Jedes Kind muß während seiner Entwicklung schwierige Phasen seiner persönlichen Entfaltung durchlaufen und bewältigen. Neben solchen "normalen" entwicklungsbedingten Problemen treten bei manchen Kindern
Verhaltensschwierigkeiten auf, die besorgniserregend sind. Dadurch wird nicht nur die Erziehungsatmosphäre belastet, sondern die notwendige Entfaltung des Kindes gestört. In diesem Fall ist pädagogisches Handeln gefordert.
In der Pädagogik und der Psychologie wird vieles im Verhalten von Kindern, das von Eltern schnell als "Ungezogenheit" oder "Trotz" tituliert wird, als Notsignal des Kindes verstanden. Das Kind befindet sich in einer Notsituation, die von seiner Umgebung oft nicht wahrgenommen wird. Infolgedessen weiß das Kind sich nicht mehr zu helfen, es kommt möglicherweise zu Verhaltensschwierigkeiten. Verhaltensauffälligkeiten sind somit die Reaktion des Kindes auf eine gestörte Lebenswelt. Diese Vehaltensauffälligkeiten übernehmen als Mittel der Problemlösung ebenfalls eine vorbeugende Funktion, die das Kind vor schweren Störungen und Erkrankungen schützt. Die Zahl verhaltensauffälliger Kinder nimmt in der heutigen Gesellschaft zu, obwohl die meisten Verhaltensschwierigkeiten bei Kindern durch einen pädagogisch verständnisvolleren Umgang gemildert oder behoben werden können. Eine Art der Verhaltensauffälligkeiten ist das hyperaktive Verhalten bei Kindern. Diese fallen durch kognitive, soziale und motorische Entwicklungsdefizite auf, zu deren Hauptmerkmalen Angst, Unsicherheit, Aggression, Hyperaktivität und ein stark gestörtes oder wenig entwickeltes Selbstwertgefühl gehören.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik und Erläuterungen zur Problematik
1.2 Definitorische Erläuterungen der Begriffe Hyperaktivität und Kreativität
1.2.1 Definition des Begriffes Hyperaktivität
1.2.2 Definition des Begriffes Kreativität
1.3 Zum Verlauf der Arbeit
2 Das hyperaktive Kind im Vorschulalter
2.1 Das Erscheinungsbild des hyperaktiven Kindes
2.1.1 Hyperaktivität
2.1.2 Aufmerksamkeitsstörungen
2.1.3 Impulsivität
2.1.4 Emotionale Auffälligkeiten
2.1.5 Lernstörungen
2.1.6 Teilleistungsstörungen
2.1.7 Soziale Schwierigkeiten
2.1.8 Selbstwertprobleme
2.2 Zur Ätiologie des hyperaktiven Verhaltens
2.2.1 Genetische Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
2.2.2 Organische Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
2.2.2.1 Pränatale Schädigung
2.2.2.2 Perinatale Schädigung
2.2.2.3 Postnatale Schädigung
2.2.3 Ökologische Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
2.2.4 Psycho-soziale Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
2.2.4.1 Die ökonomisch-kulturellen Einflußfaktoren
2.2.4.2 Die Einflußfaktoren des sozialen Umfeldes
2.2.4.3 Die psycho-emotionalen Einflußfaktoren
2.3 Die Diagnose der Hyperaktivität
2.3.1 Differentialdiagnostik
2.3.2 Klinische Diagnostik
2.4 Die Beziehungsmuster des hyperaktiven Kindes
2.4.1 Die Beziehung des hyperaktiven Kindes zu den Eltern
2.4.2 Die Beziehung des hyperaktiven Kindes zu anderen Kindern
2.5 Die Selbsteinschätzung des eigenen hyperaktiven Verhaltens
3 Theoretische Grundlagen der Kreativitätsforschung in Verbindung mit Hyperaktivität
3.1 Ansätze der amerikanischen Kreativitätsforschung
3.1.1 Die Geschichte der Kreativitätsforschung
