"Wir sitzen alle im gleichen Zug
und reisen quer durch die Zeit.
Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.
Wir fahren alle im gleichen Zug.
Und keiner weiß, wie weit."
Dies schreibt der Dichter, Schriftsteller und stete Systemkritiker Erich Kästner im Jahr 1932, ein Jahr vor der Machtergreifung Hitlers. Obwohl er selbst in seinen Werken immer wieder vor den Nationalsozialisten und dem, was sich da über Deutschland zusammenbraute, warnte, unterschätzt er das Regime bis in die Kriegsjahre hinein. Durch seine Entscheidung gegen die Emigration aus seiner Heimat wird er zwölf Jahre lang gezwungen sein, in diesem Zug als „stummer Passagier“ mitzufahren, um sein Leben nicht zu gefährden. Dies stößt bei anderen deutschen Exilanten auf Unverständnis und löst Misstrauen aus – wie kann ein Autor im Land, das sie verließen, ein Dutzend Jahre vergleichsweise unversehrt existieren, ohne sich dem Feind anzuschließen? Kästner wird sich dieser Frage noch lange nach dem Krieg stellen müssen und immer nach einer Erklärung suchen, wie es überhaupt zu einer Diktatur kommen konnte.
In der vorliegenden Arbeit möchte ich vor allem Kästners Motive für seine Entscheidung gegen die Emigration herausheben und mich mit dem Konflikt auseinandersetzen, der sich dadurch für ihn während und nach der Nazizeit ergab.
Zudem soll verdeutlicht werden, wie ein (Über-)Leben als nicht nationalsozialistischer Intellektueller zwischen 1933 und 1945 in Deutschland möglich war, die Maßregelungen des Systems umgangen werden konnten und welche Kompromisse es mit sich und dem eigenen Idealismus zu schließen galt.
Bevor ich mich Kästners Werdegang ab dem Zeitpunkt der Machtübernahme Hitlers widme, möchte ich zum Einstieg einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Dichters und Schriftstellers bis zu diesem Zeitpunkt liefern, da seine Herkunft und Erfahrungen nicht unerheblich für spätere Entscheidungen sein werden.
Anschließend hebe ich einige besonders bedeutende Stationen im Leben Kästners ab 1933 hervor, so die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 und seine Mitarbeit am Film Münchhausen, der ihm trotz dessen Erfolgs viel Verdruss und Rechtfertigungsbedarf gegenüber den deutschen Emigranten bescherte.
Insgesamt möchte ich den Werdegang dieses außergewöhnlichen Autors nachvollziehbar machen und zeigen, dass er – wenn er auch kein „Held“ war – doch viel Mut und Nervenstärke beweisen musste, um im Regime zu überleben und der Welt bis zu seinem Tod großartige Werke zu liefern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Leben und Wirken bis 1933
3. Machtwechsel und Bücherverbrennung
4. Leben im Regime
4.1 Mitarbeit am Münchhausen 1942 und die Folgejahre
5. Leben nach Kriegsende
6. Schluss
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
- Citation du texte
- Wiebke Hugen (Auteur), 2009, Erich Kästner – ein „verbrannter Autor“ als Augenzeuge im „Dritten Reich“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205724
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