspruchsgruppen, ohne deren Unterstützung das Unternehmen nicht überlebensfähig wäre. Die Gruppe der Stakeholder ist folglich sehr heterogen und umfasst z.B. die Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten, den Staat und die Öffentlichkeit. Im Rahmen des Stakeholder-Ansatzes wird die Unternehmung als Organisation betrachtet, in der verschiedene Interessengruppen (Stakeholder) zusammengeschlossen sind. Aufgabe der Unternehmensleitung ist es, zwischen den unterschiedlichen Gruppen zu vermitteln, um einerseits die Kooperation im Rahmen der unternehmerischen Leistungserstellung zu sichern und andererseits Kompromisse hinsichtlich der Verteilung des erwirtschafteten Unternehmenserfolgs auszuarbeiten. (Vgl. Breuer et al. 2012)
- Arbeit zitieren
- Daniel Zäck (Autor:in), 2012, Berufliche Bildung benachteiligter Jugendlicher als CSR-Aktivität von Unternehmen am Beispiel der Initiative "JOBLINGE“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207777
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