Non-Profit-Organisationen (NPOs) leisten einen immensen Beitrag für die Gesellschaft
und genießen dafür nicht ohne Grund hohe Anerkennung und Sympathie in der
Öffentlichkeit. Der so genannte Dritte Sektor setzt da an, wo der Handlungsspielraum
staatlicher Unternehmen endet und hat sich personell sowie strukturell anderen
Herausforderungen zu stellen als gewinnorientierte Unternehmen.
Die vorliegende Master Thesis geht auf theoretische Grundlagen der Integrierten
Kommunikation ein. zusätzlich wird eine Auswahl der derzeit in der Wissenschaft diskutierten
Modelle mit Blick auf das Potenzial Mitarbeitender zusammengetragen, um so
Möglichkeiten und Grenzen der Integrierten Kommunikation in dezentral agierenden Non-
Profit-Organisationen herauszuarbeiten.
Der empirische Teil basiert auf einer Online-Befragung von 500 Non-Profit-Organisationen
im Bereich Umwelt und Natur in Deutschland. Sie vermittelt einen Einblick in derzeitige
Personal- und Organisationsstrukturen bis hin zur Frage nach dem Stellenwert der
Kommunikation in den befragten Organisationen. Die Ergebnisse der Untersuchung
führen vor Augen, dass auch bei knappen finanziellen Mitteln mit einer Schärfung der
Steuerung des Personaleinsatzes Integrierte Kommunikation in Non-Profit-Organisationen
möglich ist und so einen Beitrag zur klaren, widerspruchsfreien Positionierung im
Wettbewerb leisten kann. Aus den gewonnenen Forschungserkenntnissen wurden dann,
mit Blick auf die knappen finanziellen und personellen Ressourcen, Handlungsempfehlungen
abgeleitet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problembeschreibung und Forschungsfrage
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau
2 Dezentral agierende Non-Profit-Organisationen
2.1 Definitionen
2.1.1 Definition Non-Profit-Organisation
2.1.2 Definition „dezentral“ agierende Non-Profit-Organisation
2.2 Darstellung des Non-Profit-Organisationssektors in Deutschland
2.3 Typisierung
2.4 Abgrenzung zwischen Profit- und Non-Profit-Organisationen
2.5 Strategische Aspekte und Besonderheiten
2.5.1 Die Rolle der Ehrenamtlichen
2.5.2 Self-Management
2.5.3 Ressourcen-Management
2.5.4 Potenzial-Wissen
2.5.4.1 Knowledge-Management
2.5.4.2 Intellectual Capital
2.6 Zusammenfassung
3 Integrierte Unternehmenskommunikation
3.1 Definition
3.2 Merkmale
3.3 Modelle
3.3.1 Marketing-zentrierte Modelle
3.3.1.1 Kommunikationsmanagement nach Pepels
3.3.1.2 Bruhns Modell der Integrierten Unternehmenskommunikation
3.3.2 PR-zentrierte Modelle
3.3.2.1 Kommunikationsmanagement nach Neske
3.3.2.2 Grunigs Konzeption von Kommunikationsmanagement
3.3.3 Integrative Modelle
3.3.3.1 Kommunikationsmanagement nach Zerfaß
3.3.3.2 Bogners Wiener Schule der Vernetzten Kommunikation
3.4 Anforderungen
3.4.1 Abstimmungsbereiche für Ressourcen-Erschließung
3.4.1.1 Interne und externe Unternehmenskommunikation
3.4.1.2 Organisationsstruktur
3.4.1.3 Corporate Identity und Cross-Media-Kommunikation
3.4.2 Bezugsgruppen-Management
3.4.3 Aufgaben und Ziele
3.4.4 Ökonomische Aspekte
3.4.5 Chancen und Risiken
3.4.6 Barrieren und Grenzen
3.4.6.1 Inhaltlich-konzeptionelle Barrieren
3.4.6.2 Organisatorisch-strukturelle Barrieren
3.4.6.3 Personell-kulturelle Barrieren
3.5 Zusammenfassung
4 Zusammenfassung des Theorieteils und Operationalisierung der Forschungsfrage
5 Empirische Untersuchung
5.1 Forschungsdesign und Methodenauswahl
5.2 Festlegung der Grundgesamtheit
5.3 Durchführung
5.4 Auswertungsmethode
5.5 Ergebnisse
5.5.1 Organisationsform, Steuerung und personelle Ressourcen
5.5.2 Stellenwert der Kommunikation: Chancen und Risiken
5.5.3 Rollen und Verantwortlichkeiten
5.5.4 Kommunikationsarbeit
5.5.5 Unterschiede zentralisiert und dezentralisiert agierende NPOs
5.6 Zusammenfassung
6 Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.2 Fazit und hypothesengeleitete Auswertung
6.3 Empfehlung Ressourcen-Management
6.4 Ausblick
7 Literaturverzeichnis
8 Abbildungsverzeichnis
9 Tabellenverzeichnis
10 Abkürzungsverzeichnis
11 Anhang
1 Einleitung
1.1 Problembeschreibung und Forschungsfrage
Unter Integrierter Kommunikation wird die strategische Vernetzung der Marketing-, Public Relations- und Corporate-Identity-Kommunikation verstanden. Deutlich wird durch die in der Wissenschaft stattfindende vielfältige Diskussion, dass Theorie und Praxis in der Umsetzung der Integrierten Kommunikation oft weit auseinander liegen. Oft scheitert die Umsetzung in kleinen und mittelständischen Unternehmen am fehlenden bereichs-übergreifenden Verständnis für eine der Teildisziplinen. Ängste, Kompetenzgerangel, persönliche Befindlichkeiten gelten als eine der größten Barrieren gegen eine erfolgreiche Einführung der Integrierten Kommunikation. Hieraus ergibt sich die Frage, wie dies in Organisationen aussieht, die nicht profitorientiert arbeiten und deren Aufgabenstellungen eher werteorientiert sind, sodass diese Barrieren nicht in der Ausprägung vorhanden sein dürften.
Die Rede ist von Non-Profit-Organisationen (NPO). Sie müssen sich im Wettbewerb behaupten, um Aufmerksamkeit kämpfen, mit knappen finanziellen und personellen Ressourcen konkurrieren und sind auf jede einzelne helfende Hand angewiesen. Der Erfolg einer Non-Profit-Organisation beruht letztendlich auf der Motivation, Integration und Identifikation der Mitarbeitenden mit der Organisation und deren Arbeit. Ein hoher Grad an Überzeugung und Verbundenheit ist einziger Garant für das Gelingen Integrierter Kommu-nikation. Mit ihrer Überzeugung stehen die Mitarbeitenden für die Zielsetzung der Orga-nisation meist ehrenamtlich ein. Die Erhaltung von Werten, Pflege und Ausbau sozialer Vernetzung, Erhaltung von Kulturgütern oder historischer Belange bis hin zum Schutz der Umwelt und Natur seien hier als Beispiele genannt. Nicht umsonst genießen diese Orga-nisationen hohe Wertschätzung in der Gesellschaft.
Aufgrund gänzlich anderer Personal- und Organisationsstrukturen in Non-Profit-Organi-sationen im Vergleich zu For-Profit-Organisationen (FPOs) sind Jobängste oder befürchtete Kompetenzbeschneidungen für ehrenamtlich Mitarbeitende nicht existenz-bedrohlich gegeben. Sie engagieren sich freiwillig und dienen einer gemeinwohl-orientierten Sache. Jeder einzelne Ehrenamtliche arbeitet als Profi entsprechend seiner beruflichen Qualifikation, Erfahrung und seines Wissens sowie seiner zur Verfügung stehenden Zeit und bringt sich damit in die Organisation ein.
Gleichzeitig müssen Non-Profit-Organisationen sich sehr heterogenen Bezugsgruppen stellen, die es in gewinnorientierten Unternehmen in der Regel nicht gibt. Die Rede ist nicht nur von den internen Anspruchsgruppen, z. B. ehrenamtlich Mitarbeitenden oder Bundesfreiwilligendienstleistende[1] , sondern auch von externen Anspruchsgruppen, z. B. Spendenden oder Sponsoren mit ihren spezifischen Befindlichkeiten, die Einfluss auf das Wirken der Organisation nehmen.
Der gesellschaftliche Wandel macht es notwendig, dass gerade Non-Profit-Organi-sationen umdenken und ihre Rahmenbedingungen des Handelns umstrukturieren bzw. überdenken müssen. Als Dienstleister und Boten gelebter Demokratie haben sie einen festen Platz in einer modernen demokratischen Gesellschaft. Besonders die Frage der Ressourcenbeschaffung und vor allem deren effizienter Einsatz sind mit die größten Herausforderungen, der sich diese Organisationen stellen müssen. Das steigende Interesse der Bezugsgruppen an den Organisationen, Individualisierung und Differen-zierung der Organisationen am Markt, die stetig steigenden Kommunikationsansprüche sowie Einflussnahmen externer Bezugsgruppen gehören zum Organisationsalltag.
