„Die Schachnovelle“ von Stefan Zweig handelt von der Konfrontation zweier genialer Schachspieler an Bord eines Passagierdampfers, der von New York nach Buenos Aires ausläuft.
Inhalt, Personen, Interpretation
1.573 Wörter
„Die Schachnovelle“ von Stefan Zweig handelt von der Konfrontation zweier genialer Schachspieler an Bord eines Passagierdampfers, der von New York nach Buenos Aires ausläuft.
Ein als Schachspieler mäßig talentierter Ich-Erzähler, dessen Name nie genannt wird, berichtet von seiner Begegnung mit dem arroganten und primitiven Weltschachmeister Mirko Czentovic. Als sein Spielpartner, der ehrgeizige Millionär McConnor, von der Anwesenheit des Weltmeisters erfährt, fordert er ihn gegen Honorar zu einer Simultanpartie heraus, d. h. er spielt mit einigen anderen gegen Czentovic. In der am nächsten Tag stattfindenden Partie sind die Herausforderer jedoch chancenlos. Erst in der Revanche wendet sich das Blatt. Mc Connor könnte mit einem Zug eine neue Dame gewinnen, doch als er nach der Figur greift, flüstert ihm ein fremder Herr, der österreichische Emigrant Dr. B., zu, dass er, wenn er diesen Zug mache, nach etwa 9-10 Zügen Schachmatt sei. Dr. B. rettet so zielstrebig gegen den eiskalt operierenden Weltmeister ein Remis. Der verwunderte Mc Connor schlägt darauf die Begegnung Czentovic gegen Dr. B. vor. Dieser ist gar nicht begeistert und verlässt den Smoking Room. Da sich herausstellt, dass der Erzähler ein Landsmann Dr. Bs ist, bittet man ihn, die Partie zu arrangieren. Bei der Unterredung mit diesem stellt sich Folgendes heraus:
Dr. B., als Vermögensverwalter großer Klöster von der Gestapo verhaftet, hatte sich, in einem Hotelzimmer von der Außenwelt abgeschnitten, vor nervlicher Zermürbung und geistiger Aushöhlung bewahrt, indem er Monate lang eine Sammlung von 150 Meisterpartien blind durchspielte und dadurch jene Widerstandskraft zurückgewann, die ihm die täglichen Verhöre abverlangten. Später dachte er sich zu den alten Partien neue aus und überwand so die „völlig raumlose und zeitlose Leere“. Schließlich, um nicht erdrückt zu werden „von dem grauen Nichts um mich“, verfiel er der geistigen Schizophrenie, gegen sich selbst zu spielen. Diese „Schachvergiftung“ verursachte ein Nervenfieber, das seine Entlassung herbeiführte. Zum ersten Mal nach seiner Haft spielt nun Dr. B. auf einem richtigen Schachbrett gegen einen Gegner. Sein Grund ist „einzig die posthume Neugier, festzustellen, ob das in der Zelle damals noch Schachspiel oder schon Wahnsinn gewesen“.
Dem Erzähler gelingt es, Dr. B. zu einer Partie gegen Czentovic zu überreden. In der ersten Partie schlägt er den Weltmeister souverän. Als ihm Czentovic eine Revanche anbietet, stimmt Dr. B. mit Eifer sofort zu. Der Erzähler erkennt die Gefahr und will Dr. B. vergeblich zurückhalten. Bei der neuen Partie wendet Czentovic eine gemeine Verzögerungstaktik an, welche Dr. B zum „Rasen” bringt. Er gerät während des Spiels gedanklich in ein völlig anderes und verwundert alle Zuseher, als er Czentovic „Schach! Schach dem König!” droht, jedoch weit und breit nichts davon zu sehen ist. Er verfällt in eben jenes Nervenfieber, das damals seinen Zusammenbruch herbeigeführt hatte. Dr. B. bricht nach einigen unsinnigen Zügen die Partie ab und entfernt sich, um nie wieder ein Schachbrett zu berühren. Zweig beendet das Buch mit der arroganten Aussage Czentovics: „Schade. Für einen Dilettanten ist der Herr eigentlich ungewöhnlich begabt!”
PERSONEN
Der Ich-Erzähler ist österreichischer Emigrant und stammt aus dem Großbürgertum. Zu Beginn nimmt er eine eher distanzierte Haltung zum Geschehen ein, interpretiert und kommentiert. Czentovic gegenüber ist er reserviert und beobachtend eingestellt, während er mit Dr. B. mitfühlt und ihn sogar vor seinem „Schachfieber“ rettet.
Mirko Czentovic ist der Sohn eines armen slawischen Donauschiffers, der bei einem Schiffsunglück ums Leben kommt. Danach nimmt der Ortspfarrer den damals 12-jährigen aus Mitleid auf und bemüht sich vergeblich, ihm elementare Bildung beizubringen: Czentovic bleibt sein Leben lang ein halber Analphabet. Sein Gehirn arbeitet nur schwerfällig, er redet kaum und wird als ein Bauerntölpel beschrieben. Wenn der Pfarrer mit Polizisten Schach spielt, sitzt Mirko scheinbar schläfrig daneben. Sein Können fällt erst auf, als der Pfarrer zu einem Kranken gerufen wird und Mirko statt ihm die Partie zu Ende spielt. Im Schachclub der Nachbarstadt zeigt er sein Talent und wird von den Mitgliedern begeistert gefördert. Ihm fehlt jedoch die Gabe blind zu spielen, d.h. er muss immer ein Schachbrett vor sich haben. Zweig will damit den Kontrast zwischen ihm und Dr.B. herstellen. Seine Geldgierigkeit erregt Ärger unter den Kollegen. Beschrieben wird er als „unmenschlicher Schachautomat“, der seine Gegner von oben herab behandelt und scheinbar gleichgültig gegen sie antritt, da er den Ausgang der Partie sowieso schon kennt. Er beobachtet seine Gegner unauffällig und nützt deren Schwächen aus. So erkennt er Dr. B.s Ungeduld und macht ihn damit „fertig“.
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- MMag. Verena Schörkhuber (Author), 2003, Stefan Zweigs "Die Schachnovelle" - Inhaltsangabe und Interpretation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200194