3.1.2 Kreativitätstheorien
3.1.3 Kreativität und Intelligenz
3.1.4 Motivation zur Kreativität
3.2 Die kreative Persönlichkeit und das hyperaktive Kind
3.2.1 Flüssigkeit
3.2.2 Flexibilität
3.2.3 Originalität
3.2.4 Elaboration
3.2.5 Problemsensitivität
3.2.6 Neudefinition
3.3 Der kreative Prozeß
3.3.1 Voraussetzungen zum kreativen Prozeß
3.3.2 Die Phasen des kreativen Prozesses
3.3.2.1 Die Vorbereitungsphase
3.3.2.2 Die Inkubationsphase
3.3.2.3 Die Illuminationsphase
3.3.2.4 Die Verifikationsphase
3.4 Das kreative Produkt
3.5 Bedingungen der kreativen Umwelt zur Förderung des hyperaktiven Kindes
3.5.1 Aktivierung des hyperaktiven Kindes durch die soziale Umwelt
3.5.2 Enthemmung in der aktiven Auseinandersetzung des hyperaktiven Kindes mit der Umwelt
3.5.3 Zielgerichtete motivierende Bedingungen für die Entwicklung kreativer Handlungen beim hyperaktiven Kind
3.5.4 Förderung der Unabhängigkeit des hyperaktiven Kindes
3.5.5 Gruppeneinflüsse auf das hyperaktive Kind im kreativen Prozeß
4 Erziehung zur Kreativität bei hyperaktiven Kindern im Vorschulalter
4.1 Entwicklungspsychologische Aspekte des Vorschulalters
4.2 Ziele und Aufgaben einer kreativen Erziehung
4.3 Hemmende Faktoren für eine kreative Entfaltung
4.3.1 Konformitätsdruck
4.3.2 Autoritätsfurcht
4.3.3 Erfolgsprämien
4.3.4 Informations- und Innovationssperren
4.3.5 Überbetonung der Geschlechterrollen
4.3.6 Spiel - Arbeit- Dichotomie
4.4 Fördernde Faktoren für eine kreative Entfaltung
4.4.1 Offen sein
4.4.2 Problematisieren
4.4.3 Assoziieren
4.4.4 Experimentieren
4.4.5 Bisoziieren
4.5 Die Wirkung der Erzieherhaltung in der kreativen Erziehung
4.6 Methoden und Techniken zum Training und zur Förderung kreativer Fertigkeiten
4.6.1 Das Brainstorming
4.6.2 Der morphologische Kasten
4.6.3 Die synektische Methode
4.6.4 Der Gebrauch der Sinnesorgane
5 Vorstellung und Diskussion medizinischer und pädagogisch-therapeutischer Interventionsmöglichkeiten bei hyperaktiven Kindern
5.1 Medizinische Interventionsmodelle
5.1.1 Die medikamentöse Therapie
5.1.1.1 Theoretischer Erklärungsansatz der medikamentösen Behandlung
5.1.1.2 Ziele der medikamentösen Therapie
5.1.1.3 Wirkung und Nebenwirkungen von Stimulantien
5.1.1.4 Kritik an der medikamentösen Therapie
5.1.2 Die diätischen Behandlungsansätze
5.1.2.1 Theoretischer Erklärungsansatz der diätischen Behandlungsansätze
5.1.2.2 Die Lebensmittel-Farbstoffe und Feingold-Diät
5.1.2.3 Die phosphatreduzierte Diät nach Hafer
5.1.2.4 Kritik an den diätischen Maßnahmen
5.2 Pädagogisch-therapeutische Interventionsmodelle
5.2.1 Formen der kognitiven Verhaltenstherapie
5.2.1.1 Theoretischer Erklärungsansatz der kognitiven Verhaltenstherapie
5.2.1.2 Ziele der kognitiven Verhaltenstherapie
5.2.1.3 Zur Konzeptualisierung der Störung
5.2.1.4 Das Problemlösetraining
5.2.1.5 Die Methode der Selbstinstruktion
5.2.1.6 Kritik an der kognitiven Verhaltenstherapie
5.2.2 Motopädagogische Intervention
5.2.2.1 Theoretischer Erklärungsansatz der Psychomotorik
5.2.2.2 Ziele der psychomotorischen Förderung
5.2.2.3 Das Bewegungs- und Verhaltenstrainingsprogramm nach Ernst J. Kiphard
5.2.2.4 Kritik an der Psychomotorik
6 Kreativ-therapeutische Interventionen am ausgewählten Beispiel der Musiktherapie zur Förderung hyperaktiver Kinder
