Präventive und regenerative Trainingseinheiten im Fußball finden meist nur im Profibereich statt. Dabei sollten umfassende Trainingsprogramme nicht nur für Leistungssportler und Nationalspieler gestaltet werden. Eine grundlegende Förderung in den Bereichen Prävention und Regeneration würde bereits schon im Nachwuchsbereich sinnvoll sein.
Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit gehören zu den elementaren Voraussetzungen für sportlichen Erfolg. Der Zwang zur Leistungsoptimierung in Verbindung mit Leistungsdruck führt oftmals zu einem negativen Wohlbefinden und erhöht das Verletzungsrisiko, sowohl im Training als auch im Wettkampf. „Fußballer sind immer wieder Opfer von Trainingsmethoden“, so der DFB-Referent Anrich. Dabei steht die körperliche Leistungsfähigkeit eines Menschen im engen Zusammenhang mit der Gesundheit. Aus diesem Grund liegt das Anliegen der Studie, „Yoga im Fußball als präventive und regenerative Trainingseinheit“ in der Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Befindlichkeit einer Jugend-Fußballmannschaft.
Zielführend waren dabei die Wirkungseffekte eines achtwöchigen Yoga-Programms zu erfassen. An dem Projekt nahmen 64 Fußballer aus drei C-Jugendmannschaften der Spielvereinigung Unterhaching teil. Alle Versuchsteilnehmer waren zwischen 14 und 15 Jahre alt. Den Yoga-Kurs absolvierten 22 Spieler aus der C3-Mannschaft, die auch die Untersuchungsgruppe bildete. Die restlichen 44 Probanden aus den anderen zwei Mannschaften fungierten als Kontrollgruppe.
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 ABSTRACT
2 EINLEITUNG
2.1 Einführung in das Thema
2.2 Aufbau und Ziel der Studie
2.3 Wissenschaftliche Relevanz und Forschungsstand
3 THEORETISCHER HINTERGRUND
3.1 Die Yogawissenschaft
3.1.1 Was ist Yoga?
3.1.2 Historischer Überblick und Einordnung
3.2 Die Körperübungen (Asana)
3.2.1 Grundprinzipien
3.2.2 Ausführungsprinzipien
3.2.3 Wirkungsebenen der Asanas
3.3 Die Atemübungen (Pranayama)
3.3.1 Grundprinzipien – und Ausführungsprinzipien
3.3.2 Wirkungsebenen
3.4 Die yogische Ernährung
3.5 Die sportliche Leistungsfähigkeit eines Fußballers
3.5.1 Die physiologische Leistungskomponente
3.5.1.1 Ausdauer
3.5.1.2 Kraft
3.5.1.3 Schnelligkeit
3.5.1.4 Beweglichkeit
3.5.1.5 Koordination
3.5.2 Die kognitive Leistungskomponente
3.5.2.1 Psychische Fähigkeiten
3.5.2.2 Psychosoziale Fähigkeiten
3.6 Yoga im Fußball als regenerative und präventive Trainingseinheit
3.6.1 Inhalt einer Yoga-Trainingseinheit
3.6.1.1 Der Sonnengruß (Surya Namaskar)
3.6.1.2 Ausgewählte Asanas
3.6.1.3 Die Zwerchfellatmung
3.7 Fragestellungen und Zielsetzung der Untersuchung
4 METHODIK
4.1 Methodenauswahl: Das Experiment
4.2 Untersuchungsgruppe
4.3 Versuchsplan
4.4 Messinstrumente und Messgrößen
4.4.1 Sportwissenschaftliche Testbatterie
4.4.2 Fragebögen zur Befindlichkeitserfassung
4.4.2.1 Eigenzustand (EZ)
4.4.2.2 Wahrgenommene körperliche Verfassung (WVK)
4.4.2.3 Abschlussfragebogen
4.5 Versuchsablauf
4.5.1 Voruntersuchung
4.5.2 Konzeption des achtwöchigen Yoga-Programms
4.5.2.1 Anfangsentspannung
4.5.2.2 Aufwärmphase
4.5.2.3 Kräftigungs- und Mobilisationsphase
4.5.2.4 Asana-Übungsreihe
4.5.2.5 Endentspannung
4.5.2.6 Kursstruktur
4.5.3 Nachuntersuchung
4.6 Statistische Datenauswertung
4.6.1 Auswertung der sportwissenschaftlichen Testbatterie
4.6.2 Auswertung der Fragebögen
5 ERGEBNISSE
5.1 Ergebnisse der sportwissenschaftlichen Testbatterie
5.1.1 Crunch-Test
5.1.2 Standweitsprung-Test
5.1.3 Sit-and-Reach-Test
5.1.4 Squat-Jump-Test
5.1.5 Match-Test
5.1.6 Tapping-Test
5.2 Ergebnisse der Fragebögen
5.2.1 Eigenzustand
5.2.1.1 Dimension Stimmungslage
5.2.1.2 Dimension soziale Anerkennung
5.2.1.3 Dimension Selbstsicherheit
5.2.1.4 Dimension Kontaktbereitschaft
5.2.1.5 Dimension Anstrengungsbereitschaft
5.2.1.6 Dimension innere Ruhe
5.2.1.7 Dimension Erholtheit
5.2.1.8 Ausgeruhtheit
5.2.2 Wahrgenommene körperliche Verfassung
5.2.2.1 Dimension Aktiviertheit
5.2.2.2 Dimension Trainiertheit
5.2.2.3 Dimension Beweglichkeit
5.2.2.4 Dimension Gesundheit
5.2.3 Korrelationen Eigenzustand
5.2.3.1 Korrelation Dimension Stimmungslage
5.2.3.2 Korrelation Dimension soziale Anerkennung
5.2.3.3 Korrelation Dimension Selbstsicherheit
5.2.3.4 Korrelation Dimension Kontaktbereitschaft
5.2.3.5 Korrelation Dimension Anstrengunsbereitschaft
5.2.3.6 Dimension innere Ruhe
5.2.3.7 Korrelation Dimension Erholtheit
5.2.3.8 Korrelation Dimension Ausgerutheit
5.2.4 Korrelation WKV
5.2.4.1 Korrelation Dimension Aktiviertheit
5.2.4.2 Korrelation Dimension Trainiertheit
5.2.4.3 Korrelation Dimension Beweglichkeit
5.2.4.4 Korrelation Dimension Gesundheit
5.2.5 Abschlussfragebogen
6 DISSKUSION
6.1 Diskussion der Fragestellungen
6.2 Methodenkritik
6.2.1 Störvariablen und Testgütekriterien
6.2.2 Kritik an der Durchführung des Yoga-Programms
6.2.3 Teilnahmebereitschaft der Versuchspersonen
7 FAZIT
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 ANHANG
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Strukturschema der Leistungskomponenten eines Fußballspielers
Abbildung 2: Leistungsfaktoren eines Fußballspielers
Abbildung 3: Hauptformen der Kraft
Abbildung 4: Kurzschema der zeitlichen Einteilung eines Yoga-Programms
Abbildung 5: Streuungs- und Lagemaß des Crunch-Test
Abbildung 6: Mittlere Kraftausdauer des Crunch-Tests
Abbildung 7: Streuungs- und Lagemaß des Standweitsprung-Tests
Abbildung 8: Mittlere Schnellkraft der Beinmuskulatur des Standweitsprung-Tests
Abbildung 9: Streuungs- und Lagemaß der des Sit-and-Reach Tests
Abbildung 10: Mittlere Rumpfbeweglichkeit des Sit-and-Reach-Tests
Abbildung 11: Streuungs- und Lagemaß des Squat-Jump-Tests
Abbildung 12: Mittlere vertikale und isolierte Sprungkraft des Squat-Jump-
Abbildung 13: Streuungs- und Lagemaß des Match-Tests
Abbildung 14: Mittlere Reaktionsfähigkeit des Match-Tests
Abbildung 15: Streuungs-und Lagemaß des Tapping-Tests
Abbildung 16: Mittlere Beinbewegung des Tapping-Tests
Abbildung 17: Entwicklung der Stimmungslage in der dritten Woche
Abbildung 18: Entwicklung der Stimmungslage in der achten Woche
Abbildung 19: Entwicklung der Sozialen Anerkennung in der dritten Woche
Abbildung 20: Entwicklung der sozialen Anerkennung in der achten Woche
Abbildung 21: Entwicklung der Selbstsicherheit in der dritten Woche
Abbildung 22: Entwicklung der Selbstsicherheit in der achten Woche
Abbildung 23: Entwicklung der Kontaktbereitschaft in der dritten Woche
Abbildung 24: Entwicklung der Kontaktbereitschaft in der achten Woche
Abbildung 25: Entwicklung der Anstrengungsbereitschaft in der dritten Woche
Abbildung 26: Entwicklung der Anstrengungsbereitschaft in der achten Woche
Abbildung 27: Entwicklung der inneren Ruhe in der dritten Woche
Abbildung 28: Entwicklung der inneren Ruhe in der achten Woche
Abbildung 29: Entwicklung der Erholtheit in der dritten Woche
Abbildung 30: Entwicklung der Erholtheit in der achten Woche
Abbildung 31: Entwicklung der Ausgeruhtheit in der dritten Woche
Abbildung 32: Entwicklung der Ausgeruhtheit in der achten Woche
Abbildung 33: Entwicklung der Aktiviertheit in der dritten Woche
Abbildung 34: Entwicklung der Aktiviertheit in der achten Woche
Abbildung 35: Entwicklung der Trainiertheit in der dritten Woche
Abbildung 36: Entwicklung der Trainiertheit in der achten Woche
Abbildung 37: Entwicklung der Beweglichkeit in der dritten Woche
Abbildung 38: Entwicklung der Beweglichkeit in der achten Woche
Abbildung 39: Entwicklung der Gesundheit in der dritten Woche
Abbildung 40: Entwicklung der Gesundheit in der achten Woche
Abbildung 41: Summenscore der Dimension Stimmungslage im Wochen-Vergleich
Abbildung 42: Summenscore der Dimension sozialer Anerkennung im Wochen-Vergleich
Abbildung 43: Summenscore der Dimension Selbstsicherheit im Wochen-Vergleich
Abbildung 44: Summenscore der Dimension Kontaktbereitschaft im Wochen-Vergleich
Abbildung 45: Summenscore der Dimension Anstrengungsbereitschaft im Wochen-Vergleich
Abbildung 46: Summenscore der Dimension innerer Ruhe im WochenVergleich
Abbildung 47: Summenscore der Dimension Erholtheit im WochenVergleich
Abbildung 48: Summenscore der Dimension Ausgerutheit im WochenVergleich
Abbildung 49: Summenscore der Dimension Aktiviertheit im WochenVergleich
Abbildung 50: Summenscore der Dimension Trainiertheit im WochenVergleich
Abbildung 51: Summenscore der Dimension Beweglichkeit im WochenVergleich
Abbildung 52: Summenscore der Dimension Gesundheit im WochenVergleich
Abbildung 53: Grafische Darstellung des Abschlussfragebogens zur Zufriedenheit des Yoga-Programm
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: „Die sieben verschiedenen Grundprinzipien der Asanas nach Mitzinger“
Tabelle 2: Die Abfolge des Sonnengrußes
Tabelle 3: Die Wirkungsweisen und die beanspruchte Muskulatur in den Asanas
Tabelle 4: Gruppeneinteilung der Untersuchung
Tabelle 5: Untersuchungsdesign der Studie
Tabelle 6: Sportwissenschaftliche Testbatterie zur Feststellung der Leistungsfähigkeit
