Während Millionen von Internetnutzern bei den Begriffen Napster, Kazaa oder Bittorent an den kostenlosen Download von aktuellen Musikwerken oder Kino-Blockbuster denken, grauen sich Plattenfirmen und Filmstudios davor. Egal ob Musikalben, Filme, Software, eBooks oder Bilder – dem Nutzer von Filesharing-Netzwerken steht es offen, praktisch alles auf seine Festplatte zu kopieren. Das Internet macht es möglich. Aber genauso wie es Filesharing ohne das Internet nicht gebe, so lebt das Internet immer mehr vom kopieren. Denn was sonst ist ein „geteilter“ Statusbeitrag in Facebook, oder ein „Retweet“ auf Twitter ? Um es auf den Punkt zu bringen: „Filesharing ist in Wirklichkeit keine spezielle Anwendung im Internet, das Internet ist Filesharing.“
Es darf deshalb auch nicht überraschen, wenn die Filesharing-Systeme hohen Zuspruch erfahren, obwohl die Rechtswidrigkeit oftmals bekannt sein wird. Die Nutzung von Filesharing-Netzwerken ist kein Kavaliersdelikt Einzelner, sondern kann als gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem Bedeutungsverlust des geistigen Eigentums angesehen werden. Welche Folgen das Filesharing tatsächlich bewirkt, ist jedoch unklar. Die Rechteinhaber beklagen zwar einen Schaden in Milliardenhöhe, doch sind diese Zahlen nur mit Vorsicht zu genießen. Aber auch in absehbarer Zeit werden die Filesharing-Netzwerke stark frequentiert sein. Insbesondere wenn man neue Möglichkeiten wie Streamingangebote durch P2P-Netzwerke berücksichtigt.
Das Massenphänomen der Filesharing-Systeme wird damit weiterhin eine Bedrohung für die Rechteinhaber darstellen. Um dem Treiben von BitTorrent & Co. nicht tatenlos zu zuschauen, bedarf es einem effektiven Rechtsschutz. Das materielle Recht der Rechteinhaber ist nämlich das Eine, bewirkt aber nichts, wenn es nicht geltend gemacht werden kann. Von entscheidender Bedeutung ist dabei der vor rund 3 Jahren eingeführte Drittauskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UrhG, durch den die Anonymität des Internets durchbrochen wird. Es stellt dabei ein Spannungsfeld zwischen den Interessen der Beteiligten dar, welches mitentscheidend ist für die lebhafte Diskussion zu dieser Norm. Die Durchsetzung des Urheberrechts hält jedenfalls Anschluss an das Internetzeitalter. Dies erscheint nur konsequent, denn auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
