Problemstellung und Zielsetzung
Das Erzeugungsportfolio für Strom wird sich mittel- bis langfristig in Deutschland stark verändern. Zum einen ist es das Ziel der deutschen Energiepolitik, den Anteil der er-neuerbaren Energien an der Stromversorgung kontinuierlich zu steigern.1 Zum anderen wird ein großer Anteil der derzeit installierten fossil befeuerten Kraftwerke in den nächsten zehn Jahren vom Netz gehen. Dies liegt sowohl am Ausstieg aus der Kern-energie bis zum Jahr 2022 als auch an der Lebensdauer der Grund- und Mittellastkraftwerke, die bereits zu Zeiten vor der Liberalisierung des Strommarktes 1998 errichtet wurden.2
Vor diesem Hintergrund kommt aktuell immer wieder die Frage auf, ob zukünftig ausreichend konventionelle Kraftwerksleistung zur Verfügung steht, um die volatile Einspeisung aus erneuerbare-Energien-Anlagen auszugleichen und somit die Versorgungssicherheit in Deutschland aufrecht erhalten zu können. Häufig wird angezweifelt, dass aufgrund des bestehenden Strommarktdesigns genügend Investitionsanreize für den Bau von fossilen flexiblen Kraftwerken zur Verfügung stehen.3
Aus diesem Grund wird vermehrt diskutiert, ob zusätzlich zu der verkauften Menge an Strom die Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten vergütet werden sollte.4 Diese Idee könnte mit Hilfe eines Kapazitätsmarktes umgesetzt werden. Ein solcher ist bereits in einigen Ländern weltweit etabliert. Im Rahmen dieser Arbeit wird das Modell der Kapazitätsmärkte mit seinen verschiedenen Ausgestaltungsformen vorgestellt und analysiert, um anschließend eine Bewertung für die Einführung eines solchen Marktmodells in Deutschland vorzunehmen.
[...]
1 Vgl. (Bundesregierung, o.J.b, o.S.).
2 Vgl. (AtG, 2011, § 7 Abs. 1).
3 Vgl. z.B. (Ehlers, 2011), (Schiffer, 2010, S. 417).
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Vorgehensweise
2 Theoretische Begründung des Versagens der Energy-only-Märkte
2.1 Definition reiner Energy-only-Markt
2.2 Unvollkommene Marktbedingungen im realen Energy-only-Markt
2.2.1 Überblick
2.2.2 Das Missing-Money-Problem am Spotmarkt
2.2.3 Mangelnde Elastizität der Nachfrage und ihre Folgen
2.2.4 Mangelnde Bereitschaft zu Zahlungen für die Versorgungssicherheit
2.2.5 Weitere Faktoren, die Investitionen in Kraftwerke verhindern
2.3 Zwischenfazit
3 Ausgestaltung von Kapazitätsmärkten
3.1 Definition Kapazitätsmarkt
3.2 Generelle Ausgestaltungsdimensionen eines Kapazitätsmarktes
3.2.1 Umfang des Marktes
3.2.2 Gestaltung des Marktes
3.3 Ausgestaltungsvarianten von Kapazitätsmärkten im internationalen Umfeld
3.3.1 Überblick
3.3.2 Administrativ-bestimmte Kapazitätszahlungen
3.3.2.1 Allgemeines
3.3.2.2 Beispiel Spanien
3.3.3 Kapazitätsbörse
3.3.3.1 Überblick
3.3.3.2 Beispiel PJM
3.3.4 Kapazitätsoptionen
3.3.4.1 Überblick
3.3.4.2 Beispiel Kolumbien
3.3.5 Vergleich der einzelnen Modelle
3.4 Zwischenfazit
4 Ausgestaltung und Bewertung eines Kapazitätsmodells für den deutschen Elektrizitätssektor
4.1 Vorstellung des deutschen Elektrizitätssektors
4.1.1 Überblick
4.1.2 Die Wertschöpfungskette im liberalisierten deutschen Elektrizitätssektor
4.1.3 Energiekonzept und Energiewende als Leitlinien für die zukünftige Entwicklung des Elektrizitätssektors
4.2 Ausgestaltung eines deutschen Kapazitätsmodells
4.2.1 Bedarf für die Einführung
4.2.2 Vorschlag für ein Kapazitätsmodell
4.3 Bewertung eines deutschen Kapazitätsmodells
4.4 Perspektive für Deutschland
4.5 Zwischenfazit
5 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Angebot und Nachfrage im idealtypischen Energy-only-Markt
Abbildung 2: Begründung des Marktversagens im Energy-only-Markt
Abbildung 3: Mangelnde Nachfrageelastizität auf dem realen Energy-only-Markt
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Erlöse verschiedener Kraftwerke
Abbildung 5: Geringe Spotmarktpreise für Strom aufgrund mangelnder Zahlungs- bereitschaft für Versorgungssicherheit
Abbildung 6: Kapazitätsmärkte weltweit
Abbildung 7: Übersicht über die verschiedenen Kapazitätsmodelle
Abbildung 8: Wirkung administrativ-bestimmter Kapazitätszahlungen
Abbildung 9: Berechnung der Kapazitätszahlungen in Spanien
Abbildung 10: Bewertung administrativ-bestimmte Kapazitätszahlungen: Spanien
Abbildung 11: Wirkung einer Kapazitätsbörse auf den Energiemarkt
Abbildung 12: Bewertung Kapazitätsbörse: PJM
Abbildung 13: Bewertung Kapazitätsoptionen: Kolumbien
Abbildung 14: Vergleich dreier Kapazitätsmodelle
Abbildung 15: Wertschöpfungskette im liberalisierten Strommarkt
Abbildung 16: Die vier Regelzonen deutscher Übertragungsnetzbetreiber
Abbildung 17: Volatile Preisentwicklung am Spotmarkt
Abbildung 18: Zeitstrahl für den Verkauf der Kapazitätsoptionen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Das Erzeugungsportfolio für Strom wird sich mittel- bis langfristig in Deutschland stark verändern. Zum einen ist es das Ziel der deutschen Energiepolitik, den Anteil der er- neuerbaren Energien an der Stromversorgung kontinuierlich zu steigern.1 Zum anderen wird ein großer Anteil der derzeit installierten fossil befeuerten Kraftwerke in den nächsten zehn Jahren vom Netz gehen. Dies liegt sowohl am Ausstieg aus der Kern- energie bis zum Jahr 2022 als auch an der Lebensdauer der Grund- und Mittellast- kraftwerke, die bereits zu Zeiten vor der Liberalisierung des Strommarktes 1998 errich- tet wurden.2
Vor diesem Hintergrund kommt aktuell immer wieder die Frage auf, ob zukünftig ausreichend konventionelle Kraftwerksleistung zur Verfügung steht, um die volatile Einspeisung aus erneuerbare-Energien-Anlagen auszugleichen und somit die Versorgungssicherheit in Deutschland aufrecht erhalten zu können. Häufig wird angezweifelt, dass aufgrund des bestehenden Strommarktdesigns genügend Investitionsanreize für den Bau von fossilen flexiblen Kraftwerken zur Verfügung stehen.3
Aus diesem Grund wird vermehrt diskutiert, ob zusätzlich zu der verkauften Menge an Strom die Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten vergütet werden sollte.4 Diese Idee könnte mit Hilfe eines Kapazitätsmarktes umgesetzt werden. Ein solcher ist bereits in einigen Ländern weltweit etabliert. Im Rahmen dieser Arbeit wird das Modell der Kapa- zitätsmärkte mit seinen verschiedenen Ausgestaltungsformen vorgestellt und analy- siert, um anschließend eine Bewertung für die Einführung eines solchen Marktmodells in Deutschland vorzunehmen.