6.1 Kreativität und Therapie
6.2 Musik als Kommunikationsmittel
6.3 Definition und Formen der Musiktherapie
6.4 Musiktherapeutische Verfahren
6.5 Die Eignung der Musiktherapie für die Arbeit mit hyperaktiven Kindern
6.6 Die Prinzipien der Orff-Musiktherapie in der Behandlung hyperaktiver Kinder
6.6.1 Die Orff-Musiktherapie
6.6.2 Das Instrumentarium der Orff-Musiktherapie
6.6.3 Der Therapieablauf
6.6.4 Die Orff-Musiktherapie und hyperaktive Kinder
6.6.5 Abschließende Bemerkungen zur Orff-Musiktherapie
7 Abschlußbetrachtung einer pädagogischen Förderung bei hyperaktiven Kindern im Vorschulalter unter Einbezug kreativer und pädagogisch-therapeutischer Aspekte
7.1 Die Notwendigkeit einer kreativen Erziehung bei hyperaktiven Kindern
7.2 Abschließende Bemerkungen zu den medizinischen und pädagogisch-therapeutischen Interventionen unter Einbezug kreativer Aspekte
7.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Schematische Darstellung der Symptome für das Störungsbild hyperkinetisches Syndrom
Abb. 2: Der Teufelskreis beim hyperaktiven Kind
Abb. 3: Übersicht über die wesentlichen psycho-sozialen Einflußfaktoren
Abb. 4: Fragebogen nach Conners zum hyperkinetischen Syndrom
Abb. 5: Das störende Verhalten des hyperaktiven Kindes löst eine Kette von Reaktionen
Abb. 6: Durch verständnisvolles und einfühlsames Verhalten der Eltern kann ein erträgliches Familienklima entstehen
Abb. 7: Typische Reaktionen hyperaktiver Kinder auf Umweltreize
Abb. 8: Der Prozeß des kreativen Problemlösens als Auseinandersetzung eines Individuums mit einem neuartigen Problem
Abb. 9: Zuwiderlaufende Verstärkungsprozesse bei der Eigenstimulation
Abb. 10: Verschiedene Förderungsinhalte der Psychomotorik
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik und Erläuterungen zur Problematik
Jedes Kind muß während seiner Entwicklung schwierige Phasen seiner persönlichen Entfaltung durchlaufen und bewältigen. Neben solchen "normalen" entwicklungsbedingten Problemen treten bei manchen Kindern Verhaltensschwierigkeiten auf, die besorgniserregend sind. Dadurch wird nicht nur die Erziehungsatmosphäre belastet, sondern die notwendige Entfaltung des Kindes gestört. In diesem Fall ist pädagogisches Handeln gefordert.[1]
In der Pädagogik und der Psychologie wird vieles im Verhalten von Kindern, das von Eltern schnell als "Ungezogenheit" oder "Trotz" tituliert wird, als Notsignal des Kindes verstanden. Das Kind befindet sich in einer Notsituation, die von seiner Umgebung oft nicht wahrgenommen wird. Infolgedessen weiß das Kind sich nicht mehr zu helfen, es kommt möglicherweise zu Verhaltensschwierigkeiten. Verhaltensauffälligkeiten sind somit die Reaktion des Kindes auf eine gestörte Lebenswelt. Diese Vehaltensauffälligkeiten übernehmen als Mittel der Problemlösung ebenfalls eine vorbeugende Funktion, die das Kind vor schweren Störungen und Erkrankungen schützt.[2]
Die Zahl verhaltensauffälliger Kinder nimmt in der heutigen Gesellschaft zu, obwohl die meisten Verhaltensschwierigkeiten bei Kindern durch einen pädagogisch verständnisvolleren Umgang gemildert oder behoben werden können. Eine Art der Verhaltensauffälligkeiten ist das hyperaktive Verhalten bei Kindern. Diese fallen durch kognitive, soziale und motorische Entwicklungsdefizite auf, zu deren Hauptmerkmalen Angst, Unsicherheit, Aggression, Hyperaktivität und ein stark gestörtes oder wenig entwickeltes Selbstwertgefühl gehören.[3]