B. Filesharing-Netzwerke
I. Technische Funktionsweise von P2P-Netzwerken
1. Zentrale P2P-Netzwerke
2. Dezentrale P2P-Netzwerke
3. Hybride P2P-Netzwerke
4. Anonyme P2P-Netzwerke
II. P2P-Netzwerke in Abgrenzung zu Sharehostern und Usenet
III. Anwendungsbereiche von Filesharing-Netzwerken
IV. Streamingangebote in Filesharing-Netzwerken
V. Popularität von Filesharing-Netzwerken
C. Die Urheberrechtsverletzungen in Filesharing-Netzwerken
I. Vorbereitungshandlungen
II. Uploading
1. Urheberrechtsverletzungen nach § 19a UrhG
2. Urheberrechtsverletzungen nach § 16 UrhG
3. Schranken des Urheberrechts bezüglich § 19a UrhG
III. Downloading
1. Urheberrechtsverletzungen nach § 16 UrhG
2. Schranke des Urheberrechts bezüglich § 16 UrhG
IV. Streaming
1. Urheberrechtsverletzungen nach § 19a UrhG
2. Urheberrechtsverletzungen nach § 16 UrhG
3. Schranken des Urheberrechts bezüglich § 19a UrhG
4. Schranken des Urheberrechts bezüglich § 16 UrhG
D. Die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen in Filesharing-Netzwerken
I. Die Feststellung der IP-Adresse des Rechtsverletzers
II. Die Notwendigkeit eines Auskunftsanspruchs gegen Dritte
E. Der Auskunftsanspruch gem. § 101 UrhG
I. Unterscheidung zwischen dem selbstständigen und dem akzessorischen
Auskunftsanspruch
II. Bisherige Rechtslage vor Einführung von § 101 UrhG n. F.
III. Der akzessorische Auskunftsanspruch (§ 101 Abs. 1 UrhG)
1. Aktiv- und Passivlegitimation
2. Gewerbliches Ausmaß der Urheberrechtsverletzung
a. Anzahl der Rechtsverletzungen
b. Schwere der Rechtsverletzungen
aa. Unmittelbar zeitlicher Zusammenhang zur
Veröffentlichung eines Werkes
bb. Relevante Verkaufsphase eines Werkes
cc. Öffentliche Zugänglichmachung in einem
Filesharing-Netzwerk
dd. Orientierung am Marktwert
ee. Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren
wirtschaftlichen Vorteils
c. Ergebnis
IV. Der selbstständige Drittauskunftsanspruch (§ 101 Abs. 1, 2 Nr. 3 UrhG)
1. Aktiv- und Passivlegitimation
2. Gewerbliches Ausmaß
a. Gewerbliches Ausmaß der angebotenen Dienstleistungen
b. Gewerbliches Ausmaß der Urheberrechtsverletzung
aa. Wörtliche Auslegung
bb. Systematische Auslegung
cc. Wille des europäischen Gesetzgebers
dd. Wille des nationalen Gesetzgebers
ee. Telelogische Auslegung
ff. Ergebnis
3. Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung
4. Klageerhebung gegen den Verletzer
V. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung (§ 101 Abs. 4 UrhG)
VI. Die richterliche Anordnung bei Verwendung von Verkehrsdaten
(§ 101 Abs. 9 UrhG)
1. Verkehrs- und Bestandsdaten
2. Speicherungsbefugnis der Internetzugangsanbieter
3. Speicherungspflicht auf Zuruf
4. Erlaubnistatbestand zur Datenübermittlung
F. Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Internetverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einleitung
Während Millionen von Internetnutzern bei den Begriffen Napster, Kazaa oder Bittorent[1] an den kostenlosen Download von aktuellen Musikwerken oder Kino-Blockbuster denken, grauen sich Plattenfirmen und Filmstudios davor. Egal ob Musikalben, Filme, Software, eBooks oder Bilder – dem Nutzer von Filesharing-Netzwerken steht es offen, praktisch alles auf seine Festplatte zu kopieren.[2] Das Internet macht es möglich. Aber genauso wie es Filesharing ohne das Internet nicht gebe, so lebt das Internet immer mehr vom kopieren. Denn was sonst ist ein „geteilter“ Statusbeitrag in Facebook,[3] oder ein „Retweet“ auf Twitter[4] ? Um es auf den Punkt zu bringen: „Filesharing ist in Wirklichkeit keine spezielle Anwendung im Internet, das Internet ist Filesharing.“[5]
Es darf deshalb auch nicht überraschen, wenn die Filesharing-Systeme hohen Zuspruch erfahren, obwohl die Rechtswidrigkeit oftmals bekannt sein wird.[6] Die Nutzung von Filesharing-Netzwerken ist kein Kavaliersdelikt Einzelner, sondern kann als gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem Bedeutungsverlust des geistigen Eigentums angesehen werden.[7]
Welche Folgen das Filesharing tatsächlich bewirkt, ist jedoch unklar. Die Rechteinhaber beklagen zwar einen Schaden in Milliardenhöhe,[8] doch sind diese Zahlen nur mit Vorsicht zu genießen.[9] Schließlich belegen andere Ergebnisse,[10] dass das Filesharing nur einen geringen Einfluss auf Einspielergebnisse von Kinofilmen hat[11]. Glaubt man einer Studie des US-amerikanischen Unternehmens Cisco Systems, ist der Internetdatenverkehr durch Filesharing-Netzwerke rückläufig. Bis zum Jahr 2015 soll dieser auf 23,7 % sinken (2010: 39,66 %). Im Vergleich dazu werden andere Angebote, wie das Sharehosting, an Bedeutung gewinnen.[12] Gerade angesichts offener Rechtsfragen gegenüber diesen Angeboten,[13] bleibt fraglich über welchen Weg sich das Filesharing in Zukunft stärker durchsetzt. Aber auch in absehbarer Zeit werden die Filesharing-Netzwerke stark frequentiert sein.[14] Insbesondere wenn man neue Möglichkeiten wie Streamingangebote durch P2P-Netzwerke berücksichtigt.[15]
[...]
[1] Umfassende Darstellung zu den Filesharing-Netzwerken unter B.
[2] Spindler/Schuster/Gercke, Vorbemerkung §§ 106 ff. UrhG Rn. 8; Hoeren/Sieber/Sieber, Teil 1 Rn. 142; JurisPK-Internetrecht/Heckmann, Kap. 3.2 Rn. 2; Guntrum, S. 32.
[3] Facebook Hilfebereich, www.facebook.com/help/sharing.
[4] Twitter Hilfe-Center, support.twitter.com/articles/104996-was-ist-ein-retweet.
[5] Seemann, www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/warum-urheberrecht-und-internet-nicht-zusammenpassen-a-828246.html.
[6] Vgl. Schwartmann, K&R 2011, 1, 12.
[7] JurisPK-Internetrecht/Heckmann, Kap. 3.2 Rn. 5.
[8] Einen solchen Nachweis erhebt die Contentwirtschaft mit der Envisional Studie „Technical report: An Estimate of Infringing Use of the Internet“.
[9] OLG Hamburg, Urteil v. 14.03.2012 – 5 U 87/09 Rn. 58: „Die von der Klägerin (...) eingereichte „envisional“-Studie sei einseitig und zudem mangelhaft erstellt. Sie erfülle nicht einmal wissenschaftliche Minimalstandards und sei ohne relevanten Aussagewert. Ihre Ergebnisse seien auch unrealistisch verzerrend (...).“
[10] Differenzierende Betrachtungsweise: Kindt, MMR 2009, 147, 147; Jüngel/Geißler, MMR 2008, 787, 788; Wick, S. 1; Welp, S. 133.
[11] Danaher/Waldfogel, Reel Piracy: The Effect of Online Film Piracy on International Box Office Sales, abrufbar über: papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1986299.
[12] Cisco Visual Networking Index: Forecast and Methodology, 2010-2015, S. 9, Tabelle 9.
[13] Die Rechtsprechung ist sich hinsichtlich einer Störerhaftung uneinig (dafür: OLG Hamburg, MMR 2010, 51; dagegen: OLG Düsseldorf, MMR 2010, 483).
[14] Cisco Visual Networking Index: Forecast and Methodology, 2010-2015, S. 9, Tabelle 9, S. 11 Tabelle 11.
[15] Dazu ausführlich unter B. IV.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Jur. Behnam Yazdani (Autor:in), 2012, Die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen in Filesharing-Netzwerken unter besonderer Berücksichtigung des Auskunftsanspruchs gem. § 101 UrhG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203651
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