Soziale Einflüsse, genetische Faktoren, Persönlichkeitsmerkmale oder Lebensstile – was Menschen zu Rauchern macht, scheint von einer Vielzahl von Faktoren abhängig zu sein. Der Konsum von Zigaretten lässt sich mit den verschiedensten Aspekten in Verbindung bringen; leicht zu beobachten ist vor allem einer: Ob „Beruhigungszigarette“ in der „Raucherpause“ oder das gelegentliche Rauchen als Genussmittel – die Zigarette im Kontext der Entspannung lässt sich nicht nur im Alltag erfahren, sondern verweist auch auf den empirisch vielfach untersuchten Zusammenhang zwischen Rauchen und Stress. Zahlreiche Studien setzen sich mit dem Phänomen auseinander. Die Ergebnisse bezüglich Richtung, Kausalität und Erklärung des Zusammenhangs bleiben jedoch uneinheitlich. Führt Stress zu Zigarettenkonsum? Wirkt das Rauchen wirklich stressreduzierend? Ist Stress die Ursache des Rauchens oder das Rauchen die Ursache von Stress? Zur Beantwortung dieser Fragen dienen im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Studien, die sich – teilweise mit Hilfe von Befragungen, teilweise unter Anwendung experimenteller Methoden – mit der Erklärung der Stress-Rauch-Beziehung befassen. Da sich in der Forschungsliteratur eine große Bandbreite unterschiedlicher Ansätze wiederfindet und im Rahmen dieser Arbeit nicht auf alle Aspekte eingegangen werden kann, stehen die biologischen Erklärungsansätze im Fokus. Im Folgenden soll ein Überblick über die Zusammenhänge zwischen Stress und Rauchen gegeben werden, um im nächsten Schritt Erklärungsmodelle für diese Korrelationen vorzustellen. Abschließend erfolgt eine kritische Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Zusammenhang zwischen Zigarettenkonsum und Stress
Zigarettenkonsum als direkte Ursache von Stress
Mögliche Erklärungen für den Zusammenhang zwischen Zigarettenkonsum und Stress
Kritische Schlussbetrachtung
Quellenverzeichnis
Einleitung
Soziale Einflüsse, genetische Faktoren, Persönlichkeitsmerkmale oder Lebensstile - was Menschen zu Rauchern macht, scheint von einer Vielzahl von Faktoren abhängig zu sein (vgl. McAlister et al. 1984; Hughes 1986; Niederberger 1987). Der Konsum von Zigaretten lässt sich mit den verschiedensten Aspekten in Verbindung bringen; leicht zu beobachten ist vor allem einer: Ob „Beruhigungszigarette“ in der „Raucherpause“ oder das gelegentliche Rauchen als Genussmittel - die Zigarette im Kontext der Entspannung lässt sich nicht nur im Alltag erfahren, sondern verweist auch auf den empirisch vielfach untersuchten Zusammenhang zwischen Rauchen und Stress. Zahlreiche Studien setzen sich mit dem Phänomen auseinander. Die Ergebnisse bezüglich Richtung, Kausalität und Erklärung des Zusammenhangs bleiben jedoch uneinheitlich. Führt Stress zu Zigarettenkonsum? Wirkt das Rauchen wirklich stressreduzierend? Ist Stress die Ursache des Rauchens oder das Rauchen die Ursache von Stress? Zur Beantwortung dieser Fragen dienen im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Studien, die sich - teilweise mit Hilfe von Befragungen, teilweise unter Anwendung experimenteller Methoden - mit der Erklärung der Stress-Rauch-Beziehung befassen. Da sich in der Forschungsliteratur eine große Bandbreite unterschiedlicher Ansätze wiederfindet und im Rahmen dieser Arbeit nicht auf alle Aspekte eingegangen werden kann, stehen die biologischen Erklärungsansätze im Fokus. Im Folgenden soll ein Überblick über die Zusammenhänge zwischen Stress und Rauchen gegeben werden, um im nächsten Schritt Erklärungsmodelle für diese Korrelationen vorzustellen. Abschließend erfolgt eine kritische Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse.