Hyperaktives Verhalten bei Kindern äußert sich in einem hohen Niveau der kindlichen Handlungen und Aktivität, auch in Situationen, in denen dies unangemessen ist.[4]
Das hyperaktive Kind ist nicht in der Lage, seine Aktivität zu reduzieren, so daß es sich in einer ständigen Unruhe befindet und seine Aktivität somit nicht nach bestimmten sinnvollen Zielen ausrichten und steuern kann. Die hyperaktiven Kinder sind daher nicht einfach aktiver als andere Kinder, sondern sie besitzen die Schwierigkeit ihre Aktivität zu kontrollieren. Ein weiterer schwerwiegender Aspekt ist, daß die Umwelt unterschiedlich tolerant auf das hyperaktive Verhalten des Kindes reagiert. Es ist daher immer eine subjektive Entscheidung, ab welchem Ausmaß ein Verhalten als hyperaktiv betrachtet wird. Dies hängt von der jeweiligen Belastbarkeit der Person und den Normvorstellungen der Gesellschaft ab.[5]
Hyperaktive Kinder brauchen aus diesen Gründen wirksame Hilfe, die von einem professionellen Helfer - einem Pädagogen - kommen kann.
Dazu bietet die Kreativitätsforschung vielfältige Möglichkeiten. Kreativ sein bedeutet schöpferisch tätig zu sein. Daraus ergibt sich die Frage, ob hyperaktive Kinder überhaupt schöpferisch tätig sein können oder anders gefragt, kann die Erziehung hyperaktiver Kinder so gestalten werden, daß sie diesen zu kreativen Potentialen verhilft?
Die Begriffe Kreativität und Kreativitätsförderung dürfen innerhalb dieser Thematik nicht von den allgemeinen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Vorstellungen her auf die Problematik des hyperaktiven Kindes übertragen werden. Vielmehr muß untersucht werden, in welchem Maße und in welcher Art Kreativität und Kreativitätsförderung bei hyperaktiven Kindern aufgrund ihrer Fähigkeiten oder ihres Entwicklungsstandes möglich ist. Daraus ergeben sich zahlreiche Fragen, die im Verlauf dieser Arbeit erläutert werden sollen: Welchen Sinn kann Kreativitätsförderung für die Persönlichkeitsentwicklung des hyperaktiven Kindes haben? Sind Unzulänglichkeiten in der Persönlichkeitsentwicklung durch Kreativitätsförderung abzubauen?
Kreativität umfaßt kognitive, affektive und psychomotorische Aspekte. Sie trägt im wesentlichen dazu bei, selbständig angemessene Problemlösungen zu finden. Daher ist sie als Grundausstattung des Menschen in allen Ausprägungen zu finden .[6]
Zu ähnlichen Aussagen gelangt Landau (1984), indem sie sagt, daß in jedem Menschen die Grundlage für die Kreativität vorhanden ist, und daß es die Aufgabe der Erziehung ist, die Kreativität zu entwickeln, damit sie zur natürlichen Aktivität des Selbst werden kann.[7]
Daraus kann geschlossen werden, daß auch in einem hyperaktiven Kind die Grundlage zur Kreativität vorhanden sein muß.
Sinn und Ziel einer Kreativitätsförderung bei hyperaktiven Kindern kann primär sicherlich nicht in einem gesellschaftlichen Aspekt liegen, in dem Sinne, daß hyperaktive Kinder zu einer für die Gesellschaft nutzbringenden Kreativität erzogen werden. Vielmehr ist das Ziel der Kreativitätsförderung bei hyperaktiven Kindern in erster Linie die Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung.