1.2 Vorgehensweise
Zunächst wird in Kapitel 2 theoretisch begründet, warum ein Markt, auf dem die Erlöse alleine über den Stromverkauf realisiert werden, nicht in der Lage ist, eine ökonomisch optimale Menge an Erzeugungskapazitäten bereitzustellen und hierdurch die erstre- benswerte Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Hierzu wird zu Beginn das Modell des idealtypischen Energy-only-Marktes vorgestellt, um anschließend die in der Praxis existierenden Unvollkommenheiten dieses Marktes zu erläutern.
Anschließend wird in Kapitel 3 der Kapazitätsmarkt als eine mögliche Lösung des vor- gestellten Problems analysiert. Nach einer allgemeinen Definition von Kapazitätsmärk- ten und der Darlegung deren grundlegender Ausgestaltungselemente liegt der Fokus auf den internationalen Erfahrungen mit dieser Form der Strommarktgestaltung. Nach einem Überblick über die weltweit existierenden Kapazitätsmärkte folgt eine detaillierte Darstellung dreier verschiedener Ausgestaltungsmöglichkeiten an Hand konkreter Länderbeispiele. Im Anschluss erfolgen ein Vergleich und eine Bewertung dieser drei Modelle.
In Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit werden die Grundlagen aus den Kapiteln 2 und 3 auf Deutschland übertragen. Zunächst wird ein Überblick über den deutschen Elektrizi- tätssektor gegeben, bei dem es sich um einen dezentral organisierten Energy-only- Markt handelt. Anschließend wird die Integration eines Kapazitätsmodells auf dem deutschen Elektrizitätssektor thematisiert. Nach einer qualitativen Bewertung des Be- darfs für einen solchen folgt der Entwurf eines auf die spezifischen Anforderungen des deutschen Strommarktes ausgerichteten Designs eines Kapazitätsmodells. Nach der Abwägung von Chancen und Risiken dieses Modells wird eine Empfehlung für das weitere Vorgehen in Deutschland gegeben.
Abschließend werden in Kapitel 5 die zentralen Ergebnisse zusammengefasst und eine Antwort auf die Frage gegeben, ob aus den Diskussionen über die Einführung eines Kapazitätsmarktes in Deutschland eine konkrete Umsetzung dieser Idee angestoßen werden sollte.
2 Theoretische Begründung des Versagens der Energy-only-Märkte
2.1 Definition reiner Energy-only-Markt
Der reine Energy-only-Markt ist ein theoretisches Modell, das einen möglichen idealen Endstatus beschreibt, zu dem sich die aktuellen Elektrizitätsmärkte hin entwickeln könnten.5 Er zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Spotmarktpreis für Strom durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ohne regulatorische Eingriffe ergibt. Dieser Preis determiniert das ökonomisch optimale Level an Kraftwerkskapazitäten.6 Charakteristisch für einen solchen Markt sind grundsätzlich moderate Strompreise mit gelegentlichen Preissprüngen, die durch Kapazitätsengpässe hervorgerufen werden.7
Die Funktionsweise dieses Marktes entspricht dem eines idealtypischen Strommarktes.8 Auf diesem werden lediglich die abgenommene Strommenge sowie die damit verbundenen Nebenleistungen vergütet.