Mit Blick auf den empirischen Forschungsprozess wird zu Beginn das zu untersuchende Problem definiert, um so die wissenschaftliche Fragestellung zu formulieren, welche letzt-endlich mit Hilfe der Forschungsfrage konkretisiert und präzisiert wird. Die vorliegende Arbeit geht folgender Forschungsfrage nach:
Welche Grenzen und Möglichkeiten gibt es für die Umsetzung der Integrierten Kommunikation in dezentral agierenden Non-Profit-Organisationen im Bereich Umwelt und Natur?
1.2 Zielsetzung
Mit dieser Master Thesis soll untersucht werden, ob und in wieweit Integrierte Kommu-nikation in örtlich verstreut agierenden Non-Profit-Organisationen umgesetzt werden kann. Ziel ist es dabei, die strukturelle Ausrichtung sowie die vorhandenen personellen Ressourcen der Organisationen zu erheben, was für die Basis der Integrierten Kommu-nikation unerlässlich ist.
Diese Arbeit geht davon aus, dass Integrierte Kommunikation aufgrund der personell- strukturellen und ideologischen Voraussetzungen sowie Rahmenbedingungen von Non-Profit-Organisationen eher umzusetzen ist als in For-Profit-Organisationen. Ziel dieser Master Thesis ist es, die wesentlichen Elemente und Kriterien der Integrierten Kommu-nikation einerseits sowie die personellen Besonderheiten von Non-Profit-Organisationen andererseits herauszuarbeiten, um so die theoretische Basis für die Umsetzung der Inte-grierten Kommunikation zu schaffen. Die Forschungsergebnisse sollen klären, ob die Erfahrungen der befragten Kommunikationsverantwortlichen der Non-Profit-Organi-sationen mit den wissenschaftlichen Erhebungen des Theorieteils übereinstimmen und die Voraussetzungen für die Umsetzung der Integrierten Kommunikation in dezentral agierenden Non-Profit-Organisationen gegeben sind.
Es ist nicht Ziel dieser Arbeit, klare Handlungsanweisungen für die Umsetzung Integrierter Kommunikation in dezentral agierenden Non-Profit-Organisationen zu geben. Eher sollen hiermit Einblicke und Anregungen vermittelt werden, die als Leitfaden dienen, wie zum einen trotz knapper finanzieller und personeller Ressourcen das Alleinstellungsmerkmal und Potenzial „Mitarbeiterwissen“ optimal und effizient genutzt werden kann. Zum ande-ren soll es ein Werkzeug für die Umsetzung Integrierter Kommunikation und als Folge die Chance einer klaren Positionierung der Organisation am Markt sein.
1.3 Aufbau
Die vorliegende Master Thesis teilt sich mit dem Ziel der Beantwortung der Forschungs-annahme in zwei Hauptteile, den theoretischen und den empirischen Teil, auf.
Der Theorie-Teil stellt einen allgemeinen Überblick dar und befasst sich intensiv mit der Erhebung wissenschaftlicher Literatur zu den Themen Non-Profit-Organisationen und deren Besonderheiten, Potenzial-Wissen, Dezentralität sowie Integrierte Kommunikation. Hierzu befasst sich das zweite Kapitel zunächst mit dem Non-Profit-Sektor in Deutsch-land. Dort wird die gesellschaftliche Relevanz und Bedeutung des sog. Dritten Sektors herausgearbeitet. Weiter werden dezentral agierende Non-Profit-Organisationen unter-sucht, definiert und darauf aufbauend eine Typisierung vorgenommen. Außerdem werden die Abgrenzung zu Profit-Unternehmen sowie strategische Besonderheiten herausge-arbeitet, wie z. B. das Potenzial-Wissen der Mitarbeitenden und die Rolle der Ehren-amtlichen, um für die Arbeit eine fundierte Basis für das Wesen und Wirken von Non-Profit-Organisationen zu schaffen.
Im dritten Kapitel wird eine Auswahl der derzeit in der Wissenschaft diskutierten Modelle der Integrierten Kommunikation zusammengetragen und anhand der Forschungsfrage definiert und diskutiert. Um dies mit Blick auf die Möglichkeiten von Non-Profit-Organi-sationen reflektieren zu können, wurden hierzu auch die organisatorischen Voraus-setzungen, ökonomische Aspekte sowie Barrieren und Grenzen bis hin zu den Besonderheiten in den Bezugsgruppen betrachtet. Eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse rundet den Theorieteil mit Kapitel vier ab.
Auf Basis der gewonnenen theoretischen Erkenntnisse wird im zweiten Teil dieser Arbeit, dem empirischen Teil, die genaue Vorgehensweise der Untersuchung erläutert. Hierzu werden in Kapitel fünf die Forschungsmethode und das Erhebungsinstrument vorgestellt sowie die Auswahl der Grundgesamtheit erläutert. Es wird erklärt, wie mittels quantitativer Forschung durch die Befragung von Kommunikationsexperten in Non-Profit-Organi-sationen Einblick in die Personal- und Organisationsstruktur gegeben werden soll. Hierzu wird die zu untersuchende Branche des Dritten Sektors vorgestellt.
Im letzten, dem sechsten, Kapitel werden die theoretischen und empirischen Erkenntnisse anhand der Forschungsfrage zusammengetragen, gegenübergestellt und reflektiert. Dies führt zu einer Empfehlung hinsichtlich des optimalen und effizienten Einsatzes der hetero-genen Mitarbeitenden einer Organisation als Basis zum Gelingen der Integrierten Kommunikation. Schließlich vermittelt der Ausblick eine Tendenz der zukünftigen Weiter-entwicklung der Integrierten Kommunikation in Non-Profit-Organisationen sowie mögliche Ansätze für die weitere Forschung.
2 Dezentral agierende Non-Profit-Organisationen
2.1 Definitionen
2.1.1 Definition Non-Profit-Organisation
In der einschlägigen wissenschaftlichen Fachliteratur finden sich unterschiedliche Begriffe für „Non-Profit-Organisationen“. Den Begriff „nonprofit“ (nicht profitorientiert) prägte anfänglich die Betriebswirtschaftslehre, um diese Organisationen eindeutig von erwerbs-wirtschaftlichen Unternehmen oder Profit-Organisationen abzugrenzen (vgl. Schwarz 2001: 20). Hinzu kommt nach Helmig und Purtschert (vgl. 2006: 4), dass der Begriff auch sehr stark kulturabhängig ist. Das Deutsche Universalwörterbuch Duden (2007: 733) defi-niert den Begriff „Non-Profit-Unternehmen“ als ein „ohne Gewinnerzielungsabsicht agierendes Unternehmen“, da bei diesen Organisationen die Gewinnabsicht tatsächlich nicht im Vordergrund steht oder gar nicht besteht .
Nach Schwarz (vgl. 2001: 16ff.) bezeichnet vor allem die volkswirtschaftliche und politik-wissenschaftliche Seite seit geraumer Zeit den Non-Profit-Bereich als „Dritten Sektor“ – zwischen dem Staat einerseits und den erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen andererseits. Die an sich als negativ empfundene Begriffsdefinition wird, genau wie auch „nichtstaatlich“ oder „Nicht-Regierungs-Organisation“ (NRO), international verwendet. Ebenso verdeutlicht der angloamerikanische Terminus „Non-Governmental-Organisation“ (NGO) die klare Abgrenzung von Non-Profit-Organisationen, welche grundsätzlich öffentliche (staatliche) Aufgaben wahrnehmen. Weiter führt Schwarz (vgl. ebenda) aus, dass der Begriff NGO weniger gebräuchlich ist und eher in Entwicklungsländern, aber auch für politisch aktive humanitäre oder ökologische Organisationen wie Greenpeace, WWF, Médicins sans frontières und andere genutzt wird. Somit soll diese Definition schlicht die Vielfalt der angewandten Begrifflichkeiten demonstrieren und eine Kenn-zeichnung für international agierende Organisationen aufzeigen.
Vom „Dritten Sektor“ wird darüber hinaus gesprochen, da Non-Profit-Organisationen weder dem „Ersten Sektor“ (der privat gewinnorientierten Wirtschaft) noch dem „Zweiten Sektor“ (der staatlich bzw. öffentlich verfassten Wirtschaft) zuzurechnen sind. (vgl. Birkhölzer, Kistler und Mutz 2004: 11f.). Non-Profit-Organi-sationen sind jene produktiven sozialen Systeme mit privater Trägerschaft, die ergänzend zum Staat und marktgesteuerten erwerbswirtschaftlichen Unternehmen mit spezifischen Zielen der Bedarfsdeckungs-, Förderungs- und Interessenvertretungen für ihre Mitglieder oder auch Dritte agieren (vgl. Helmig und Purtschert 2006: 4 ).
Weiter sind nach Andeßner (vgl. 2004: 33) Non-Profit-Organisationen ein soziales System, welches produktiv und in ein gesellschaftliches Umfeld integriert ist. Es erstellt Leistungen für seine Mitglieder oder für Dritte und strebt in seiner Tätigkeit die Erfüllung einer ideellen Mission bzw. eines gesellschaftlich erwünschten bedarfswirtschaftlichen Auftrages an. Sie ist weder von renditeorientierten Eigentümern gesteuert noch wird eine unmittelbare staatliche Hoheitsgewalt ausgeübt oder gar ihre Tätigkeit auf den Bereich des privaten Haushalt beschränkt. Ein Mindestmaß an formaler Struktur wird ausge-wiesen und unterliegt keiner Fremdsteuerung durch andere Organisationen.
Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe „Non-Profit-Organisation“, „NPO“, der „Dritte Sektor“ und „Non-Profit-Sektor“ synonym verwendet, wobei der Begriff „Organisation“ ebenfalls für NPO steht.
2.1.2 Definition „dezentral“ agierende Non-Profit-Organisation
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf dezentral agierenden Non-Profit-Organisationen, wobei es nicht nur um unterschiedliche Standorte bzw. „Tochterorganisationen“ einer Non-Profit-Organisation geht, sondern auch um die einzelnen Helfer, die beispielsweise für eine bestimmte Aufgabe hauptverantwortlich sind und von unterschiedlichen Standorten aus agieren. Entsprechend soll zunächst der Begriff „Dezentralität“ für die vorliegende Master Thesis klar definiert werden.
Dörrenbächer und Riedel (2000: 18) definieren Dezentralität als „ein kontextgesteuertes Netz von geographisch verteilten Unternehmenseinheiten, das flexibel dezentral agie-rende Integrationsanforderungen (economies of scale) mit nationalen Differen-zierungsnotwendigkeiten (responsiveness) verbinden soll“. Mit Blick auf die vorliegende Arbeit gilt es, die einzelnen Helfenden bzw. Standorte organisationskontextspezifisch zu integrieren. Jeder einzelne Helfende einer Organisation, so er denn mit einer spezifischen Aufgabenstellung betraut ist, bildet ein geografisch verteiltes Helfernetz, welches es zu steuern gilt.
Weiterhin werden in der wissenschaftlichen Literatur Begriffe wie „Dezentralisierung“, „dezentral agierend“ und „verstreut agierend“ verwendet. Fayol und Reineke (1929: 28) definieren „Dezentralisierung“ wie folgt: „Alles, was die Bedeutung der Rolle des Unter-gebenen erhöht, ist Dezentralisation, alles was diese Bedeutung mindert, Zentralisation.“ Hierbei ist es durchaus möglich, den Begriff „Bedeutung“ durch Autonomie, Handlungs-spielraum, Entscheidungs- oder Weisungsbefugnis oder auch Verantwortung zu ersetzen. Entscheidungsprozesse stehen mit ihren unterschiedlichen Phasen und Schritten im Vordergrund. „When all power for decision making rests at a single point in the organization – ultimately in the hands of a single individual – we shall call the structure centralized; to the extend that the power is dispersed among many individuals, we call the structure decentralized” (vgl. Mintzberg 1979: 181). Auch hier gilt es wieder, den Blick auf einzelne Standorte im Sinne von einzelnen Helfenden mit ihren spezifischen Aufgaben zu richten, die in die Entscheidungsprozesse der Organisationen einzubinden sind.
Diesen Aspekt unterstreichen Laux und Liermann (vgl. 2005: 373ff.), in dem sie sich auf genau diesen Entscheidungsprozess, als Dezentralisierungsobjekt, konzentrieren und die folgenden Formen der Dezentralisierung definieren:
- Die Verlagerung von Entscheidungsbefugnis an hierarchisch untergeordnete EntscheidungsträgerInnen,
- die Zerlegung des Entscheidungsprozesses in Teilprozesse und Übertragung dieser an verschiedene EntscheidungsträgerInnen sowie
- die Übergabe von Entscheidungen als Ganzes an ein Kollektiv von Ent-scheidungsträgerInnen.
Trifft man auf den personalwirtschaftlichen Forschungsbereich, führt die angelsächsische Literatur neben dem Begriff der Dezentralisierung zusätzlich die Begriffe Devolution oder Devolvement ein. „Während Dezentralisierung für die grundsätzliche Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf Subeinheiten der Unternehmung steht, wird mit Devolution/Devolvement die vertikale Segmentierung der Personalarbeit bezeichnet“ (Groening 2005: 103).
Eine genaue Abgrenzung des Begriffs „Dezentralisation“ ist schwierig, da die AutorInnen sehr unterschiedliche Sichtweisen auf die Problematik haben und die Interpretationen aus diesem Grund schwer fallen. Die meisten Ansätze gehen jedoch in Richtung „geogra-fischer“, „aufgaben-“ oder „entscheidungsorientierter“ Natur (vgl. Käfer 2007: 25f.).
Geografische Natur: - räumliche Verteiler einzelner Elemente in Kilo-meter
Aufgabenbezogen Natur: - Zuordnung von Handlungsrechten auf Organisa- tionseinheiten
- Zuordnung und Verteilung von Teilaufgaben auf Stellen und Abteilungen (vgl. Bleicher 1966: 42)
Entscheidungsorientierte Natur: - hierarchische Verteilung von Entscheidungsbe- fugnissen auf über- und untergeordnete Stellen
Brewster und Söderström (1994: 51) definieren folgende begriffliche Abgrenzung: „By decentralization we mean the allocation out to more local parts of the organization of tasks formerly undertaken by the personnel specialists to line manager.” In der deutsch-sprachigen Literatur findet – nach Kenntnis der Verfasserin – eine derartige Begriffsab-grenzung bzw. Begriffsdifferenzierung nicht statt.
Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf die geografische Dimension und somit auf den räumlichen Verteiler der einzelnen Elemente (hier: Mitarbeitende bzw. Standorte) in Kilo-metern, gepaart mit der aufgabenbezogenen Dimension entsprechend der Organi-sationszielsetzung.
Vor dem Hintergrund des Forschungsansatzes wird der Begriff „dezentral“ zugrunde gelegt, da er den Aspekt der Differenzierung sowie die Übertragung von Entscheidungs-kompetenzen auf Subeinheiten (und somit Standorte) mitberücksichtigt. Des Weiteren können dezentralisierte Organisationen vollständig oder teilweise dezentralisiert sein. Vollständig dezentralisierte Organisationen haben keine Zentrale sowie viele verstreute Standorte/Mitarbeitende. Teilweise dezentralisierte Organisationen haben eine Zentrale, aber viele verstreute Standorte/Mitarbeitende.
2.2 Darstellung des Non-Profit-Organisationssektors in Deutschland
Was den Non-Profit-Sektor in Deutschland von anderen Ländern unterscheidet, ist wohl das sehr strukturierte Arrangement, welches die signifikanten Bereiche des Non-Profit-Sektors bzw. die Öffentlichkeits-Sektor-Beziehung steuert. Ursächlich hierfür ist in Deut-schland das so genannte Subsidiaritätsprinzip (vgl. Anheier, Toepler und Sokolowski 1997: 191). Ein Prinzip, das dem Staat nur ergänzende Tätigkeit zugesteht und Non-Profit-Organisationen den Vorrang gegenüber der öffentlichen Hand bei der Erstellung sozialer Dienstleistungen zuweist (vgl. Duden 2007: 983).
Subsidiarität ist kein sehr altes Prinzip, übertrifft aber in ökonomischer Hinsicht die nachfolgend genannten Prinzipien bei Weitem und existiert in der reichhaltigen deutschen Tradition der Dezentralisation und lokaler Steuerung. Neueste Untersuchungen zeigen, dass Subsidiarität als relativ neue grundlegende Entwicklung im deutschen Non-Profit-Sektor erscheint und erst in den 1960er Jahren eine vertraute Basiskomponente der sozialen Körperschaft wurde (vgl. Anheier, Toepler und Sokolowski 1997: 191).
Badelt, Meyer und Simsa (vgl. 2007: 20) kennzeichnen und ergänzen den Dritten Sektor noch um die Kriterien Selbstverwaltungsprinzip, welches die Entwicklung von Non-Profit-Organisationen aus einer kommunalen und ständischen Ordnung heraus ermögliche, sowie Prinzip der Gemeinwirtschaft, welches auf der Suche nach einer Alternative sowohl zum Kapitalismus als auch zum Sozialismus beruht.
Hinzu kommt die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung des Non-Profit-Sektors, durch die immer mehr Interesse in Politik und Verwaltung geweckt wird. Der Druck und die Anforderungen an den Dritten Sektor steigen, nicht nur aus der Konkurrenzsituation heraus. Der deutsche Non-Profit-Sektor erfüllte 1995 mit mehr als zwei Millionen Arbeits-plätzen und einem Leistungsanteil von 3,9 Prozent des Bruttosozialprodukts eine bedeu-tende wirtschaftliche Funktion. Nicht unerwähnt bleiben sollte das Wachstum und die strukturelle Veränderung des Non-Profit-Sektors durch die Transformation in den neuen Bundesländern mit einem Gesamtumfang von 20 Prozent. Vor allem aber ist der Non-Profit-Sektor im Wesentlichen in den vergangenen drei Jahrzehnten entstanden (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 18ff.).