Diese Art der Kreativität, die auch intraindiviuelle Kreativität genannt wird, beschreibt die Situation, in der ein Individuum für sich etwas völlig Neues entdeckt, dies kann z.B. eine Idee sein, an die dieses Individuum vorher nie selbständig gedacht hat, die jedoch in der bestehenden Gesellschaft für andere Menschen bereits bekannt ist. Während extraindividuelle Kreativität oder soziale Kreativität dann vorliegt, wenn eine Erkenntnis für die gesamte Kultur neu ist, d.h. also das Neue als solches auf die Gesellschaft bezogen wird.[8]
Landau (1984) betont, daß die individuelle Kreativität für die Entwicklung des Individuums besonders wichtig ist. Des weiteren ist sie die Voraussetzung für soziale Kreativität, die wiederum für die Entwicklung der Gesellschaft notwendig ist.[9]
Eine subjektive, intraindividuelle Kreativität und deren Förderung scheint für hyperaktive Kinder somit ein primäres Anliegen zu sein, um dann auf eine soziale Kreativität Bezug zu nehmen.
1.2 Definitorische Erläuterungen der Begriffe Hyperaktivität und Kreativität
Die begriffliche Vielfalt in der neueren Literatur zu den Themen "Hyperaktivität" und "Kreativität" ist sehr verwirrend. Weder gibt es zu jedem dieser Themenkomplexe eine eindeutige anerkannte Definition noch gibt es eine einheitliche Begrifflichkeit. Im folgenden werden die verschiedenen Definitionskonzepte näher betrachtet, um eine definitorische Grundlage beider Themenkomplexe zu schaffen.
1.2.1 Definition des Begriffes Hyperaktivität
Für den augenblicklichen Stand hinsichtlich der Terminologie des Begriffes Hyperaktivität ist ein Zitat von von Lüpke (1990) nach wie vor aktuell:
"Jährlich schwillt die Literatur über das hyperkinetische Kind weiter an: Klarheit über Zusammenhänge ist trotzdem weniger denn je in Sicht. Ur- sächliche Faktoren, Untersuchungsbefunde, Klassifikationen und Therapie- empfehlungen werden oft nur in Form von Listen abgehandelt. ...Das hyperkinetische Kind ist kaum noch zu fassen."[10]
Kindliche Hyperaktivität ist unter vielen verschiedenen diagnostischen Bezeichnungen bekannt. Die meisten davon betonen entweder charakteristische Aspekte des kindlichen Verhaltens oder verschiedene Theorien über den Ursprung der Hyperaktivität. Daher sprechen Ross & Ross (1982) in bezug auf die Hyperaktivität von "terminological confusion"[11] und betonen die willkürliche Verwendung der Begriffe Hyperaktivität, Hirnschädigung, Aufmerksamkeitsstörung, Minimale cerebrale Dysfunktion, Hyperkinese u.ä.. Eine präzise Auflistung geben Bauer (1986) und Voss (1990).[12]
Der Begriff Hyperaktivität ist somit nicht der einzige Terminus, der in Forschung und Praxis verwendet wird. Bereits vor 1970 ergab eine Zählung eines Komitees in einem Bericht des "US Depatment of Health, Education and Welfare" 38 verschiedene Begriffe für das Erscheinungsbild der Hyperaktivität.[13]
Gegenwärtig werden in der Medizin und in der Psychiatrie bereits über 70 verschiedene Begriffe für das "Zappelphilipp-Syndrom" entsprechend den Deutungen seiner Ursachen und Symptome verwendet.[14]
Dennoch stimmen die meisten Forscher darin überein, daß es sich bei der Hyperaktivität um eine "Verhaltensstörung" handelt. Dieses Einvernehmen beruht darauf, daß sich zunächst überwiegend die Medizin mit dieser Thematik beschäftigte und sie erst später in anderen wissenschaftlichen Disziplinen, so auch in der Pädagogik, Bedeutung bekam. Hieraus resultierte ein Umdenken und Hyperaktivität wurde nicht mehr vorbehaltlos als "Verhaltensstörung" aufgefaßt, sondern unter dem neutraleren Begriff der "Verhaltensauffälligkeit" betrachtet. Die Folge davon ist, daß Hyperaktivität von verschiedenen wissenschaftstheoretischen und fachdidaktischen Standpunkten aus unterschiedlich betrachtet wird. Aus pädagogischer Sicht wird das hyperaktive Kind mit seinen Entwicklungsschwierigkeiten und Selbstwertproblemen gesehen, während der Mediziner an einer (medikamentösen) Behandlung der vermeintlichen (organischen) Ursache interessiert ist.[15]
Daraus resultiert die erhebliche Diskrepanz in den wissenschaftlichen Aussagen innerhalb der verschiedenen Publikationen zur Hyperaktivität und die damit verbundenen Schwierigkeiten der Übertragung der gefundenen Ergebnisse in die Praxis.