Die Erzeugungsunternehmen bieten ihren Strom am Spotmarkt in der Regel zu Grenz- kosten an. Da unterschiedliche Kraftwerkstypen verschiedene Kostenstrukturen auf- weisen, ergibt sich eine sprunghaft ansteigende Angebotsfunktion, die als Merit-Order bezeichnet wird.9 Aufgrund der Tatsache, dass Erzeugungskapazitäten kurzfristig we- gen langer Planungs- und Realisierungszeiten von Kraftwerken nicht flexibel sind, geht diese bei Erreichen der vorhandenen Kapazität in eine senkrechte Gerade über.10
In der meisten Zeit eines Jahres stehen in einer Volkswirtschaft ausreichend Erzeu- gungskapazitäten zur Deckung der nachgefragten Strommenge zur Verfügung. Der Strompreis entspricht hier jeweils den Grenzkosten des Grenzkraftwerks (P1) (siehe Abbildung 1).11 Unter bestimmten Bedingungen kann es vorkommen, dass die nachge- fragte Menge Strom die vorhandenen Kapazitäten übersteigt. Der Markt muss dann über die Nachfrageseite geräumt werden. Der Preis für Strom steigt aufgrund der verti- kalen Angebotsfunktion sprunghaft an und beinhaltet eine sogenannte Knappheitsprä- mie (P2). Die Höhe dieser Knappheitspreise wird durch das Verhalten der Nachfrager und deren Flexibilität in Bezug auf die Reaktionsfähigkeit auf Spotmarktpreise beein flusst. Die erhöhten Preise bieten ihnen Anreize, ihren Stromkonsum zu reduzieren. Abhängig von dem Verzicht der Nachfrager steigen die Preise unterschiedlich stark.12 Der maximale Preis, der sich einstellt, entspricht dem höchsten Value of Lost Load (VOLL) eines Konsumenten, dem Wert, den der Konsument bereit ist zu zahlen, um seine Versorgungssicherheit zu gewährleisten.13
In Zeiten, in denen die vorhandenen Kraftwerkskapazitäten die nachgefragte Kapazität übersteigen, können lediglich die zum Einsatz kommenden Kraftwerke mit geringeren Grenzkosten als das Grenzkraftwerk einen Teil ihrer Fixkosten decken. In Zeiten, in denen sich Knappheitspreise am Markt bilden, ist dies hingegen für alle Kraftwerksbe- treiber möglich. In einem reinen Energy-only-Markt treten Knappheitspreise daher aus- reichend häufig und in angemessener Höhe auf, sodass eine Amortisierung aller Kraftwerke gewährleistet ist. Dieser Zustand ergibt sich dadurch, dass bei zu selten auftretenden Knappheitspreisen Kapazitäten ersatzlos aufgrund mangelnder Rentabili- tät vom Markt genommen werden, wodurch das Angebot sinkt und sich die sogenann- ten Scarcity Hours (Knappheitsstunden) und daraus resultierend Knappheitspreise mehren. Auf der anderen Seite treten durch zu häufige Knappheitspreise neue Anbie- ter auf den Markt, das Angebot erhöht sich und Kapazitätsengpässe nehmen ab.14
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Angebot und Nachfrage im idealtypischen Energy-only-Markt15
Es kann festgehalten werden, dass auf einem reinen Energy-only-Markt die Konsu- menten das optimale Niveau an Versorgungssicherheit definieren, indem durch die Höhe der Knappheitspreise die Menge der Investitionen in Erzeugungskapazitäten bestimmt wird.16
Wie im Folgenden gezeigt wird, beruht dieser reine Energy-only-Markt auf Annahmen, die in der Realität keinen Bestand haben und ist weiteren Einflussfaktoren ausgesetzt, auf die bisher nicht eingegangen wurde. Als Folge wird selbst in der Theorie bestritten, dass ein reiner Energy-only-Markt in der Lage ist, Anreize für ausreichend Kraftwerks- kapazitäten zu liefern.17
2.2 Unvollkommene Marktbedingungen im realen Energy-only-Markt
2.2.1 Überblick
In der Realität handelt es sich bei dem Energy-only-Markt um einen unvollkommenen Markt. Dieser wird in der Literatur definiert als ein Markt, der eine oder mehrere Bedin- gungen des vollkommenen Marktes nicht erfüllt, wodurch eine optimale Ressourcen- allokation verhindert wird.18 Das Marktversagen im Energy-only-Markt basiert auf des- sen technischen Charakteristika. Das Gut „Strom“ ist wirtschaftlich (noch) nicht spei- cherbar und somit muss ein kontinuierliches Gleichgewicht von Angebot und Nachfra- ge zur Gewährleistung der Netzstabilität geschaffen werden. Die Erzeugung ist also an den Verbrauch gekoppelt.19 Darüber hinaus wird er im Wesentlichen durch zwei nach- frageseitige Unvollkommenheiten bestimmt. Zum einen haben die Nachfrager nicht die Möglichkeit, direkt auf Preisänderungen am Spotmarkt zu reagieren, wodurch die Nachfrage kurzfristig unelastisch ist.20 Zum anderen besteht seitens der Konsumenten keine Zahlungsbereitschaft für das Gut „Versorgungssicherheit“, da es sich hierbei um ein öffentliches Gut, also um eine Form der Externalität handelt, weil es technisch nicht möglich ist, Kunden einzeln vom Netz zu nehmen.21 Diese beiden Gegebenheiten ha- ben unter Mitwirkung weiterer Faktoren zur Folge, dass auf dem Strommarkt zu wenig in Kraftwerkskapazitäten investiert wird, das Angebot an Kraftwerkskapazitäten zu ge- ring ist und die Versorgungssicherheit unter dem sozialen Optimum liegt.22 Der Wirkungszusammenhang der einzelnen Faktoren wird in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Begründung des Marktversagens im Energy-only-Markt23
Im Folgenden wird das zentrale Problem im Markt, das Missing-Money-Problem, mit dessen Ursachen erläutert.
2.2.2 Das Missing-Money-Problem am Spotmarkt
Der Grund, warum im Energy-only-Strommarkt keine Investitionsanreize bestehen und weniger Kraftwerkskapazitäten verfügbar sind, als es sozial optimal der Fall wäre, ergibt sich im Wesentlichen aus zwei Nachfragemängeln und wird von Cramton und Stoft als Missing-Money-Problem bezeichnet. Dieses wird wie folgt definiert: „ [...]when generation capacity is adequate, electricity prices are too low to pay for adequate ca- pacity “.24
Investitionsentscheidungen werden auf Basis des Net Present Values eines Projekts beschlossen, für dessen Berechnung die zukünftigen Erträge von zentraler Bedeutung sind.25 Im Falle von Kraftwerksinvestitionen stellen die zukünftigen Strompreise sowie die Erträge aus Nebenleistungen, besonders das Angebot von Regelenergie zur Ge- währleistung der Erhaltung der notwendigen Frequenz im Stromnetz, diese Erträge dar. Sie sind allerdings nicht hoch genug, um alle Kosten eines Kraftwerks zu decken, bzw. zu volatil und hierdurch risikoreich, um Anreize in Investitionen zu liefern. Deswe- gen sind auf dem Energy-only-Markt langfristig zu wenige Kraftwerkskapazitäten ver- fügbar. Hierdurch kann nicht die optimale Versorgungssicherheit gewährleistet wer- den.26
Es werden nun die beiden nachfrageseitigen Mängel sowie weitere Risiken, die das Missing-Money-Problem begründen, vorgestellt.
