In Tränen aufgelöst oder eng aneinander geklammert... manchmal auch etwas reserviert. Wie verabschieden sich Paare an deutschen Bahnhöfen und wie begrüßen sie sich?
Eine kompakte Analyse des Verhaltens von Paaren mit der soziologischen Methode der Beobachtung.
Inhaltsangabe:
1. Einführung
2. Vorgehensweise und Methodik
3. Literatur
3.1 Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch, der bestätigende Austausch
3.1.1 Begrüßung
3.1.2 Verabschiedung
3.2 Joachim Knuf/ H. Walter Schmitz, Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur
3.3 Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch, Beziehungszeichen
3.4 Goffman, Arrangement der Geschlechter. In: Hubert Knoblauch, Interaktion und Geschlecht
4. Vermutung/Hypothese
5. Beobachtung und Analyse
6. Schluss und Zusammenfassung
7. Literaturnachweis
1. Einführung:
Ich und meine Forschungspartnerin Julia Mayrschofer haben für unsere Forschungsarbeit das Thema „Paare an Bahnhöfen- Verabschiedungsverhalten und Begrüßungsverhalten“ gewählt. Auf dieses Thema sind wir gekommen, da ich sehr viel Zeit an Bahnhöfen verbringe und ich, im Zuge des Seminarthemas, begonnen hatte mich mehr mit dem Verhalten von Paaren zu beschäftigen. Ich habe mehr darauf geachtet als vorher und deswegen habe ich mich entschieden dieses Thema vorzuschlagen.
Wir haben über den Vorschlag diskutiert und uns dafür entschieden, da er sich sehr interessant angehört hat und auch als wir unser Thema im Seminar vorgestellt haben, haben wir positive Resonanz bekommen.
Zum Forschungsstand lässt sich sagen, dass es direkt zu unserem Thema keine Literatur gibt. Erving Goffman aber hat sich mit dem Verhalten von Paaren, Begrüßungen und Abschieden allgemein beschäftigt.
2. Vorgehensweise und Methodik:
Nachdem wir uns auf ein Thema geeinigt hatten, haben wir uns Gedanken darüber gemacht wie wir vorgehen sollten.
Zuallererst haben wir versucht Literatur zu unserem Thema zu finden. Leider waren wir bei unseren ersten Versuchen nicht sehr erfolgreich. Wir haben uns verschiedene Bücher angeschaut, aber leider nichts zu unserem Thema gefunden.
Danach haben wir uns Gedanken über die Umsetzung unseres Forschungsthemas gemacht. Wir haben uns darauf geeinigt eine Beobachtung durchzuführen. Dabei möchten wir verdeckt vorgehen, da wir der Meinung sind, dass die beobachteten Menschen, vor Allem nach Verabschiedungen, nicht in der Stimmung sind unsere Fragen zu beantworten und es uns auch unangenehm ist den Leuten hinterher zu sagen, dass wir sie beobachtet haben, was vorher nicht möglich ist, da es unsere Beobachtungsdaten beeinflussen würde.
Als Beobachtungsort haben wir uns den Augsburger Hauptbahnhof ausgesucht. Dort haben wir einzeln oder zu zweit, zu verschiedenen Tageszeit und an verschiedenen Tagen Paare beobachtet.
Dabei wollen wir nicht quantitativ vorgehen, sondern qualitativ, weil für eine quantitative Untersuchung viel länger und intensiver vorgegangen werden muss, um genügend Daten sammeln zu können. Wir haben also erst einmal geschaut was es zu beobachten gibt. Danach haben wir eine Art offenen Leitfaden ausgearbeitet, auf welche Dinge wir achten möchten. Danach haben wir geschaut welche Erkenntnisse sich daraus ziehen lassen und welche Verhaltensweisen typisch sind und auch schon in der Literatur besprochen werden.
Wir wollen hierbei das Verhalten von Männern und Frauen untersuchen und wie sie miteinander agieren. Wir wollen dabei auf das geschätzte Alter achten, das Gepäck, wer schließlich mit dem Zug wegfährt und ob sich das Verhalten durch diese Beobachtungen erklären lassen.
Des weiteren haben wir auch noch auf verschiedene andere Faktoren wie die Umwelt am Bahnhof geachtet, ob schönes Wetter ist oder ob gerade viele Menschen anwesend sind.
Wir wollen auch versuchen aus dem Verhalten der Paare noch Weiteres herauszulesen. Unter anderem auch ob die Paare schon länger zusammen sind und ob sie eine Fernbeziehung haben oder nicht oft getrennt sind. Dabei wollen wir auch darauf achten ob sich ältere Paare anders benehmen als jüngere.
3. Literatur
Zu unserem Thema gab es leider keine spezifische Literatur zu Paarverhalten, sondern nur Literatur zu allgemeinem Begrüßungs- und Verabschiedungsverhalten. Des weiteren haben wir auch Literatur zum Geschlechterverhalten herangezogen.
