Für Carl Philipp Emanuel Bach gehörte, wie für seine Zeitgenossen, die Bearbeitungstechnik der „Zweitbesetzung“ zum allgemein üblichen Usus. Insbesondere sein Konzertschaffen zeugt von diesem kompositorischen Verfahren: Von den über fünfzig überlieferten Konzerten für Tasteninstrumente existieren in sechs Fällen Fassungen für die Flöte, von denen drei auch für das Violoncello gesetzt sind, sowie zwei weitere Konzerte für Oboe. Welche der Fassungen jeweils Priorität besitzt, ist zumeist noch ungeklärt. Bach passte den Solopart jedoch umsichtig an die jeweiligen Gegebenheiten der Instrumente an, so dass die Konzerte gleichberechtigt und für sich genommen nebeneinander stehen können.
An den Einrichtungsvorgang Carl Philipp Emanuel Bachs, wie er sich im Solopart der Konzerte nachzeichnen lässt, möchte die Arbeit anknüpfen. Im Zentrum ihrer Auseinandersetzung steht das Instrument Flöte, das sich gerade zur Entstehungszeit der Flötenkonzerte Bachs großer Beliebtheit erfreute und als Virtuoseninstrument gehandelt wurde. In den für sie komponierten bzw. bearbeiteten Konzerten soll der Frage nach dem Umgang Bachs mit dem Instrument Flöte nachgegangen werden. Welche Bedeutung lässt Bach der Traverso als solcher bei der Einrichtung des Soloparts zukommen? Wie begründen sich die zwischen den Flötenkonzerten und deren alternativen Fassungen für Cembalo und Cello im Prozess des Bearbeitens entstandenen Divergenzen im musikalischen Detail? Und welche Rolle spielt dabei das dem Solokonzert eigene Phänomen der Virtuosität?
Vor dem Hintergrund eines kompositorischen Verständnisses, das zu Bachs Lebzeiten im Bereich der Instrumentalmusik oft wenig idiomatisch an ein bestimmtes Instrument gebunden war, steht letztlich die Frage: Was macht die Flötenkonzerte eigentlich zu Flötenkonzerten?
Inhaltsverzeichnis
- I. Komponieren für Flöte im 18. Jahrhundert: Die Solokonzerte von Carl Philipp Emanuel Bach
- I.1 Aufgabenstellung
- I.2 Quellenlage
- II. Die Traversflöte bei Carl Philipp Emanuel Bach
- II.1 Der Komponist und sein Instrument
- II.2 Zur Organologie der Traversflöte
- II.2a Errungenschaften des 17. Jahrhunderts
- II.2b Die Traversflöte Carl Philipp Emanuel Bachs
- II.3 Zur Musik für Traversflöte
- III. Die Flötenkonzerte von Carl Philipp Emanuel Bach
- III.1 Entstehungsgeschichtlicher Kontext
- III.2 Überlieferung in den Werkverzeichnissen
- III.3 Überlieferung in den Quellen
- III.4 Editionen
- IV. Der Solopart: Ein Spiegelbild „echter“ Flötenmusik?
- IV.1 Zur Beschaffenheit der Flötensolostimme in den Konzerten
- IV.2 Das Tonmaterial
- IV.2a Tonart und Tonreservoire
- IV.2b Tonumfang
- IV.2c Oktavlagen
- IV.3 Die melodische Aktivität
- IV.4 Die Figuration
- IV.5 Zusammenfassung
- V. Die Fassungen für Violoncello und Cembalo oder Orgel
- V.1 Entstehungsgeschichtlicher Kontext
- V.2 Überlieferung in den Werkverzeichnissen und Quellen
- V.3 Editionen
- V.4 Priorität der Fassungen
- VI. Original und „Zweitbesetzung“: Zur Kompositionstechnik der Bearbeitung in den Solokonzerten für Flöte, Violoncello oder Cembalo bzw. Orgel
- VI.1 Das Bearbeitungsverfahren der Zweitbesetzung
- VI.2 Die Bach'sche Bearbeitungstechnik in den Solokonzerten
- VII. Der Solopart der Flötenkonzerte und sein Verhältnis zu den alternativen Fassungen
- VII.1 Der Vergleich
- VII.2 Gemeinsame Tendenzen
- VII.3 Die Divergenzen
- VII.3.1 Phänomen und Ursache
- VII.3.1a Tonhöhendifferenz
- VII.3.1b Oktavlagendifferenz
- VII.3.1c Differenzen melodischer Aktivität
- VII.3.1d Summa summarum: Figurationsdifferenzen
- VII.3.2 Zusammenfassung
- VIII. Ergebnis: Das Verhältnis von Instrument und Komposition in den Flötenkonzerten Carl Philipp Emanuel Bachs
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Verhältnis von Instrument und Komposition in den Solokonzerten von Carl Philipp Emanuel Bach. Sie untersucht, wie Bach das Instrument Flöte in seinen Kompositionen eingesetzt hat und wie die verschiedenen Fassungen für Flöte, Violoncello und Cembalo/Orgel im Detail voneinander abweichen. Ziel ist es, die Eigenheiten der Flötenkonzerte Bachs herauszuarbeiten und zu verstehen, welche Aspekte diese Werke zu eigenständigen Flötenkonzerten machen.
- Die Bedeutung der Traversflöte im 18. Jahrhundert
- Die Kompositionstechniken von Carl Philipp Emanuel Bach
- Die Bearbeitungstechnik der „Zweitbesetzung“
- Der Vergleich der Soloparts in den verschiedenen Fassungen
- Die Rolle der Virtuosität in den Flötenkonzerten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Aufgabenstellung und die Quellenlage. Anschließend wird die Traversflöte in Bezug auf Carl Philipp Emanuel Bachs Schaffen und die allgemeine Musikentwicklung des 18. Jahrhunderts beleuchtet. Es folgt ein Kapitel über die Flötenkonzerte Bachs, ihre Entstehungsgeschichte, Überlieferung und Editionen. Im vierten Kapitel wird der Solopart der Flötenkonzerte analysiert, wobei auf Tonmaterial, Melodik, Figuration und Virtuosität eingegangen wird.
Kapitel V behandelt die Fassungen für Violoncello und Cembalo/Orgel, ihre Entstehungsgeschichte und Überlieferung. Kapitel VI beschäftigt sich mit der Kompositionstechnik der Bearbeitung in den Solokonzerten, wobei das Bearbeitungsverfahren der „Zweitbesetzung“ und Bachs eigene Bearbeitungstechnik im Detail beleuchtet werden. Schließlich wird in Kapitel VII ein Vergleich des Soloparts der Flötenkonzerte mit den alternativen Fassungen durchgeführt, wobei auf gemeinsame Tendenzen und Divergenzen im musikalischen Detail eingegangen wird.
Schlüsselwörter
Carl Philipp Emanuel Bach, Flötenkonzerte, Traversflöte, Solopart, Instrument und Komposition, Zweitbesetzung, Bearbeitungstechnik, Virtuosität, Vergleichende Analyse, Divergenzen, Musikwissenschaft, 18. Jahrhundert.
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- Antje Becker (Autor), 2009, Komponieren für Flöte im 18. Jahrhundert: Die Solokonzerte von Carl Philipp Emanuel Bach, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201346