Tabelle 7: Items der Eigenzustand-Skala
Tabelle 8: Dimension und Items des WKV-Fragebogen
Tabelle 9: Kursstruktur des achtwöchigen Yogaprogramms
Tabelle 10: Signifikanzstufen
Tabelle 11: Verbreitete Fälle aller sportwissenschaftlichen Tests
Tabelle 12: Korrelationsstufen
Tabelle 13: Korrelation der Dimension Stimmungslage im Wochen-Vergleich
Tabelle 14: Korrelation der Dimension soziale Anerkennung im Wochen-Vergleich
Tabelle 15: Korrelation der Dimension Selbstsicherheit im WochenVergleich
Tabelle 16: Korrelation der Dimension Kontaktbereitschaft im WochenVergleich
Tabelle 17: Korrelation der Dimension Anstrengungsbereitschaft im Wochen-Vergleich
Tabelle 18: Korrelation der Dimension inneren Ruhe im Wochen-Vergleich
Tabelle 19: Korrelation der Dimension Erholtheit im Wochen-Vergleich
Tabelle 20: Korrelation der Dimension Ausgerutheit im Wochen-Vergleich
Tabelle 21: Korrelation der Dimension Aktiviertheit im Wochen-Vergleich
Tabelle 22: Korrelation der Dimension Trainiertheit im Wochen-Vergleich
Tabelle 23: Korrelation der Dimension Beweglichkeit im Wochen-Vergleich
Tabelle 24: Korrelation der Dimension Gesundheit
Tabelle 25: Übersicht der relativen Häufigkeiten aus dem Abschlussfragebogen
Tabelle 26: Gesamtübersicht der Befragung zur Teilnehmerzufriedenheit
Tabelle 27: Anwesenheitsliste des Yogakurses
1 ABSTRACT
Präventive und regenerative Trainingseinheiten im Fußball finden meist nur im Profibereich statt. Dabei sollten umfassende Trainingsprogramme nicht nur für Leistungssportler und Nationalspieler gestaltet werden. Eine grundlegende Förderung in den Bereichen Prävention und Regeneration würde bereits schon im Nachwuchsbereich sinnvoll sein. Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit gehören zu den elementaren Voraussetzungen für sportlichen Erfolg. Der Zwang zur Leistungsoptimierung in Verbindung mit Leistungsdruck führt oftmals zu einem negativen Wohlbefinden und erhöht das Verletzungsrisiko, sowohl im Training als auch im Wettkampf. „Fußballer sind immer wieder Opfer von Trainingsmethoden“, so der DFB-Referent ANRICH (ANRICH, 2002, S.9). Dabei steht die körperliche Leistungsfähigkeit eines Menschen im engen Zusammenhang mit der Gesundheit (vgl. VOGT 2011). Aus diesem Grund liegt das Anliegen der Studie, „Yoga im Fußball als präventive und regenerative Trainingseinheit“ in der Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Befindlichkeit einer Jugend-Fußballmannschaft. Zielführend waren dabei die Wirkungseffekte eines achtwöchigen Yoga-Programms zu erfassen. An dem Projekt nahmen 64 Fußballer aus drei C-Jugendmannschaften der Spielvereinigung Unterhaching teil. Alle Versuchsteilnehmer waren zwischen 14 und 15 Jahre alt. Den Yoga-Kurs absolvierten 22 Spieler aus der C3-Mannschaft, die auch die Untersuchungsgruppe bildete. Die restlichen 44 Probanden aus den anderen zwei Mannschaften fungierten als Kontrollgruppe. Die Studie gliederte sich in einen Vortest, ein Yoga-Programm im Achtwochen-Zyklus und ein Nachtest. Zur Ermittlung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Probanden wurden standardisierte sportwissenschaftliche Tests durchgeführt. Die subjektiv erlebten physischen und psychischen Veränderungen der Untersuchungsgruppe während des Yogakurses, wurden mittels spezieller Fragebögen zur Befindlichkeit gemessen. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte, dass ein Yoga-Programm durchaus präventive und regenerative Trainingseffekte bei Fußballspielern erzeugen kann. Bei den Komponenten „Beweglichkeit und Kraft“ konnten zwischen Vortest und Nachtest signifikante Verbesserungen der Leistungsfähigkeit festgestellt werden. Die statistische Auswertung der Fragebögen weißt zudem auf eine Steigerung der Gesamtbefindlichkeit und des subjektiven Wohlbefinden hin. Die Probanden fühlten sich nach dem Yoga-Kurs beweglicher, gesünder, trainierter und aktiver. Darüber hinaus konnten direkt nach einer Yoga-Einheit, wesentliche Erholungseffekte festgestellt werden.
Daher sollten auch in Zukunft präventive Maßnahmen im Nachwuchsbereich verstärkt eingesetzt werden. Zusammenfassend kann aus dieser Studie festgehalten werden, dass ein systematisches Bewegungsprogramm von Körperübungen aus dem Hatha-Yoga in Verbindung mit einer vertieften Bauchatmung, selbst bei nur einmaligem Üben pro Woche, nach acht Wochen eine Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Jugend-Fußballerspielern bewirkt hat.
2 EINLEITUNG
2.1 Einführung in das Thema
„Es gibt noch viel Potenzial für die Nutzung von Yoga. Wir sind erst in den Anfängen“, so Oliver Bierhoff (2009), der Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Nicht erst seit der Fußballweltmeisterschaft 2006 und Jürgen Klinsmann, der die Kombination Yoga und Fußball populär gemacht hat, findet die Yogatherapie bei Sportlern einen immer größer werdenden Anklang. Für viele Top-Athleten ist Yoga ein fester Bestandteil des Trainingsplans. Nach Wettkämpfen als Regeneration und Entspannung oder um Verletzungsrisiken zu minimieren (vgl. SYRE et al. 2010). Die Verbesserung der Beweglichkeit, Kraft, Motorik, Schnelligkeit, sowie des Gleichgewichtssinn seien nur einige wenige positive Aspekte des Yogas für einen Sportler (ebd). Yoga ist eine andere Art von Bewegungsprogramm, in dem verschiedene Elemente der Entspannung, Atmung, Kräftigung- und Mobilisation, sowie die Dehnung der Muskulatur aufgegriffen werden. „Die verschiedenen Yogaübungen unterscheiden sich von sonstigen Haltungen dadurch, dass sich extreme Gelenkstellungen und Muskeldehnungen ergeben und Körperpositionen eingenommen werden, die unter natürlichen Bedingungen nicht vorkommen“ (EBERT, 1986, S.57). Durch einen wechselnden Anspannungs- und Entspannungscharakter wird die eigene Körperwahrnehmung gesteigert, schwache Muskulatur gestärkt und verhärtete Muskulatur gedehnt. Vor allem die bei Sportlern häufig auftretenden einseitigen Belastungen und die daraus entstehende limitierende Flexibilität im Stütz- und Bewegungsapparat, kann durch eine regelmäßige Yoga-Praxis entgegengewirkt werden (vgl. SYRE et al. 2010). Zusätzlich kann durch eine vertiefte Atmung mehr Sauerstoff in den Körper und in den Blutkreislauf gelangen (EBERT 1986). Toxische Stoffe im Blut können somit schneller abgebaut werden. Auch die bei starker körperlicher Beanspruchung entstehende Milchsäure (Lactat), kann durch das sauerstoff-reichere Blut gehemmt werden (vgl. DEUTZMANN 2002). Ermüdungs-erscheinungen der Skelettmuskulatur nach Wettkämpfen können folglich leichter abgebaut werden. Aber nicht nur die Muskulatur, Sehnen und Bänder, sondern auch die inneren Organe werden positiv durch die Asanas (Körperübungen) und Pranayama (Atemübungen) beeinflusst. Die Kapillarweitung bewirkt eine erhebliche Steigerung der Organfunktion (vgl. MITZINGER 2009). Darüber hinaus werden nicht nur körperliche Fähigkeiten, sondern auch die des Geistes entwickelt (vgl. VISHNUDEVANANDA 2010). Durch innere Ruhe und eine größere Achtsamkeit gegenüber sich selbst und anderen, kann die für den Athleten wichtige Konzentrationsfähigkeit ausgebildet werden. Insgesamt bietet Yoga für Sportler eine vorteilhafte Ergänzung zur Steigerung der Trainingseffizienz und der sportartspezifischen Fertigkeiten (vgl. MÜLLER 2004).
2.2 Aufbau und Ziel der Studie
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist, die Erfassung der Wirkungsebenen eines achtwöchigen Yoga-Kurses an einer Gruppe von Amateurfußballern. Vor diesem Hintergrund soll auf der Basis eines „experimentellen Versuchs“ untersucht werden, inwiefern Yoga als präventive und regenerative Trainingseinheit in den Fußballalltag integriert werden kann. Es soll sowohl der physiologische als auch der psychologische Wirkungshintergrund für einen Fußballer betrachtet werden. Nach dem Lehrmeister Swami Sivananda kann Yoga in fünf verschiedene Säulen unterteilt werden: „Entspannung, Körperübungen (Asanas), Atemübungen (Pranayama), Meditation und Ernährung“ (vgl. VISHNUDEVANANDA 2010). Der Fokus dieser Arbeit soll vor allem auf dem körperlichen Teil (Asanas) der Yogawissenschaft liegen. Dennoch ist es relevant, einen kurzen Gesamtüberblick darzustellen, damit das ganzheitliche Konzept der Yogaphilosophie deutlich wird.
Im theoretischen Abschnitt dieser Studie soll nach einer kurzen Einführung in die Entwicklung und Definition von Yoga, zunächst die Methoden der Asanas und Pranayama vorgestellt werden. Im Mittelpunkt aber, sollen neben den Ausführungsprinzipien, vor allem die Wirkungsebenen der Yogapraxis stehen. Des Weiteren soll die sportliche Leistungsfähigkeit eines Fußballers, mit den physischen und kognitiven Voraussetzungen analysiert werden. Abschließend gilt es im theoretischen Rahmen eine Zusammenführung von Yoga und Fußball zu schaffen. Zielführend ist dabei, ein Yogaprogramm als präventive und regenerative Trainingseinheit für die Fußballer zu entwickeln.
