Im Jahre 1998/99 wurde bereits im Rahmen des Bundesgesundheitssurveys mit einem Zusatzsurvey „ Psychische Störungen„„ die erste repräsentative Studie für die deutsche Bevölkerung geliefert. Darin hatte man unter anderem eine Unterversorgung der psychischen Störungen festgestellt. Laut dieser Studie haben sich, psychische Erkrankungen in den letzten Jahren erheblich ausgebreitet. Weiterhin wurde nach den Befunden des Bundesgesundheitssurveys geschätzt, dass etwa 32,1 % der erwachsenen Bevölkerung (im Alter zwischen 18 und 65 Jahren) betroffen sind. Das entspricht der gigantischen Anzahl von 15,6 Millionen Menschen. Die Lektüre des klinisch-epidemiologischen Bundesgesundheitssurveys motivierte mich, mich mit dem folgendem Thema genauer zu befassen: „ Inwieweit werden psychische Störungen in Deutschland unterversorgt? „„.
Der gerade erwähnte Mangel an qualifizierter Therapie führt nicht nur zu vermeidbaren Belastungen, Beeinträchtigungen und Leiden bei den geschätzten Millionen Menschen, sondern bedeutet auch unnötige volkswirtschaftliche Mehrkosten durch Arbeitsunfähigkeit und Fehlbehandlungen. Die World Health Organisation (WHO) zählt psychische Erkrankungen zu den Hauptgründen für eine langfristige Beeinträchtigung in der Arbeitswelt. Untersuchungen in der primärärztlichen Versorgung haben auch bewiesen, dass ein erheblicher Anteil körperlicher Beschwerden, wie etwa Schmerzen, Müdigkeit und Schwindel, medizinisch nicht erklärt werden kann. Medizinisch nicht erklärbare körperliche Symptome und Syndrome weisen aber eine hohe Assoziation mit psychischen Erkrankungen auf. Daraus folgend, gibt es eine Reihe assoziierter und schwerwiegender Begleit- und Folgeerkrankungen, die im Endeffekt zu einer erhöhten Mortalität führen. Darüber hinaus sollte die angemessene Versorgung der psychischen Störungen nicht unterschätzt werden und ihr im Rahmen der Public Health Forschung eine große Bedeutung beigemessen werden.
Die vorliegende Arbeit sollte wichtige Aspekte in der öffentlichen Gesundheitsversorgung betrachten und versuchen, anhand aufschlussreicher Ergebnisse mehrerer wissenschaftlicher, epidemiologischer Studien eine Antwort auf die Ausgangsfrage zu liefern. Zu Beginn der Arbeit wird zunächst der Begriff „ Psychische Störungen„„ erklärt: außerdem erläutere ich verschiedene Klassifikationen, die zur Bestimmung psychischer Erkrankungen
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Epidemiologie psychischer Störungen
2.1. Begriffsbestimmung: Psychische Störungen und deren Klassifikation
2.2. Der Forschungsstand: Allgemeine Angaben zum psychischen Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung anhand des Bundesgesundheitssurveys 1998/99 und dessen Zusatzsurvey „ Psychische Störungen„„
2.3. Gesundheitsdeterminanten, die die psychiatrische Versorgung nachteilig beeinflussen
2.3.1. Soziale Benachteiligung bei psychischen Erkrankungen
2.3.2. Stigmatisierung psychischer Erkrankungen
3. Aktuelle Versorgungslage psychischer Störungen in Deutschland
3.1. Aufbaustruktur und Defizite in der Versorgung psychischer Störungen
3.1.1. Ambulante Versorgung
3.1.2. Stationäre Versorgung
4. Lösungskonzepte für ein e Verbesserung der Versorgungssituation der psychischen Störungen in Deutschland
5. Fazit und kritische Reflexion
6.Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Jahre 1998/99 wurde bereits im Rahmen des Bundesgesundheitssurveys mit einem Zusatzsurvey „ Psychische Störungen„„ die erste repräsentative Studie für die deutsche Bevölkerung geliefert. Darin hatte man unter anderem eine Unterversorgung der psychischen Störungen festgestellt. Laut dieser Studie haben sich, psychische Erkrankungen in den letzten Jahren erheblich ausgebreitet. Weiterhin wurde nach den Befunden des Bundesgesundheitssurveys geschätzt, dass etwa 32,1 % der erwachsenen Bevölkerung (im Alter zwischen 18 und 65 Jahren) betroffen sind. Das entspricht der gigantischen Anzahl von 15,6 Millionen Menschen. Die Lektüre des klinisch-epidemiologischen Bundesgesundheitssurveys motivierte mich, mich mit dem folgendem Thema genauer zu befassen: „ Inwieweit werden psychische Störungen in Deutschland unterversorgt? „„.
