Es gab einige Gruppen von Ausländern in der DDR, doch bei keiner kann man von einer erfolgreichen Integration sprechen. Trotz der SED-Propaganda der „weltweiten Verbrüderung“ war im Alltag von einem Internationalismus nichts zu spüren. Dies lässt sich an einigen Beispielen festmachen, die im Folgenden erörtert werden sollen.
Proletarischer Internationalismus oder verordnete Provinzialität?
Es gab einige Gruppen von Ausländern in der DDR, doch bei keiner kann man von einer erfolgreichen Integration sprechen. Trotz der SED-Propaganda der „weltweiten Verbrüderung“ war im Alltag von einem Internationalismus nichts zu spüren. Dies lässt sich an einigen Beispielen festmachen, die im Folgenden erörtert werden sollen.
Fremdheitsgefühl, Abneigung und sogar Rassismus gegenüber den Sowjetischen Soldaten
Die sowjetischen Soldaten stellten mit ca. 500 000 Personen die größte Ausländergruppe in der DDR dar. Sie lebten allerdings abgeschottet in ihren Kasernen und so gab es relativ wenig Kontakt zur DDR-Bevölkerung (MÜLLER 2005: 22). Die sowjetischen Streitkräfte hatten eine Vormachtstellung inne, nicht nur am Anfang als Besatzungsmacht, sondern auch noch später, trotz der formalen Souveränität der DDR seit 1954 (MÜLLER 2005: 17). Dies führte zu einer Bevormundung der DDR-Bevölkerung und einer faktischen Einschränkung ihrer Interessen. Das SED-Regime war quasi abhängig von den sowjetischen Truppen, was den sowjetischen Soldaten und Zivilisten einige Vorteile brachte, welche nicht selten missbraucht wurden. Dies alles führte zu einem Gefühl der Unterdrückung, Neid und Abneigung der DDR-Bevölkerung gegen die Sowjets in der DDR, und es kann nicht von wirklicher Akzeptanz gesprochen werden (MÜLLER 2005: 18). Die von der SED nach außen proklamierte Freundschaft mit den Sowjets war reine „Imagepflege“, in der Bevölkerung war von Freundschaft nichts zu spüren. Die DDR-Bevölkerung begann sich eher abzuschotten, auch aus Angst vor Überfremdung, da es relativ viele russische Soldaten waren, die teilweise auch mit ihren Familien in der DDR lebten. Durch diese Abschottung ergab sich auch wiederum für die Sowjets keine Möglichkeit zum Austausch oder um den DDR-Alltag kennen zu lernen. In einer Umfrage 1969 antworteten auf die Frage, ob sie an einem der Freundschaftstreffen mit den Sowjetsoldaten teilgenommen hätten 63% der Befragten mit nein (MÜLLER 2005: 132). Die Beziehungen zwischen den DDR-Bürgern und den sowjetischen Soldaten war von Fremdheitsgefühl, Sprachbarrieren und Mentalitätsunterschieden geprägt. Diese Unkenntnis führte oft zu Konflikten, bis hin zu Rassismus. Z.B. wurden bei Diebstahl oder Einbruch grundsätzlich zuerst „die Russen“ verdächtigt (MÜLLER 2005: 31). Gründe dafür waren die schon seit dem 19. Jahrhundert existierenden Negativstereotypen („Barbaren“, „bolschewistische Horden“), die sich durch die negativen Erfahrungen der DDR-Bevölkerung mit den sowjetischen Soldaten in der Zeit des Kriegsendes und dem Beginn der Zeit der sowjetischen Besatzung wieder verfestigt und reproduziert hatten. Das Erlebte - Vergewaltigungen, Plünderungen und Demontage - ließ die DDR-Bevölkerung noch Jahre später negativ über „die Russen“ denken (MÜLLER 2005: 26). Es stand also das Bild des idealisierten Sowjetmenschen der SED-Propaganda dem alten „Feindbild unzivilisierter Russe“ gegenüber (MÜLLER 2005: 32).
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- Arbeit zitieren
- Judith Bernet (Autor:in), 2007, Verordnete Provinzialität in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206933
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