Johann Wolfgang Goethe (1749- 1832) lebte in einer Zeit des wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Umbruchs, der vor allem in der industriellen Revolution in England und in der Französischen Revolution zum Ausdruck kam. (vgl. Linnemann, 1983: 862) Und "... wenn Weimar auch gewiss nicht im Zentrum jener gewaltigen wissenschaftlich- technischen Entwicklung der Zeit lag, wenn dieser Zwergstaat Sachsen- Weimar- Eisenach davon auch kaum berührt wurde, so hat der große Weltbewohner dieser Stadt, so hat Goethe diese Entwicklung doch als Zeitgenosse bewusst erlebt und sie gebannt verfolgt." (Hahn, 1979: 245f)
Am Ende seines Lebens sagte er zurückschauend: "... dass ich Schritt für Schritt folgend, die großen Entdeckungen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis auf den heutigen Tag wie einen Wunderstern nach dem anderen vor mir aufgehen sehe. Wer kann mir die heimliche Freude nehmen, wenn ich mir bewusst bin, durch fortwährendes, aufmerksames Bestreben mancher großen, weltüberraschenden Entdeckungen selbst so nahe gekommen zu sein, dass ihre Erscheinung gleichsam aus meinem eigenen Innern hervorbrach und ich nun die wenigen Schritte klar vor mir liegen sah, welche zu wagen ich in düsterer Forschung versäumt hatte." [Goethe: Werke (Sophienausgabe), Bd. 4, 1893: 270] Die "Wundersterne", die Goethe hat aufgehen sehen, waren die neuen Erkenntnisse in der Wärme- und Energielehre, es waren die Leistungen des Maschinenbaus und der Metallurgie, die Wirkungen der Elektrizität und des Magnetismus, neue Entdeckungen auf dem Gebiet der Chemie und der Biologie des 18. Jahrhunderts. Man kann sagen, dass Goethe entsprechend dem damaligen Entwicklungsstand zumindest über jede dieser Hauptrichtungen des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts informiert war und sie nutzbringend in seiner amtlichen Tätigkeit anzuwenden versuchte. Und wenn ihm das- aufgrund der geringen ökonomischen und finanziellen Potenzen des feudalen Kleinstaates Sachsen- Weimar nicht gelang, setzte er sich doch geistig mit ihnen auseinander, um seine Kenntnisse in Vorträgen oder in schriftlicher Form anderen Menschen zugänglich zu machen. (vgl. Linnemann, 1983: 860f) In meiner Arbeit werde ich mich mit Goethes materiellem und geistigem Schaffen in Bezug zur Technik auseinandersetzen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Goethes materielles Schaffen
2.1. Goethes amtliche Tätigkeit
2.2. Technikförderung durch Goethe
3. Goethes geistiges Schaffen
3.1. „Leonardos Tagebuch“
3.1.1. Historischer Blick auf die Weberei und Spinnerei in der Schweiz:
3.2. „Faust Teil II“
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Johann Wolfgang Goethe (1749- 1832) lebte in einer Zeit des wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Umbruchs, der vor allem in der industriellen Revolution in England und in der Französischen Revolution zum Ausdruck kam. (vgl. Linnemann, 1983: 862) Und „... wenn Weimar auch gewiss nicht im Zentrum jener gewaltigen wissenschaftlich- technischen Entwicklung der Zeit lag, wenn dieser Zwergstaat Sachsen- Weimar- Eisenach davon auch kaum berührt wurde, so hat der große Weltbewohner dieser Stadt, so hat Goethe diese Entwicklung doch als Zeitgenosse bewusst erlebt und sie gebannt verfolgt.“ (Hahn, 1979: 245f)