Zusammenhang zwischen Zigarettenkonsum und Stress
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Affinität von Rauchen und Stress nicht nur in Umfrageergebnissen wiederfindet, sondern auch experimentell bestätigen lässt. Die sogenannte „Cologne Smoking Study“ der Universität Köln bildet hierbei eine Ausnahme unter der Vielzahl einheitlicher, empirischer Ergebnisse: Nach Untersuchung der beruflichen Stressfaktoren und der Nikotinabhängigkeit von 197 rauchenden Angestellten mittels standardisierter Tests und Skalen1 zeigte sich als Ergebnis eine geringere Nikotinabhängigkeit bei höherer beruflicher Belastung. Die Hypothese, dass Stress zu weniger Zigarettenkonsum führt, wird jedoch durch die Tatsache entkräftet, dass die Teilnehmer eine sehr hohe Arbeitszeit hatten und somit hauptsächlich in ihrer Freizeit Zigarettenkonsum möglich war - welchen die Studie jedoch nicht erfasste. Als weitere Drittvariable ist auch die zunehmende Anzahl der am Arbeitsplatz angebrachten
Rauchverbotsschilder nicht auszuschließen. Desweiteren zeigten sich im Nachhinein methodische Schwachstellen, da der zur Erfassung der Nikotinabhängigkeit angewandte Test nicht vollständig in der Lage ist, Nikotinabhängigkeit während der Arbeitszeit zu messen (vgl. Schmidt et al. 2010: 1ff.). Der in der Forschungsliteratur etabliertere Ansatz geht in der Regel davon aus, dass Stress zu mehr Zigarettenkonsum führt:
Wie eine qualitative Interviewstudie von Meyer, Friedman und Lazarsfeld zeigt, verweisen Raucher, bei instrumenteller Interpretation der Frage2, weshalb sie rauchen, zu 64 Prozent auf den Aspekt der Beruhigung (vgl. Schachter 1973: 147 f.). Eine Reihe quantitativer Interviewbefragungen kommt zu ähnlichen Ergebnissen, die ebenfalls auf den Entspannungs- und Beruhigungsaspekt von Zigaretten schließen lassen (vgl. Parrot 1999: 817). Um die Übereinstimmung von Einstellung und Verhalten zu prüfen, untersuchte der Psychologe Stanley Schachter die positive Korrelation zwischen Stress und Zigarettenkonsum anhand eines Experimentes, in dem Rauchern während der Ausführung einer Tätigkeit Elektroschocks zugefügt wurden. Die Sitzungen wurden regelmäßig unterbrochen um den Versuchspersonen die Gelegenheit auf freiwilliges Rauchen zu ermöglichen. Wie sich zeigte wurde nach Sitzungen mit starken Stromstößen - und somit erhöhtem Stress - mehr geraucht als nach schwachen Stromstößen (vgl. Niederberger 1987: 28). Personen, die unter Stress stehen, konsumieren also mehr Zigaretten.
Zigarettenkonsum als direkte Ursache von Stress
Ob Rauchen wirklich zur Stressreduzierung beiträgt, prüfte Schachter anschließend anhand eines weiteren Experimentes. Versuchspersonen wurden so lange sich steigernden Stromschlägen ausgesetzt, bis auf ihren Wunsch hin abgebrochen wurde. Das Experiment verglich hierbei vier Gruppen: Raucher die stark nikotinhaltige, schwach nikotinhaltige oder gar keine Zigaretten rauchen durften sowie Nichtraucher. Das Ergebnis zeigt, dass mit steigendem Nikotingehalt mehr Stromstöße in Kauf genommen werden. Dass Nichtraucher im Experiment jedoch eine ebenso hohe Schocktoleranz aufweisen wie Raucher mit stark nikotinhaltigen Zigaretten, spricht gegen eine allgemein belastungs- und stressreduzierende Wirkung des Rauchens (vgl. Niederberger 1987: 28f.). Festhalten lässt sich in diesem Zusammenhang nur, dass eine Verringerung der Nikotinzufuhr die Belastungsfähigkeit des gewohnheitsmäßigen Rauchers reduziert: Rauchen führt also nicht zwangsweise zu weniger Stress. Der Nikotinkonsum scheint bei süchtigen Rauchern jedoch notwendig zu sein, um die Belastungsfähigkeit bzw. Stresstoleranz auf die von Nichtrauchern zu steigern.
[...]
1 Fagerström Test for Nicotine Dependence (FTND) und Effort-Reward Imbalance Scale (ERI) (vgl. Schmidt et al.2010: 1)
2 Also bei Aufgreifen der Frage als „Was bedeutet Ihnen das Rauchen?“ und nicht geschichtlich interpretiert als: „Was hat dazu geführt, dass Sie mit dem Rauchen angefangen haben?“
- Quote paper
- Bachelor of Arts Elena Gratzke (Author), 2012, Analyse der Beziehung von Zigarettenkonsum und Stress, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202122
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