2.2.3 Mangelnde Elastizität der Nachfrage und ihre Folgen
Im Gegensatz zu der Annahme des reinen Energy-only-Markts, dass die Nachfrage nach Strom auf sich verändernde Preise am Spotmarkt reagieren kann, ist diese kurz- fristig völlig unelastisch und wird nicht von der Höhe des Spotpreises beeinflusst.27 Dies ist dadurch zu erklären, dass der Großteil der Konsumenten, besonders die Haushaltskunden, über keine Informationen bezüglich der Echtzeitpreise für Strom am Spotmarkt verfügt. Sie schließen in der Regel Langzeitlieferverträge mit ihren Versor- gern ab, die auf Durchschnittskosten für Strom basieren.28 Systeme, die die intelligente Steuerung der Nachfrage ermöglichen, wie z.B. Smart Meter, sind bislang kaum in der Praxis integriert. Daher haben die Nachfrager keinen Anreiz ihre Stromnachfrage bei hohen Spotpreisen zu verringern.29 Lediglich große, vor allem energieintensive Indust- rieunternehmen haben ihre Strombeschaffung so ausgestaltet, dass sie an kurzfristi- gen Preisentwicklungen am Großhandelsmarkt partizipieren.30
Die Gefahr von Marktmacht und Preis-Caps
Aufgrund der unelastischen Nachfrage ist es, wie in Abbildung 3 dargestellt, zu Spit- zenlastzeiten (Nachfrage 2) möglich, dass die nachgefragte Menge an Strom das An- gebot übersteigt. Es kann keine Markträumung stattfinden.31 In einem solchen Fall gilt in der Theorie der Marktpreis als unterbewertet.32 In der Praxis haben die Produzenten hierdurch kurzfristig eine unbegrenzte Marktmacht und können die Preise unverhält- nismäßig in die Höhe treiben.33 Dies ist ebenfalls zu den Knappheitszeiten möglich, wenn die nachgefragte Menge an Strom genau dem Angebot entspricht (Nachfrage 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Mangelnde Nachfrageelastizität auf dem realen Energy-only-Markt34
Diese Möglichkeit der Marktmacht stellt für Erzeuger allerdings ein regulatorisches Ri- siko dar, da Eingriffe in den Markt seitens der Politik möglich sind. Dies gestaltet sich meist in Form des Setzens von Preisobergrenzen, sogenannten Preis-Caps, oder durch den Eingriff in den Bieterprozess.35 Hierdurch wird das Ziel verfolgt, die Konsu- menten vor überhöhten Preisen zu schützen. Theoretisch könnten diese Preis-Caps so gesetzt werden, dass sie dem VOLL entsprechen. Hierdurch würde gewährleistet, dass sowohl die fixen als auch die variablen Kosten der Erzeugungsanlagen gedeckt wer- den könnten. Allerdings ist es praktisch nahezu unmöglich, den VOLL genau festzule- gen.36 Da die Knappheitspreise bis zu 100 mal höher sein können als Spotpreise zu
Zeiten der Grundlast, ist es für die Regulierer schwer zu differenzieren, wann Markt- preise auftreten, die dem VOLL entsprechen und dementsprechend für einen effizien- ten Markt, der Investitionsanreize in Kraftwerke gibt, notwendig sind und wann die An- bieter ihre Marktmacht ausnutzen.37 Wenn die Preisobergrenzen zu niedrig gesetzt werden, gehen den Anlagenbetreibern Erlöse zur Deckung der fixen Kosten aller Kraftwerkstypen in Höhe des Bereichs D verloren (siehe Abbildung 4). Dies wirkt sich besonders negativ für Spitzelastkraftwerke aus, die mit 1000 Stunden p.a. eine geringe Aualstung aufweisen. Somit gilt es im Rahmen dieser Stunden alle Fixkosten über die eingefahrenen Erlöse zu decken.38
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Erlöse verschiedener Kraftwerke39
Volatile Spotpreise
Die Nachfrage nach Strom schwankt innerhalb eines Tages stark. Aufgrund der techni- schen Gegebenheiten des Marktes, die die kontinuierliche Balance von Angebot und Nachfrage erfordern, sind die Spotpreise sehr volatil. Die Nicht-Prognostizierbarkeit der Häufigkeit, Dauer und des Ausmaßes von Knappheitspreisen, die sich zu Spitzenlast- zeiten bilden, stellt ein hohes Risiko für Investitionen in Kraftwerke dar, da diese Preise zur Deckung der fixen Kosten aller Kraftwerkstypen beitragen (besonders für die Ren- tabilität der Grenzkraftwerke) sind diese von zentraler Bedeutung.40 Ohne die Möglich- keit zur langfristigen Absicherung der Strompreise über Verträge oder den Forward- belief sich der VOLL auf 12,500AU$/MWh; vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 1;23) (Australian Energy Market Commission, o.J., o.S.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Markt werden laut Joskow hierdurch Investitionen in Erzeugungsanlagen behindert.41 Die Möglichkeit zum Abschluss solcher langfristigen Verträge besteht allerdings nicht. Für Einzelhändler ist es in der Regel nicht attraktiv, Lieferverträge mit einer Laufzeit größer als drei Jahre abzuschließen, wodurch für einen längeren Zeitraum kein Forward-Markt besteht. Zudem ergeben sich die Preise von Forwards durch die Höhe der zukünftig erwarteten Spotpreise zuzüglich einer Risikoprämie, da sonst die Möglichkeit einer intertemporalen Arbitrage bestehen würde.42
2.2.4 Mangelnde Bereitschaft zu Zahlungen für die Versorgungssicherheit