3.1 Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch, der bestätigende Austausch:
Erving Goffman hat in seinem Werk „das Individuum im öffentlichen Austausch“ von 1974 einiges über das Begrüßungs- und Abschiedsverhalten geschrieben.
Zuerst einmal wird festgehalten, dass diese Vorgänge als bestätigende Rituale angesehen werden können. Ein Ritual ist eine Handlung, durch die ein Individuum einer anderen Person oder auch einem Objekt seinen Respekt und seine Ehrerbietung zeigt. Rituale sind in unsrer Zeit allgegenwärtig, auch wenn wir viele davon kaum noch wahrnehmen, weil sie ganz automatisch ablaufen.[1]
Das Begrüßen und das Abschied nehmen wird als bestätigendes, interpersonelles Zugänglichkeitsritual bezeichnet, weil hierbei ein sozialer Kontakt zwischen zwei oder mehreren Individuen hergestellt wird. Kontakte werden solche Situationen bezeichnet, in denen sich Personen zu gleich einander zuwenden und beide auch verstehen, dass sie sich einander zuwenden. Ohne Kontakt kann auch kein interpersonelles Ritual entstehen.[2]
3.1.1 Begrüßung:
Das Grüßen ist eine meist standardisierte Verhaltensweise, die verschiedene nonverbale und verbale Ausprägungen haben kann. Wichtig ist in beiden Fällen allerdings der Blickkontakt, vor allem im nonverbalen Bereich. Nonverbale Zeichen einer einfachen Begrüßung wären: lächeln, winken, sich an den Hut tippen und anderes.
Wenn man sich verbal grüßt, dann ist dies in aller Regel mit einer Anrede und einer Begrüßungsfloskel wie „Hallo“, Guten Tag“, „wie geht es?“ verbunden. Oft sind diese verbalen Begrüßungen mit nonverbalen Zeichen wie Händeschütteln, Umarmungen oder Küssen verbunden.[3]
Eine Begrüßung kann als Ausdruck der Freude über das Wiedersehen mit einer geschätzten oder geliebten Person angesehen werden, mit der man in einer Beziehung steht, von der man aber für eine gewisse Zeit getrennt war, teilweise ohne diese Trennung bewusst herbei geführt zu haben.[4]
Dabei ist es wichtig wie lange diese Trennung gedauert hat. Eine lange und ungewöhnliche Trennung wird auch eine etwas ausgedehntere Begrüßung zur Folge haben, weil sie sich an der Zeit orientiert, in der keine Kontakte stattfanden. Ebenso entscheidend über die Intensität der Begrüßung ist die Stärke der Beziehung zwischen den sich grüßenden Personen. Man wird zum Beispiel einen Verwandten intensiver nach einer langen Reise begrüßen als einen verreisten Nachbarn.[5]
Die Begrüßung initiiert also den Beginn einer Phase vermehrter Zugänglichkeit in der Beziehung zwischen zwei oder mehreren Personen, wobei man zur Zugänglichkeit auch immer den Grad der Beziehung in Bezug setzen sollte, weil man durch seine Begrüßung keine falschen Vorstellungen über den Grad einer Beziehung erzeugen sollte. Wenn man keinen weiteren ausgedehnten Kontakt zur begrüßten Person haben möchte, dann ist es nicht von Vorteil, wenn man diese Person überschwänglich willkommen heißt. Dies könnte zu Missverständnissen über die Beziehung der beiden Partizipanten führen.[6]
Ebenso ein Missverständnis über die Beziehung könnte entstehen, wenn man eine Person, die erwartet wird nicht schon am Bahnhof oder Flugplatz begrüßt. In einer Beziehung in der dies nicht stattfindet stimmt laut Goffman etwas nicht.[7]
3.1.2 Verabschiedung:
Die Verabschiedung hingegen markiert das Ende einer erhöhten Zugänglichkeit zueinander. Sie beendet einen Kontakt, resümiert diesen und festigt die Beziehung für den Zeitraum der Trennung.[8]
Auch hier gibt es verbale und nonverbale Verabschiedungen. Nonverbal kann man sich zum Abschied die Hand reichen, winken, sich umarmen oder auch Küssen. Verbal gibt es bestimmte Sätze, die man anwenden kann. Je nachdem, ob ein baldiges Wiedersehen wahrscheinlich ist oder nicht unterscheiden sich die Abschiedsformeln. Wenn man sich in Kürze erneut treffen wird, dann kann man „auf Bald“ oder „bis dann“ sagen. Dies sind abgekürzte Formen. Bei einem längeren Abschied wird man nicht diese Abkürzungen benutzen, sondern sich ausführlicher verbal und nonverbal verabschieden. Dazu kann man dann „auf Wiedersehen“ mit „mach es gut“ oder „gute Reise“ und dergleichen verbinden.[9]
Laut Goffman ist der beste Zeitpunkt für die Verabschiedung der letztmögliche Kontaktzeitpunkt. Deshalb ist es ratsam eine Person, die mit dem Bus, der Bahn oder dem Flugzeug verreist bis zum Bahnhof oder dem Flughafen zu begleiten