Im empirischen Teil der Diplomarbeit wird daher die Wirksamkeit von Yoga an einer männlichen C-Jugendmannschaft der Spielvereinigung Unterhaching getestet. Dazu wird in der achtwöchigen Winterpause einmal die Woche ein Yogatraining stattfinden. Am Anfang und am Ende der Winterpause werden sportwissenschaftliche Standardtests zur Feststellung der allgemeinen koordinativen und konditionellen Spielfähigkeit durchgeführt. Außerdem wird die Untersuchungsgruppe zu ihrer allgemeinen und körperlichen Befindlichkeit befragt. Im weiteren Verlauf wird die Konzeption der Yogastunde und das achtwöchige Programm dargestellt. Das Kernstück dieser Untersuchung bildet die statistische Überprüfung der Wirkungseffekte im Ergebnissteil. Im sechsten Kapitel erfolgt eine zusammenfassende Diskussion, unter der Berücksichtigung der Forschungsleitende Fragen, sowie eine kritische Betrachtung in Bezug auf die praktische Anwendung von Yoga im Fußball. Den Abschluss dieser Diplomarbeit bildet das Fazit, das einen Ausblick hinsichtlich der Möglichkeiten von Yoga im Fußball präsentieren soll. Außerdem soll verdeutlicht werden, was letztendlich den Unterschied von Yoga zu herkömmlichen Dehnprogrammen ausmacht.
2.3 Wissenschaftliche Relevanz und Forschungsstand
Den Anstoß zu einer Auseinandersetzung mit Yoga im Fußball, als regenerative und präventive Trainingseinheit war ein Interview von Oliver Bierhoff, der Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft in der Zeitschrift „Yoga Aktuell August/September 2009“. Es gibt mittlerweile weltweit zahlreiche Nachweise, dass Yoga therapeutisch und präventiv wirksam ist. „Das Yoga Research and Education Center in den USA führt gegenwärtig etwa 10.000 Untersuchungen über die Wirksamkeit von Yoga auf seiner Website auf“ (MITZINGER, 2009, S.3). Allerdings fehlt es noch an wissenschaftlich fundierten und evaluierten Modellen, die die Wirkungsebenen explizit von den Körperübungen „Asanas“ und den Atemübungen „Pranayama“ in der Trainingspraxis von Sportlern darlegen. Gerade im deutschsprachigen Raum sind experimentelle Forschungsergebnisse selten. Die mediale Präsenz von Yoga in Fernsehberichten, Onlinemedien und Zeitschriften ist zunehmend groß. Angesichts einer großen Nachfrage von Schwangeren-Yoga bis hin zum Leistungssport-Yoga verwundert der bisherige Mangel an empirischer Fundierung. Der immer größer werdende Leistungsdruck im Fußballsport, bereits schon im Jugendbereich, ruft nach neuen Methoden der Prävention und Regeneration. Die deutschsprachige Literatur beschränkt sich teilweise nur auf Erfahrungsberichte und nicht auf repräsentative Studien. Im Vergleich zu etablierten Verfahren wie der Progressiven Muskelrelaxation oder dem Autogenen Training sind empirische Wirksamkeitsstudien im Bereich Yoga in Deutschland die Ausnahme (vgl. BRANDT 2004).
Folgende Publikationen sind in der Yogaforschung in Deutschland von Bedeutung:
1. Der Mediziner Dr. Dietrich EBERT veröffentlichte 1986 das Buch „Physiologische Aspekte des Yoga“, das bis heute noch fundierte Ergebnisse im Bereich der Wirksamkeit von Yoga auf physischer Ebene darstellt. Zu den physiologischen Mechanismen hat EBERT eine Reihe von Hypothesen aufgestellt, die er durch empirische Studien stützt. Des Weiteren betreute EBERT in den 90er Jahren medizinische Dissertationen von Wolfgang BRUNS und Bert KÜHNEMANN, die wesentliche Ergebnisse seiner Forschungen verifizierten. BRUNS (1997) konnte deutlich positive Auswirkungen des Hatha-Yoga auf die Kraftwahrnehmung und auf das Konzentrationsvermögen der Übenden bestätigen. KÜHNEMANN belegte in seiner Dissertation die bereits von EBERT dokumentierte Senkung des Ruhemuskeltonus als Folge eines Yoga-Trainings (FUCHS 2000).
2. Christian FUCHS publizierte 1990 das Buch „Yoga in Deutschland. Rezeption, Organisation und Typologie.
3. Der Berufsverband der deutschen Yogalehrer e.V. gab 2000 die Infobroschüre „Yoga im Spiegel der Wissenschaft“ heraus. Diese gibt einen Überblick über wissenschaftliche Forschungsergebnisse und die Wirkungs-weisen von Yoga.
4. Die Heterogenität der Langzeitwirkungen verschiedener Yogakonzepte wird von ENGEL durch eine Langzeit-Feldstudie (2000) empirisch belegt (vgl. BRANDT 2004).
5. Ein weiteres Forschungsprojekt wurde 1993-1995 unter der Leitung von Dr. Martina BLEY und der Kooperation von öffentlichen Trägern ins Leben gerufen. In diesem Projekt wurde die Wirkung von Hatha-Yoga bezüglich Schlafstörung, chronischen Kopfschmerzen, chronischem Lumbalsyndrom und Hypertonie untersucht. In diesem Rahmen entstand auch die Dissertation von Christina KÜHN (1996), die die Effektivität von Hatha-Yoga bei Kreuzschmerzen und Hypertonie untersuchte (vgl. Fuchs 2000).
6. Hans DEUTZMANN befasste sich 1997 in seiner Diplomarbeit mit dem Thema Yoga als Gesundheitsförderung, Grundlagen, Methoden, Ziele und Rezeption. 2002 erschien die erste überarbeitet Auflage als Publikation zu seiner Diplomarbeit.
Darüber hinaus gibt es weitere Arbeiten, die sich mit die sich mit dem Vergleich von Yoga-Therapie und Psychotherapie beschäftigen und die Möglichkeit einer gegenseitigen Ergänzung erörtern (HEMPEL 2003, LAMB, FEUERSTEIN 2001, MONRO, GOSH & KALISH 1989, UNGER, 1997).
3 THEORETISCHER HINTERGRUND
3.1 Die Yogawissenschaft
Laut der „US Yoga Statistics“ aus dem Jahr 2008 der YIAS (Yoga in America Study) wird die Zahl der Yoga-Praktizierenden auf rund 30 Millionen geschätzt und auch in Europa wächst das Interesse zunehmend (vgl. SYRE 2010). In Deutschland praktizieren gemäß dem Bund Deutscher Yogalehrer (BDY) über 4 Millionen Menschen regelmäßig Yoga. Dabei liegen die Anfänge der Yogawissenschaft schon viele Jahrtausende zurück.
3.1.1 Was ist Yoga?
Das Wort „Yoga“ hat heutzutage eine Vielzahl an Bedeutungen. Ursprünglich stammt das Wort Yoga von der Sanskritwurzel „yui“ ab und bedeutet so viel wie „anjochen“, „vor ein Gespann spannen“, „zusammenführen“ oder „verbinden“ (vgl. SCHÖPS 2009). Demzufolge ist Yoga ist eine indische Erlösungslehre mit dem Ziel, die Vereinigung mit dem Göttlichen zu erreichen. Dazu dienen eine Reihe körperlicher und geistiger Übungen (EBERT 1986). EBERT beschreibt Yoga als ein „methodisches System zur Erlernung der bewussten Steuerung und Regelung motorischer, psychischer, sensorischer und vegetativer Funktionen“ (vgl. EBERT, 1986, S. 18). Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist Yoga eine Methode der Selbstdisziplinierung. Dabei handelt es sich um eine bewusste Selbsterfahrung, das Erleben der oben genannten Funktionen und kann damit als individuell praktizierte, subjektiv erlebte „Physiologie“ bezeichnet werden (ebd). Aus physiologischer Sicht ist der Yoga-Übungsvorgang eine „psychosomatische Funktionsaktualisierung“ (vgl. EBERT, 1986, S. 136). Durch die Verknüpfung der Psyche mit dem Körper, werde der Mensch unempfindlicher gegenüber Krankheiten und Verletzungen. „Die bewusste Aufmerksamkeit auf Vorgänge wie Haltung und Atmung, die auch automatisch ablaufen könnten, bewirke über eine Entautomatisierung die psychosomatische Integration und damit eine verbesserte Wahrnehmung der eigenen Körperfunktionen“ (DEUTZMANN, 2002, S. 171). Dabei werde ein physisches, psychisches und somatisches Selbstdisziplinierungssystem angestrebt. Durch eine regelmäßige Yoga-Praxis seien langfristige Adaptionsprozesse anzunehmen, die nach EBERT (1986) als einen optimalen Homöostasezustand bezeichnet werden. Unter Homöostase wird das physiologische Streben nach Einhaltung eines Gleichgewichts bezeichnet, das für die Lebenserhaltung und Funktion eines Organismus oder eines Organs notwendig ist. Der Psychotherapeut MITZINGER beschreibt, dass es sich beim Yoga um ein umfassendes Entspannungssystem handelt, dass sich im Vergleich zu wissenschaftlich anerkannten Verfahren des Autogenen Trainings und der Progressiven Muskelrelaxation beim Erlangen auf Entspannung nicht auf ein Wirkungsprinzip beschränkt, sondern verschiedene Wirkungsprinzipien nutzt (vgl. MITZINGER 2009). Die Inder verstehen unter dem Begriff Yoga, das Streben nach der erlösenden Erkenntnis durch systematische Schulung des Körpers und Geistes durch unmittelbares Schauen und Erleben. Weg und Ziel ist somit die Selbsterfahrung. Yoga ist daher keine Lehre, sondern eine Methode und kann als solche mit verschiedensten Lehren in Verbindung treten (vgl. DEUTZMANN 2002). Durch die Vielzahl an Bedeutungen wird klar, dass es nicht nur das „eine Yoga“ gibt, sondern viele verschiedene Ansätze und Übungswege. Unabhängig vom sportlichen Leistungsstand, Geschlecht oder Charakter kann man von einer regelmäßigen Yoga-Praxis profitieren. Denn eins haben alle Übungsansätze gemeinsam: „das Selbsterfahrungsprinzip.“ „Denn von einer psychischen und somatischen Selbstdisziplinierung sind sowohl physiologisch messbare Effekte, als auch gesundheitsfördernde Wirkung im prophylaktischen und therapeutischen Sinne zu erwarten“ (EBERT, 1986, S. 18).
3.1.2 Historischer Überblick und Einordnung
Yoga ist einer der ältesten Wissenschaften, die sich mit der Gesamtheit des Menschen - Körper, Geist und Seele - in seiner Einheit und Harmonie beschäftigt. Die Übungswege des Yoga gehen auf eine mindestens 3500 Jahre alte Geschichte zurück. Erste bildliche Darstellungen sind in der indischen Industalkultur (Blütezeit um 2500 - 1800 v. Chr.) zu finden (ebd.).