Ein weiterer Aspekt, der beachtet werden muss, um zu klären, ob ein reeller Energy- only-Markt ausreichend Anreize für Kraftwerkskapazitäten bietet, ist die Frage nach der Versorgungssicherheit. Diese ist gegeben, „ [...] wenn die Verbraucher unterbrechungs- frei und nachhaltig, d.h. derzeitig und zukünftig, ihren Bedarf an (elektrischer Energie) decken können. “ 43 Jaffe und Felder zeigten als eine der ersten 1996 auf, dass es sich bei der Versorgungssicherheit um ein öffentliches Gut handelt, das positive externe Effekte verursacht, wodurch sie die Möglichkeit eines Versagens des Energy-only- Marktes begründet sehen.44
Ein öffentliches Gut wird charakterisiert durch die Nicht-Ausschließbarkeit und die Nicht-Rivalität im Konsum.45 Im Elektrizitätsmarkt ist dies gegeben, da es, wie bereits in Kapitel 2.2.1 angeführt, technisch nicht möglich ist, einzelne Konsumenten abhängig von ihrer Zahlungsbereitschaft für die Versorgungssicherheit vom Netz zu nehmen. Hierdurch bestehen für sie keine Anreize, für das Gut „Versorgungssicherheit Strom“ separate bilaterale Verträge mit ihren Stromversorgern abzuschließen. Sie zahlen dementsprechend lediglich für die abgenommene Menge an Strom.46 Somit ist der VOLL, der als obere Begrenzung der Spotpreise fungiert, sehr gering (siehe Abbildung 5, Nachfrage 2). Die Nutzen der Zunahme an Versorgungssicherheit durch den Zubau von Erzeugungskapazitäten können nicht effektiv internalisiert werden, folglich werden zu wenige Investitionen in Erzeugungskapazitäten induziert47. Hieraus resultiert ein Gleichgewichtsvolumen an installierter Kraftwerksleistung, das geringer als das soziale Optimum ist.48 Unzureichende Kapazitäten in Spitzenlastkraftwerken zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit werden daher als eine Charakterisik des Energy-only- Marktes definiert.49
Dies kann zur Folge haben, dass, wie in Kapitel 2.2.3 dargestellt, die Stromnachfrage nicht gedeckt werden kann und es zu einem Blackout kommt. In der Praxis können die Erzeugungsunternehmen hiervon allerdings nicht profitieren, weil keine Strompreise zustande kommen, da der Markt nicht geräumt wird. Die Knappheitsrenten, die den Erzeugern theoretisch zur Deckung der fixen Kosten ihrer Anlagen zur Verfügung ge- stellt werden müssten, entfallen somit. Die unzureichende Zahlungsbereitschaft für die Versorgungssicherheit wirkt sich folglich auch auf diese Weise negativ auf Investitions- anreize in Kraftwerke aus.50
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Geringe Spotmarktpreise für Strom aufgrund mangelnder Zahlungsbereit- schaft für Versorgungssicherheit51
2.2.5 Weitere Faktoren, die Investitionen in Kraftwerke verhindern
Investoren werden neben den volatilen Spotpreisen für Strom mit weiteren Risiken auf dem Elektrizitätsmarkt konfrontiert, die sich investitionshemmend auswirken können.
Diese beziehen sich einerseits auf eine unvollständige Informationslage und anderseits auf potenzielle regulatorische Eingriffe.
Neben der Nicht-Prognostizierbarkeit der Häufigkeit, Dauer und des Ausmaßes von Knappheitspreisen fehlen Investoren aufgrund einer nicht vorhandenen Koordination von Erzeugungsprojekten zusätzlich Informationen über die zukünftige Entwicklung der installierten Kraftwerkskapazitäten. Diese Informationen sind entscheidend für die Ren- tabilität des eigenen Projekts, da jeder Anlagenbetreiber von einer geringeren Höhe an installierter Kraftwerkskapazität profitiert, weil hierdurch häufiger Knappheitspreise er- zielt werden können. Es bestehen Anreize zur Falschinformation der Wettbewerber über das eigene zukünftige Vorgehen.52
Des Weiteren besteht die Gefahr von regulatorischen Eingriffen seitens der Politik in- nerhalb der langen Lebensdauer einer Kraftwerksinvestition. So können beispielsweise bestimmte Erzeugungstechnologien speziell gefördert (z.B. im Bereich erneuerbare Energien), oder andersartig auf ein verringertes Investitionsaufkommen reagiert wer- den.53 Zudem bestehen aktuell große Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Ent- wicklung von CO2-Zertifikatepreisen, die einen direkten Kostenbestandteil von Erzeu- gungsanlagen darstellen. In Abhängigkeit der Ausgestaltung der langfristigen Klima- schutzziele können sich diese in verschiedene Richtungen entwickeln.54
Die genannten Faktoren führen zu hohen Risikoaufschlägen bei Erzeugungsprojekten.55 Ein Hedge der Risiken ist - wie bereits in Kapitel 2.2.3 dargestellt - nicht möglich. Dieses Problem wird als „uncertainty barrier“56 bezeichnet.
2.3 Zwischenfazit
Bei dem Energy-only-Markt handelt es sich aufgrund der technischen Besonderheiten im Elektrizitätssektor um einen unvollkommenen Markt. Nachfragespezifische Beson- derheiten haben zur Folge, dass sowohl mit als auch ohne Preis-Caps keine Anreize geliefert werden, eine ausreichende Menge an Erzeugungskapazitäten bereitzustel- len.57 Aus diesem Grund ist kein optimales Kapazitätsniveau am Markt installiert und die Versorgungssicherheit ist geringer als das soziale Optimum. Es existieren ver- schiedene regulatorische Möglichkeiten, um diese strukturellen Probleme des Elektrizi- tätssektors zu beseitigen. Sie können sowohl nachfrageseitig, z.B. durch Maßnahmen zur Flexibilisierung der Nachfrage, oder angebotsseitig durch Anreize für den Bau und Betrieb von Erzeugungsanlagen gegeben werden. Im Folgenden werden die verschiedenen Modelle eines Kapazitätsmarktes als mögliche angebotsorientierte Lösung für das Missing-Money-Problem am Energy-only-Markt vorgestellt.
