In der Forschung und Rezeptionsästhetik ist es allgemeiner Konsens, dass die Filme des deutschen Regisseurs Rudolf Thome (*1939 in Wallau/Lahn) sich thematisch stets um die „Souveränität und Emanzipiertheit“ der Figuren, vornehmlich der Frau, drehen. So auch in Tarot (1985), der filmischen Adaption des Romans Die Wahlverwandtschaften von Johann Wolfgang von Goethe. Dennoch besteht die Frage, inwiefern sich diese Emanzipierung ausdrückt oder ob der Wunsch sowie die Entwicklung in der filmischen Darstellung glückt bzw. überzeugt.
Meine These lautet, dass sich die Emanzipation der einzelnen Figuren im Motiv des Schreibens offenbart, also das Scheitern sowie Gelingen am Vollzug des Schreibens ablesbar ist.
Im Folgenden möchte ich die Schreibvorgänge und Schreibversuche der vier Protagonisten, Ottilie, Eduard, Otto und Charlotte, jeweils untersuchen und aufzeigen, inwiefern sich dabei der Aspekt der Emanzipation eröffnet. Meine Untersuchung zielt nicht darauf ab, ob eine Emanzipierung der einzelnen Figuren überhaupt gewollt ist. Dies setze ich voraus.
Schreiben als Emanzipationsprozess
In der Forschung und Rezeptionsästhetik ist es allgemeiner Konsens, dass die Filme des deutschen Regisseurs Rudolf Thome (*1939 in Wallau/Lahn) sich thematisch stets um die „Souveränität und Emanzipiertheit“ der Figuren, vornehmlich der Frau, drehen.[1] So auch in Tarot (1985), der filmischen Adaption des Romans Die Wahlverwandtschaften von Johann Wolfgang von Goethe.[2] Dennoch besteht die Frage, inwiefern sich diese Emanzipierung ausdrückt oder ob der Wunsch sowie die Entwicklung in der filmischen Darstellung glückt bzw. überzeugt.
Meine These lautet, dass sich die Emanzipation der einzelnen Figuren im Motiv des Schreibens offenbart, also das Scheitern sowie Gelingen am Vollzug des Schreibens ablesbar ist.
Im Folgenden möchte ich die Schreibvorgänge und Schreibversuche der vier Protagonisten, Ottilie, Eduard, Otto und Charlotte, jeweils untersuchen und aufzeigen, inwiefern sich dabei der Aspekt der Emanzipation eröffnet. Meine Untersuchung zielt nicht darauf ab, ob eine Emanzipierung der einzelnen Figuren überhaupt gewollt ist. Dies setze ich voraus.
Ottilie fällt im Raumen des Schreibprozesses gänzlich heraus. Denn obwohl sie in Goethes Roman diejenige ist, die als einzige durchgehend mit dem (Ab-)Schreiben beschäftigt ist, wird sie bei Thome an keiner Stelle als Schreibende vorgeführt. Sie ist die Ausnahmeerscheinung in der Vierer-Konstellation. Statt sich mit dem Schreiben auseinanderzusetzen, spielt sie Gitarre und widmet ihre Aufmerksamkeit der Musik. Obwohl sie in einer gewissen Weise als jugendliche Träumerin eingeführt wird, ist sie dem Schreiben in der Form eines Tagebuches, Gedichten oder Liedern nicht zugeneigt. Ihr Fokus liegt mehr auf der Musik und den Klängen, nicht auf Wörter und Worte. Selbst Charlotte erwähnt: „[…] Kein Talent? Sie braucht jemanden, der ihr Selbstbewusstsein aufbaut.“ Dies hat zur Konsequenz, dass sie sich als unemanzipierte, schüchterne und vor allem in sich gekehrte Figur am Ende des Films nicht von den anderen Personen ablösen kann und dementsprechend durch den Tod ganz aus der Welt scheiden wird.
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[1] Zitiert nach Grimm, Claudia: Die Transformation von Gefühlsdarstellungen in Buch und Film. Medienwissenschaftliche Analysen zu vier filmischen Literaturadaptionen von Goethes Roman „Die Wahlverwandtschaften“, zugleich Dissertation Universität Gießen, 2005. S. 144.
Online-Link: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2265/index.html
[2] Gemäß Claudia Grimm: Die Transformation von Gefühlsdarstellungen, S. 144 ff. Ebenso nach Witte, Karsten: Im Laufe des Lichts. Rudolf Thomes Film Tarot nach Goethes Wahlverwandtschaften. Ein Meisterwerk. In: Formen der Liebe. Die Filme von Rudolf Thome, hrsg. von Ulrich Kriest, Marburg: Schüren, 2010. S. 129 ff.
- Arbeit zitieren
- Nicole Hilbig (Autor:in), 2012, Schreiben als Emanzipationsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207644
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