[...] Der Wissenschaft wurde jahrelang Objektivität unterstellt und im alltäglichen
Umgang geht noch immer eine Vielzahl der Menschen von einer solchen
Objektivität aus.
Allerdings wurde mit diesem Mythos der Objektivität in der wissenschaftlichen
Diskussion im 20. Jahrhundert gründlich aufgeräumt.
Es wurde herausgestellt, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft weder ohne
eine weltanschauliche Grundlage noch ohne Elemente des Glaubens auskommt.
Einer der wichtigsten Köpfe ist in diesem Kontext ist Thomas S. Kuhn.
Der Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn hat u.a. das Bild eines linearen
Verlaufs der Wissenschaftsgeschichte, das oft angenommen wird, kritisch unter
die Lupe genommen.
In seinem Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ hat er die
Entwicklung der Wissenschaft aus seiner Sicht beschrieben.
Seine These ist, dass sich wissenschaftliche Entwicklungen nicht durch
kontinuierliche Erweiterungen des Wissens ergeben, sondern aus so genannten
wissenschaftlichen Revolutionen.
In diesen Revolutionen wird ein anerkanntes Erklärungsmodell der Wissenschaft,
Kuhn nennt dies Paradigma, verworfen und durch ein neues ersetzt.
Bekannt geworden ist der von Kuhn geprägte Begriff „Paradigmenwechsel“.
Inhaltsverzeichnis
1 Wissenschaft
2 Zur Person: Thomas Samuel Kuhn
3 Das Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“
3.1 Der Inhalt in Kürze
3.2 Historische Hintergründe
4 Paradigma
4.1 Paradigma als Sammelbegriff
4.2 Der Paradigmenbegriff auf wissenschaftstheoretischer Ebene
4.3 Der Paradigmenbegriff auf philosophisch-historischer Ebene
4.4 Paradigma auf soziologischer Ebene
4.5 Die disziplinäre Matrix
4.6 Das Paradigma als Musterbeispiel
4.7 Paradigmen in der Erziehungswissenschaft
4.8 Die vorparadigmatische und die paradigmatische Zeit
5 Die Normalwissenschaft
5.1 Normalwissenschaft und wissenschaftliche Revolutionen
5.2 Die drei Aufgabenfelder der Normalwissenschaft nach Kuhn
5.3 Das Ziel der Normalwissenschaft
5.4 Die Normalwissenschaft als ein Lösen von Rätseln
5.5 Die durch ein Paradigma vorgegebenen Regeln
6 Literaturverzeichnis
7 Register
1 Wissenschaft
„Wissenschaft (engl. Science). 1) Die Summe des geordneten, begründeten, für gesichert erachteten Wissens einer Zeit. 2) Als Prozess die Sammlung, Vertiefung, Ordnung und laufende Verbesserung des Wissens über einen bestimmten Gegenstandsbereich, dessen Phänomene und Zusammenhänge begrifflich erfasst, zueinander in Beziehung gesetzt und unter Einsatz der jeweils angemessenen Forschungsmethoden untersucht werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen prinzipiell auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfbar sein und nach Möglichkeit zu Theorien zusammengefasst werden, aus denen sich dann wiederum neue Probleme verstehen bzw. erklären lassen. 3) Die Einteilung der W. ist nach verschiedenen Kriterien möglich: a) von den Gegenstandsbereichen her (Kultur, Soziales, Erziehung, Natur usw.), b) nach den grundlegenden Erkenntnisinteressen, Fragestellungen und Methoden (erklärende und verstehende W.) und schließlich c) im Hinblick auf ihren Bezug zur gesellschaftlichen Praxis als reine oder angewandte W.“ (Schaub & Zenke, 1999: 370)
Der Wissenschaft wurde jahrelang Objektivität unterstellt und im alltäglichen Umgang geht noch immer eine Vielzahl der Menschen von einer solchen Objektivität aus.
Allerdings wurde mit diesem Mythos der Objektivität in der wissenschaftlichen Diskussion im 20. Jahrhundert gründlich aufgeräumt.
Es wurde herausgestellt, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft weder ohne eine weltanschauliche Grundlage noch ohne Elemente des Glaubens auskommt.
Einer der wichtigsten Köpfe ist in diesem Kontext ist Thomas S. Kuhn.
Der Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn hat u.a. das Bild eines linearen Verlaufs der Wissenschaftsgeschichte, das oft angenommen wird, kritisch unter die Lupe genommen.
In seinem Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ hat er die Entwicklung der Wissenschaft aus seiner Sicht beschrieben.