Im Verlauf der Jahrtausende haben sich nach WOLZ-GOTTWALD (2003) folgende Traditionslinien aus den altindischen Schriften entwickelt:
1. Der religiös geprägte Yoga
Die religiösen Traditionslinien basieren auf der Textsammlung der Uphanishaden (800-600 v. Chr.), die aus der Essenz der vedischen Schriften stammt und die indische Philosophie beschreibt. In den Upansihaden wird Yoga erstmals zu dem prädestinierten Mittel der Beherrschung von Sinnen und Gedanken erklärt (DEUTZMANN 2002). Als bedeutendster Text des religiösen Yoga wird die Bhagavagita (ca. 500 v. Chr.) angesehen (vgl. SCHULZ-RAFFELT 2000). Die „Bhagavagita“ kommt aus der alten indogermanischen Sprache Sanskrit und bedeutet „Gesang Gottes“ (VISHNUDEVANANDA 2011). In 18 Gesängen wird ein Dialog zwischen der Göttlichen Inkarnation Krishna als Lehrer und dem Krieger Arjuna als Schüler dargestellt. Symbolisch soll die Bhagavagita ein Lehrgedicht darstellen, das sich mit den Problemen der Menschheit beschäftigt und eine Botschaft der Ermutigung, Freude, Hoffnung, aber auch des Trostes beschreibt.
2. Der klassisch-Philosophische Yoga
Entstanden ist der klassisch-philosophische Weg in der Zeit 200 v. Chr. – 200. n. Chr. Das Yoga-Sutra (sankrit: „Leitfaden“) wurde von dem indischen Gelehrten Pantanjali verfasst. Nach WOLZ-GOTTWALD (2003) vereinigt das Yoga-Sutra alle bis dahin bekannten Yogatraditionen in einer großangelegten philosophischen Konzeption. Außerdem gilt die Sutra heute, als einer der wichtigsten Grundlagentexte des Yoga (FUCHS 2000). In 195 Aphorismen wird unter anderem der achtgliedrige Pfad des Ashtanga-Yoga aufgeführt. Inhaltlich werden die Funktionsweisen des Geistes beschrieben und ein Weg aufgezeigt, um die Störungen im Geist zu überwinden und zur wahren Erkenntnis über sich und die Welt zu gelangen (vgl. SCHÖPS 2009).
3. Der Körperorientierte Hatha-Yoga:
Der Körperbezogene Übungsweg des Hatha-Yoga entwickelte sich ungefähr im 8. Jahrhundert n. Chr. in Nordindien, auf der Grundlage des Tantrismus (TRÖKES 2010). Der Hatha Yoga basiert auf der Pradipika und ist ein Praxishandbuch zu Pantanjalis Sutra. In ihr werden die Körperpraktiken (Asanas und Pranayama) beschrieben, durch die der Körper als eine Art Werkzeug auf dem Weg der Selbsterkenntnis fungiert. Das wichtigste Ziel des Hatha-Yoga war aber ursprünglich, den Übenden die Begegnung mit Gott zu ermöglichen. DEUTZMANN (2002) beschreibt das System daher als einen Komplex, aus psycho-physischen Techniken, die zu bewusstseinsverändernden Erfahrungen hinführen sollen. Deshalb entwickelten die Hatha-Yogis ein Übungssystem, das eng mit der ayurvedischen Medizin verknüpft ist und mit dessen Hilfe Krankheiten verhindert oder geheilt werden sollen (vgl. HEMPEL 2003, IYENGAR et al. 1995). Das Wort „Hatha“ bedeutet wörtlich so viel wie Sonne und Mond (ha-Sonne; tha-Mond) und wird als Ausdruck der Einheit einander entgegengesetzte Energien (männlich/weiblich oder heiß/kalt) charakterisiert. „Der Kopfstand (Shirshasana) ist wohl die bekannteste Übung und bedeutet unter anderem eine Verpolung des Körpers im Spannungsfeld zwischen Sonne und Mond“ (EBERT, 1986, S. 27). In der Literatur wird Hatha Yoga oftmals mit „Körperbeherrschung“ übersetzt, obwohl neben physischen Übungen auch psychische Übungen beinhaltet sind. Dieses Konzept berücksichtigt die vielfältigen Erscheinungsformen der menschlichen Natur, sowie die Stärken und Schwächen der menschlichen Psyche (TRÖKES 2010). Die Anzahl und Variation der Körperübungen sind von Yogarichtung zu Yogarichtung unterschiedlich. Manche Autoren nennen bis zu 88 verschieden Asanas (vgl. MARTIN 2007).
EBERT (1988) unterscheidet mit Bezug auf die Position des Rumpfes sieben Asana-Grundformen:
1. Entspannungshaltung im Liegen, ohne jede Muskelanspannung (Shavasana)
2. Sitzhaltungen
3. Umkehrhaltungen, d. h. der Kopf befindet sich unterhalb des Rumpfes (wie z. B. beim Kopfstand)
4. Rumpftorsionen
5. Rumpfbiegen nach vorne
6. Rumpfbiegen nach hinten
7. ausgeprägte Balanceübungen
Im Wesentlichen handelt es bei den Hatha-Yoga-Texten um technische Übungsanweisungen und deren physiologischen Wirkung.
Im Laufe der Zeit haben sich vor allem aus den USA spezielle Hatha-Yoga-Übungsformen entwickelt.
4. Der moderne Yoga
Nachdem der Yoga im 14. und 15. Jahrhundert eine kreative Entwicklung erfuhr, trat in den nächsten Jahrhunderten eine Stagnation ein und der Yoga geriet in Indien, nicht zuletzt durch den kulturellen Einfluss der Kolonialmächte, verstärkt ins Hintertreffen (vgl. BRANDT 2004). Erst im 19. Jahrhundert erfuhr der Yoga wieder ein neues Interesse und auch in Deutschland entwickelten sich die ersten Organisationen. Einhergehend mit der Beachtung von westlichen Wissenschaftlern entstand eine Renaissance des traditionellen Yoga (WOLZ-GOTTWALD 2003). Federführend in Deutschland war dabei der Mediziner Dietrich EBERT, der mit seiner Forschungsarbeit über „Physiologische Aspekte des Yoga und der Meditation“ maßgeblich zur gesellschaftlichen Akzeptanz und öffentlichen Anerkennung von Yoga beitrug (vgl. FUCHS, 2000).
Erst in den 1990er Jahren etablierte sich der Yoga-Trend im deutschen – und europäischen Raum vollkommen. Insbesondere aus den USA kommende neuzeitliche Trends, wie „Bikram Yoga“, „Jivamukti Yoga“ oder „Power Yoga“ finden in der Gesellschaft großen Anklang. Die modernen Yogarichtungen unterscheiden sich von dem traditionellen Yoga vor allem hinsichtlich der Motivation des Übenden (vgl. DEUTZMANN 2002). Die meisten Menschen sind hauptsächlich an der Steigerung ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit interessiert und blenden die spirituellen Dimensionen aus. Allerdings zeigen die Beobachtungen, dass Menschen ab drei Jahren Yogapraxis einen stärkeren Fokus auf die spirituelle Ebene des Yoga setzen (vgl. MARTIN 2007). Yoga wird heute in vielen verschiedenen Bereichen gelehrt, nicht nur als Therapie im Gesundheitssektor, sondern auch in der Kinder- und Jugendbildung, im Erwachsenenbereich, in der Arbeitswelt, sowie in der Zusammenarbeit mit behinderten Menschen.
3.2 Die Körperübungen (Asana)
In der indischen Literatur heißt es, dass es so viele Asanas gibt, wie es Menschen auf der Welt gibt. Folglich gibt es für jeden eine passende Haltung, die individuell den eigenen Bewegungsapparat dehnt, unterstützt und stärkt. „Asana“ bedeutet in der alten indogermanischen Sprache Sanskrit „der Sitz“ und stellt im Allgemeinen statisch ausgeführte Körperhaltungen dar. In bildlichen Darstellungen ist immer der Lotussitz gezeigt und so kann man annehmen, dass der Lotussitz die ursprünglichste und vielleicht zur Zeit Pantanjalis die einzige Haltung war (vgl. EBERT 1986). Im Laufe der Zeit haben sich verschiedenste Körperhaltungen entwickelt. Allerdings sollte anfänglich nur „das Lange Sitzen“ bei der Meditation, durch die Dehnung der Muskulatur und das Beugen der Wirbelsäule gefördert werden. Nach der physiotherapeutischen Regel „Jeder Dehnung soll eine Anspannung der entsprechenden Muskelgruppe folgen“, stellt VAN LYSEBETH (1975) die sogenannte Rishikesh-Serie mit neun Asanas vor, die nach diesem biomechanischen Prinzip aufgebaut ist und aus jeder Grundform mindestens eine Haltung enthält (vgl. EBERT 1986). Eine andere Unterteilung stellt GHAROTHE (1997) dar. Er unterscheidet darüber hinaus in meditative (Sitzhaltungen), körperpflegende (statische Dehnübungen) und entspannende Asanas (Liegepositionen). Im Wesentlichen wird auf isometrische Weise die Haltemuskulatur in den Asanas kontrahiert. Zusätzlich kommt es zur Kompression von einem Organ oder mehreren Organen während einer Körperübung. Bei Umkehrhaltungen, wie zum Beispiel dem Kopfstand (Shirshasana), kommt er zur Zunahme des hydrostaltischen Drucks im Kopf (vgl. MITZINGER 2009).
3.2.1 Grundprinzipien
Die Intensität und Präzision einer Asana richtet sich nach dem subjektiven Empfinden des Übenden. Die nachfolgenden Grundprinzipien stellen generell die Wirkungsprinzipien aller Körperübungen dar.
Tabelle1: „Die sieben verschiedenen Grundprinzipien der Asanas nach Mitzinger“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an (vgl. MITZINGER, 2009, S. 12-14)
3.2.2 Ausführungsprinzipien
EBERT beschreibt in seinem Buch „Physiologisch Aspekte des Yoga“ eine Übersicht von 25 häufig vorkommenden Asanas, die alle wichtigen Grundlagen der Yogatradition beinhalten.
Dabei sollten folgende methodischen Ausführungsprinzipien beim Üben der Körperübungen eingehalten werden (vgl. EBERT 1986):
- Asanas so langsam wie möglich einnehmen
- ruhiges, mehrere Minuten langes Verharren in der Haltung
- jegliche dynamische Kraftentfaltung vermeiden
- beim Verharren ruht die Aufmerksamkeit auf der maximalen möglichen muskulären Relaxation, der nicht unmittelbar für die Aktion benötigten Muskeln
- ruhige und entspannte Atmung
Bei der Auswahl der Asanas muss auf die individuellen körperlichen Voraussetzungen geachtet werden. Hinzu kommen das Alter und Geschlecht des Übenden. Es wird das Prinzip des schrittweisen Fortschreitens angewendet, das von einfachen zu komplexen Übungen führt (GHAROTE 1994). Zu Beginn der Yoga-Praxis werden die Körperübungen nur ein Minimum an Zeit gehalten. Mit fortschreitender Erfahrung wird die Haltedauer der Asanas dann gesteigert. Sollten während des Übens Schmerzen oder Unwohlsein auftreten, ist die Praxis zu beenden.