3 Ausgestaltung von Kapazitätsmärkten
3.1 Definition Kapazitätsmarkt
Für eine Volkswirtschaft ist es ökonomisch sinnvoll, eine Situation von Überkapazitäten im Elektrizitätssektor herbeizuführen, da diese Kosten geringer ausfallen als die durch einen Blackout bei Unterausstattung mit Kapazitäten entstehenden Kosten.58 Wie be- reits dargestellt, ist der Energy-only-Markt allerdings aufgrund des Missing-Money- Problems durch ein zu geringes Investitionsvolumen in Erzeugungsanlagen gekenn- zeichnet. Aus diesem Grund kann die Einführung eines Kapazitätsmarktes sinnvoll erscheinen.59
Wie im Folgenden noch deutlich werden wird, ist der Begriff „Kapazitätsmarkt“ in der Literatur nicht eindeutig definiert. Im Rahmen dieser Arbeit wird hierunter ein Oberbe- griff für verschiedene marktwirtschaftliche Modelle verstanden, die neben dem beste- henden Markt für Strom einen zweiten Markt für den Handel mit Kapazitäten schaf- fen.60 Dadurch entsteht für Erzeugungsanlagenbetreiber ein zweiter potenzieller Um- satzstrom. Dieser muss zur Gewährleistung der größtmöglichen Wohlfahrt so ausge- staltet sein, dass er zusammen mit den Erlösen aus dem Energieverkauf den langfristi- gen Grenzkosten des Kraftwerks und somit den Durchschnittserlösen im reinen Energy-only-Markt entspricht. Mit Hilfe von stabileren Zahlungen (im Vergleich zu sel- ten auftretenden hohen Knappheitspreisen) werden Investitionsanreize geliefert und das Vorhandensein ausreichender Kapazitäten am Markt unterstützt.61
Neben der Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu jeder Zeit an jedem Ort im System sollen die Gefahr von Marktmacht sowie sonstige Investitionsrisiken auf dem Energy-only-Markt minimiert und die Elastizität der Nachfrage nach Strom erhöht wer- den.62
Das Design eines Kapazitätsmarktes ist sehr komplex und detailreich und richtet sich an der jeweiligen konkreten Motivation zur Einführung eines solchen Marktes sowie den charakteristischen Gegebenheiten des speziellen Energiesektors aus. Eine erste Einteilung ist anhand der Festlegung einiger genereller Ausgestaltungsdimensionen möglich, die im Folgenden beschrieben werden.63
3.2 Generelle Ausgestaltungsdimensionen eines Kapazitätsmarktes
3.2.1 Umfang des Marktes
Die Einführung eines Kapazitätsmarktes kann sich entweder auf alle im Strommarkt verfügbaren Kraftwerkskapazitäten beziehen oder sich auf einen Teil von ihnen beschränken. Partizipieren alle Kraftwerke von den Regelungen, wird dieses Modell auch als Kapazitätsmarkt64 bezeichnet, wohingegen von einem selektiven Kapazitätsmechanismus die Rede ist, wenn nur Teilbereiche des Marktes berücksichtigt werden.65 Ein selektiver Kapazitätsmechanismus kann den gesamten Markt auf verschiedene Weise separieren. So ist es möglich, dass eine Unterteilung der Kraftwerke nach Alter (Neuund Bestandsanlagen) oder technischen Gegebenheiten (z.B. Grund-, Mittel-, und Spitzenlastkraftwerke) vorgenommen wird oder eine räumliche Unterteilung des Marktes erfolgt (z.B. in nördliches und südliches Gebiet).
3.2.2 Gestaltung des Marktes
Produktdesign
Die Einführung eines Kapazitätsmarktes soll eine angemessene Versorgungssicherheit gewährleisten. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Produkt, das am Kapazi- tätsmarkt gehandelt wird, um gesicherte Energie, also die gesicherte Fähigkeit, physi- sche Energie zu Knappheitszeiten liefern zu können.66 Dieses Produkt kann auf unter- schiedliche Weisen bereitgestellt werden. So können beispielsweise direkte Kapazi- tätszahlungen vorgenommen oder mit Kapazitätsoptionen gehandelt werden.
Preis- oder Mengensteuerung
Auf einem Kapazitätsmarkt erfolgt die Markträumung nicht nach den freien Marktgesetzen, sondern indem von einer zentralen Stelle entweder der Preis oder die Quantität der zu handelnden Kraftwerkskapazitäten festgelegt wird. Daher werden preis- und mengenbasierte Kapazitätsmodelle unterschieden.67
Bei einem preisbasierten Modell erhalten Anlagenbetreiber einen rein finanziellen An- reiz für die Bereitstellung von Kapazität. Ein Preis für die Kapazitätszahlungen wird vorgegeben und die Kraftwerksbetreiber bestimmen auf dessen Basis die am Markt verfügbare Kapazität. Bei einem mengenbasierten Modell hingegen wird der Gesamt- bedarf an Erzeugungskapazitäten bestimmt und der Preis für die Bereitstellung dieser Kapazitäten wird von den Marktteilnehmern im Rahmen eines Bieterverfahrens festge- legt.68 Eine Kombination von Elementen dieser beiden Ansätze ist ebenfalls möglich.
Zentrales oder dezentrales Clearing
Es ist zu unterscheiden, ob die Marktprozesse auf bilateraler Ebene oder über eine zentrale Clearingstelle, wie z.B. Ausschreibungen oder Auktionen, erfolgen.69
Ist letzteres der Fall, müssen die Bedingungen des Auktionsverfahrens festgelegt werden. So sind beispielsweise die Häufigkeit der Durchführung von Auktionen, Auktionsregeln, Anzahl der Auktionsrunden, Verfahren zur Bildung des Auktionspreises oder der Auktionsmenge zu definieren. Hierfür bestehen vielfältige Möglichkeiten.70 Die Ausgestaltung der Auktion spielt eine wichtige Rolle, da diese für den Erfolg des Kapazitätsmodells von großer Bedeutung ist.71
Zeitliche Ausgestaltung der Verträge
Es ist eine vertragliche Fixierung der Vorlaufzeit und der Vertragslaufzeit der Erlöse des Kapazitätsmodells erforderlich. Eine Differenzierung zwischen Bestands- und Neuanlagen ist hierbei sinnvoll.