Eine der frühesten Versuche, Hyperaktivität zu definieren stammt von Clements (1966). Er geht davon aus, daß es sich bei den Hyperaktiven um Kinder von durchschnittlicher oder überdurchschnittlicher Intelligenz handelt, die Lern- und/oder Verhaltensstörungen aufweisen.[16]
Heute verwenden Ärzte und Psychologen die Bezeichnung Hyperaktivität oder Hyperkinetisches Syndrom (HKS) für Kinder und Jugendliche, die durch eine große Aktivität, starke Impulsivität und Erregbarkeit sowie durch nicht situationsgerechte Gefühlsäußerungen auffallen. Diese Kinder gliedern sich schlecht in die Altersgruppe ein oder zeigen Leistungs- und Entwicklungsstörungen.[17]
Die Verwendung des Begriffes Hyperkinetisches Syndrom besagt im medizinischen Sinne, daß es sich nicht um eine eindeutige Erkrankung handelt, sondern daß unter dem Begriff Syndrom eine Vielzahl verschiedener Störungen zusammengefaßt wird. Das bedeutet, daß alle Auffälligkeiten, die gehäuft auftreten, unter der Zauberformel Syndrom zusammengefaßt werden können. Der Begriff Syndrom enthält formal zwar keine Festlegung auf eine Ursache, verweist aber durch den medizinischen Terminus auf das Organische. Somit wird die Verhaltensauffälligkeit zur Krankheit und eine medizinische Behandlung wird gerechtfertigt.
Im Verlauf dieser Arbeit soll die Definition des Begriffes Hyperkinetisches Syndrom nach dem multiaxialen Klassifikationsschema (MAS) für psychiatrische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter nach Rutter, Shafer und Sturge (1986) als grundlegend angenommen werden:
"Störungen, deren wesentliche Merkmale kurze Aufmerksamkeitsspanne und erhöhte Ablenkbarkeit sind. In der frühen Kindheit ist das auffallendste Symptom eine ungehemmte, wenig organisierte und schlecht gesteuerte, extreme Überaktivität, an deren Stelle aber in der Adoleszenz Hypoaktivität treten kann. Impulsivität, ausgeprägte Stimmungsschwankungen und Aggressivität sind ebenfalls häufige Symptome. Oft bestehen Verzögerungen in der Entwicklung bestimmter Fähigkeiten sowie gestörte und einge- schränkte zwischenmenschliche Beziehungen."[18]
Nach dem multiaxialen Klassifikationssystem werden noch drei Varianten des hyperki-netischen Syndroms unterschieden:[19]
1. HKS mit Störungen von Aktivität und Aufmerksamkeit
Bei dieser Variante stehen neben der Hyperaktivität die kurze Aufmerksamkeits- spanne und die Ablenkbarkeit im Vordergrund, ohne daß andere Verhaltensstörungen oder Entwicklungsverzögerungen vorliegen.
2. HKS mit Entwicklungsrückständen
Diese Variante bezieht sich auf Kinder, bei denen das HKS mit verzögerter Sprach-
entwicklung, motorischer Ungeschicklichkeit, Leseschwierigkeiten oder anderen spezifischen Entwicklungsrückständen einhergeht.
3. HKS mit Störungen des Sozialverhaltens
Bei den von dieser Störung betroffenen Kindern stehen neben der Hypermotorik
ausgeprägte Störungen des Sozialverhaltens, jedoch keine Entwicklungsverzögerun- gen im Vordergrund.