3.2.3 Wirkungsebenen der Asanas
Wirkung Asana Anatomisch:
Folgende Effekte können bei der Yogapraxis auftreten (Ergebnisse nach FEUERABENDT und HAMMER 1993):
- Zunahme der Permeabilität (Durchlässigkeit der Gewebe)
- Zunahme der Gewebsflüssigkeit
- Zunahme der Kapillaren
- Normalisieren von natürlicher Anspannung/Entspannung
- Entschlackung der Kapillaren und Gewebe
- Günstigere Statik (Stehvermögen)
- Spannungsverteilung im Muskelmantel (Fettbauch) mit Verbesserung der Wirbelsäulenfunktion
- Ausgleich des Hormonsystems, Anregung der Nebennierenrinde
- Verteilungen der körperlichen Belastung
- Bindegewebsverbesserung
- Verbesserte Ernährung des Knorpels
Des Weiteren fasst DEUTZMANN in seinem Buch „Yoga als Gesundheits-förderung“ mögliche Wirkungsweisen und Charakteristika einer regelmäßigen Yoga-Praxis zusammen (DEUTZMANN, 2002, S.165-168):
Allgemeine Wirkungsebenen:
- Erlernen einer Entspannungstechnik
- Bewusstes Ernährungsverhalten
- Gleichmäßige Bewegung, Dehnung und Durcharbeitung des Körpers
- Gesunderhaltung aller lebenswichtigen Systeme des Körpers (Wirbelsäule, Atmung, Verdauung, Stoffwechsel, Nervensystem)
- Emotionale Stabilität
- Stressresistenz
- Optimale vegetative Balance
- Entwicklung des Körperbewusstseins im Sinne der Kultivierung des Muskelsinns, verfeinerte Organempfindungen, erhöhte Tiefensensibilität und verbessertem Körperschema, psychosomatische Integration
- Übernahme der Eigenverantwortung
- hohes Maß an Selbstkontrolle ohne Zwanghaftigkeit
Skelettmuskulatur:
- Ökonomisierung und Rationalisierung des Muskeleinsatzes
- Subtile Beherrschung der Muskulatur
- Abbau von Muskelverspannungen
- Verbesserung der Muskeldurchblutung
- Kräftigung und gleichmäßige Entwicklung der Skelettmuskulatur, vor allem hinsichtlich der Ausdauerfähigkeit
- Abbau von Ungleichgewichten in der Körperstatik, Korrektur von körperlichen Fehlhaltungen
- Ausgleichende Regulation des Muskeltonus (Eutonie) mit positiven Auswirkungen auf die vegetative Balance und das psychische, emotionale Befinden
Wirbelsäule:
- Pflege der Beweglichkeit und Gesundheit des Wirbelsäule
- Kräftigung der rumpfaufrichtenden Muskulatur
- Ausgleich von Schwächen der Wirbelsäulenmuskulatur
Gelenke und Bandscheiben
- Erhöhung der Beweglichkeit in allen Gelenken
- Verbesserter Stoffwechsel in Gelenken, Knorpeln und Bandscheiben im Sinne einer „Physiotherapie mit körpereigenen Mitteln“
Herz-Kreislaufsystem:
- Stärkung von Herz- und Kreislauf ohne Gefahr der Überforderung
- Gefäßtraining für das arterielle System
- Gesunderhaltung der Venen und Unterstützung der Lymphdrainage
- Verbesserte Durchblutung aller Körpergewebe einschließlich Lungen, Eingeweide und Gehirn
Atmung:
- Erfahrung des Atems und der Wechselwirkung von psychischen und somatischen Zuständen sowie der Atmung
- Verbesserung der Spontanatmung durch Stärkung und Flexibilisierung von Zwerchfell, Bauchmuskeln, Zwischenrippenmuskeln
- Verbesserung der Lungenventilation und der Elastizität der Lungengewebe
- Verbesserung der Lungenfunktion
- Tonisierung des Beckenbodens
- Korrektur von Fehlatmungsmustern
- Beseitigung von Verunreinigungen in den Atemwegen
- Abhärtung gegen Umwelteinflüsse
- Beeinflussung der Emotionen durch bestimmte Atemformen
Innere Organe:
- Stimulation und Massage aller inneren Organe
- Verbesserung der Funktion des Verdauungssystems
- Verbesserung der Funktion der Ausscheidungsorgane
- Intensivierung des Stoffwechsel und Abbau schädlicher Toxine
- Unterstützung der körperlichen Selbstreinigungsmechanismen durch Reinigungsübungen mit Trainingseffekten für das vegetative Nerven-system
Nervensystem:
- Verschiebung der vegetativen Ruhelage in Richtung einer mehr parasympatischen Reaktionslage
- Erhöhung der vegetativen Balance und vegetativen Effizienz
- Leistungssteigerung des sensomotorischen Steuerungssystems
- Schulung der Konzentrationsfähigkeit
- Erwerb eines außergewöhnlichen vegetativen Steuerungsvermögen sonst autonomer Funktionen (Herzschlag, Blutdruck, Reflexe)
- Leistungs-, -Konzentrations - und Gedächtnissteigerung
- Verbesserung von holistischem und kognitivem Modus der Hirntätigkeit
Psychische Effekte:
- Schulung eines psychophysischen Haltungsmusters im Sinne von „stabil und gelöst“
- erhöhte Selbsterkenntnis durch Beobachtung von Reaktionsmustern und Verhaltensweisen
- gesteigerte Selbstwahrnehmung ohne negative Bewertung (Selbstakzeptanz)
- Erleben von Zusammenhängen zwischen körperlichen und geistigen Prozessen
- Abbau psychischer und physischer Anspannung
- gesteigerte Stress-Resistenz
- Verminderung von Angst
- Zulassen von Gefühlen
- Verminderte Aggressivität
- stärkere emotionale Ausgeglichenheit
- psychisches Gleichgewicht
- verbesserte Gesamtstimmung
- subjektives Gefühl der Frische und Kraft
- Integration von Schattenanteilen der Persönlichkeit
- höheres Maß an Toleranz und Offenheit
- Erweiterung der Ausdrucks-, Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit – höheres Maß an Selbstkontrolle
- vermehrter Einfalls- und Ideenreichtum, höhere Kreativität
- Entautomatisierung des Bewusstseins
- stabileres Ich-Bewusstsein
- Stärkung der Gesamtpersönlichkeit
- höheres soziales Verantwortungsbewusstsein
- bessere Integration von Lebensstil und Bedürfnissen
- geringere Toleranz gegenüber schädigenden, ungesunden Belastungen
Psychosoziale Wirkungen:
- Auseinandersetzung mit Verhaltensmustern und Reaktionsweisen
- bewusstere Gestaltung der Sozial- und Umweltbeziehungen
- größere innere Unabhängigkeit gegenüber unvermeidbaren Belastung durch veränderte Bewertungsmuster
3.3 Die Atemübungen (Pranayama)
Ein Zitat aus der Hatha-Yoga-Pradipika besagt: „Fließt der Atem, fließen auch die Gedanken; ruht der Atem, so ruhen auch sie.“ Unser Atem ist demnach das Spiegelbild unserer körperlichen und geistigen Verfassung. Das Wort „Pranayama“ kommt aus dem Sanskrit und bezeichnet die Zusammenführung von Körper und Geist durch die Ausführung von Atemübungen. Pranayama ist somit ein Oberbegriff für die Atemtechniken im Yoga, die in der Literatur auch oftmals als „Regulierung des Atems“ übersetzt wird. Indologen bezeichnen das Sanskritwort Prana meist mit „Lebensenergie“ (vgl. EBERT 1986). Nach EBERT ist Prana physiologisch ausgedrückt: „Das extrauterine Leben des Menschen beginnt mit einer Inspiration und endet mit einer Exspiration, dazwischen reißt die Kette der Ventilationszyklen niemals ab“ (EBERT, 1986, S.77). Nach TRÖKES kann „prana“ verschiedene Formen annehmen, wie Aufnahme, Ausscheidung, Verteilung, Stoffwechsel und Kontrolle (vgl. TRÖKES 2009). Der Begriff „Ayama“ bezeichnet die Verlängerung, Ausweitung, Regulierung, Kontrolle und Nicht-Zerstreuen (ebd.). Auch umgangssprachlich kann von einer Beeinflussung des Atems durch Gedanken gesprochen werden. Mit den Redewendungen „da stockt mir der Atem“ oder „nun halt mal die Luft an“, werden bestimmte Emotionslagen ausgedrückt. Mit den Atemtechniken des Pranayamas sollen vor allem geistige Wirkungen erzielt werden. Traditionell wird die Anreicherung des Organismus mit der Lebensenergie Prana, als ein Effekt der Vitalisierung bezeichnet (vgl. DEUTZMANN 2002). Zudem steht der Begriff Pranayama oftmals im Zusammenhang mit Leichtigkeit und Befindlichkeit, die ebenfalls in die Kategorie der Emotionszustände eingeordnet werden können. Der Yoga-Übende erfährt außerdem eine Steigerung des Bewusstseins, der Konzentration und der Wachheit. In der Literatur sprechen manche Vertreter der Yogatraditionen daher von einer Beseitigung von Toxinen im Organismus und von psychophysischen Schlacken, die den freien Fluss von Energie (Prana) hemmen (vgl. DESIKACHAR 1991). Dabei wird der Ansatz deutlich, dass durch Pranayama Veränderungen auf körperlicher und geistiger Ebene stattfinden können. Ein Zitat von GOTTMANN (1997) fasst die Beschreibung der Pranayama-Wirkung wie folgt zusammen: „Wenn wir so die traditionellen Auffassungen über die Wirkung von Pranayama betrachten, so ergibt sich zusammenfassend, dass durch Pranayama eine Regeneration und Entgiftung des Körpers, bessere Integration des Nervensystems sowie Resonanzdämpfung von Affekten bei gleichzeitig steigendem Grad von Aufmerksamkeit und Wachheit erzielt werden können“ (vgl. GOTTMANN, 1996 S.275).
3.3.1 Grundprinzipien – und Ausführungsprinzipien
Es gibt nicht nur eine Vielzahl an Asanas, sondern auch unterschiedliche Formen des Pranayama. Charakteristisch wird in der Hatha-Yoga-Praxis der Fokus auf das Üben in ein bestimmtes Zeitverhältnis gelegt. Klassisch ist der Einatmungs- und Ausatmungsmechanismus im Verhältnis 1:2. In jeder Pranayama-Übung wird die Atmung stark verlangsamt und ein längeres Atemanhalten wird geübt (vgl. DEUTZMANN 2002). Alle Yogaübungen werden „im Sitzen“ (dem Lotussitz) ausgeführt und in jeweils drei Phasen: Einatmung, Atemanhalten und Ausatmung unterteilt. Das Zeitverhältnis zwischen den Phasen variiert von 1:1:2 bis zu 1:4:2. Allerdings ist der zentralste Punkt des Pranayama: „die Pause mit voller Lunge“ (ebd). Die Atmung spielt vor allem für das Herzkreislauf-System eine bedeutende Rolle. Durch eine vertiefte Atmung kann es zu einer Synchronisation von Herzraten- und Blutdruckschwankungen kommen. Eine gute Synchronisation ist ein Indiz für eine optimale Einstellung des Herzkreislauf-Systems und manifestiert das Funktionieren der Homöostase (zitiert aus HEMPEL, 2003 nach WILHELM, GEVIRTZ & ROTHE, 2001).