Am Ende seines Lebens sagte er zurückschauend: „... dass ich Schritt für Schritt folgend, die großen Entdeckungen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis auf den heutigen Tag wie einen Wunderstern nach dem anderen vor mir aufgehen sehe. Wer kann mir die heimliche Freude nehmen, wenn ich mir bewusst bin, durch fortwährendes, aufmerksames Bestreben mancher großen, weltüberraschenden Entdeckungen selbst so nahe gekommen zu sein, dass ihre Erscheinung gleichsam aus meinem eigenen Innern hervorbrach und ich nun die wenigen Schritte klar vor mir liegen sah, welche zu wagen ich in düsterer Forschung versäumt hatte.“ [Goethe: Werke (Sophienausgabe), Bd. 4, 1893: 270]
Die „Wundersterne“, die Goethe hat aufgehen sehen, waren die neuen Erkenntnisse in der Wärme- und Energielehre, es waren die Leistungen des Maschinenbaus und der Metallurgie, die Wirkungen der Elektrizität und des Magnetismus, neue Entdeckungen auf dem Gebiet der Chemie und der Biologie des 18. Jahrhunderts. Man kann sagen, dass Goethe entsprechend dem damaligen Entwicklungsstand zumindest über jede dieser Hauptrichtungen des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts informiert war und sie nutzbringend in seiner amtlichen Tätigkeit anzuwenden versuchte. Und wenn ihm das- aufgrund der geringen ökonomischen und finanziellen Potenzen des feudalen Kleinstaates Sachsen- Weimar nicht gelang, setzte er sich doch geistig mit ihnen auseinander, um seine Kenntnisse in Vorträgen oder in schriftlicher Form anderen Menschen zugänglich zu machen. (vgl. Linnemann, 1983: 860f)
In meiner Arbeit werde ich mich mit Goethes materiellem und geistigem Schaffen in Bezug zur Technik auseinandersetzen.
2. Goethes materielles Schaffen
In diesem Kapitel möchte ich belegen, „... daß Goethe- ungeachtet der Enge und Muffigkeit, die sein tägliches Leben in Weimar mitunter belasteten und beschränkten- ein aktiver Zeitgenosse jener industriell- wissenschaftlichen Revolution um 1800 war, ein Mann, der nicht nur begierig alle irgendwie erreichbaren Informationen über dieses Geschehen sammelte, der vielmehr auch dann und dort, wann immer und wo sich eine Chance bot, diese Entwicklung für das eigene Land zu nutzen, zugriff und sich entschieden für wissenschaftlich- technischen Fortschritt einsetzte.“ (Hahn, 1979: 253) Dazu werde ich in einem ersten Schritt Goethes amtliche Tätigkeit beschreiben und in einem zweiten Schritt auf die Technikförderung durch Goethe eingehen, die natürlich erst durch Goethes Position als Minister und Wissenschaftsorganisator möglich wird.
2.1. Goethes amtliche Tätigkeit
In der amtlichen Tätigkeit Goethes spielte Technik eine große Rolle. Um dies zu belegen, gehe ich im folgenden auf zwei amtliche Tätigkeiten Goethes ein.