Der gerade erwähnte Mangel an qualifizierter Therapie führt nicht nur zu vermeidbaren Belastungen, Beeinträchtigungen und Leiden bei den geschätzten Millionen Menschen, sondern bedeutet auch unnötige volkswirtschaftliche Mehrkosten durch Arbeitsunfähigkeit und Fehlbehandlungen. Die World Health Organisation (WHO) zählt psychische Erkrankungen zu den Hauptgründen für eine langfristige Beeinträchtigung in der Arbeitswelt. Untersuchungen in der primärärztlichen Versorgung haben auch bewiesen, dass ein erheblicher Anteil körperlicher Beschwerden, wie etwa Schmerzen, Müdigkeit und Schwindel, medizinisch nicht erklärt werden kann. Medizinisch nicht erklärbare körperliche Symptome und Syndrome weisen aber eine hohe Assoziation mit psychischen Erkrankungen auf. Daraus folgend, gibt es eine Reihe assoziierter und schwerwiegender Begleit- und Folgeerkrankungen, die im Endeffekt zu einer erhöhten Mortalität führen. Darüber hinaus sollte die angemessene Versorgung der psychischen Störungen nicht unterschätzt werden und ihr im Rahmen der Public Health Forschung eine große Bedeutung beigemessen werden.
Die vorliegende Arbeit sollte wichtige Aspekte in der öffentlichen Gesundheitsversorgung betrachten und versuchen, anhand aufschlussreicher Ergebnisse mehrerer wissenschaftlicher, epidemiologischer Studien eine Antwort auf die Ausgangsfrage zu liefern. Zu Beginn der Arbeit wird zunächst der Begriff „ Psychische Störungen„„ erklärt: außerdem erläutere ich verschiedene Klassifikationen, die zur Bestimmung psychischer Erkrankungen wichtig sind. Weiterhin soll mit Hilfe des Bundesgesundheitssurveys (1998/99) der allgemeine psychische Gesundheitszustand der Bevölkerung in Deutschland beleuchtet Epidemiologie psychiatrischer Erkrankungen - in wieweit werden psychische Störungen in werden. Daran anknüpfend ist interessant zu erfahren, welche Gesundheitsdeterminanten am meistens dazu beitragen, dass psychische Erkrankungen vielfach noch zu selten und zu spät erkannt und nicht ausreichend behandelt werden. Deshalb wird beleuchtet, wie sowohl soziale Benachteiligung als auch Stigmatisierung, die Versorgung der psychischen Erkrankungen beträchtlich beeinflussen. Im weiteren Schritt sollten die Aufbaustruktur und Defizite in der Versorgung der psychischen Störungen dargestellt werden. Da jeweils die stationäre als auch die ambulante Versorgung relativ weit voneinander und eigenständig arbeiten, werden die zwei Sektoren getrennt betrachtet. Die Defizite im jeweiligen Bereich sollen anhand der Ergebnisse aus epidemiologischen Studien ausgearbeitet und besprochen werden. Die intendierte Aufgabe des vorletzten Kapitels wird die Erläuterung von denkbaren Lösungskonzepten für eine Verbesserung der Versorgungssituation der psychischen Störungen sein. Im Anschluss an diese Arbeit möchte ich Rückschlüsse in Bezug auf die fundamentale Fragestellung ziehen, sowie einen kritische Reflexion auf das Thema werfen.
