Die Auseinandersetzung mit den Begriffen Kunst und der Wissenschaft verlangt aus meiner Sicht die Beantwortung der essentiellen Frage, was der Mensch ist. Dies ist eine Frage, die in ihrer Gesamtheit schon immer diskutiert worden ist und die Gemüter der Menschen gespalten, aber auch immer wieder zusammengeführt hat. Dabei interessiert mich, was der Mensch will und was ihn zum Handeln bewegt, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, warum und wozu es Kunst und Wissenschaft gibt. Daher möchte ich auf die Geschichte beider Aspekte verweisen und die Entwicklung bis zur Moderne verfolgen.
Kunst und Wissenschaft
Ein Streifzug durch die Historie beider Begriffe und ihrer Bedeutung
Feinde der Wahrheit. – Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.
Friedrich Nietzsche
Die Auseinandersetzung mit den Begriffen Kunst und der Wissenschaft verlangt aus meiner Sicht die Beantwortung der essentiellen Frage, was der Mensch ist. Dies ist eine Frage, die in ihrer Gesamtheit schon immer diskutiert worden ist und die Gemüter der Menschen gespalten, aber auch immer wieder zusammengeführt hat. Dabei interessiert mich, was der Mensch will und was ihn zum Handeln bewegt, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, warum und wozu es Kunst und Wissenschaft gibt. Daher möchte ich auf die Geschichte beider Aspekte verweisen und die Entwicklung bis zur Moderne verfolgen.
„Der Mensch ist das noch nicht festgestellte Thier“ (Nietzsche 1980, S. 81). Er beschreibt den Menschen als ein Mängelwesen, das gegenüber der Tierwelt die Dinge selbst in die Hand nehmen und sich nicht allein auf seine Instinkte verlassen kann.
Der Mensch war durch die Außenwelt immer wieder Gefahren und Bedrohungen ausgesetzt, gegen die er sich eine Art Schutzpanzer aufbauen musste. In diesem Zusammenhang würde ich den Menschen als ein angstbesetztes Wesen bezeichnen. So liegt es gewissermaßen in seiner Natur begründet, dass er auf Künstlichkeit, also auf Kultur und Zivilisation angewiesen ist (Safranski , 2003). Wenn wir Menschen in der Außenwelt der Gefahr ausgesetzt sind, suchen wir nach einem Gegenpol, um dieser Angst zu entweichen. Sigmund Freud (1930) spricht von Leidvermeidungsstrategien, die sich der Mensch aneignet, um begrenztes Glück zu erreichen. In der antiken Philosophie Epikurs taucht ein ähnlicher Gedanke auf. Dort wird behauptet, dass das Ziel des Lebens das Glück ist und im engeren Sinne die Abwesenheit von Schmerz kennzeichnet. Dies sind meines Erachtens jedoch nur Voraussetzungen, auf denen sich Gedankengerüste aufbauen. Wer kann mit Sicherheit behaupten, dass das Glück wirklich unser höchstes Ziel ist, bzw. ob es das Ziel jedes Einzelnen ist? Ohne Zweifel sind wir lieber ohne Schmerz und baden im Glück.
Sind wir Menschen wirklich so auf das Glück als Ziel fixiert? Wenn es dieses Glück als Ziel gäbe, dann doch nur in der Hinsicht, dass wir es in unserem täglichen Handeln erfahren. Die Menschen, die nur in der Zukunft leben, das sind die hastigen und unglücklichen Menschen, weil sie sich ständig in dem Glauben verfangen, dass das Glück in der Zukunft verborgen liegt. Und glücklich sein? Was hieße das? Irgendwo angelangt zu sein? Uns müsse auch mehr bewusst werden, dass wir öfter lieber das Unglück als das Glück fordern (Nietzsche, 2000). Wir lieben das Unglück, die Katastrophe und den Gedanken an den Untergang der Welt. Die Medienkultur konfrontiert uns jeden Tag mit den Schrecken der Welt, und wir fühlen tief in uns das Leid anderer Menschen, da wir ebenso betroffen sein könnten. Glückliche Nachrichten. Das wäre eine Hiobsbotschaft an das eigene, selbst erzeugte Leiden.