Seit 1776 war Goethe Minister im Herzogtum Sachsen- Weimar- Eisenach und war in dieser Eigenschaft spätestens seit 1778 gezwungen, sich mit Fragen der Technik auseinanderzusetzen. Zu den bevorzugten Gebieten seiner Wirksamkeit als Minister gehörte zwei Jahrzehnte lang die „ökonomische und technische Leitung des Ilmenauer Berg- und Hüttenwesens. Dies veranlasste ihn, sich eingehend mit den Fragen wissenschaftlich- technischer Förderung der Produktion zu befassen. (vgl. Hahn, 1979: 246)
Man versuchte nach einer von Goethe vorgeschlagenen Methode nicht nur die Sanderze durch ein Poch- und Waschverfahren zu angereichertem Schlick zu verarbeiten, sondern in gleicher Weise auch mit dem Kupferschiefer zu verfahren. So konnten die zu transportierenden Kupferschiefermengen auf ein Verhältnis von 4 : 100 reduziert und die Transportkosten sowie der Verbrauch von Holzkohle beim Schmelzvorgang verringert werden. (vgl. Linnemann, 1983: 864)
Eine zweite amtliche Tätigkeit bestand für Goethe in der Aufsicht über die Universität Jena. Zwar hat er nie den Titel eines Kurators geführt, in der Praxis jedoch hat er das Amt einer staatlichen Aufsichts- und Anleitungsfunktion gegenüber dieser Universität bis zu seinem Tod wahrgenommen. Damit übte er einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Universität Jena, insbesondere hinsichtlich der Gründung wissenschaftlicher Institute und der Einführung und Förderung moderner Wissenschaftsdisziplinen aus. So entstand zum Beispiel eine Frauenklinik, eine medizinische und chirurgische Klinik, der Botanische Garten und das dazugehörige Botanische Institut, eine Tierarzneischule, eine Sternwarte, ein Physikalisch- Chemisches Institut und ein Mineralogisches Institut. Diese Aktivitäten waren jedoch nur möglich, weil Goethe als Wissenschaftsminister und Wissenschaftsorganisator selbst die Initiative ergriff, auf wissenschaftliche Notwendigkeiten hinwies, Probleme erkannte und ihre theoretische Klärung einleitete. Und um dies zu können, mußte er ein außerordentliches Interesse, umfassende Kenntnisse und ein Vertrautsein mit den Tendenzen der Wissenschaftsentwicklung jener Zeit haben. (vgl. Hahn, 1979: 246f)
2.2. Technikförderung durch Goethe
Im Zusammenhang mit der Erörterung der Technikförderung durch Goethe, möchte ich aus einem Brief von Goethe an Zauper (7. September 1821) zitieren: „Die Wissenschaft erhält ihren Werth, indem sie nützt, die Menschen lehrt, wie man lange verborgene, verkannte, an‘s Licht gezogene, neuentdeckte Vortheile zu unübersehbarem Gebrauch anwenden könne.“
Sein Versuch Wissenschaft und Technik zu vereinen, äußerte sich zum Beispiel in der engen Zusammenarbeit mit dem Professor für Chemie J.W. Döbereiner. Goethe versuchte dessen Forschungsergebnisse praxiswirksam in das Wirtschaftsleben des Weimarer Herzogtums einzusetzen. (vgl. Linnemann, 1989: 862) Außerdem nahm er an den Forschungen Döbereiners lebhaften Anteil, ließ sich von ihm in die chemische Elementenlehre einführen und konferierte mit ihm über Fragen der Farbenlehre. Des weiteren sorgte Goethe dafür, dass Döbereiner die Oberaufsicht über die Brauereien, Brennereien, Färbereien und technischen Betriebe übertragen wurde. In diesem Zusammenhang förderte Goethe die Errichtung einer Stärkezuckerfabrik in Tiefurt (1812), die sich allerdings nicht behaupten konnte, sowie die Errichtung einer Essigfabrik. (vgl. Hahn, 1979: 251f)
Ein weiteres Beispiel für Goethes aktive Technikförderung ist die Unterstützung des emigrierten französischen Industriellen Ignaz de Wendel, der Mitbegründer der französischen Schwerindustrie war, in Ilmenau zu versuchen eine Eisenindustrie aufzubauen. De Wendel war mit den modernsten Kenntnissen über die Stahl- und Eisengewinnung ausgestattet und hatte schon in Le Creusot, dem heutigen Zentrum der französischen Schwerindustrie, ein bedeutendes Eisenwerk gegründet. Er wollte zum einen der um sich greifenden Holzkrise durch die Verwendung von Steinkohle entgegenwirken, zum anderen hoffte er, durch ihre Anwendung zu neuen Schmelzergebnissen beim Verhütten des Kupferschiefererzes zu gelangen. (vgl. Linnemann, 1983: 864)
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- M.A. Petra Kunzendorf (Autor), 2000, Goethe und Technik, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20237
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