2. Epidemiologie psychischer Störungen
2.1. Begriffsbestimmung: Psychische Störungen und deren Klassifikation Psychische Störungen
Unter psychischen Störungen versteht man in den Fachdisziplinen Psychiatrie, Klinische Psychologie und Psychotherapie ein sehr weites Krankheitsspektrum von über 500 einzelnen Diagnosearten. Zu den meisten bekannten psychischen Störungen gehören Depressionen, Angststörungen, Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit und Schizophrenie. Die betroffenen Personen werden häufig als nicht oder nur begrenzt beeinflussbar erlebt. Die Symptome können mit erheblichem Leiden einhergehen und beinhalten sogar in einem nicht unerheblichen Ausmaß ein erhöhtes Risiko, schwerkrank zu werden.
Der deutsche Psychologe Dr. Reiner Bastine hat die Definition von psychischen Störungen folgendermaßen formuliert: „ Psychische Störungen sind Beeinträchtigungen der normalen Funktionsfähigkeit des menschlichen Erlebens und Verhaltens, die sich in emotionalen, kognitiven, behavioralen, interpersonalen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen äußern„„ [Bastine R. „„Klinische Psychologie„„ , 3. ed. Vol. 1,Kohlhammer, Stuttgart,1998].
Klassifikation von psychischen Störungen - ICD-10 und DSM-IV
Die moderne Klassifikation psychischer Störungen nach ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und nach DSM-IV (Diagnostic and Epidemiologie psychiatrischer Erkrankungen - in wieweit werden psychische Störungen in Statistical Manual of Mental Disorders) erlaubt eine zuverlässige und differenzierte Klassifikation und Beschreibung eines großen Spektrums von spezifischen Formen psychischer Störungen.
Die ICD-10 ist in Deutschland als Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme bekannt und gilt als das wichtigste, weltweit anerkannte Klassifikations- und Verschlüsselungssystem von Diagnosen in der Medizin. In Deutschland werden sämtliche Ärzte verpflichtet, Diagnosen nach ICD-10 GM zu verschlüsseln.
Um anschließend einen Bezug beider Klassifikationssysteme herzustellen bzw. eine Erklärung dafür zu liefern, wie sie aufeinander aufbauen, wird kurz das untergeordnete DSM-IV Klassifikationssystem definiert, welches auf die nationale Ebene abzielt. DSM-IV als eine Ergänzungsform vom ICD-10 beinhaltet speziellere und genauere Kriterien für die Diagnosefeststellung der psychischen Erkrankungen. DSM-IV berücksichtigt im Gegensatz zu den ICD-10 auch geschlechtsspezifischen Unterschieden.
Der Professor Dr. Hans-Ulrich Wittchen hat bereits in seiner Stellungnahme zum Thema „ Bedarfsgerechte Versorgung psychischer Störungen" (2001) die moderne diagnostische Klassifikation psychischer Störungen nach ICD-10 und DSM-IV in einem Beispielmodell zusammengefasst:
- Substanzstörung (z.B. Alkohol-,Opiat-, Stimulantienabhängigkeit)
- Psychotische Störungen (z.B. Schizophrenie, Wahnstörung)
- Essstörungen (z.B. Bulimie, Anorexia nervosa)
- Schlafstörungen (z.B. Insomnien, Dys-. oder Hypersomnien)
- Angststörungen (z.B. Panik, Agora-, spezifische-, soziale Phobie)
- Somatoforme Störungen: (z.B. Hypochondrie, Somatisierungsstörung)
- Stress-/Anpassung (Post-traumatische Belastungsst. (PTSD)
- Zwangsstörungen: (z.B. Zwangsgedanken oder- handlungen)
- Körperliche Störungen, bei denen psychische Faktoren eine Rolle spielen
- Affektive Störungen (z.B. Majordepression, Dysthymie, Bipolare)
Quelle: http://www.svr-gesundheit.de/Gutachten/Gutacht01/befragung/id-nummern/004.pdf ( s.7; letzter Zugang 15.12.2011)
2.2. Der Forschungsstand: Allgemeine Angaben zum psychischen Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung anhand des Bundesgesundheitssurveys 1998/99 und dessen Zusatzsurveys „ Psychische Störungen‘‘.
Bis vor kurzem konnten sich epidemiologische Aussagen zur Verbreitung psychischer Störungen in Deutschland nur auf sehr wenige Studien stützen. Mit dem Zusatzmodul „Psychische Störungen“ des Bundes-Gesundheitssurveys, der im Jahre 1998 mittels strukturierter klinischer Interviews (CIDI) einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe durchgeführt wurde, hat sich die Grundlage für die Abschätzung der Verbreitung psychischer Störungen in Deutschland verbessert.