Die politisch-institutionelle Kompromissstellung des Non-Profit-Sektors ist auf die Ver-mischung neuer Formen wie der freiwilligen Vereinigungen, der Anstalten und Körper-schaften des öffentlichen Rechts, mit Elementen der mittelalterlich-ständischen Gesellschaft, wie z. B. der Zünfte, Gilden und kirchlichen Stiftungen, zurückzuführen. Seine volle Entfaltung fand der Dritte Sektor Ende des 20. Jahrhunderts durch die Ausdifferenzierung des privatwirtschaftlichen Gesellschaftsrechts und seiner Organi-sationsformen mit den privatrechtlichen Vereinen, den öffentlich-rechtlichen Anstalten, Körperschaften und Stiftungen sowie den privatrechtlichen Stiftungen nach bürgerlichem Recht. Die dadurch entstandene Segmentierung der Organisationen bot der Privatwirt-schaft und den öffentlichen Behörden ganz unterschiedlichen Interessen und Kräften Anknüpfungspunkte (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 19ff.).
Heute zählt der Dritte Sektor dank seines hohen Maßes an institutioneller Elastizität und Kontinuität zu den Garanten gesellschaftlicher und politischer Stabilität. Bis 1989 galt dies jedoch ausschließlich für Westdeutschland und West-Berlin. Das totalitäre und autoritäre politische Regime der DDR hat die Eigenständigkeit des Non-Profit-Sektors in den Jahren 1933 bis 1989 weitgehend zerschlagen und unterbunden, und damit seine soziale und politische Integrationskraft (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 19ff.).
Welche Organisationsformen und -typen in Deutschland typischerweise unter den Begriff „Non-Profit-Sektor“ fallen, formulieren Badelt, Meyer und Simsa (vgl. 2007: 22ff.) wie folgt:
- Eingetragene Vereine
- Gemeinnützige Vereine
- Geselligkeitsvereine
- Stiftungen
- Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege
- Gemeinnützige GmbHs und ähnliche Gesellschaftsformen
- Organisationen ohne Erwerbszweck
- Verbände des Wirtschafts- und Berufslebens, Gewerkschaften
- Verbraucherorganisationen
- Selbsthilfegruppen
- Bürgerinitiativen
- Umweltschutzgruppen und
- Staatsbürgerliche Vereinigungen
Betrachtet man das ökonomische Gewicht des Non-Profit-Sektors bis 1990, so bot der Sektor ca. 1,3 Mio. Arbeitsplätze, was 3,7 Prozent der Gesamt-Vollzeitbeschäftigung in Deutschland entspricht. In Ostdeutschland waren es bis Ende der 1990er Jahre hingegen ca. 80.000 Vollzeitarbeitsplätze, also nur ein Prozent der damaligen Erwerbsbevölkerung. Völlig unbeachtet bleibt bei diesen Zahlen die Arbeit der freiwilligen bzw. der ehrenamtlich Arbeitenden, was je nach zugrundegelegtem Berechnungsschema zusätzlich vier bis fünf Prozent Wertschöpfung ausmachen würde. Der Non-Profit-Sektor machte im Jahr 1990 insgesamt einen Umsatz von rund 47,8 Milliarden Euro (DM 93,4 Mrd.), was etwa 3,9 Prozent des Bruttosozialprodukts entspricht (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 22ff.).
Die sehr heterogenen Branchen des Non-Profit-Sektors setzen sich wie folgt zusammen:
- Kultur und Erholung
- Bildung und Forschung
- Gesundheitswesen
- Soziale Dienste
- Umwelt und Naturschutz
- Wohnungswesen und Beschäftigung
- Bürger- und Verbraucherinteressen
- Stiftungen
- Internationale Aktivitäten
- Wirtschafts- und Berufsverbände
- Sonstige (Religion u.a.)
Die Bereiche Gesundheitswesen und Soziale Dienste dominieren allerdings deutlich (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 23).
Signifikant sind auch die Forschungsergebnisse, dass der Non-Profit-Sektor in Deutschland einen höheren Anteil weiblicher Beschäftigter als jeder andere Sektor und jede andere Branche hat. 65 Prozent des Sektors stehen 41 Prozent der Gesamt-wirtschaft gegenüber. Dieses Verhältnis zwischen den Geschlechtern gleicht sich jedoch im ehrenamtlichen Bereich etwas aus (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007:30).
2.3 Typisierung
Was allen Non-Profit-Organisationen gemein ist, ist die Tatsache, dass sie nicht kommer-ziellen Zwecken (im Gegensatz zu For-Profit-Organisationen) dienen. Das breite und um-fassende Spektrum an Dienstleistungen von Non-Profit-Organisationen im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich ist ein elementarer Bestandteil unserer Gesellschaft (vgl. Luthe 1994: 1). Die nachstehende Tabelle (Tabelle 1) skizziert die institutionelle Vielfalt und die Verschiedenartigkeit der Tätigkeitsfelder des Non-Profit-Sektors und zeigt auf, in welchen Erscheinungsformen Non-Profit-Organisationen auftreten können. Hierbei sind die Institutionen nach staatlicher und privater Trägerschaft geordnet .
Tabelle 1: Vielfalt der Non-Profit-Organisationen
Quelle: eigene Darstellung nach Schwarz et al. 2009: 21
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach Badelt, Meyer und Simsa (vgl. 2007: 22) wirkt der Non-Profit-Sektor in unter-schiedliche rechtliche und institutionelle Bereiche hinein und erschwert so die statistische Erfassung. Die Rede ist von der privatrechtlichen Unterscheidung von eingetragenen Vereinen (e.V.), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaften (AG) sowie Genossenschaften und Stiftungen. Wobei ein Kriterium des Non-Profit-Sektors eine interne Differenzierung erfährt, und zwar in seinen privatrechtlichen Teilen: der Gemeinnützigkeit.
Non-Profit-Organisationen sind in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft aktiv. Die ver-schiedenen Typen von Non-Profit-Organisationen erbringen dabei ganz unterschiedliche Leistungen. Während wirtschaftlich ausgerichtete Organisationen die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder vertreten, erbringen karitative Non-Profit-Organisationen soziale und entgeltliche Unterstützungsleistungen an bedürftige Bevölkerungskreise und im Sozial- und Gesundheitsbereich (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 23).
Festzustellen ist darüber hinaus, dass karitative Organisationen eine Besonderheit haben: Sie agieren unter Umständen auch im Auftrag des Staates, beispielsweise in Ein-richtungen für Kinder, in der Jugendarbeit, in Krankenhäusern oder Altersheimen. Im Besonderen in den Bereichen Fürsorge, Randgruppenarbeit oder Entwicklungshilfe sorgen sie für sozialen Ausgleich und übernehmen dabei eine wichtige Funktion (vgl. Schwarz 2001: 16ff.). Der Begriff „karitativ“ kommt ursprünglich aus dem Lateinischen „carus“ und bedeutet wohltätig (vgl. Duden 2007: 564).
2.4 Abgrenzung zwischen Profit- und Non-Profit-Organisationen
Im deutschen Sprachgebrauch gibt es nach wie vor Unklarheiten über den zugrunde liegenden NPO-Begriff. Es wird daher nahegelegt, mittels eines Merkmalkatalogs zu überprüfen, welche Organisationen als Non-Profit-Organisationen anzusehen sind. Badelt, Meyer und Simsa (vgl. 2007: 6ff.) halten folgende Kriterien fest, die für die Zuordnung einer Organisation zum Non-Profit-Sektor entscheidend sind:
Aufgrund der in vielen Ländern sehr unterschiedlich vorliegenden Formalvorschriften ist hier ein Mindestmaß an formalisierten Entscheidungsstrukturen oder Verantwortlichkeiten erforderlich.
Des weiteren weisen Non-Profit-Organisationen ein Minimum an Selbstverwaltungs- und Entscheidungs autonomie auf. Die wichtigsten Entscheidungen können (zumindest for-mal) innerhalb der Organisation getroffen werden.
Aus Management-Perspektive heraus sind Menschen ein weiteres Merkmal von Non-Profit-Organisationen. Zum einen ist ein Mindestmaß an ehrenamtlicher Mitarbeit ein Charakteristikum. Viele Non-Profit-Organisationen bestehen sogar fast ausschließlich aus freiwilligen Helfern ab 14 Jahren. Jedes Jahr wird ehrenamtliche Arbeit im Wert von vielen Milliarden Euro geleistet. Das konsequente Ermitteln der Präsenz der Ehrenamtlichen gilt als besondere Herausforderung und begründet einen unschätzbaren Wert für eine Non-Profit-Organisationen. Jeder Einzelne muss für seine spezifische Rolle und Wert für die Organisation verfügbar sein (vgl. Wu und Shyu 2011: 612). Eckardstein (vgl. 2007: 273ff.) ergänzt diese Definition noch um die Zivildienstleistenden, die aufgrund einer militärischen Verpflichtung im Dritten Sektor tätig sind. Insofern obliegt es dem Personalmanagement, sich auf die jeweilige Koordination und Kombination von entgeltlich Beschäftigten, ehrenamtlich Tätigen und Zivildienstleistenden einzustellen, was sich deutlich von gewinnorientierten Unternehmen im Normalfall unterscheidet. Hinzu kommt der sich grundsätzlich von gewinnorientierten Organisationen unterscheidende Aspekt der „anderen Motivstrukturen“ (Eckardstein 2007: 275). Gesamtheitlich betrachtet spielt die-ses entscheidende Abgrenzungsmerkmal zu Profit-Unternehmen eine wichtige Rolle bei der Finanzierungsproblematik in Non-Profit-Organisationen (vgl. Schwarz et al. 2009: 20).