3.3.2 Wirkungsebenen
Wirkung Pranayama
Folgende Effekte können bei einer regelmäßigen Yoga-Praxis auftreten (Ergebnisse nach GHAROTE 1997):
- Die Leistungsfähigkeit der Atmung wird verbessert
- Spannungen werden gelöst
- Der Geist wird ruhig
- Kreislauf und Ausscheidungsprozesse werden verbessert
- Die Lungendurchblutung wird angeregt
3.4 Die yogische Ernährung
Um ein fachgemäßen Gesamteinblick in die Yogawissenschaft zu bekommen, muss auch die ökotrophologischen Eckpunkte genannt werden. In der „Hatha-Yoga-Prapadika“ heißt es, dass dem Yoga eine angemessen Ernährung folgen soll, die wohlschmeckend und leicht verdaulich ist. Viele Yoga-Schulen werben deswegen heutzutage mit veganen und vegetarischen Nahrungsempfehlungen. Aber entgegen gängigen Vorstellungen hat der Yoga keine festen Ernährungsvorschriften (vgl. TRÖKES 2009). Auch gibt es kein ausdrückliches Verbot Fleisch und Fisch zu essen. Eine Reihe von Nahrungsempfehlungen gehen auf die altindische Heilkunst „Ayurveda“ zurück, die aus dem Sanskrit wörtlich übersetzt „Lebenswissenschaft“ heißt. Dabei verfolgt diese Wissen-schaft einen ganzheitlichen Ansatz. Der amerikanische Ayurveda-Experte David FRAWLEY beschreibt in seinem Ayurveda-Heilungsbuch die Grundregel: „Was immer wir selbst tun können, um unsere eigene Gesundheit zu stärken, wirkt besser als das, was andere für uns tun“ (FRAWLEY, 2001, S.85). Das ganzheitliche Medizinsystem berücksichtigt daher eine Vielzahl von Faktoren, die auf eine wohlbalancierte Kost abzielen. Dabei spielt der Konstitutionstyp, der Gesundheitszustand, zurückliegende Erkrankungen, das Lebensalter, die Klimazone, die Jahreszeit und der Lebensstil eine Rolle (vgl. TRÖKES 2009). Eine entsprechende auf den Typ abgestimmte Diät, soll den menschlichen Organismus in ein harmonisches Gleichgewicht bringen. Auch regelmäßige Fastenperioden gehören zu der yogischen Esskultur. Im Mittelpunkt der Ernährung stehen die energetischen Effekte von Essen und Trinken, die den Energiehaushalt des Körpers beeinflussen. Vor allem Pflanzen stehen in der Energiekette des Lebens am Anfang, da sie direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Der Yogi bevorzugt daher Getreideprodukte, Gemüse und Salat, Obst, Hülsenfrüchte und ein paar wenige Milchprodukte (Buttermilch, Kefir, indisches Ghee). Zucker wird durch Honig oder Agavensirup ersetzt. Im Wesentlichen sollte die Nahrung maßvoll und ausgewogen sein.
3.5 Die sportliche Leistungsfähigkeit eines Fußballers
Die Basis einer jeden sportlichen Leistung stellt die Fähigkeit dar, die richtige Menge an Energie bereitzustellen und ihren Umsatz den spezifischen Anforderungen des jeweiligen sportlichen Ablaufes entsprechend zu steuern (KNECHTLE 2002). Die sportliche Leistungsfähigkeit ist aufgrund ihrer multifaktoriellen Zusammensetzung nur komplex zu trainieren. Nur die harmonische Entwicklung aller leistungsbestimmenden Faktoren ermöglicht das Erreichen der individuellen Höchstleistung (vgl. WEINECK 2010).
Die Sportart Fußball erwartet an den Spieler eine Menge unterschiedlicher physischer und psychischer Leistungsfähigkeiten. Der Spielcharakter ist durch permanente wechselnde (azyklische) Beanspruchung gekennzeichnet (KINDERMANN 2006). Hinsichtlich dieses intervallartigen Belastungscharakters sind die Anforderungen an die physische Leistungsfähigkeit sehr hoch (vgl. FAUDE 2010). Im Training werden meistens die konditionellen, taktischen oder technischen Qualifikationen geschult. Dabei sollten die konstitutionellen und sozialen Fähigkeiten nicht außer Acht gelassen werden. Folgende Komponenten sind die Grundvoraussetzungen für eine sportliche Leistung im Fußball.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1: Strukturschema der Leistungskomponenten eines Fußballspielers
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an GEESE, 2009
Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Wechselwirkungen der oben dargestellten Elemente, die sich mehr oder weniger gegenseitig beeinflussen (vgl. GEESE 2009). Es ist zu beachten, dass die Leistungsfähigkeit mit der Leistungsbereitschaft eng gekoppelt ist (vgl. WEINECK 2004a). Die Persönlichkeit eines Athleten und der Ausprägungsgrad seiner individuellen Eigenschaften sind dabei entscheidend. Durch ein spezifisches und komplexes Training kann die sportliche Leistung verbessert werden.
3.5.1 Die physiologische Leistungskomponente
Die Leistungsfaktoren Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Flexibilität und Koordination werden im Fußball in ihren Eigenschaften immer ausgeprägter. Das Leistungsvermögen hängt von dem Ausprägungsgrad der einzelnen motorischen Grundeigenschaften des Spielers ab (ANRICH 2002). Darüber hinaus konzentriert das Fußballspiel sich nicht nur auf eine konditionelle Eigenschaft, sondern stellt eine Mischform aller Grundfähigkeiten dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2: Leistungsfaktoren eines Fußballspielers
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an DICKHUTH, 2010
Die Leistungsfähigkeit eines Fußballers hängt dabei von der Gesamtheit der personalen Leistungsvoraussetzung ab. Unterschieden werden die Voraussetzungen, die die Handlungsorientierung, Handlungsausführung und Handlungskontrolle betreffen, von den Handlungsantrieben. Dass heißt, dass die Einstellung, (Motivationen), Emotionalität, Volition, auch gesondert als Leistungsbereitschaft erfasst wird (SCHNABEL 2008).
Im Folgenden werden die wichtigsten Komponenten der physischen Leistungsvoraussetzungen im Fußball dargestellt.
3.5.1.1 Ausdauer
Im Allgemeinen wird Ausdauer als psychophysische Ermüdungs-widerstandsfähigkeit bei längerer Belastung und die Fähigkeit zur raschen Wiederherstellung nach Belastungen verstanden (WEINECK 2004b). Aus rein physiologischer Sicht gesehen, ist Ausdauer die Fähigkeit, durch Muskeltätigkeit verbrauchtes ATP durch Steigerung der Produktion zu resynthetisieren, und damit eine neue Leistungshomöostase für ATP einzustellen (HABER 2009). Die Ausdauerleistung im Fußball ist für die Spieler essentiell und stellt die Basis für viele andere Fähigkeiten dar. Dabei kann Ausdauer in verschiedene Arten gegliedert werden (WEINECK 2004a). Man unterscheidet unter dem Aspekt der beteiligten Muskulatur die allgemeine Ausdauer von der lokalen Ausdauer (ebd.). Des Weiteren kann nach Dauer und Intensität der Belastung differenziert werden. Zusätzlich kann der allgemeinen Ausdauerleistung eine fußballspezifische, spezielle Ausdauer entgegengesetzt werden (vgl. EDER & HOFFMANN 2006). Die allgemeine Ausdauer wird als Grundlagenausdauer und einer sportunabhängigen Leistung verstanden. Die spezielle Ausdauer wird als sportartspezifische Ausdauer definiert (WEINECK 2010). Für die Sportart Fußball sind vor allem die allgemeine und die azyklische Grundlagenausdauer von Bedeutung (vgl. WEINECK 2004a, GEESE 2009, GERISCH 2008 u.a.). Die Relevanz der Grundlagenausdauer im Fußball liegt in der Erhöhung der physischen Leistungsfähigkeit, der Optimierung der Erholungsfähigkeit, der Minimierung von Verletzungen, der Steigerung der psychischen Belastbarkeit, der Vermeidung ermüdungsbedingter taktischer Fehlverhaltensweisen, der Verringerung technischer Fehlstellungen, einer konstanten hohen Reaktions- und Handlungsschnelligkeit, sowie einer stabileren Gesundheit (vgl. MUNZ 2010 und WEINECK 2004a). Ein Fußballspieler sollte aber nicht nur über eine allgemein gute Grundlagenausdauer verfügen, sondern über eine noch bessere azyklische Grundlagenausdauer, die auch als fußballerische Sprint- oder Sprintkraftausdauer definiert wird (ebd.). Aus medizinischer Betrachtungsweise hat ein regelmäßiges Ausdauertraining Auswirkungen auf die Regulation und Ökonomisierung des Herzkreislauf, sowie auf Stoffwechsel- und Atmungssystem (vgl. BÖS und BANZER 2006).
3.5.1.2 Kraft
Kraft ist aus sportwissenschaftlicher Sicht: „Die Fähigkeit des Nerv-Muskel-Systems, durch Innervation- und Stoffwechselprozessen Muskelkontraktion Widerstände zu überwinden (konzentrische Arbeit), ihnen entgegenzuwirken (exzentrische Arbeit) beziehungsweise zu halten (statische Arbeit)“ (GROSSER et al. 2008, S.40). Nach dem Grundgesetz von Newton ist Kraft gleich Masse mal Beschleunigung (kurz:).
Auf das Fußballspiel übertragen heißt das, je größer die (Muskel-) Kraft, desto höher die Beschleunigung (also der Geschwindigkeitszustand pro Zeit) einer Masse (z.B. der Körpermasse des Spielers) (vgl. GEESE 2009). Die Kraft stellt in der Sportart Fußball einen dominierenden Leistungsfaktor dar. Das Kraftniveau wirkt unmittelbar auf die Effektivität des Trainings in einem langfristigen Trainingsprozess ein und unterstützt (bzw. hemmt) die Entwicklung der sportlichen Leistungsfähigkeit (WEINECK 2004a). In der klassischen Trainingsliteratur unterscheidet man aus praktischen Gründen verschiedene Erscheinungsformen der Kraft: Maximalkraft, Schnellkraft (Explosivkraft) und Kraftausdauer (vgl. DICKHUTH 2010). Diese stehen in enger Wechselbeziehung zueinander, wobei die Maximalkraft als Basiseigenschaft zu bezeichnen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung3: Hauptformen der Kraft
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an WEINECK (1990) : „Die Wechselbeziehungen
der drei Hauptformen der Kraft.