Seine These ist, dass sich wissenschaftliche Entwicklungen nicht durch kontinuierliche Erweiterungen des Wissens ergeben, sondern aus so genannten wissenschaftlichen Revolutionen.
In diesen Revolutionen wird ein anerkanntes Erklärungsmodell der Wissenschaft, Kuhn nennt dies Paradigma, verworfen und durch ein neues ersetzt.
Bekannt geworden ist der von Kuhn geprägte Begriff „Paradigmenwechsel“.
2 Zur Person: Thomas Samuel Kuhn
Thomas Samuel Kuhn wurde am 18. Juli in Cincinnati, Ohio, in den Vereinigten Staaten von Amerika geboren.
Im Jahr 1949 schloss er an der Harvard Universität ein Studium in Physik mit einer Promotion ab. Vor diesem Abschluss besuchte er einen Collegekurs über Physik für Nichtnaturwissenschaftler, was ihn hinsichtlich seiner Auffassung der Geschichte der Wissenschaft stark beeinflusste.
So schreibt er in seinem Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“: „zu meiner völligen Überraschung unterminierte jene Begegnung mit veralteter wissenschaftlicher Theorie und Praxis radikal einige meiner grundlegenden Auffassungen vom Wesen der Wissenschaft und von den Gründen für ihren besonderen Erfolg“ (Kuhn, 1976: 7).
Daraufhin wechselte Kuhn von der Physik zur Geschichte der Wissenschaft.
Bis 1951 war er Junior Fellow, was ihn sehr prägte, denn «ohne jene Periode der Freiheit wäre der Übergang auf ein neues Studiengebiet weitaus schwieriger, vielleicht gar nicht möglich gewesen.» (Kuhn, 1976: 7)
Daraufhin war er bis 1956 Assistenzprofessor für „Geschichte der Wissenschaft“ an der Harvard Universität.
1956 wechselte Thomas S. Kuhn an die Berkeley Universität in Kalifornien, wo er dann 1961 Professor für „Geschichte der Wissenschaft“. Diese Professur führte er zwischen 1964 und 1979 an der Universität Princeton weiter.
Danach wurde er Professor der Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte am Massachusetts Institute of Technology, wo er von 1983 bis 1991 die Laurence S. Rockefeller Professur für Philosophie innehatte.
1982 wurde Thomas S. Kuhn mit der George Sarton Medaille in Wissenschaftsgeschichte geehrt und erhielt des Weiteren Ehrenauszeichnungen von verschiedenen Institutionen. Diese waren u. a. die Universitäten von Columbia, Notre Dame, Chicago, Padua und Athen.
Am 17. Juni 1996 starb Thomas S. Kuhn in Cambridge, Massachusetts, an einem Krebsleiden.
3 Das Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“
3.1 Der Inhalt in Kürze
Thomas S. Kuhn geht von der Feststellung aus, dass die Klassiker der Wissenschaft wie die „Physik“ von Aristoteles, der „Almagest“ von Ptolemäus oder Newtons „Principia“ und „Opticks“ eine zeitlang dazu dienten, den nachfolgenden Generationen von Fachleuten die anerkannten Probleme und Methoden eines Forschungsgebiets zu bestimmen. Dafür verwendet Kuhn den Begriff des Paradigmas.
Es gibt gemäß Kuhn eine vorparadigmatische und eine paradigmatische Wissenschaft.
Die vorparadigmatische Forschung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich keine Schule oder Lehre auf einem bestimmten Gebiet durchsetzen kann, sondern dass auf gleichem Gebiet viele verschiedene Forschungsrichtungen existieren.
Durch den Erwerb eines Paradigmas geht ein Fachgebiet zur paradigmatischen Forschung über. Die Arbeit, die bei dieser Forschung gemacht wird, nennt Kuhn normale Wissenschaft.
Normale Wissenschaft ist für Kuhn nicht das zufällige Sammeln von Daten und Fakten, wie noch in der vorparadigmatischen Zeit, sondern das gezielte Lösen von Problemen, die sich innerhalb eines Paradigmas stellen.
Kuhn vergleicht daher die normalwissenschaftliche Arbeit mit dem Lösen von Rätseln.
3.2 Historische Hintergründe
Als Thomas Kuhn gebeten wurde, einen Artikel für die Encyclopedia of Unified Science zu verfassen, entwickelte er aus diesem Artikel das Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“, welches 1962 auf Englisch erschien und welches er mehr als ein Essay denn als ein Buch sah.