Im Gegensatz zu For-Profit-Organisationen unterliegen Non-Profit-Organisationen einem Gewinnausschüttungsverbot. Dies bedeutet, dass Gewinne nicht an Eigentümer oder Mitglieder ausgeschüttet werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie keine Gewinne erwirtschaften dürfen. Lediglich die Art der Gewinnverwendung ist hier das charakteristische Merkmal und bedeutet, dass Gewinne nur für den Organisationszweck genutzt werden dürfen. Der Begriff „nonprofit“ bringt die Abgrenzung bereits klar zum Aus-druck und unterstreicht im Besonderen die Gemeinnützigkeit (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 7).
Nach Bogner (vgl. 2005: 311) wird auch die klassische Abgrenzung zwischen PR, Corpo-rate Identity und Marketing im Non-Profit-Bereich schwieriger. Seinen Ausführungen zu Folge erlangt hier der „ganzheitliche Ansatz – gleiche Inhalte, unterschiedliche Bezeich-nungen“ (ebenda) eine besondere Bedeutung.
Während im kommerziellen Bereich hauptsächlich materielle Sachgüter als so genannte Produkte gelten, sind im Non-Profit-Sektor damit wesentlich komplexere und viel-schichtigere Angebote meist immaterieller Natur gemeint. Hierzu zählen beispielsweise Beratungsgespräche, die auf die Bedürfnisse und Interessen ihrer Bezugsgruppen ein-gehen und versuchen, diese zu erfüllen (vgl. Bruhn 2009: 41ff.).
Weiter sind im Gegensatz zu kommerziellen Unternehmen Non-Profit-Organisationen vor allem auf externe finanzielle Unterstützung angewiesen um handlungsfähig sein zu können . Die Generierung von Geldern erfolgt hier über Spendeneinnahmen oder Mitgliedsbeiträgen bis hin zu Sponsoring und Fundraising (vgl. Bruhn 2009: 41ff.):
Unter Sponsoring versteht man die systematische Bereitstellung von Geld- und Sach-mitteln oder Dienstleistungen durch Unternehmen für Personen oder Organisationen zur Erreichung unternehmerischer Marketing- bzw. Kommunikationsziele. Im Unter-schied zum Spendenwesen und zum Mäzenatentum stellt das Sponsoring ein Gegen-geschäft dar: Unternehmen erhalten im Gegenzug kommunikative Leistungen, wie z. B. Publizität oder Imagegewinne, etc. (vgl. Bentele, Fröhlich und Szyszka 2008: 623).
Fundraising ist für Non-Profit-Organisationen ein weiteres ganz wesentliches Element zur Generierung von Geldern, wobei der Begriff „Fundraising“ für die gesamten Formen der Geldansammlung und Vermögensbildung steht. So sieht Pleil (vgl. 2004: 16) im Fundraising vor allem die Pflege der Beziehungen einer Organisation zu bestehenden und potenziellen Spendern, aber auch ein geplantes Anwerben von potenziellen Unter-stützern.
Non-Profit-Organisationen sind private, nicht staatliche Organisationsformen. Eine Finanzierung durch die öffentliche Hand muss aber nicht unbedingt ausgeschlossen sein (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 6ff).
Ein besonderes Unterscheidungsmerkmal des Dritten Sektors ist auch, dass er, im Ge-gensatz zu For-Profit-Unternehmen, seitens der Öffentlichkeit einen Vertrauensbonus genießt. Dies gilt ebenso für die Medienvertreter, die einer qualifizierten Non-Profit-Kommunikation eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit unterstellen (vgl. Pleil 2004: 9).
Ergänzend führen Birkhölzer, Kistler und Mutz (vgl. 2004: 12) die nachfolgenden Unter-scheidungsmerkmale an:
- Vorrang sozialer und/oder gemeinwesenbezogener Zielsetzungen
- bürgerschaftliches unternehmerisches Engagement
- gemeinwirtschaftliche Gewinnverrechnung und
- kooperative Organisationsformen
Festzustellen ist, dass die angeführten Merkmale sehr trennunscharf sind und in der Realität in unterschiedlich stark ausgeprägtem Ausmaß auftreten können. Dies ist die Folge der doch sehr unterschiedlichen formalen Strukturen, des variierenden Anteils an ehrenamtlicher Arbeit oder der Distanz zur öffentlichen Hand. Vor allem spiegelt dies aber die demokratiepolitische Vielfalt des Dritten Sektors wider (vgl. Badelt, Meyer und Simsa 2007: 6ff.).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine Non-Profit-Organisation ein „dach-zieldominierter Zweckverband zur Verwirklichung ideeller Ziele“ (Krzeminski 1996: 3) ist. Ohne das Engagement der Mitglieder und Mitarbeitenden solcher Einrichtungen könnte eine pluralistische Gesellschaft nicht existieren (vgl. ebenda).
2.5 Strategische Aspekte und Besonderheiten
Non-Profit-Organisationen befinden sich derzeit in einem großen Umwandlungsprozess. Es wird nicht nur maßgeschneiderter, hoch qualifizierter Service erwartet, während gleichzeitig umweltbedingte Komplexität und der Mangel an Ressourcen bewältigt werden müssen. In dem Zusammenhang sind Non-Profit-Organisationen aufgerufen, deren Kern-prozesse sowie organisatorische Paradigmen zu überarbeiten. Um Spitzenleistung zu erreichen, sollten, nach Lettieri, Borga und Savoldelli (vgl. 2004: 16) alle vorhanden Ressourcen mit steigender Effizienz und Effektivität eingesetzt werden. Das Wichtigste hierbei ist der Faktor Wissen.
Hinzu kommt, dass Non-Profit-Organisationen oft auch ein wenig professioneller betriebswirtschaftlicher Umgang bzw. das Fehlen eines professionellen Managements unterstellt wird. Auch unter diesem Aspekt sind Non-Profit-Organisationen mehr und mehr gefordert, ihre Strukturen zu überdenken und zu professionalisieren. Horak und Heimerl (vgl. 2007: 167ff.) beschreiben die nachfolgenden Gründe für einen Professionalisie-rungszwang:
- zunehmender Rechtfertigungsdruck gegenüber Unterstützern und damit verbun-dene zusätzliche Nachfrage nach Informationen
- zunehmender Zeitdruck bei Entscheidungen, ausgelöst durch moderne Kommuni-kationsmöglichkeiten
- knappere Mittel und Rückzug der öffentlichen Hand zwingen Non-Profit-Organisationen, vielfältigere Aufgaben abzudecken. Leistungsdruck und finan-zieller Druck nehmen zu
- schwierige Personalsituation, Abhängigkeit von Mitarbeitenden
- rasche technologische Entwicklung (Informationstechnologie)
- der Wertewandel betrifft vor allem soziale und karitative Non-Profit-Organisationen und zeigt sich im Spendenverhalten und in der mangelnden Bereitschaft, ehren-amtliche Leistungen zu erbringen
- Veränderung der Finanzierungsstruktur zwingt Non-Profit-Organisationen zu einem Finanzierungsmix
- komplexe Beziehungen zu den Anspruchsgruppen mit sehr unterschiedlichen Be-dürfnissen erschweren es, allen Ansprüchen gerecht zu werden
- zunehmende Krisenanfälligkeit, weil sich Non-Profit-Organisationen in Wettbe-werbssituationen bewähren müssen; Einsatz von Kommunikationsinstrumenten, um potenzielle Krisen rechtzeitig zu identifizieren
- bereichsübergreifende Kommunikation, zum Beispiel mit Angehörigen der Wirt-schaft und der Politik sowie die Fähigkeit zu Kooperationen mit anderen Organi-sationen als Grundkompetenzen
- qualitative und quantitative Informationen sind die entscheidende Basis für Non-Profit-Organisationen für rasches Handeln
Ein möglicher Weg, dieses Dilemma zu lösen wäre es zu identifizieren, welches die Hebel bzw. Erfolgsfaktoren sind, die das Erreichen von Spitzenleistungen sowie der Stärke des Unternehmens fördern. Unter diesem Aspekt ist die Fähigkeit, den vorhandenen Bestand (für die vorliegende Arbeit: das Wissen) angemessen anzuwenden, einer der Faktoren. Entsprechend wird in den nachfolgenden Kapiteln der Fokus auf das Wissen gelenkt.
2.5.1 Die Rolle der Ehrenamtlichen
Nach Eckardstein (2007: 273) bedeutet ehrenamtliche Arbeit „eine Tätigkeit ihrer selbst, in anderen Fällen um der Ehre willen, also vor allem wegen der Außenwirkung“ willen. Somit erübrigt sich die „üblich“ zugeschriebene Funktion der „Mitarbeitermotivation“, da die Mitarbeit bereits aus sich selbst heraus motiviert ist. Dadurch entfällt der Aspekt, dass sich die Mitarbeitenden nur aufgrund des Arbeitsentgeltes motiviert bzw. für ihre Aufgabe angesprochen fühlen. Andererseits ist hierdurch auch die Möglichkeit der Verhaltens-änderung durch fehlenden Anreiz bzw. Angebot von Geld hinfällig. Es obliegt den ehrenamtlich Mitarbeitenden selbst, inwieweit, in welcher Form und für welchen Zeitraum sie sich für eine Non-Profit-Organisation engagieren. So ergaben aktuelle empirische Forschungen, dass vor allem der Wunsch nach sinnvoller Freizeitnutzung, Kontakt-bedürfnisse, Sammeln von Erfahrungen und Lernen die wichtigsten Motive für ehrenamtliches Engagement sind. Ehrenamtliche Arbeit wird darüber hinaus nicht zwangsläufig aus altruistischen Beweggründen geleistet, es können verschiedenartige Beweggründe vorliegen (vgl. Eckardstein 2007: 274ff.).