Anders als bei der Begrüßung muss man bei der Verabschiedung nicht befürchten falsche Hoffnungen in Bezug auf die Beziehung zu wecken, denn infolge eines Abschieds kommt es erst einmal zu einer Trennung. Man kann also so überschwänglich sein wie man will, denn man muss nicht befürchten, dass dieses Verhalten so schnell zur Gewohnheit wird und belastende Vorstellungen erzeugt.[10]
Die Intensität einer Verabschiedung ist wie bei der Begrüßung auch abhängig davon, wie lang die bevorstehende Trennung andauert und ebenso von der Stärke der Beziehung der sich Verabschiedenden. Dabei kann es aber auch vorkommen, dass man sich zu eindringlich verabschiedet, wenn eine Trennung eigentlich zu kurz dafür ist und auch umgekehrt. Dies muss man dann einfach hinnehmen, denn zurücknehmen kann man das Ritual nicht.[11]
3.2 Joachim Knuf und H. Walter Schmitz: Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur:
Eine weitere Arbeit zum Thema Ritualen mit kurzen Passagen zu Begrüßungen und Abschieden ist die von J. Knuf und H.W. Schmitz. Diese haben wir zu eventuellen Ergänzung des Textes von Goffman herangezogen, da dieser schon sehr umfangreich war. Deshalb werde ich hier nur Passagen erwähnen, die nicht schon von Goffman behandelt worden sind.
Zusätzlich zu Goffmans Ansicht von der Begrüßung und Verabschiedung als interpersoneller Austausch mit den Verpflichtungen Geben und Erwidern, betonen J.K. und H.W.S. eine dritte Verpflichtung, nämlich die des Annehmens. Dabei kann es sein, dass dieser Prozess nur ein innerer Vorgang ist und für andere oft erst durch das Erwidern erkennbar ist. Voraussetzung hierfür ist auch das Verstehen. Mit einer Erwiderung auf den Gruß oder den Abschied teilt der Adressat mit, dass er die Geste als solche verstanden und akzeptiert hat, sowie seine damit verbundenen Verpflichtungen anerkennt.[12]
Diese Verpflichtung wird dadurch erzeugt, dass ein Gruß teilweise als Aufforderung (summon) verstanden werden kann. Das kann man zumindest darauf beziehen, dass mit einem Gruß eine Anrede verbunden ist. Dasselbe gilt ebenso für eine Verabschiedung.[13]
Um aber überhaupt einen Austausch zustande kommen zu lassen, muss es zu einem Kontakt zwischen den Individuen kommen. Dazu muss eine Person, A genannt, die Aufmerksamkeit von einer Person B auf sich ziehen ehe eine Begrüßung stattfinden kann und A in den persönlichen Raum von B eindringen darf.[14]
Wenn nun ein Initiator die Absicht hat einen Rezipienten zu begrüßen oder zu verabschieden, muss er Grenzen überschreiten. Sollte die Interaktion im öffentlichen Raum stattfindet, dann muss die Grenze der persönlichen Sphäre überquert werden, was im Zuge von Begrüßungshandlungen auch erlaubt ist. Durch diesen Vorgang wird ein gemeinsamer Raum geschaffen, der wiederum zur Außenwelt hin abgeschirmt ist.[15]
Bei einer verbalen Begrüßung kommt es sehr oft im Anschluss zu weiterem sprachlichen Austausch, der als Austausch von Wohlbefindensformeln bezeichnet werden kann. Dies ist vor allem der Fall wenn sich die Beteiligten gut kennen und sich für eine für eine bestimmte Zeit nicht gesehen haben. Man erkundigt sich hierbei nach dem befinden und Anderem. Diese Formeln sind aber nicht mit einer Begrüßung gleichzusetzen und auch viel weniger ritualisiert.[16]
[...]
[1] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 97-98
[2] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 98+106+108
[3] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 111-112
[4] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 112
[5] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 123-124+129
[6] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 116-117+123+128
[7] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 128
[8] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 118
[9] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 122
[10] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 125+128
[11] Erving Goffman: das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt 1974. S. 129-130
[12] Joachim Knuf und H. Walter Schmitz: Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur. Hamburg 1980. S. 69-70+75-76+80
[13] Joachim Knuf und H. Walter Schmitz: Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur. Hamburg 1980. S. 70
[14] Joachim Knuf und H. Walter Schmitz: Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur. Hamburg 1980. S. 79
[15] Joachim Knuf und H. Walter Schmitz: Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur. Hamburg 1980. S. 80-81
[16] Joachim Knuf und H. Walter Schmitz: Ritualisierte Kommunikation und Sozialstruktur. Hamburg 1980. S. 81
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.