Professor Dr. Frank Jacobi, Dr. Michael Klose und Professor Dr. Hans-Ulrich Wittchen ermittelten für Erwachsene anhand des Zusatzmoduls „Ein-Jahres-Prävalenz“ für psychische Störungen (siehe Abbildung 1). „Ein-Jahres-Prävalenz“ informiert uns wie viele Menschen einer bestimmten Population definierter Größe an einer bestimmten Krankheit innerhalb eines Jahres erkrankt sind. Wie auf der Abbildung zu sehen ist, betragen die Prävalenzraten unter den Frauen 37 % Die Prozentzahl ist wesentlich höher als die der Männer (25,3 %). Annähernd ein Drittel der erwachsenen Allgemeinbevölkerung hat im Laufe eines Jahres die diagnostischen Kriterien für das Vorliegen einer psychischen Störung erfüllt. Frauen sind dabei (mit Ausnahme der Suchtstörungen) insgesamt deutlich häufiger von psychischen Störungen betroffen als Männer. Über ein Drittel (39,5 %) der gesamten Personen, bei denen eine psychische Störung diagnostiziert wurde, wies mehr als eine psychische Störung auf. Bei Frauen lag der Anteil mit 43,7 % deutlich höher als bei Männern mit 30,5 %. Am häufigsten fanden sich die Diagnosen Angststörungen, Störungen durch psychotrope Substanzen (vor allem Alkoholmissbrauch bzw. -abhängigkeit), affektive Störungen (vor allem Depressionen) sowie somatoforme Störungen, d.h. körperliche Beschwerden mit häufigen Arztbesuchen, für die keine organische Ursache gefunden werden kann (Mehrfachnennungen). Geschlechtsunterschiede stellte man hinsichtlich der Angststörungen, somatoforme Störungen und affektiven Störungen fest. Frauen waren davon etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Bei den Männern entdeckten die Wissenschaftler hingegen eine im Vergleich zu den Frauen erhöhte Prävalenz an Störungen Frauen waren davon etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Bei den Männern entdeckten die Wissenschaftler hingegen eine im Vergleich zu den Frauen erhöhte Prävalenz an Störungen durch psychotrope Substanzen (inklusive Nikotinabhängigkeit).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ein-Jahres-Prävelenzen psychischer Störungen bei Erwachsenen von 18 bis 65 Jahren; N=4181; 18 bis 65- Jährige im Bundesgebiet ; 12-Monats-Prävalenzen; für ausgewählte Diagnosen nach DSM -IV; Angaben in %
Quelle: Bundes-Gesundheitssurvey 1998/99, Zusatzmodul „„Psychische Störungen„„
2.3. Gesundheitsdeterminanten, die die psychiatrische Versorgung nachteilig beeinflussen
2.3.1. Soziale Benachteiligung bei psychischen Erkrankungen
Soziale Benachteiligung stellt einen bedeutsamen Risikofaktor für die Entwicklung einer psychischen Störung dar. Der bekannte Zusammenhang zwischen Sozialschicht und psychischen Störungen wird hier erneut bestätigt. „Je niedriger die soziale Schicht desto höher die Prävalenz psychischer Störungen“, wurde in einer repräsentativen deutschen Stichprobe im Rahmen des Bundesgesundheitssurveys (1998) von RKI bestätigt.
Im Bericht zum Thema „ Psychische Erkrankungen, Erscheinungsformen, Häufigkeit und gesundheitspolitische Bedeutung„„ (2007) von Dr. Franz Jacobi und Timo Harfst wird genauer über die Ergebnisse der Studie in Bezug auf die soziale Benachteiligung der Krankheitsrisiken reflektiert. Als sozial benachteiligte Schicht gilt die so genannte „ Unterschicht“, welche in Deutschland ca. 8-12 % der gesamten Bevölkerung beträgt.
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- Anna Posyniak (Author), 2012, Epidemiologie psychiatrischer Erkrankungen – in wieweit werden psychische Störungen in Deutschland unterversorgt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206583
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