Der Mensch wusste sich zu helfen, indem er die Welt mythologisch zu erklären versuchte. Für Naturphänomene wurden Götternamen erdacht, um diese zu erklären. Das war der Beginn der Verzauberung der Welt.
Das Zeichen der Moderne ist die Verwissenschaftlichung der Welt. Dies bedeutete die Entzauberung der Welt.
Bereits in der Antike besaßen die Sieben freien Künste (septem artes liberales), wozu beispielsweise die Astronomie und die Arithmetik zählten, einen höheren Stellenwert als die praktischen Künste (artes mechanicae). Zu den praktischen Künsten gehörten unter anderem Malerei und Architektur. Die Welt zu begreifen, das hieße vor allem sich der Mathematik zu bedienen, um z.B. das Universum mittels Zahl und Maß zu ermitteln. Der Glaube an eine nach harmonischen Prinzipien konstruierte Welt und der damit verbundene Glaube an das Göttliche waren sehr stark im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses.
Auch heute wissen wir noch sehr wenig über die Entstehung der Welt. Bei dem heutigen Stand der Wissenschaft halte ich es für sehr fraglich, ob die uns auf der Seele brennenden Fragen jemals beantwortet werden können. Aus meiner Sicht gehören Aspekte der Genealogie, der Anthropologie und der Philosophie dazu. Kunst und Wissenschaft können meiner Meinung nach diese Fragen nicht beantworten. Die Kunst spielt mit der Phantasie, aber sie löst diese Fragen ebenso wenig. Und die Wissenschaft?
Auch sie spielt mit der Phantasie. Vielleicht mit einer noch größeren. Sie bedient sich Erfindungen, um die Rätsel dieser Welt zu lösen. Was ist Mathematik? Was sind Zahlen und Formeln? Sie sind Mittel zum Zweck. Sie wollen die Welt vereinfachen. Projizieren wir nicht nur unsere Entdeckungen und eben jene Formeln und Ergebnisse auf die Welt? Wenn es im Universum geometrische Formen oder andere Konstrukte unserer Vorstellung gäbe, dann doch nicht, weil sie dort wirklich existent sind, sondern weil wir sie uns vorstellen. Wir denken, die Wissenschaft wirkt dadurch glaubwürdiger, weil sie uns Dinge nach festen Schemata erklären will. Für mich ist sie es dennoch nicht. Wo gibt es wirklich geometrische Formen? In unseren Erfindungen. Das ist die Künstlichkeit der Welt. In der Natur ist kein Organismus gerade oder exakt geometrisch. Eine Blume ist beispielsweise niemals ganz rund, und kein Baum der Welt wächst auf natürlich Art und Weise gerade. Klingt hier nicht die bereits erwähnte Leidvermeidung an? Ist der Glaube an Ordnung, an Harmonie, an Vollkommenheit und an Vollendung nicht aus einer großen Angst und einer großen Unsicherheit geboren? Die Welt sei ewiges Chaos und ohne Anfang und Ende (Nietzsche, 1964) . Ist uns diese Vorstellung zuwider? Klammern wir uns deshalb an diese selbst erzeugte Vorstellung, es existiere in der Welt eine Ordnung? Wir fürchten diese Idee der Leere und des Nichts, denn sie ist sinnentleert und gleichbedeutend mit der Vorstellung des Todes. Erscheint uns die Welt als zu mächtig, um sie erklären zu können? Kunst und Wissenschaft sind Konstruktionen des Menschen und Begriffe, hinter denen sich Prozesse, Entwicklungen, Erfindungen und Schöpfungen verbergen. Sie sind von Menschen für Menschen geschaffen und machen die Welt zu dem, was sie ist. Eine Illusion. Möglicherweise ist sie ein großes Meer an Irrtümern.
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- Citation du texte
- Norman Conrad (Auteur), 2008, Kunst und Wissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200461
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