1.2.2 Definition des Begriffes Kreativität
Ähnlich schwierig gestaltet sich die Definition des Begriffes Kreativität. In der Literatur zum Thema Kreativität und Kreativitätsforschung liegen ebenso umfangreiche und verwirrende Definitionsversuche vor wie zuvor anhand des Begriffes Hyperaktivität dargestellt wurde.
Mühle und Schell (1970) sprechen davon, daß es keine allgemein akzeptable Definition gibt .[20]
Ursprünglich stammt der Begriff Kreativität von dem lateinischen Wort "creare" ab, was soviel wie zeugen, gebären, schaffen, erschaffen heißt und somit schon in seiner Ursprünglichkeit etwas dynamisches, sich entwickelndes beinhaltet, was auf ein bestimmtes Ziel hinweist.[21]
Diese Begriffsdefinition wurde bis in das 20. Jahrhundert hinein auf den künstlerischen Bereich verengt. Ab 1950 setzten systematische wissenschaftliche Untersuchungen in Amerika ein, ausgelöst durch die vielbeachtete Rede von Guilford über das Thema "creativity", die er als Präsident der "American Psychological Association" gehalten hatte.
Ulmann (1970) verwendet Kreativität zunächst als Arbeitsbegriff, der verschiedenen ältere Begriffe impliziert und der durch eine wachsende experimentelle Forschung ständig einen neuen Sinn erhält.[22]
In den 70er Jahren wurde der Begriff Kreativität mit unzähligen Definitionen belegt, die zu mehr Verwirrung als zur Klärung beitrugen. Auf einem Symposium über Kreativität haben Wissenschaftler fast 400 verschiedene Bedeutungen zum Kreativitätsbegriff benannt. Die häufigsten Begriffassoziationen waren: Originalität, Erfindungsreichtum, Flexibilität, Entdeckung, Außergewöhnliches, Intelligenz sowie verschiedene synonym verwandte Begriffe wie z.B. produktives Denken, divergentes Denken, Originalität, Einbildungskraft und Erfindungsreichtum.[23]
Ein Zitat von Ausubel (1968) ist in diesem Zusammenhang auch heute noch von besonderer Bedeutung:
"Creativity is one of the vaguest, most ambigous, and most confused terms
in psychology and education today."[24]
Im Verlauf der letzten Jahre wurde Kreativität vor allem in der Freizeitindustrie zu einem Modewort gemacht, um die vielseitigen Spiel- und Freizeitartikel zu vermarkten. Im Sinne einer wissenschaftlichen Betrachtung ist der Kreativitätsbegriff deutlich von dem Freizeitbegriff abzugrenzen.
Im wissenschaftlichen Kontext müssen bei der Begriffsbestimmung von Kreativität immer verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Dies ist zum einen der gesellschaftliche Aspekt, der die gesellschaftlichen Verhältnisse umfaßt und zum anderen ist es der Persönlichkeitsaspekt der jeweiligen Person und dessen Umfeld. Aus den verschiedenen Grundannahmen ist es nicht verwunderlich, daß eine große Anzahl von Definitionen entstehen, die alle einen unterschiedlichen Schwerpunkt setzten. Eisler-Stehrenberger (1990) unterstreicht diese Aussage, indem sie sagt:
"So unterschiedlich die der Kreativität zugeschriebenen Attribute sind, so unterschiedlich sind die Interessen, so unterschiedlich dann auch die bestehenden Definitionen."[25]
So bezieht sich Wollschläger (1972) in seiner Definition vornehmlich auf gesellschaftliche Aspekte, indem er postuliert:
"Kreativität ist die Fähigkeit, neue Zusammenhänge aufzuzeigen und damit zur allgemeinen Problemlösung in der gesellschaftlichen Realität beizutra- gen."[26]
Beer und Erl (1974) dagegen beziehen sich auf die Definition von Mead, die das Neue in bezug auf die Erfahrungswelt des Individuums in den Vordergrund stellt, die für dessen Entwicklung von zentraler Bedeutung ist:
"In dem Maße, als eine Person etwas für sie selbst neues macht, erfindet, ausdenkt, kann man sagen, daß sie einen kreativen Akt vollbracht hat."[27]
Die individuelle Kreativität ist zugleich Voraussetzung für die soziale Kreativität, die für die Entwicklung einer Gesellschaft und einer Kultur notwendig ist.