Neueste Untersuchungen ergeben weiter, dass auch die Qualifikation der Ehrenamtlichen, im Besonderen von jungen Leuten, immer wichtiger wird. Hierbei ist das Interesse an der Qualifizierung durch ehrenamtliches Engagement besonders stark ausgeprägt, vor allem im Sinne des beruflichen Nutzens und der Weiterentwicklung. Gleichzeitig stellt dies aber keinen Widerspruch zum grundsätzlichen Bedürfnis dar, etwas für das Gemeinwohl und für andere Menschen tun zu wollen. Vielmehr handelt es sich um einen Reflex auf die zunehmende Verdichtung der jugendlichen Bildungs- und Ausbildungsphase, die oft mit einer Überfrachtung mit immer höheren Anforderungen einhergeht. Dies hat vor allem auch zeitliche Konsequenzen für die jungen Leute insofern, dass sie ihr angespanntes Zeitbudget auch in Bezug auf die Zivilgesellschaft effektiv einsetzen wollen, und das geht am besten, wenn sich Engagement und Qualifikation verbinden lassen (vgl. Freiwilligensurvey 2010: 13). Dies ist mit Blick auf die Forschungs-frage kein unerheblicher Aspekt. Denn gerade die Heranziehung der Qualifikation der einzelnen Mitarbeitenden und deren Willen zum Engagement machen die Umsetzung der Organisationsziele möglich.
Die Verschmelzung beider Felder: die Arbeit der hauptamtlich sowie der ehrenamtlich Mitarbeitenden ist somit erforderlich für eine effektive Synthese der Arbeit in einer Non-Profit-Organisation. Im Besonderen, bezogen auf die Vision und Ziele einer jeden Organisation, sind Ehrenamtliche gewillt, Zeit und Fähigkeit anzubieten. Denn sie hätten sich nicht als Ehrenamtliche angeboten, wenn materielle Vergütung im Vordergrund stehen würde. Die Organisation dieser Ehrenamtlichen, mit Berücksichtigung derer Qualifikationen und Zeit stellt gerade für das Management einer Non-Profit-Organisation eine besondere Herausforderung dar (vgl. Wu und Shyu 2011: 612).
Weiter sind Menschen zwar die wertvollste Ressource von Non-Profit-Organisationen, gleichzeitig aber aufgrund der sehr heterogenen Zusammensetzung sehr schwer zu kontrollieren. Darüber hinaus bekommen Ehrenamtliche keine Gehälter, und die Organisation setzt sie normalerweise entsprechend Bedarf und nötiger Qualifikation ein. Aus dem Grund werden sie nicht wie Hauptamtliche registriert, jedoch wie „fließendes“ Personal (vgl. ebenda).
Definition Ehrenamt
Ein Ehrenamt, im ursprünglichen Sinn, ist ein ehrenvolles und freiwilliges öffentliches Amt, das nicht auf Entgelt ausgerichtet ist. Man leistet es für eine bestimmte Dauer regelmäßig im Rahmen von Vereinigungen, Initiativen oder Institutionen und kann in einigen Fällen dazu verpflichtet werden. Es kursieren diverse Begrifflichkeiten, die synonym für „Ehrenamt“ verwendet werden, wie zum Beispiel „Freiwilligenarbeit“ oder „Bürger-schaftliches Engagement“. Im Jahr 2009 wählten Engagierte am häufigsten den Begriff „Freiwilligenarbeit“, um ihre Tätigkeit zu charakterisieren. Die zweitpopulärste Begrifflich-keit ist das „Ehrenamt“. Dennoch steht der Vorrang der Freiwilligenarbeit in Umfragen im Gegensatz zur Praxis, in der sich die meisten Engagierten ganz selbstverständlich als Ehrenamtliche bezeichnen. Diese Begriffsverwendung geht allerdings vor allem auf die begriffliche Abgrenzung gegenüber den Hauptamtlichen zurück, die bezahlt tätig sind (vgl. Freiwilligensurvey 2010: 14). In Deutschland ist der Begriff „Ehrenamt“ gebräuchlich, während in Österreich eher der Begriff „Funktionäre“ Verwendung findet (vgl. Schwarz 2001: 23).
Freiwillige Helfer sind „im Bereich der Ausführung, im Erbringen von Dienstleistungen engagiert. Sie sind an der konkreten Umsetzung – neben den professionellen Mitarbei-tenden – der Beschlüsse beteiligt. Sie leisten (als Laien) ehrenamtliche Arbeit, tun also etwas ausserhalb [sic] ihrer täglichen (beruflichen) Beschäftigung, grundsätzlich in ihrer Freizeit, die sie aber eben für Dritte (Klienten) oder eine Sache (z. B. Sportveranstal-tungen) einsetzen“ (Schwarz et al. 2009: 263).
In der vorliegenden Arbeit wird ausschließlich der Begriff „Ehrenamt“ verwendet, da er am gebräuchlichsten ist und somit am ehesten der allgemeinen Verständlichkeit dient.
2.5.2 Self-Management
Als ein besonderes Merkmal von Non-Profit-Organisationen stellt sich die Tatsache heraus, dass der Erfolg einer Organisation zum einen abhängig ist von dessen Haupt-Mitarbeitenden, ebenso aber auch von den Ehrenamtlichen, die oft eine sehr kritische Rolle im Organisationsprozess spielen: Sie stellen eines der Kernelemente einer Non-Profit-Organisation dar. Ehrenamtliche ermöglichen der Organisation die Implementierung der Zielsetzung, indem sie sich freiwillig und eigenständig als helfende Hand zur Verfü-gung stellen. Das Konzept des Self-Managements basiert auf einer sozial-kognitiven Theorie und betont den hohen Grad an Eigenständigkeit und Dezentralisation (vgl. Wu und Shyu 2011: 617).
Weiter betonen Wu und Shyu (vgl. 2011: 611f.) in ihrer Studie unter anderem auch die Rolle der Führungskräfte einer Non-Profit-Organisation, indem sie den Aspekt “Delegation” näher berücksichtigen, um so einen Beitrag für das Organisationsgefüge zu leisten: „If the managers try to do everything by themselves, they will then negate the most significant autonomous management of their personnel as well as the flexibility of the organization“ (Wu und Shyu 2011: 612). Die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden kennzeichnet das so genannte „Self-Management“. Dieses Self-Management erkennt die Rolle im Team-Work an, welche unnötige Kommunikation, Koordination, Korrektur und Überwachung verhindert. Darüber hinaus würden beispielsweise überflüssige Manage-mentkosten reduziert, die Wertschätzung seitens des Organisationsumfeldes/des Kunden, wie auch des Personals, gefördert (vgl. ebenda).
Wu und Shyu (vgl. zitiert nach Jones and Svejnar[2] , 1982, 2011: 613) führen weiter aus, dass Self-Management an der Stelle partizipatives Management wird, bei dem das Self-Management eine bedeutende Rolle bei der Befugnis und Verantwortung, bezogen auf die Arbeit, jedoch weniger Kontrolle über strategische Entscheidungen spielt. Werden diese Ansätze dem Management der Ehrenamtlichen vermittelt, stellt dies ein ein-schlägiges und sicher wirksames Management dar.
Weiter konnte in dieser Studie bestätigt werden, dass Ehrenamtliche nach Gelegenheiten zur Förderung der Selbstverwirklichung suchen, was für das Management bzw. die Geschäftsführung einer Non-Profit-Organisation ein wesentlicher Aspekt ist. Ein offenes und respektvolles Arbeitsumfeld bietet den Ehrenamtlichen die Chance der Weiter-entwicklung. Manager sollten, so Wu und Shyu (vgl. 2011: 618f.) weiter, nicht davon ausgehen, dass Ehrenamtliche sich ausschließlich für ein paar Stunden pro Monat zur Verfügung stellen wollen und Rückschlüsse auf deren Kondition bzw. Verfügbarkeit ziehen. Vielmehr engagieren sich Ehrenamtliche mit einer Berufung bzw. Mission; sie wollen nicht wie Normalarbeitende in Unternehmen wahrgenommen werden.
Verschaffte sich das Management einer Organisation einen Überblick über die Mitarbeitenden inklusive der Ehrenamtlichen mit Blick auf deren Qualifikation, so ließen sie sich entsprechend der organisatorischen Zielsetzung in die Organisationsarbeit ein-binden und steuern. Dies ist hinsichtlich des Forschungsansatzes ein Aspekt, der für die einfachere Umsetzung der Integrierten Kommunikation in Non-Profit-Organisationen sprechen würde. Die Schwierigkeit „Kompetenzüberschreitung“ bzw. „Nicht-Akzeptanz der jeweils anderen Abteilung“ scheint hier in dem Maße nicht gegeben zu sein, da alle Ehrenamtlichen als Fachkräfte in ihrem Gebiet auftreten und sich einbringen wollen.
