Der Anteil psychisch kranker Eltern in psychiatrischen Einrichtungen und Institutionen beträgt 12,2 % aller behandelten Patienten. Der Anteil der Kinder mit psychisch kranken Eltern in den Hilfen zur Erziehung beträgt 11,4 %, wobei der Anteil durch die fallverantwortlichen Fachkräfte im Jugendamt noch viel höher eingeschätzt wird. In den nicht erfassten Fällen sind die Eltern nicht bereit, Diagnosen vornehmen zu lassen. Diese Zahlen machen deutlich, dass Kinder psychisch kranker Eltern nicht nur eine große Zielgruppe der Kinder- und Jugendhilfe sind, sondern psychisch kranke Eltern auch eine relativ große Gruppe in psychiatrischen Einrichtungen und Institutionen darstellen. In dieser Arbeit soll es darum gehen, welche Auswir-kungen psychische Erkrankungen der Eltern auf die Erziehungsfähigkeit und die Entwicklung der Kinder haben. Der Blick wird anschließend auf die Hilfemöglichkeiten und Kooperationsanforderungen der Psychiatrie und des Jugendamtes, als die wichtigen und relevanten Institutionen in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit psychisch kranken Eltern und deren Kinder, gerichtet.
Inhaltsverzeichnis
1 Psychisch kranke Eltern: Eine Herausforderung für die Kinder- und Jugendhilfe
1.1 Was sind psychische Erkrankungen?
1.2 Einschätzung der Erziehungsfähigkeit des/ der Erkrankten
2 Psychische Erkrankungen als Familienkrankheit
2.1 Psychische Erkrankung aus der Sicht des/ der Erkrankten
2.2 Psychische Erkrankungen aus der Sicht der Kinder
3 Zusammenarbeit von Psychiatrie und Jugendamt
4 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Psychisch kranke Eltern: Eine Herausforderung für die Kinder- und Jugendhilfe
Der Anteil psychisch kranker Eltern in psychiatrischen Einrichtungen und Institutionen beträgt 12,2 % aller behandelten Patienten. Der Anteil der Kinder mit psychisch kranken Eltern in den Hilfen zur Erziehung beträgt 11,4 %, wobei der Anteil durch die fallverantwortlichen Fachkräfte im Jugendamt noch viel höher eingeschätzt wird. In den nicht erfassten Fällen sind die Eltern nicht bereit, Diagnosen vornehmen zu lassen[1]. Diese Zahlen machen deutlich, dass Kinder psychisch kranker Eltern nicht nur eine große Zielgruppe der Kinder- und Jugendhilfe sind, sondern psychisch kranke Eltern auch eine relativ große Gruppe in psychiatrischen Einrichtungen und Institutionen darstellen. In dieser Arbeit soll es darum gehen, welche Auswirkungen psychische Erkrankungen der Eltern auf die Erziehungsfähigkeit und die Entwicklung der Kinder haben. Der Blick wird anschließend auf die Hilfemöglichkeiten und Kooperationsanforderungen der Psychiatrie und des Jugendamtes, als die wichtigen und relevanten Institutionen in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit psychisch kranken Eltern und deren Kinder, gerichtet.
1.1 Was sind psychische Erkrankungen?
„Eine Klassifikation stellt somit eine spezifische Art und Weise dar, psychische Störungen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu sehen und zu ordnen. Insofern sind Diagnosen wissenschaftliche und soziale Konstrukte, welche die gegenwärtige Sicht auf Krankheit und Gesundheit repräsentieren. Je nach kulturellem, zeitlichem oder wissenschaftlichem Hintergrund werden mehr oder weniger Menschen als psychisch krank definiert.“[2]. Das zeigt die Schwierigkeit, psychische Krankheiten zu erkennen und zu diagnostizieren. Symptome psychischer Erkrankungen liegen immer in einem Spannungsfeld der Definition von „Normalem“ und „Abweichendem“. In der diagnostischen Praxis dient das ICD 10 als Klassifizierungshilfe[3]. In den psychiatrischen Einrichtungen und Institutionen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen der Eltern Schizophrenien (41,2 %), Depressionen (35,9 %), Angst- und Zwangsstörungen (15,4 %) und Persönlichkeits- und Borderlinestörungen (6,9 %). Kinder in den Hilfen zur Erziehung sind am häufigsten mit Depressionen (39,5 %), Angst- und Zwangsstörungen (20,4 %), Intelligenzminderungen (14,6 %), Abhängigkeiten (12,7 %), Schizophrenien (12,1 %) und Borderline-Störungen (6,4 %) der Eltern/ eines Elternteils konfrontiert[4].