Die Vorlaufzeit gibt die Zeitspanne zwischen Ende des Auktionsverfahrens und Beginn der Bereitstellung der Kapazität an. Diese umfasst für Neuanlagen meist mehrere Jah- re, um zu gewährleisten, dass die Projekte bis zum Vertragsbeginn realisiert werden können. Für Bestandsanlagen ist diese hingegen in der Regel nur einige Monate lang.
Die Vertragslaufzeit sollte ebenfalls für Neuanlagen längerfristig ausgerichtet sein, um das Investitionsrisiko durch planbare Erlöse zu reduzieren. Für Bestandsanlagen sind kurze Vertragslaufzeiten (z.B. eine Saison oder ein Jahr) meist vorteilhafter, weil sie anschließend ggf. abgeschaltet werden.72
Weitere Ausgestaltungselemente 73
Es muss bei dem Design eines Kapazitätsmarktes festgelegt werden, wie die Nachfra- gefunktion nach dem Kapazitätsprodukt bestimmt werden soll. Dies ist kompliziert, für den Erfolg aber entscheidend.74 Je konkreter die Spitzennachfrage nach Strom und somit auch nach den notwendigen Kapazitäten prognostiziert werden kann, desto stär- ker wird das Instrument als effektiv angesehen.75 Darüber hinaus ist zu klären, ob eine zweite Marktstufe zum Sekundärhandel, zur Integration eines Demand-Side- Management-Systems (DSM), oder zur Implementierung von Maßnahmen zur Verlän- gerung der technischen Laufzeit von Bestandsanlagen Bestandteil des Marktes sein soll, um dessen Flexibilität zu erhöhen.76
3.3 Ausgestaltungsvarianten von Kapazitätsmärkten im internationalen Umfeld
3.3.1 Überblick
Viele internationale Elektrizitätsmärkte sahen oder sehen sich mit der Frage nach einer angemessenen Bereitstellung von Erzeugungskapazitäten auf einem Strommarkt kon- frontiert, der lediglich durch die Marktgesetze gesteuert wird. In Europa, Australien und Nordamerika wurde dies besonders im Zuge der Liberalisierung thematisiert.77
Aktuell ist in Europa in neun Ländern ein Kapazitätsmarkt implementiert, in drei weiteren Ländern wird dessen Einführung diskutiert. Teilweise liegen hierfür bereits konkrete Vorschläge vor.78 In Nord- und Südamerika ist ein Kapazitätsmarkt ebenfalls in vielen Strommärkten Teil dessen Systems, ebenso wie in Australien, Neuseeland, Südkorea und Russland (siehe Abbildung 6).79
[...]
1 Vgl. (Bundesregierung, o.J.b, o.S.).
2 Vgl. (AtG, 2011, § 7 Abs. 1).
3 Vgl. z.B. (Ehlers, 2011), (Schiffer, 2010, S. 417).
4 Vgl. z.B. (Nailis & al., 2011), (Reck, 2011), (Haag, 2011), (Lambertz & Steiger, 2011), (A.T. Kearney, 2011), (BET, 2011), (Energate, 2011a), (Energate, 2011b).
5 Vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 19).
6 Vgl. (de Vries, 2003, S. 2), (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 79), (o.N., 2005, S. 7;10), (Pfeifenberger & al., 2009, S. 20f.).
7 Vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 20).
8 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 79); die Funktionsweise eines solchen idealtypischen Strom- marktes wurde zum ersten Mal von Caramanis et. al. (Caramanis & al., 1982, S. 3234 - 3239) be- schrieben.
9 Vgl. (Schiffer, 2010, S. 408).
10 Vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 20).
11 Ein Grenzkraftwerk ist das letzte zur Deckung der Last genutzte Kraftwerk der Merit-Order.
12 Vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 20f).
13 Vgl. (Green, 2006, S. 36).
14 Vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 20).
15 Eigene Darstellung.
16 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 79).
17 Vgl. (Pfeifenberger & al., 2009, S. 19).
18 Vgl. (Bardmann, 2011, S. 161); Eigenschaften eines vollkommenen Marktes sind vollkommene Markttransparenz, Homogenität der Güter, keine zeitlichen, räumlichen, sachlichen oder persönlichen Präferenzen der Marktteilnehmer, unendlich hohe Reaktionsgeschwindigkeit sowie das Handeln nach dem ökonomischen Prinzip; vgl. (Bardmann, 2011, S. 160 f.).
19 Vgl. (Ströbele & al., 2010, S. 201).
20 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 80), (Joskow, 2006, S. 32, 37), (Gallagher, 2005, S. 10).
21 Vgl. (Hobbs & Iñón, 2002, S. 14), (Gallagher, 2005, S. 11), (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 6f.).
22 Vgl. (Hogan, 2005, S. 5), (Cramton & Stoft, 2005, S. 2), (Joskow. 2006, S. 8).
23 In Anlehnung an: (Cramton & Stoft, 2006, S. 9).
24 (Cramton & Stoft, 2006, S. 8).
25 Vgl. (Kruschwitz, 2004, S. 7).
26 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 80).
27 Vgl. (Lang, 2007, S. 23).
28 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 80).
29 Vgl. (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 6), (Gallagher, 2005, S. 10).
30 Vgl. (Cramton & Stoft, 2005, S. 44).
31 Für Jaffe und Felder stellt das gelegentliche Nicht-Clearing des Marktes eine Charakteristik des Energy-only-Marktes dar, vgl. (Jaffe & Felder, 1996, S. 54).
32 Vgl. (Ribhegge, 1987, S. 17).
33 Vgl. (de Vries, 2003, S. 2f). (Stoft, 2002, S. 341) zeigt auf, dass man bereits als Erzeuger mit ge- ringem Marktanteil durch das Abschalten/vom-Netz-Nehmen von Kapazitäten den Preis beeinflussen kann.
