Das kindliche Wohlbefinden ist in der jüngeren Vergangenheit immer mehr in den Fokus der Kindheitsforschung gelangt, so gibt es international sowie national bereits einige Studien zur Situation von Kinder. Deutsche Studien zum Thema Kindheit sind z.B.: Das LBS-Kinderbarometer, die World-Vision-Kinderstudien, der Unicef-Report zur Lage der Kinder in Deutschland, die KIGGS-Gesundheitsstudie, das DJI-Kinderpanel, die Shell-Jugendstudie und der Kinder- und Jugendbericht des Bundesministeriums für Familie. „Wohlbefinden“ ist dabei ein komplexes Konstrukt, dass je nach Schwerpunkt der Studien einerseits unterschiedlich intensiv behandelt, andererseits aber auch inhaltlich unterschiedlich ausgelegt wird. Das Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, verschiedene Konzepte zur Erfassung von Wohlbefinden vorzustellen und am konkreten Beispiel zu untersuchen, wie Wohlbefinden in zwei deutschen Kinderstudien, der LBS-Kinderarometer Studie (2009) und der 2. World-Vision-Kinderstudie (2010) operationalisiert wird. Dazu werden zuerst im zweiten Kapitel die Grundlegenden Begriffe „Kindheit“, „Wohlbefinden“ und „Operationalisierung“ definiert und darauf aufbauend, im dritten Kapitel, mögliche Operationalisierungen von kindlichem Wohlbefinden anhand der UNICEF-Studie „Child Well-Being in Rich Countries“ (2007) dargestellt. Desweiteren werden im dritten Kapitel die Operationalisierungen von kindlichem Wohlbefinden anhand der Fragebögen zu den genannten Studien analysiert und diskutiert. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit im vierten Kapitel zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffserklärungen
2.1. Kindheit
2.2. Wohlbefinden
2.3. Operationalisierung
3. Die Operationalisierung kindlichen Wohlbefindens
3.1. Mögliche Operationalisierungen
3.2. Kindliches Wohlbefinden in deutschen Kinderstudien: Das LBS-Kinderbarometer
3.2.1. Fragen nach kindlichem Wohlbefinden
3.2.2. Indikatoren kindlichen Wohlbefindens
3.2.3. LBS-Kinderbarometer - Zusammenfassung
3.3. Kindliches Wohlbefinden in deutschen Kinderstudien: Die 2. World Vision Kinderstudie
3.3.1. Fragen nach kindlichem Wohlbefinden
3.3.2. Indikatoren kindlichen Wohlbefindens
3.3.3. Zweite World Vision Kinderstudie – Zusammenfassung
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das kindliche Wohlbefinden ist in der jüngeren Vergangenheit immer mehr in den Fokus der Kindheitsforschung gelangt, so gibt es international sowie national bereits einige Studien zur Situation von Kinder[1]. „Wohlbefinden“ ist dabei ein komplexes Konstrukt, dass je nach Schwerpunkt der Studien einerseits unterschiedlich intensiv behandelt, andererseits aber auch inhaltlich unterschiedlich ausgelegt wird. Das Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, verschiedene Konzepte zur Erfassung von Wohlbefinden vorzustellen und am konkreten Beispiel zu untersuchen, wie Wohlbefinden in zwei deutschen Kinderstudien, der LBS-Kinderarometer Studie (2009) und der 2. World-Vision-Kinderstudie (2010) operationalisiert wird. Dazu werden zuerst im zweiten Kapitel die Grundlegenden Begriffe „Kindheit“, „Wohlbefinden“ und „Operationalisierung“ definiert und darauf aufbauend, im dritten Kapitel, mögliche Operationalisierungen von kindlichem Wohlbefinden anhand der UNICEF-Studie „Child Well-Being in Rich Countries“ (2007) dargestellt. Desweiteren werden im dritten Kapitel die Operationalisierungen von kindlichem Wohlbefinden anhand der Fragebögen zu den genannten Studien analysiert und diskutiert. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit im vierten Kapitel zusammengefasst.
2. Begriffserklärungen
Da diese Arbeit sich mit der Operationalisierung kindlichen Wohlbefindens beschäftigt, ist es notwendig, zunächst die grundlegenden Begriffe Kindheit, Wohlbefinden und Operationalisierung zu definieren. Dabei wird dargestellt werden, dass selbst alltäglich gebrauchte und den meisten Menschen gebräuchliche Begriffe wie Kindheit und Wohlbefinden durchaus vielschichtig sind und viele Dimensionen umfassen.
2.1. Kindheit
„Die erste Phase des Lebenslaufs, die Kindheit, hat die wissenschaftliche Forschung schon immer interessiert“ (Andresen/ Hurrelmann 2010, S. 8), allerdings ist der Begriff „Kindheit“ keinesfalls als eine festgeschriebene Konstante zu verstehen, sondern er lässt sich, je nach Sichtweise, unterschiedlich definieren.