Thomas S. Kuhn war davon überzeugt, dass traditionelle Zugangsweisen zur Wissenschaft, wie der Induktivismus und der Falsifikationismus, den historischen Gegebenheiten nicht entsprechen.
Auf der Basis historischer Studien zur Entstehungsgeschichte der neuzeitlichen Wissenschaft erarbeitete er eine neue Konzeption der Wissenschaftsgeschichte, und er entwickelte eine neue Sicht der Wissenschaftstheorie.
Kuhns Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ bedeutete eine historische Wende in der Wissenschaftstheorie und hatte eine Umorientierung der wissenschaftstheoretischen Diskussion zur Folge.
Es wurde in sechzehn Sprachen übersetzt und ungefähr eine Million Mal verkauft.
Und obwohl sich Kuhn fast ausschließlich darauf bezieht, wie sich die Entwicklung der Wissenschaft in den Naturwissenschaften vollzieht, wurden nicht nur Naturwissenschaftler davon beeinflusst, sondern auch Ökonomen, Historiker, Soziologen und Philosophen.
4 Paradigma
„Paradigma (griech. Paradeigma Muster, Vorbild). Grundkonzeption für die Erarbeitung und Bewertung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Elemente eines P. sind ein bestimmtes Verständnis von Wirklichkeit, ein besonderes Erkenntnisinteresse, ein typisches Forschungsverfahren sowie eine spezifische Bestimmung des Verhältnisses von Theorie und Praxis. So geht das empirische P. z.B. im Kern von einer geordneten, nach bestimmten Ursache-Wirkungszusammenhängen sich immer wieder gleichartig vollziehenden Wirklichkeit aus. Ziel empirischer Forschung ist Gesetzeswissen, aus dem sich Prognosen und Handlungsanweisungen für die Praxis gewinnen lassen. Typische Forschungspraktiken sind Experiment und Messen. Dagegen definiert das geisteswissenschaftliche P. seine Wirklichkeit als sinnstiftende Interaktion von Individuen im Rahmen ihres historischen Lebenszusammenhanges. Ziel der Forschung ist die verstehende Rekonstruktion der in den Objektivationen enthaltenen Sinngebung für kulturelles Handeln. Das typische Forschungsverfahren ist dementsprechend die Textauslegung (Hermeneutik), wozu heute selbstverständlich auch die Interpretation von Ergebnissen statistischer Analysen und empirischer Untersuchungen gehört“ (Schaub & Zenke, 1999: 266f.)
Kuhn machte den Begriff Paradigma zu einem die postempirische Wende der neuzeitlichen Wissenschaftstheorie kennzeichnenden Schlüsselbegriff, der, so muss man betonen, ein Konstrukt und demnach kein Abbild der Wirklichkeit ist.
Zudem ist er nicht statisch, sondern unterliegt einem ständigen Aus- und Umbau.
Da Kuhn den Paradigmenbegriff in seinem Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ verwandte, gibt es mehrere Definitionen für den Begriff.
4.1 Paradigma als Sammelbegriff
Wird der Paradigmenbegriff als Sammelbegriff verstanden, so umfasste er die allgemeinsten Fragestellungen und obersten Bezugsprobleme, die auf dem Gebiet einer bestimmten Theorie für einen überlieferten Zusammenhang der Forschungsarbeit kennzeichnend sind.
4.2 Der Paradigmenbegriff auf wissenschaftstheoretischer Ebene
Als Paradigma im wissenschaftsinternen Sinn bezeichnet Kuhn mustergültige Problemlösungen, welche auf einem bestimmten wissenschaftlichen Gebiet das Leitbild der gesamten Forschung darstellen.
Dies sind allgemein anerkannte Beispielleistungen, welche „von einer bestimmten wissenschaftlichen Gemeinschaft eine Zeitlang als Grundlagen für ihre weitere Arbeit anerkannt werden“ (Kuhn, 1976: 25).
Diese Beispielleistungen sind „neuartig genug, um eine beständige Gruppe von Anhängern anzuziehen, die ihre Wissenschaft bisher auf andere Art betrieben hatten“ (Kuhn, 1976: 25 oder 41) und „noch offen genug, um der neuen Gruppe von Fachleuten alle möglichen ungelösten Probleme zu stellen. Leistungen mit diesen Merkmalen werde ich von nun an als 'Paradigmen' bezeichnen“ (Kuhn, 1976: 25 oder 41).
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- Citation du texte
- Eva Busch (Auteur), 2003, Paradigmen und Normalwissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20696
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