Ein kleines Stoffkreuz. Mehr nicht. Auf dem Konzil von Clermont gemäß dem Bibelwort „wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig“ (Mt. 10,38) aus Gewändern geschnitten und an die Kleidung geheftet, war es anfangs das einzige äußere Erkennungsmerkmal der Kreuzfahrer und markiert so gleichsam den Beginn einer bis heute nachwirkenden Epoche der verstärkten und konfliktiven interkulturellen Begegnung zwischen Orient und Okzident, zwischen Islam und Christentum. Auf dem Konzil im auvergnatischen Clermont im Jahre 1095 und danach nahmen diejenigen, die sich öffentlich und vor aller Augen zur ebenso beschwerlichen wie entbehrungsreichen Reise ins Heilige Land verpflichteten, das Stoffkreuz und hefteten es an ihre Kleidung. Sie gelobten zugleich, ihr Kreuz in unmit-telbarer Nachfolge Jesu Christi zu tragen und erst nach erfolgreichem Abschluss ihrer Quasi-Pilgerreise abzunehmen. Ihre Bereitschaft und ihr Enthusiasmus kulminierte im von mehreren Quellen überlieferten Ausruf „Deus lo vult!“ Die Begriffe „Kreuzzug“ und „Kreuzfahrt“ selbst bürgerten sich erst im 13. Jahrhundert als Bezeichnung für diese Personengruppe ein.
Doch wie kam es überhaupt zur Kreuzzugsbewegung, genauer: zum ersten Kreuzzug? Wie und in welchem politischen Umfeld nahm diese Bewegung ihren Anfang? Welche Einflussfaktoren und –größen trugen dazu bei, dass sich am Ende des elften Jahrhunderts tausende Christen aller Couleur und verschiedenster Provenienz dazu aufmachten, in dieser von immobilen, kleinräumigen Strukturen geprägten Zeit die gefahrenvolle, lange Reise bis ins heilige Land, also die an der Levante gelegenen heiligen Stätten der Bibel um Jerusalem als Ort der Marterung, Kreuzigung und Wiederauferstehung Christi, aufzunehmen? Und welche Rolle spielte gerade Papst Urban II. (1088-1099) als Oberhaupt der lateinischen Kirche mit Anspruch auf die Oberhoheit über alle Christen bei diesem Unterfangen? Lässt sich also der Kreuzzug als päpstliches Projekt apostrophieren? Diese Fragen sollen im Folgenden nach einer kritischen Würdigung der Literatursituation sowie definitorischen Annäherung an der Begriff "Kreuzzug" beantwortet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Themenstellung
- Literatursituation
- Strukturelle Prämissen
- „Kreuzzug“ – definitorische Annäherung
- Das oströmische Reich im 11. Jahrhundert
- Rolle Papst Urbans
- Biographische Skizze
- Herrschaftsprogrammatik Urbans zwischen Tradition und Aufbruch
- Politische Motive Urbans
- Allgemeine Beweggründe und Kennzeichen
- Päpstliche Propaganda und Kreuzzugswerbung
- Volksfrömmigkeit
- Strukturalistische Faktoren
- Vorbereitung und Durchführung des Kreuzzuges
- Das Hilfegesuch: Das Konzil von Piacenza und die Zeit danach
- Der Aufruf: Das Konzil von Clermont
- Die Vorbereitung: Werbungsreise und Prediger
- Unverhoffter Triumph: Aufbruch und Ablauf des ersten Kreuzzuges
- Fazit und Bewertung
- Konzeptuelle Konstanten
- Konzeptuelle Veränderungsprozesse
- Abschlussbemerkung
- Anhang
- Quellenverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die politischen Motive hinter dem ersten Kreuzzug und die Rolle Papst Urbans II. im Entstehungsprozess dieser Bewegung. Dabei wird insbesondere auf die Frage eingegangen, inwieweit der Kreuzzug als päpstliches Projekt zu verstehen ist und welche Einflussfaktoren zur Mobilisierung tausender Christen im späten 11. Jahrhundert beigetragen haben.
- Der Kreuzzug als politisches und religiöses Phänomen
- Die Rolle des Papsttums in der Kreuzzugsbewegung
- Die politische Programmatik Papst Urbans II.
- Die Beweggründe der Kreuzzugsteilnehmer
- Die strukturellen Prämissen des ersten Kreuzzugs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Themenstellung und den Forschungsstand vor. Kapitel 2 analysiert die strukturellen Prämissen des ersten Kreuzzugs, wobei sowohl die Definition des Begriffs „Kreuzzug“ als auch die Situation des oströmischen Reiches im 11. Jahrhundert beleuchtet werden. Kapitel 3 konzentriert sich auf die Rolle Papst Urbans II., indem es seine Biografie, seine politische Herrschaftsprogrammatik und seine Motive für den Kreuzzugsaufruf beleuchtet. In Kapitel 4 werden die allgemeinen Beweggründe und Kennzeichen der Kreuzzugsbewegung diskutiert, einschließlich päpstlicher Propaganda, Volksfrömmigkeit und struktureller Faktoren. Kapitel 5 widmet sich der Vorbereitung und Durchführung des Kreuzzugs, mit Fokus auf das Konzil von Piacenza, den Aufruf von Clermont und die Werbungsreise der Kreuzzugsprediger.
Schlüsselwörter
Kreuzzug, Papst Urban II., Oströmisches Reich, Politische Motive, Religiöse Beweggründe, Päpstliche Propaganda, Volksfrömmigkeit, Strukturalistische Faktoren, Geschichte des Christentums, Mittelalter, Byzanz, Jerusalem, Heilige Stätten
- Arbeit zitieren
- Simon Vogl (Autor:in), 2012, Deus lo vult?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207219