Die Grundlage für die Entwicklung von Kraft ist die Fähigkeit des Muskels zur Verkürzung, durch eine entsprechende neuromuskuläre Aktivierung (vgl. DICKHUTH 2010). Eine Leistungsverbesserung hinsichtlich der Kraftleistung wird auf neuronale Effekte der verschiedensten Ebenen des Nervensystems zurückgeführt (ebd.). Neben der sportartspezifischen Leistungsoptimierung kann eine gut trainierte Muskulatur auch der Verletzungs- und Haltungsprophylaxe dienen (vgl. WEINECK 2010). Dabei liegt der Fokus auf einer funktionierenden Kräftigung der Muskulatur. Insbesondere zur Stabilisierung des passiven Bewegungsapparates und dem Aufbau bzw. Erhalt einer anatomisch korrekten Haltung. Zielführend ist dabei das Verletzungs- und Verschleißrisiko zu minimieren, sowie Haltungsschäden oder muskuläre Dysbalancen vorzubeugen (zitiert aus MUNZ 2010, vgl. BOECKH-BEHKENS, BUKIES 2006). Ein kontinuierliches Krafttraining sollte ein wesentlicher Bestandteil in der Sportart Fußball darstellen. In einem gemäßigten Umfang, kann das Training der Kraft positive Auswirkungen auf die aktiven Strukturen (Sehnen und Skelettmuskulatur) und passiven Strukturen (Skelettknochen, Bänder und Knorpelanteil) haben (vgl. WEINECK 2004a).
3.5.1.3 Schnelligkeit
Das fußballspezifische Schnelligkeitsvermögen gehört unbestritten zu den herausragenden Leistungsvoraussetzungen für einen erfolgreichen Fußball-spieler (vgl. EDER & HOFFMANN 2006). Schnelligkeit ist eine koordinativ-konditionelle Fähigkeit. Unter diesem Aspekt definiert FREY 1977: „Schnelligkeit ist die Fähigkeit, aufgrund der Beweglichkeit der Prozesse des Nerv-Muskel-Systems und des Kraftentwicklungsvermögens der Muskulatur, motorische Aktionen in einem unter den gegebenen Bedingungen minimalen Zeitabschnitt zu vollziehen“ (FREY, 1977, S.349). Schnelligkeit lässt sich in zyklische (Sprint) oder azyklische (Wurf) Bewegungen unterteilen, die unter verschiedenen Bedingungen unter höchster Geschwindigkeit ausgeführt werden (DICKHUTH 2010). Im sportlichen Handlungsfeld ist Schnelligkeit von Koordination, Kraft und Ausdauer abhängig (HOTTENROTT 2010). Daraus ergeben sich die Kombinationsformen Schnelligkeitsausdauer und Schnellkraft. Die entscheidenden Teileigenschaften von Schnelligkeit in den Spielsportarten können in Antizipationsschnelligkeit, Aktionsschnelligkeit (mit Ball), Bewegungsschnelligkeit (ohne Ball), Entscheidungsschnelligkeit, Handlungs-schnelligkeit, Reaktionsschnelligkeit und Wahrnehmungsschnelligkeit unterteilt werden. Nur bei optimaler Ausprägung aller Teilfähigkeiten ist die Schnelligkeit als komplexe Eigenschaft umfassend entwickelt (WEINECK 2004a). Für die Sportart Fußball ist die Schnelligkeit eine vielseitige Fähigkeit. Dazu gehören nicht nur das schnelle Reagieren und Handeln, der schnelle Start und Lauf, die Schnelligkeit der Ballhandlung, das Sprinten und Abstoppen, sondern auch das schnelle Erkennen und Ausnutzen der jeweils gegebenen Situation (vgl. WEINECK 2010). Schnelligkeit ist zum großen Maß genetisch determiniert und basiert auf den physischen, psychischen und neurophysiologischen Grundlagen eines jeden einzelnen Menschen. Ein hoher Anteil an schnell zuckenden Fasern bzw. FT-Fasern begünstigen die Schnelligkeit eines Sportlers (ebd.). Die Vorgehensweise vieler Praktiker ist, die Schnelligkeit im frühen und späten Schulkindalter (6/7-12/13 Jahre) ausschließlich durch Sportspielarten selbst zu trainieren (FRIEDRICH 2005).
3.5.1.4 Beweglichkeit
Die Beweglichkeit ist die Fähigkeit und Eigenschaft des Sportlers, Bewegungen mit großer Schwingungsweite selbst, oder unter dem unterstützenden Einfluss äußerer Kräfte in einem oder mehreren Gelenken ausführen zu können (WEINECK 2010). Die Beweglichkeit ist eine allgemeine motorische Fähigkeit, die im bestimmten Maße jeweils den gesamten Bewegungsapparat betrifft (vgl. SCHNABEL 2008). Sie basiert auf einer koordinativen und einer konstitutionellen Grundlage und ist abhängig von der Gelenkigkeit und der muskulären Dehnfähigkeit. Das Ausmaß der Beweglichkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab, die innerhalb und außerhalb des Körpers liegen können (vgl. THÖMMES 2011). Wesentlich begrenzende Faktoren sind die Struktur der Gelenkkapsel, sowie die Dehnfähigkeit der umgebenden Muskulatur, der Sehnen und Bänder (DICKHUTH 2010). Sportwissenschaftlich unterscheidet man zwischen allgemeiner und spezieller, aktiver und passiver, sowie statischer Beweglichkeit.
Im Folgenden werden die Begriffsbestimmungen der verschiedenen Arten der Beweglichkeit nach WEINECK (2004b) aufgelistet:
- als allgemeine Beweglichkeit wird die Beweglichkeit in den wichtigsten Gelenksystemen (Schulter-Hüftgelenk, Wirbelsäule) auf einem ausreichend entwickelten Niveau bezeichnet
- die spezielle Beweglichkeit bezieht sich auf ein bestimmtes Gelenk. Ein Fußballer benötigt z.B. eine akzentuierte Beweglichkeit im Hüftgelenk
- die aktive Beweglichkeit ist die größtmögliche Bewegungsamplitude in einem Gelenk, die der Sportler aufgrund der Kontraktion der Agonisten – und der dazu parallel verlaufenden Dehnung der Antagonisten- realisieren kann
- die passive Beweglichkeit bezeichnet man als die größtmögliche Bewegungsamplitude in einem Gelenk, die der Sportler durch Einwirkung äußerer Kräfte (Partner, Zusatzgerät) allein durch die Dehnung bzw. Entspannungsfähigkeit der Antagonisten erreicht
- die statische Beweglichkeit ist das Halten einer Dehnungsstellung über einen bestimmten Zeitraum
Die Ausdauerleistung wird bei vermehrter Dehnfähigkeit erhöht, da die Bewegungsabläufe energiesparender und ökonomischer ablaufen (vgl. WEINECK 2004a). Im Fußball ist die Beweglichkeit von großer Bedeutung, vor allem bei Lauf– und Schussbewegungen. Dynamische und Statische Bewegungsübungen sollten regelmäßiger Bestandteil eines fußballspezifischen Trainings sein, da die Entspannungsfähigkeit der Muskulatur angeregt wird und es zu einer Verminderung von Verletztungsanfälligkeiten kommt (ebd.). Fußballer neigen oft zu Verkürzungen, speziell in der hinteren Oberschenkelmuskulatur und in den Hüftbeugern (DARGATZ 2008). Nach dem heutigen Kenntnisstand ist Dehnen das einzige Mittel zur Erhaltung und Verbesserung der Beweglichkeit (vgl. KLEE und WIEMANN 2005).
3.5.1.5 Koordination
Eine allgemeingültige Definition von Koordination nach HOLLMANN und HETTINGER (2000) lautet: „Koordination ist das Zusammenwirken von Zentralennervensystem (ZNS) und der Skelettmuskulatur innerhalb einer gezielten Bewegung. Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen intramuskulärer Koordination und intermuskulärer Koordination (vgl. RÖTHIG et al.1992). Die intramuskuläre Koordination umfasst alle physiologischen Abläufe, die zur Optimierung des Kontraktionsverlaufs eines Muskels entscheidend sind. Die intermuskuläre Koordination ist für das abgestimmte Zusammenwirken agonistischer und synergistischer Muskelkontraktion unter ökonomischer Kraftentfaltung verantwortlich (DICKHUTH 2010). In der Trainingswissenschaft wird Koordination im Zusammenhang mit Technik als Leistungsfaktor der Leistungsstruktur definiert. Zu den koordinativ-sporttechnischen Leistungs-voraussetzungen zählen die Bewegungsfertigkeiten und die koordinativen Fähigkeiten (vgl. ROSTOCK 2003.). Die koordinativen Fähigkeiten sind Leistungsvoraussetzungen, die in verschiedenen Phasen sportlicher Handlungen wirksam werden. Sie bauen auf Bewegungserfahrung auf und umfassen das Vermögen, aufgrund komplizierter Steuerungs- und Reglungsvorgänge Bewegungshandlungen in vorhersehbare, sowie unvorhersehbare Situation sicher und wirkungsvoll auszuführen (FRIEDRICH 2005). Sie können nochmals in allgemeine und spezielle Fähigkeiten unterteilt werden. Die allgemeinen koordinativen Fähigkeiten beschreiben das Vermögen, unterschiedliche Bewegungsaufgaben auf einem bestimmten Niveau zu lösen. Die speziellen koordinativen Fähigkeiten beziehen sich auf eine bestimmte, meist technikspezifische Bewegungsausführung (DICKHUTH 2010). MEINEL und SCHNABEL unterscheiden grundsätzlich sieben verschiedene koordinative Fähigkeiten. Dazu zählen die Differenzierungs-fähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit und Umstellungsfähigkeit. Diese Fähigkeiten sind die Grundlage einer guten sensomotorischen Lernfähigkeit. Je höher das Niveau, desto schneller und effektiver können neue bzw. schwierige Bewegungen erlernt werden (WEINECK 2010). Leistungsvoraussetzungen sind dabei immer die physischen Faktoren Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit, die in wechselseitiger Beziehungen zueinander stehen (ebd.)
3.5.2 Die kognitive Leistungskomponente
Nicht nur die physischen Leistungsvoraussetzungen gehören zu den internen Ressourcen eines Menschen, sondern auch die personalen und sozialen Fähigkeiten (vgl. SEIBEL 2007). Die Spielintelligenz eines Fußballer ist der Motor des sportlichen Handels und ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg (vgl. WEIN 2009). Deshalb sollten in einem umfassenden Training durch geeignete Mittel und Methoden, auch die psychischen und psychosozialen Persönlichkeitsmerkmale berücksichtigt werden.
3.5.2.1 Psychische Fähigkeiten
Die Einstellung zur Anstrengung und Leistungsbereitschaft sind ausschlaggebende Faktoren für den sportlichen Erfolg. Im Training, wie auch im Wettkampf, ist die Leistungsmotivation Grundvoraussetzung. Die sportlichen Handlungen sollen bewusst gesteuert werden und unterbewusst unter Kontrolle gehalten werden (vgl. BAUMANN 2011).