„Aus biologischer Perspektive endet das Kindesalter mit dem Beginn der Geschlechtsreife“ (Bamler/ Werner/ Wustmann 2010, S.13) und beginnt mit der Geburt, „Kindheit“ stellt also in diesem Zusammenhang lediglich eine Zeitspanne dar, welche an den Fortschritt, vor allem körperlicher Entwicklungen geknüpft ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch diese Definition einem historischen Wandel unterliegt, denn das Alter, in dem Jungen und Mädchen die Geschlechtsreife erlangen, ist in den letzten 100 Jahren um mehrere Jahre gesunken (Vgl. Kluge 2006, S.2 ff./ Goldstein 2011 S. 2 f.). Dementsprechend ist, zumindest nach dieser Definition, auch die Dauer der durchschnittlichen Kindheit um einen erheblichen Teil geschrumpft. Das Erfassen des Begriffs „Kindheit“ aus psychologischer Perspektive stellt bereits eine größere Herausforderung dar, denn „[p]sychologische Ansätze gehen von fließenden Übergängen zwischen Kindes- und Jugendalter aus“ (Bamler/ Werner/ Wustmann 2010, S.13). Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, sind Selbstwahrnehmung und -Bewusstsein, Bewältigungskompetenzen (Vgl. Ebd.), sowie die Entwicklung kognitiver und sozialer Fähigkeiten.
Im sozialwissenschaftlichen Sinn ist Kindheit jedoch mehr als nur die biologische oder psychologische Entwicklung in einem bestimmten Alter. Kindheit wird vor allem als ein „individuell [wie] auch soziokulturell definierte[s] Konstrukt“ begriffen, das „von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst [wird] und sich dadurch permanent veränder[t]“(Bamler/ Werner/ Wustmann 2010, S.12). Dies bedeutet, dass die Definition des Kindheitsbegriffs immer eng mit dem jeweiligen (zeitlichen, kulturellen, gesellschaftlichen) Kontext verbunden ist. So existierten „[i]n jeder Epoche [...] spezifische Zuschreibungen und Erwartungen an Kinder, die sich in jeweiligen Kindheitskonstrukten äußern“ (Ebd., S. 12; Vgl. außerdem Andresen/ Hurrelmann 2010, Kap. 1). Zudem wurde der Kindheitsbegriff in den letzten Jahrhunderten größtenteils von Erwachsenen definiert, sodass mit dem Begriff auch immer „Idealbilder als auch normative Vorstellungen transportiert“ (Bamler/ Werner/ Wustmann 2010, S. 13) wurden. Für die Forschung über Kinder stellt dieser Sachverhalt einen verfälschenden Einfluss dar, sodass die jüngere Kindheitsforschung vermehrt versucht, Kinder als „Experten ihrer Lebenswelt“ über Kindheit zu befragen (Vgl. Andresen/ Hurrelmann/ Fegter 2010; Fölling-Albers 2010; Bamler/ Werner/ Wustmann 2010).
Kindheit galt zudem bis zum Ende des letzten Jahrhunderts als „Phase der Sozialisierung“ (Fölling-Albers 2010, S. 2), die Kinder durchlaufen mussten, um zum gesellschaftlichen Leben befähigt zu werden. Die Lebensphase Kindheit wurde als defizitär erachtet und ihren einzigen Zweck sah man in der Vorbereitung auf das „richtige Leben“, der Kindheit wurde dementsprechend kaum ein eigener Wert zugesprochen. Erst in der letzten Dekade des vorigen Jahrtausends kam es zum Paradigmenwechsel, welcher unter anderem durch „die 1989 erschienene UN-Konvention über die Rechte der Kinder“ (Ebd., S. 5) und die damit zusammenhängende „Kritik der neuen Kindheitsforschung an den traditionellen psychologischen und soziologischen Positionen“ (Andresen/ Hurrelmann 2010, S. 65) ausgelöst wurde.
Seit diesem Paradigmenwechsel gilt „Kindheit“ im Allgemeinen als eigenständige Lebensphase, die eine eigene Bedeutung und einen eigenen Wert hat[2]. Kinder werden des weiteren nicht mehr als „unfertige Erwachsene“ betrachtet, sondern als selbst handelnde Akteure in ihrer Lebenswelt, dementsprechend sind Kinder auch nicht mehr nur „»Objekte« sozialwissenschaftlicher Forschung“, sondern „(mit-)gestaltende »Subjekte«“ (Fölling-Albers 2010, S. 6). Um das Kindeswohl zu sichern sowie dem Kindeswillen ausreichende Beachtung zu schenken, kommt „Erwachsenen [...] die Pflicht zu, die körperliche und psychische Integrität des Kindes anzuerkennen und zu bewahren und seinen Bedürfnissen Rechnung zu tragen“ (Andresen/ Hurrelmann 2010, S.24).