1.2 Einschätzung der Erziehungsfähigkeit des/ der Erkrankten
In der Risikofaktorenforschung hat sich herauskristallisiert, dass psychische Erkrankungen von Eltern ein Risiko für das Kindeswohl darstellen[5]. Im Rahmen einer Fallerhebung bei 16 Jugendämtern im gesamten Bundesgebiet ergab sich, dass in 27 % der gesamten Fälle, die vor dem Familiengericht aufgrund eines Sorgerechtsverfahrens wegen Kindeswohlgefährdung verhandelt wurden, die psychische Erkrankung eines oder beider Elternteile eine erhebliche Rolle gespielt hat[6]. Eine weitere Studie ergab, dass nur 51,8 % der erkrankten Mütter und nur 27,8 % der erkrankten Väter, die vom Jugendamt betreut wurden, mit ihren Kindern in einem Haushalt lebten. 1/3 der Kinder befindet sich in Pflegefamilien und 33,6 % befinden sich in einer Fremdunterbringung[7]. Insofern stellt sich für die Fachkräfte des Jugendamtes die Frage, inwiefern die erkrankten Eltern überhaupt erziehungsfähig sind, anhand welcher Kriterien die Erziehungsfähigkeit psychisch kranker Eltern eingeschätzt werden kann, unter welchen Bedingungen eine Hilfe noch ausreichend bzw. geeignet ist, wie diese Hilfen gestaltet werden müssen und welches Wissen für die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe notwendig ist. Zu Fragen über die spezifischen Störungsbilder und des jeweiligen Krankheitsverlaufes der einzelnen Personen müssen Fachkräfte psychiatrischer Dienste, Institutionen und Einrichtungen herangezogen werden. Sie müssen einschätzen, auf welche Dauer und in welcher Intensität sich die Erkrankung bewegt und ob es sich um kontinuierliche, episodenhafte oder vorübergehende Erkrankungen handelt[8]. Die Jugendhilfe selbst kann mit ihrem Wissen keine Antwort auf diese Fragen finden. Sie müssen jedoch lernen, prognostische Gutachten zu lesen, diese zu verstehen und Konsequenzen für die eigene Arbeit daraus ziehen zu können. Sie müssen das Wissen auf ihre Fragestellung übertragen, inwiefern die Eltern in der Lage sind, die Versorgung, Erziehung und Betreuung des Kindes zu gewährleisten, sodass das Kind keinen (zu erwartenden) erheblichen Schaden davon trägt[9]. Die Schwierigkeit besteht darin, sichere und zuverlässige Prognosen erstellen zu können. In diesem Fall bauen sogar prognostische Einschätzungen auf weiteren prognostischen Einschätzungen auf, welche das Leben der Klienten und Klientinnen maßgeblich bestimmen werden. Mehr Sicherheit wird über gutes fachinternes sowie fachübergreifendes Wissen erlangt.
[...]
[1] vgl. Schone/ Wagenblass 2002: 63, 65-66
[2] Schone/Wagenblass 2002:32
[3] vgl. Schone/Wagenblass 2002: 32
[4] vgl. Schone/Wagenblass 2002: 86
[5] vgl. Reinhold/Kindler 2006: 18-1
[6] vgl. Mattejat/ Lisofsky 1998: 107
[7] vgl. Schone/Wagenblass 2002: 87,89
[8] vgl. Schone/ Wagenblass 2002:12
[9] vgl. Schmid/Meysen 2006: 2-5, vgl. Zitelmann 2010: 132
- Citar trabajo
- Nicole Lindner (Autor), 2012, Psychisch kranke Eltern, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206365
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