Weiter führen Wu und Shyu (vgl. 2011: 618f.) aus, dass Managende einer Non-Profit-Organisation Ehrenamtliche ermächtigen sollten, mit der Organisation zu kooperieren; Ehrenamtliche sollten eigenständig und unabhängig arbeiten und die Möglichkeit haben selbst zu bestimmen, wie die ihnen übertragene Aufgabe und somit die Ziele der Orga-nisation optimal erreicht werden können. Es wird empfohlen, dass Managende ihre traditionellen Managementmethoden meiden sollten. Es ist richtig, dass sie bei strate-gischen Entscheidungen im Vordergrund stehen, Ehrenamtliche sind jedoch die Aus-führenden und könnten an dem Entscheidungsfindungsprozess teilhaben.
Mit Blick auf die Dezentralität und Steuerung der Mitarbeitenden zeigen die neuesten Entwicklungen darüber hinaus, dass die Verteilung von Wissen und Aufgaben immer einfacher wird. Die Nutzung der elektronischen Medien und die damit verbundene Flexibilität wird immer mehr für die Veränderung von Unternehmensstrukturen genutzt. Klassische Grenzen der Unternehmungen verschwimmen, verändern sich oder lösen sich auf und werden durch dezentrale Gebilde ersetzt. Deren Kennzeichen sind Autonomie, Kooperation und indirekte Führung (vgl. Stabenow und Stabenow 2010: 12).
Weitere Bedeutung kommt die Rolle der Führungskräfte zu: Gerade auf räumlicher Distanz haben Führungskräfte bei den für sie tätigen Mitarbeitenden mit vielen Variablen umzugehen, was einen ständigen Abgleich miteinander erfordert. Stabenow und Stabenow (vgl. 2010: 19) führen Kriterien vor Augen, mit welchen sich Führungskräfte auseinandersetzen sollten. Es wurde unterstrichen, dass es sich begünstigend auswirkt, wenn eine Führungskraft loslassen, Ungewissheiten aushalten und Vertrauen in die Mitarbeitenden entwickeln kann:
- Persönliche Eigenschaften
- Vorerfahrungen als Mitarbeitende
- Qualifikationen
- Rollenverständnis
- Wertvorstellungen
- Zielvorstellungen
Die Berücksichtigung der aufgeführten Komponenten zur rechten Zeit, mit Blick auf den Standort stellen für Managende eine besondere Herausforderung dar. Gleichzeitig führen Stabenow und Stabenow (vgl. 2010: 19) aus, dass die Dezentralität zwei gravierende Folgen für die Zusammenarbeit hat und die Zunahme von Unsicherheit begünstigt:
- Mitarbeitende sind in ihrer Arbeit weitgehend auf sich alleine gestellt.
- Die Führungskraft hat nur begrenzte Möglichkeiten, direkt und persönlich auf Ar-beitsorganisation, Arbeitsdurchführung und Arbeitseinstellung Einfluss zu nehmen.
Des Weiteren wird festgestellt, dass das Führen über Ziele, mit Blick auf die dezentrale Mitarbeitendenführung, den Nachteil hat, dass bei ungenauer Kommunikation der Ziele die persönlichen Ziele der Mitarbeitenden Einfluss auf die Arbeit nehmen können, also der jeweils eigene Interpretationsspielraum genutzt wird. Außerdem können bei der Bestimmung von Aufgaben statt einer Zielformulierung die zu engen Vorgaben ein örtlich und situativ adäquates Handeln behindern (vgl. Stabenow und Stabenow 2010: 58).
Auf der anderen Seite kristallisierten die Autoren auch Vorteile des Führens auf Distanz heraus (vgl. ebenda):
- Die Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Mitarbeitenden werden erwei-tert, die eine wichtige Voraussetzung für die dezentrale Zusammenarbeit zwischen ihnen und der Führungskraft sind.
- Die Selbststeuerung der Mitarbeitenden wird erhöht – worauf letztlich der Erfolg einer virtuellen Zusammenarbeit und somit auch einer Führung auf Distanz beruht.
- Die erlebte Autonomie stützt die Mitarbeitenden in ihrem Gefühl der Selbst-wirksamkeit und erhöht die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
- Die richtungs- und arbeitslenkende Wirkung von Zielen leistet den direkten Führungsbedarf und entlastet somit die Führungskraft.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Mitarbeitenden mit ihren Aufgaben alleingelassen werden sollen. Die Rede ist eher von regelmäßig stattfindenden Zwischenziel-formulierungen sowie Rücksprachen bezüglich des weiteren Vorgehens oder auch Leistungsbewertungen. Hierzu sind nach Stabenow und Stabenow (vgl. 2010: 59) kontinuierliche Rückmeldungen notwendig, denn ihnen wird neben der informativen auch eine motivierende Funktion zugeschrieben. Die Reflexion zielrelevanter Vorkommnisse sowie die daraufhin einzuleitenden Maßnahmen hätten Raum für Schilderung und gemeinsamer Interpretation. Durch diese Form der Rückmeldung wird nicht nur die Kommunikation vertieft, es wird auch die Beziehung untereinander gestärkt. Fest terminierte Besprechungen ermöglichen eine Vorbereitung auf die Themen, um auch für sich selbst daraufhin eine Zwischenbilanz über die Selbstorganisation, das daraus resul-tierende Arbeitsverhalten und die Leistungsausrichtung zu erstellen, was auch mit der Prägung des Begriff „Selbstwirksamkeit“ reflektiert wird.
„Darunter wird die individuell unterschiedlich ausgeprägte Überzeugung verstanden, in einer bestimmten Situation die angemessene Leistung er-bringen zu können. Das Gefühl bezieht sich auf die subjektive Ein-schätzung der eigenen Fähigkeiten. Es beeinflusst die Wahrnehmung, die Motivation und Leistung.“ ( Stabenow und Stabenow 2010: 171)
Die Zerstreuung der Mitarbeitenden ist vor dem Hintergrund dieser Arbeit ein besonderer Aspekt. Die Motivation der Mitarbeitenden einer Non-Profit-Organisation und der Drang nach Selbstverwirklichung sowie Bestätigung birgt ein Potenzial für die Organisation. Sie engagieren sich autark, was eine Steuerung und ständige Rückkopplung notwendig macht.
“Self-Organisation is a distributed learning process that depends on trial and error communications to produce a viable organisational system from multiple unrelated parts.” (Espejo und Bendek 2011: 481)
In demokratischen Unternehmen wird man sich mehr und mehr bewusst über die unerwünschten Konsequenzen von Hierarchien (vgl. ebenda). Die Ermöglichung einer effektiven Selbstregulierung und Selbstorganisation ist erstrebenswert und bietet einen Ausweg aus Hierarchien durch die zielgerichtete Ausrichtung der selbstständigen Einheiten auf ihre Interessen mit denen der globalen Gesellschaft.
Ein Verbandsmanager sollte somit möglichst alles tun, dass sich die Mitarbeitenden innerhalb dieser Grenzen möglichst frei bewegen können. Aus diesen Faktoren entsteht eine hohe Identifikation sowie stärkeres Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen gegenüber der Organisation (vgl. Roitner 2006: 62).
Gerade für Ehrenamtliche, die sich motivgeleitet und hochgradig mit der Organisation identifizierend für Ihre Überzeugungen engagieren, dürfte die Übertragung von Verant-wortlichkeiten kein Problem darstellen. Zumal sie sich aus der Organisationsnatur heraus bereits „völlig frei“ bewegen.
2.5.3 Ressourcen-Management
Jede Non-Profit-Organisation muss sich genau überlegen, wie sie Ressourcen im Input- bzw. Innenbereich beschaffen kann. Letztendlich liegen darin die Potenziale (die Mittel/Instrumente) zur optimalen Aufgabenerfüllung einer Non-Profit-Organisation. Um einen betriebswirtschaftlichen Begriff zu bemühen, ist in einer Non-Profit-Organisation im Be-sonderen der Mensch ein „Produktionsfaktor“, welcher sich mit den Finanzmitteln zu den „Betriebsmitteln“ im betriebswirtschaftlichen Sinn gesellt (vgl. Schwarz et al. 2009: 245).
Tabelle 2: Ressourcen-Management, Elemente und Ziele
Quelle: eigene Darstellung nach Schwarz et al. 2009: 245
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Welche Komponenten bzw. Elemente das Ressourcen-Management bestimmen, soll Tabelle 2 aufzeigen. Ergänzt wird die Aufstellung um die Zielsetzung der jeweiligen Ressourcen-Bereiche einer Non-Profit-Organisation (vgl. Schwarz et. al. 2009: 244f.). Auch damit soll das Potenzial Mitarbeitender und die Schärfung der Arbeitsprofile unterstrichen sowie der Blick auf z. B. die Ehrenamtlichen gerichtet werden. Bei der Ressourcen-Beschaffung wird den Fragen nachgegangen: W ann braucht das Unternehmen welche Ressource in welcher Qualität und Quantität für welche zeitliche Dauer, um die gestellte Aufgabe erfüllen zu können. Es wird also der Bedarf und die Erwartung genau definiert, um somit den Markt oder die vorhanden Ressourcen nach vorhandenen Potenzialen durchsuchen zu können. Im Vorfeld erfolgt hierfür eine klare Definition der als Ressourcen bezeichneten „Fähigkeiten“ durch interne Recherche und Entwicklung (vgl. ebenda).