34 In Anlehnung an: (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 6).
35 Vgl. (Cramton & Stoft, 2005, S. 2), (Joskow, 2006, S. 37), (Gallagher, 2005, S. 12).
36 In der Praxis sind Preis-Caps in vielen Elektrizitätsmärkten integriert, z.B. Alberta, Electric Reliability Council of Texas, Ontario. Allerdings wird lediglich auf dem Australia´s National Energy Market (NEM) diese Obergrenze auf Basis des VOLL berechnet und regelmäßig aktualisiert. 2010
37 Vgl. (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 11).
38 Vgl. (Heier, 2009, S. 312).
39 Vgl. (Hogan, 2005, S. 4).
40 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 80).
41 Vgl. (Joskow, 2006, S. 3).
42 Vgl. (Joskow, 2006, S. 3).
43 (CONSENTEC Consulting für Energiewirtschaft und Technik GmbH & al., 2008, S. 2).
44 Vgl. (Jaffe & Felder, 1996, S. 54), (de Vries, 2003, S. 2).
45 Vgl. (Cezanne, 2005, S. 49), (Gallagher, 2005, S. 11).
46 Vgl. (Cramton & Stoft, 2005, S. 2f.), (Pfeifenberger & al., 2009, S. 27).
47 Vgl. (Ockenfels & al., 2008, S. 43).
48 Positive Externalitäten führen im Allgemeinen zu einem geringeren Produktionsniveau als eigent- lich optimal, vgl. (Pindyck & Rubinfeld, 2009, S. 839). Für die Darstellung der Versorgungssicherheit als öffentliches Gut vgl. z.B. (Jaffe & Felder, 1996, S. 54f.), (de Vries, 2003, S. 2), (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 81).
49 Vgl. (Joskow & Tirole, 2004, S. 44 - 48).
50 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 80), (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 6f.).
51 Eigene Darstellung.
52 Vgl. (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 14), (de Vries, 2003, S. 3).
53 Vgl. (Joskow, 2006, S. 42f.), (de Vries, 2003, S. 3f.).
54 Vgl. (Groscurth & Bode, 2009, S. 16).
55 Vgl. (Gallagher, 2005, S. 12).
56 (Joskow, 2006, S. 3).
57 Vgl. (Hobbs & al., 2001, S. 1), (Borenstein & Holland, 2003, S. 7).
58 Vgl. (Heuterkes & Janssen, 2008, S. 83).
59 Zur Frage nach der Notwendigkeit eines Kapazitätsmarktes bestehen in der Literatur sehr kontro- verse Meinungen. Während einige die Auffassung vertreten, dass auf den Elektrizitätsmärkten keine Notwendigkeit zur Einführung eines solchen Marktes besteht (Cramton & Stoft, 2005, S. 1), sehen andere diesen als ein Übergangs-Steuerungsinstrument hin zu einem reifen Energiemarkt an (de Vries, 2004, S. 107). Wiederum andere vertreten die Auffassung, dass aufgrund der unvollkomme- nen Bedingungen des Marktes und dem damit verbundenen Marktversagen (siehe Kapitel 2.2) des- sen Einführung essenziell für die Schaffung von Investitionsanreizen im Markt ist (Stoft, 2002, S. 111ff.), (Joskow, 2006, S. 49), (Besser & al., 2002, S. 59). Eine letzte Gruppe ist der Meinung, dass diese Probleme besser durch andere Instrumente gelöst werden können (Oren, 2004, S. 1), (Chao & Wilson, 2004, S. 2f.). Auf diese Diskussion soll im Folgenden nicht näher eingegangen werden. Zur Bewertung eines Kapazitätsmarktes erfolgt in Kapitel 4.2.3 eine Gegenüberstellung dessen Kosten und Nutzen in Bezug auf Deutschland.
60 Vgl. (Ethik Kommission Sichere Energieversorgung, 2011, S. 33).
61 Vgl. (de Vries, 2004, S. 109), (Brunekreeft & al., 2011, S. 16).
62 Vgl. (Cramton & Stoft, 2005, S. 5), (de Vries, 2004, S. 132), (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 2).
63 Vgl. (Barrera & al., 2011, S. 9).
64 Der hier verwendete Begriff „Kapazitätsmarkt“ wird ebenso wie die selektiven Kapazitätsmecha- nismen als eine mögliche Ausgestaltung des Oberbegriffs „Kapazitätsmarkt“ angesehen. Zur Vereinfachung und Vermeidung von Unklarheiten werden diese beiden Ausgestaltungen zusammen mit weiteren Formen im Folgenden unter dem Begriff „Kapazitätsmodell“ zusammengefasst.
65 Vgl. (Barrera & al., 2011, S. 9).
66 Vgl. (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 20), (Cramton & Stoft, 2007, S. 2).
67 Vgl. (Jaffe & Felder, 1996, S. 57).
68 Vgl. (Süßenbacher & al., 2011, S. 3).
69 Vgl. (Matthes & Ziesing, 2011, S. 19).
70 Vgl. (BET, 2011, S. 44ff.), für eine Beschreibung der Möglichkeiten von Preisbildungsmechanismen im Auktionsverfahren für Strom siehe (Ockenfels & al., 2008).
71 Vgl. (Müsgens & Ockenfels, 2006) zitiert nach (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 21).
72 Vgl. (Barrera & al., 2011, S. 9f.).
73 Durch die Komplexität eines Kapazitätsmarktes/-modells ist diese Darstellung von weiteren Aus- gestaltungselementen nicht als vollständig anzusehen. Es wird sich auf einige Punkte fokussiert.
74 Vgl. (Cramton & Ockenfels, 2011, S. 20).
75 Vgl. (de Vries, 2004, S. 108).
76 Vgl. (BET, 2011, S. 40).
77 Vgl. (Süßenbacher & al., 2011, S. 1).
78 Vgl. (Sweco, 2011, S. 6); in Großbritannien und Polen sollen in naher Zukunft Kapazitätsmecha- nismen in den Strommarkt integriert werden, in Deutschland wird hierüber aktuell auf oberflächlichem Niveau diskutiert.
79 Vgl. (Tomkins, 2011, S. 5), (Süßenbacher & al., 2011, S. 3), (Pfeifenberger & al., 2009, S. 1f.).
- Citation du texte
- Sonja Schwarze (Auteur), 2012, Bewertung der Einführung eines Kapazitätsmarktes im deutschen Elektrizitätssektor, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200054
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