2.2. Wohlbefinden
Ebenso wie der Begriff der Kindheit ist auch Wohlbefinden ein Konzept beziehungsweise Konstrukt, das verschiedene Facetten und Lesarten hat: Beispielsweise wird Wohlbefinden als „die emotionale Dimension der Erfahrung von mehr oder weniger umfassenden Zuständen und Entwicklungen des Glücks“ beschrieben (Zirfas 2011, S. 11), wobei Zirfas die Begriffe „Glück“ (als Gefühl) und „Wohlbefinden“ teils synonym verwendet (Vgl. Ebd.). Beide Begriffe beschreiben in diesem Fall eine positive Emotion, welche auch als „Glücklichsein“ beschrieben werden könnte. Neben dieser emotionalen Komponente beschreibt Zirfas jedoch auch noch eine kognitive Komponente von Wohlbefinden, die Zufriedenheit, die sich dann einstelle, wenn die Übereinstimmung „von angestrebten und erreichten Lebenszielen“ (Vgl. Zirfas 2011, S.11) erreicht und erkannt werde. Wohlbefinden ließe sich des weiteren „als eine den ganzen Menschen durchziehende Grundbefindlichkeit verstehen [...], die aus einem harmonischen Einklang des Menschen mit seiner Umwelt resultiert“ (Ebd., S. 13).
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, kurz WHO) benutzt den Begriff in einem anderen Kontext und gibt ihm auch eine politische Tragweite. In der Verfassung der WHO heißt es:
„THE STATES Parties to this Constitution declare, in conformity with the Charter of the United Nations, that the following principles are basic to the happiness, harmonious relations and security of all peoples:
Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease of infirmity
The enjoyment of the highest attainable standard of health is one of the fundamental rights of every human being without distinction of race, religion, political belief, economic or social condition. [kursive Hervorhebung durch d. V.]“ (WHO 1964)
Die Prinzipien, dass Gesundheit ein Zustand des vollständigen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens/ Wohlseins ist, und dass jeder Mensch das fundamentale Recht hat, in den Genuss des höchstmöglichen Maßes an Gesundheit (also Wohlbefinden/ Wohlsein) zu kommen, wird hier als Grundlage für das „Glücklichsein“, die harmonischen Beziehungen und die Sicherheit aller Menschen beschrieben.
Angenommen, dass Zirfas und die WHO das gleiche Verständnis von „Wohlergehen“ hätten, könnte man meinen, dass hier ein gewisser Widerspruch bestünde: Zirfas stellt fest, dass Wohlergehen aus dem „harmonischen Einklang des Menschen mit seiner Umwelt resultiert“ (s.o.), wobei anzunehmen ist, dass zur „Umwelt des Menschen“ auch andere Menschen gehören. Somit ist, laut Zirfas, Wohlergehen eine Folge von Harmonie zwischen der eigenen Person und den Mitmenschen (die zur Umwelt gehören). Laut der WHO ist jedoch Wohlbefinden die Grundlage von u.a. harmonischen Beziehungen aller Menschen (s.o.), also Harmonie eine Folge von Wohl-ergehen.
Um den vermeintlichen Widerspruch aufzulösen, ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, dass die Begriffe „Wohlbefinden“ sowie das englische „well-being“ unterschiedlichste Bedeutungen haben können: So meint Zirfas mit dem Begriff „Wohlbefinden“ das Gefühl des Glücks und der Zufriedenheit, während die WHO mit „well-being“ eher den Zustand des (physischen, geistigen, sozialen) Wohlseins im Sinne von „Unversehrheit“ beschreibt. Neben diesen Kategorien existieren noch weitere Bedeutungen von „Wohlbefinden“ bzw. „well-being“, z.B. „wirtschaftliches Wohlergehen“ (economic well-being), „Kindeswohl“ (child's well-being) (vgl. Dict Wörterbuch), „subjektives Wohlbefinden“ (subjective well-being) oder auch Wohlbefinden in Bezug auf Bildung (educational well-being) (vgl. UNICEF 2007, S. 2).
[...]
[1] Deutsche Studien zum Thema Kindheit sind z.B.: Das LBS-Kinderbarometer, die World-Vision-Kinderstudien, der Unicef-Report zur Lage der Kinder in Deutschland, die KIGGS-Gesundheitsstudie, das DJI-Kinderpanel, die Shell-Jugendstudie und der Kinder- und Jugendbericht des Bundesministeriums für Familie.
[2] Wie schon erwähnt, hängt die Auffassung von Kindheit vom jeweiligen zeitlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Kontext ab, sodass sich in der vorliegenden Betrachtung die Sichtweise der „westlichen“ Welt widerspiegelt.
- Arbeit zitieren
- Torsten Bollweg (Autor:in), 2012, Die Operationalisierung kindlichen Wohlbefindens in deutschen Kinderstudien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206735
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