Zu den wesentlichen psychischen Steuerungsfähigkeiten gehören nach BAUMANN (2006) folgende Komponenten (vgl. auch NITSCH & SEILER 1994):
- Wille: Fähigkeit, subjektiv erlebte Schwierigkeiten und Hindernisse bewusst zu überwinden
- Entschlusskraft: Fähigkeit, situationsangemessene Entscheidungen zu fällen und sofort in motorische Handlungen zu entwickeln
- Selbstbeherrschung: Fähigkeit, emotionale Impulse unter kognitiver Kontrolle zu halten
- Beharrlichkeit: Fähigkeit, ein Ziel auch beim Auftreten von Misserfolgen und Widerständen über einen längeren Zeitraum hinweg anzustreben
- Konzentration: Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf einen begrenzten Ausschnitt des Wahrnehmungsfeldes zu richten und gleichzeitig andere Reizeinflüsse auszuschalten
- Geduld: Fähigkeit, bewusst zu warten, bis sich eine vorausgeplante Gelegenheit zur Absicherungsentwicklung ergibt
All diese Fähigkeiten sind zum Teil genetisch bedingt, können aber durch spezifische Trainings- und Führungseinflüsse weiter entwickelt werden. Die Persönlichkeitsstruktur des Sportlers und deren psychische Verfassung helfen dabei, eine kontinuierliche Leistungssteigerung zu erreichen. Aber nicht nur die Fähigkeiten, sondern auch die Bereitschaft zu einer sportlichen Leistung muss vorhanden sein.
Zu den Psychischen Leistungsgrundlagen zählen nach WEINECK (2004a) folgende Komponenten:
- Koordinative Eigenschaften: Gewandtheit, Geschicklichkeit, motorische Lernfähigkeit
- Kognitiven Eigenschaften: Sensomotorische Intelligenz wie Abstrahieren, Lernen, Wahrnehmen, Erinnern
- Motivationale Eigenschaften:
Entschlusskraft, Erfolgszuversicht, Selbstvertrauen
- Affektive Eigenschaften:
Gefühle, Temperament, Stimmungen
3.5.2.2 Psychosoziale Fähigkeiten
Für die Entwicklung eines guten Sportlers sind neben den physischen und psychischen Leistungsfähigkeiten auch die sozialen Fähigkeiten von Bedeutung. Für eine Mannschaftsportart wie Fußball gehören die sozialen Eigenschaften zu den Persönlichkeitsmerkmalen eines Athleten und somit zu den Leistungssteuernden Faktoren. Die soziale Grundsituation in der Familie stellen oftmals die Weichen für den sportlichen Erfolg. Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Kooperationsfähigkeit oder Teamfähigkeit gehen einher mit dem sozialen Rollenverständnis. Eine Einordnung in die Mannschaftsstruktur, Mannschaftsdienlichkeit und ein positives Verhältnis zu Mitspielern steigert den Status in der sozialen Gruppe. Aber auch die berufliche oder schulische Situation gehört zu den Leistungsgrundlagen. Entsprechende pädagogische und orientierte Förderungen von Seiten des Vereins, Funktionären, Familien oder Institutionen sind für den sportlichen Fortschritt ausschlaggebend und können die Suche nach der „Sozialen Identität“ begünstigen.
3.6 Yoga im Fußball als regenerative und präventive Trainingseinheit
Für die Weiterentwickelung der aufgeführten physiologischen und kognitiven Leistungskomponenten im Fußball, bedarf es einer kontinuierlichen und ausgewogenen Förderung aller Eigenschaften. Allerdings sieht die Trainingsrealität von Fußballmannschaften heutzutage eher einseitig aus. Der Focus wird oftmals auf Technik- und Taktiktraining, oder Kraft oder Ausdauertraining gesetzt. Ein Beweglichkeitstraining tritt höchstens in einer Auf- oder Abwärmphase auf. Dabei ist die Beweglichkeit eine elementare Voraussetzung für alle physischen Leistungsfaktoren und sportlichen Fertigkeiten.
Die Bedeutung von Beweglichkeit, auch in Bezug auf die Yogaeigenschaften, wird in folgenden Punkten nochmals deutlich (nach WEINECK 2010):
- eine erhöhte Beweglichkeit führt zu einer Optimierung des Bewegungsflusses, der Bewegungsharmonie und des Bewegungsausdrucks
- eine optimal entwickelte Beweglichkeit erweitert das Spektrum der sportartspezifischen Bewegungstechniken und beschleunigt den motorischen Lernprozess
- Kraftleistung können durch eine erhöhte Beweglichkeit schneller und kräftiger ausgeführt werden, da der Beschleunigungsweg verlängert wird, der Widerstand der Gegenspieler verringert wird und über eine vermehrte Vordehnung reflektorisch mehr Muskelfasern in den Bewegungsablauf einbezogen werden
- die Dehnfähigkeit der Wadenmuskulatur und ein optimal vorgedehntes oberes Sprunggelenk begünstigt die Lauftechnik. Der erhöhte Kraftimpuls beim Abdruck und die optimal vorgedehnten Hüftbeuger sorgen für ein kraftvolles geführtes Schwungbein
- eine verbesserte Beweglichkeit führt zu einer erhöhten Laufökonomie und einem geringeren Energiebedarf bei Ausdauerleistungen
- eine optimal entwickelte Beweglichkeit führt zu einer höheren Elastizität. Die Dehnbarkeit und Entspannungsfähigkeit der beteiligten Muskeln und Sehnen, leistet damit einen wichtigen Beitrag für eine gute Belastungsverträglichkeit und Verletzungsprophylaxe
- regelmäßige Dehnübungen vermeiden muskuläre Dysbalancen und begünstigen eine Haltungsprophylaxe
- Dehnprogramme im Rahmen von Cool-Downs führen zu einer raschen Wiederherstellung der Energiereserven
- die Psychoregulation wird optimiert, da ein Stretchingprogramm für eine psychische Entspannung und die Senkung des Muskeltonus sorgt
- ein gutes Beweglichkeitsprogramm führt zu einer rascheren Wiederherstellung nach Verletzungen
- eine effektive Verletzungsprophylaxe im kurz- und langfristigen Sinn ermöglicht eine vollständige Ausschöpfung des individuellen Leistungspotenzials und fördert eine optimale Trainingseinstellung.
Anhand dieser positiven Vorteile wird deutlich, dass ein Beweglichkeitstraining im Trainingsalltag eines Athleten unabdingbar sein müsste. Alle aufgeführten Punkte können durch ein regelmäßiges Yogatraining erreicht werden. Darüber hinaus werden die kognitiven Leistungsfaktoren bei einer kontinuierlichen Yogapraxis mit einbezogen. Die Anforderungen im Fußball werden auf körperlicher und geistiger Ebene immer größer. Um diesen Anspruch zu genügen, kann eine zusätzliche präventive und regenerative Trainingseinheit, positiven Einfluss auf die Gesundheit der Athleten bewirken. Yoga kann all die genannten physiologischen und kognitiven Leistungskomponenten vereinen und kann diese durch mehr Beweglichkeit, Kraft und Fokussierung stärken. Auf der physischen Seiten können die Asanas (Körperübungen) einem Fußballer mittels langer Dehn- und Spannungsphasen zu einer gezielten Körperkontrolle und Muskelbalance verhelfen. Dies kann zu einer guten Körperhaltung und ökonomischer Arbeitsweise des Bewegungsapparates führen (vgl. AHONEN et al. 2003). Da im Fußballspiel vor allem auf die Beinmuskulatur, die Hüftmuskulatur, sowie der Rumpf beansprucht wird, sollten diese Bereiche in einer Yogastunde eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Da genau dort die meisten Muskelverkürzungen liegen, die immer wieder Verletzungen provozieren. Fußballer müssen oft mit Leistenproblemen kämpfen, spezielle Yogaübungen, wie „der Schustersitz“ oder eine „Kriegerposition“ können präventiv vorbeugen (BROOME 2008). Die Hüftbeugemuskulatur wird dabei gedehnt und gleichzeitig gekräftigt. Aber auch im Knie- und Sprunggelenksbereich kommt es häufig zu Problemen. EDER und HOFFMANN (2006) beschreiben die Hauptursachen von Verletzungen der unteren Extremitäten, an einem Defizit(e) bei der muskulären Kontrolle der Beinachsenstabilität im Allgemeinen und von Knie- und Sprunggelenk im Speziellen (vgl. EDER & HOFFMANN 2006). Dieser Stabilitätsverlust kann durch die Asanas, die auf die Gleichgewichtsfähigkeit schulen, positiv entgegen gewirkt werden. Der Yogalehrer der deutschen Fußballnationalmannschaft Patrick BROOME (2008) beschreibt: „Eine gute Kraftübertragung zwischen dem Oberkörper und den Beinen ist der Schlüssel für den fußballerischen Erfolg.“ Deswegen sollten Stabilisationsübungen im Bauch- und Rückenbereich, leichte Dehnübungen im Brustbereich und die Mobilisation der Hüfte in keiner Yogastunde für Fußballer fehlen. Auch in der Literatur wird der „core stability“ eine vermehrte verletzungsprophylaktische Bedeutung zugeschrieben (vgl. FAUDE 2010). Darüber hinaus lernt man durch eine kontinuierliche Yogapraxis, die an der Bewegung unbeteiligten Muskelgruppen möglichst gut zu entspannen (vgl. AHONEN et al. 2003).
3.6.1 Inhalt einer Yoga-Trainingseinheit
Der nächste Abschnitt stellt die Inhalte des achtwöchigen Yoga-Kurses dar. Dabei werden die Abläufe detailliert beschrieben, um das ganzheitliche Konzept zu verdeutlichen.
3.6.1.1 Der Sonnengruß (Surya Namaskar)
Tabelle2: Die Abfolge des Sonnengrußes
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung
3.6.1.2 Ausgewählte Asanas
Tabelle3: Die Wirkungsweisen und die beanspruchte Muskulatur in den Asanas
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11]
Quelle: eigene Darstellung, in Vorlage KAMINOFF, 2007
[...]
[1] IGS-Gelenk: Iliosakralgelenk oder Kreuzbein-Darmbein-Gelenk
[2] Variante: gedrehte Kopf-Knie-Haltung
[3] In der Literatur wird die Kobra auch oft als Schlange bezeichnet
[4] BWS: Brustwirbelsäule
[5] LWS: Lendenwirbelsäule
[6] Variante: gedrehtes, gestrecktes und gebundenes Dreieck
[7] In der Literatur wird der Krieger auch als „Held“ bezeichnet
[8] Variante: abwechselnd mit einem gestrecktem Bein
[9] Variante: mit gestrecktem Bein
[10] oder auch Embryohaltung genannt
[11] in der Literatur eigentlich Totenstellung oder Leichenhaltung genannt, die Umbenennung erfolgt aufgrund der Charakteristik der Untersuchungsgruppe.
- Quote paper
- Maren Weber (Author), 2012, Yoga im Fußball als regenerative und präventive Trainingseinheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200891
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