Dieser Ansatz ist mit Blick auf die vorliegende Arbeit deshalb von Bedeutung, da hier im Grunde von einer Schärfung des Personaleinsatzes die Rede ist. Die genaue Analyse sämtlicher Mitarbeitenden hebt Potenzial-Wissen über die zur Verfügung stehenden Qualifikationen bis hin zu Hinweisen über die Motivationsfaktoren der Helfenden. Dieses Wissen ist für die Umsetzung der Organisationsziele von Bedeutung und kann bei entsprechender Steuerung der Mitarbeitenden zum einen mit Blick auf Effizienz und Selbstverwirklichungsansatz genutzt werden, zum anderen mit entsprechender Qualifikation für die Kommunikationsarbeit der Organisation.
2.5.4 Potenzial-Wissen
In der wissenschaftlichen Literatur werden immer häufiger die so genannten Wissens-managementsysteme behandelt. Die systematisch zueinander in Verbindung gesetzten Elemente wie Wissensgenerierung, Wissensspeicherung, Wissenstransfer und Wissens-anwendung bilden die Bausteine eines solchen Systems (vgl. Andeßner 2004: 176ff.).
Die zentrale Aufgabe des Wissensmanagements besteht darin, individuelles und kollektives Wissen in organisationales Wissen und letztlich in Stakeholdernutzen umzuwandeln (Andeßner 2004: 180). Lettieri, Borga und Savoldelli (2004: 16) ergänzen diesen Ansatz: „The creation of an organizational culture that promotes knowledge gene-ration, sharing and exploitation seems to be a necessary premise in order to create NPOs that are innovative, flexible, effective and efficient.”
Um Informationen und Erfahrungen als Wissen zu verwerten, muss zunächst einmal Klar-heit darüber geschaffen werden, wer etwas weiß, um das Wissen letztendlich vollends erschließen zu können. Experten schätzen, dass mehr als die Hälfte des verfügbaren Wissens nicht genutzt wird (vgl. Mast 2010: 417). Dies unterstreicht den dieser Arbeit zugrunde liegenden Ansatz, dass die Nutzung des vorhandenen Wissens eine Voraus-setzung für die effiziente, innovative, flexible und effektive Arbeit einer Non-Profit-Organi-sation ist. Um eine schlüssige Kommunikationsarbeit leisten zu können, ist das Wissen um die Qualifikationen der Mitarbeitenden sowie der Weiterentwicklungsdrang von Bedeutung. Die Analyse des vorhandenen Potenzial-Wissens und die Steuerung dessen birgt Kompetenzen auf dem Weg zur Professionalisierung der Kommunikationsarbeit, ins-besondere in der Umsetzung der Integrierten Kommunikation.
2.5.4.1 Knowledge-Management
Non-Profit-Organisationen sind wissensintensive Organisationen, deren Wissens-Kapital sehr heterogen ist. Wegen der beachtlichen Fluktuation und der ehrenamtlich Mitarbei-tenden ist das Wissens-Kapital umfassend, kaum formalisiert und instabil. Somit ist die Bildung einer einzigartigen Wissensbasis, die formalisiert und von allen Mitgliedern anwendbar ist, ein Ansatz für Non-Profit-Organisationen. Ebenso machen es die unter-schiedlichen Interessen der heterogenen Mitarbeitenden schwierig, effektiv und kosten-sparend zu interagieren und sich untereinander von Nutzen zu sein (vgl. Andeßner 2004: 177f.).
Bezogen auf das so genannte Knowledge-Management (KM) ist das Wissen jedes einzelnen Mitarbeitenden einer Non-Profit-Organisation Hauptaugenmerk der Forschung, durch das diese in der Lage ist, jede einzelne Aktion zu selektieren und in Folge dessen nach außen zu reagieren. Geprägt ist das Wissen durch die Kultur und Geisteshaltung eines jeden Mitarbeitenden sowie deren Wertevorstellungen (vgl. Andeßner 2004: 177).
Erst der nächste Schritt setzt auf den Prozess des Knowledge-Managements, was die dynamische Ansammlung des vorhandenen Wissens bedeutet. Andeßner (vgl. ebenda) spricht von vorhandenem implizitem Wissen, der Gewinnung neuen Wissens über indi-viduelle und kollektive Lernprozesse sowie die Beschaffung externen Wissens außerhalb der Non-Profit-Organisation. Hier ist die Rede von aufgebautem Wissen infolge wachsen-der Prozesse, in welcher die Information durch Erinnerungen aufgebaut wurde. Zum einen durch die individuellen Erinnerungen, zum anderen durch Erinnerungen bezogen auf die Organisation. Des Weiteren wird auch die Bedeutung der Pflege der informellen Be-ziehungen innerhalb der Organisation hervorgehoben, welche das Wissen erst verstärkt und fördert. Erst durch diese Streuung steht dieses Wissen den Mitarbeitenden zur Ver-fügung (vgl. Lettieri, Borga und Savoldelli 2004: 19).
Anhand dieser Basisausrichtung untersuchten Lettieri, Borga und Savoldelli (vgl. ebenda) Non-Profit-Organisationen aus der sozialen Branche und kristallisierten Stärken, Schwächen sowie Charakteristiken heraus, um dieses Modell, welches in For-Profit-Or-ganisationen bereits etabliert ist, am Beispiel des italienischen Marktes für Non-Profit-Organisationen anwendbar zu machen. Diese lässt sich auch auf Non-Profit-Organisa-tionen des deutschen Marktes anwenden, da die Berührungspunkte der Organisationen gleich sind. Die nachfolgenden genannten drei Säulen wurden für die Untersuchung zu Hilfe genommen (vgl. Lettieri, Borga und Savoldelli 2004: 21):
(1) Ein Modell, welches erklärt, wie Non-Profit-Organisationen Spitzenleistungen verfolgen und wie eine adäquate Strategie für Knowledge-Management zu dieser Herausforderung einen Beitrag leisten kann.
(2) Ein Modell, welches die Hauptphasen des Knowledge-Management-Prozesses im Non-Profit-Sektor formuliert, zwecks Erstellung einer Übersicht über interne und externe Faktoren, welche diesen Prozess beeinflussen können, und
(3) ein Raster, welches das Wissen einer Non-Profit-Organisation klassifiziert, um die Hauptcharakteristiken des vorhandenen Wissens herauszukristallisieren.
Diese Untersuchung stellte die nachfolgenden Vorteile des Knowledge-Managements in Non-Profit-Organisationen heraus (vgl. ebenda):
- Ein bedeutender „Klebe-“Effekt der Mitglieder der bedarfsgetriebenen Gemein-schaft – ein einzigartiges und brauchbares Wissen auf Seiten der Agierenden und der steigenden Identifikation und des Bewusstseins über die Zielsetzung der Non-Profit-Organisation.
- Ein mächtiges Potenzial der Bildung sozialer Werte, von der Fähigkeit, sämtliche Erfahrungen aus den vergangenen Jahren in die Praxis zu übersetzen.
- Einen höhere operative und bereitgestellte Effizienz, aufgrund des tieferen Ver-ständnisses darüber, wie eine Non-Profit-Organisation und der Prozess funk-tioniert, sowie die Frage welcher Kapazitätslevel erreicht werden könnte.
- Eine verbesserte Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der mittel- und langfristigen Bin-dung zwischen der Vision und der kurzfristigen Pläne.
- Verbesserte Fähigkeit die bedarfsgetriebene Gemeinschaft zu managen und zu vergrößern, durch die Weiterverfolgung der Verbindung zwischen erforderlicher Qualifikation/ erforderlichem Wissen und verfügbarer Qualifikation/ verfügbarem Wissen und dem daraus resultierenden Setzen von realistischen Entwick-lungsplänen.
[...]
[1] Mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) zum 1. Juli 2011 in Deutschland wurde der „Zivildienst“ durch den „Bundesfreiwilligendienst“ (BFD) abgelöst. Der BFD ergänzt die bisherigen Freiwilligendienste, wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ). Die dieser Arbeit zugrunde gelegte wissenschaftliche Literatur deutschsprachiger Länder verwendet durchgängig den Begriff Zivildienst. Deshalb werden die beiden Begriffe Bundesfreiwilligendienst und Zivildienst in dieser Arbeit synonym verwendet.
[2] Das Original des Buches war für die Verfasserin nicht greifbar.
[3] Unter Milizer oder Milizarbeit wird die freiwillige Mitwirkung bei der Erfüllung der NPO-Führungsaufgaben verstanden, was sich von der ehrenamtlichen Arbeit zur Erfüllung des NPO-Zwecks unterscheidet (vgl. Schwarz et al. 2009: 251).
- Quote paper
- Manuela Bramer (Author), 2012, Integrierte Kommunikation in Non-Profit-Organisationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201700
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