Das subjektiv Neue bekommt innerhalb der verschiedenen Definitionskonzepte eine herausragende Bedeutung. So läßt sich prinzipiell jede Neuentdeckung eines Menschen als einen kreativen Akt bezeichnen, so daß jeder Mensch über ein bestimmtes Maß an kreativen Fähigkeiten verfügt. Diese Aussage wird in dem Definitionskonzept von Guilford (1950) bestätigt, der besonders die Untrennbarkeit der Kreativität von der Persönlichkeit des kreativen Menschen hervorhebt und Kreativität als eine Fähigkeit beschreibt, die alle Menschen bis zu einem gewissen Grade besitzen, egal wie schwach oder wie selten auch immer, so daß von allen Menschen kreative Akte erwartet werden können.[28]
In diesen Aussagen spiegelt sich das pädagogische Interesse an der Kreativität wieder. Im Blickpunkt steht die Voraussagbarkeit und Erlernbarkeit der Kreativität. Dabei ist für die Entwicklung des Kreativitätspotentials zum einen die Persönlichkeit von besonderer Bedeutung und zum anderen die Bedingungen und Voraussetzungen der Umwelt, die den kreativen Menschen beeinflussen.
Landau (1984) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, daß den verschiedenen kreativen Prozessen eine gemeinsame Fähigkeit zu Grunde liegt. Dies ist die Fähigkeit, Beziehungen zwischen vorher unbezogenen Erfahrungen zu finden, die sich in der Form neuer Denkschemata als neue Erfahrungen, Ideen oder Produkte ergeben. Dieses kreative Potential ist in jedem Individuum vorhanden und kann in jeder Lebenssituation angewandt werden.[29]
Kreativität ist somit zum einen die Fähigkeit, Beziehungen zwischen zuvor unabhängigen Erfahrungen herzustellen und zum anderen beinhaltet Kreativität die Haltung des Individuums gegenüber seiner Umwelt, die es ihm ermöglicht, diese in neuer Gestalt zu erleben, sensibel auf Veränderungen zu reagieren und auf Gegebenheiten produktiv einzuwirken.[30]
1.3 Zum Verlauf der Arbeit
Im ersten Kapitel wurden bereits Erläuterungen zur Thematik und grundlegende Definitionen vorgestellt.
Daraus ergibt sich der folgende Aufbau der insgesamt sechs maßgebenden Kapitel dieser Arbeit:
Im folgenden zweiten Kapitel wird zunächst ein Überblick über die Thematik der Hyperaktivität gegeben. Dieser Überblick liefert Informationen über das Erscheinungsbild der Hyperaktivität, wobei die primären und sekundären Symptome der Hyperaktivität vorgestellt werden. Des weiteren wird die Ätiologie des hyperaktiven Verhaltens dargestellt, in der Auseinandersetzung mit genetischen, organischen, ökologischen und psycho-sozialen Verursachungsfaktoren. Außerdem wird in diesem Kapitel die Diagnostik der Hyperaktivität beschrieben, wobei die Gründe für die Schwierigkeiten einer diagnostischen Erhebung diskutiert werden. Ferner werden im zweiten Kapitel die unterschiedlichen Beziehungsmuster des hyperaktiven Kindes und deren Auswirkungen auf das Verhalten des hyperaktiven Kindes dargestellt. Abschließend wird auf die Selbsteinschätzung des hyperaktiven Verhaltens des Kindes eingegangen.
Das zentrale Thema des dritten Kapitels bilden die theoretischen Grundlagen der Kreativitätsforschung. Dabei wird zunächst auf die Anfänge der Kreativitätsforschung eingegangen, die sich auf die Geschichte der Kreativitätsforschung, auf unterschiedliche Kreativitätstheorien, auf den Zusammenhang zwischen Kreativität und Intelligenz und auf die verschiedenen Motivationstheorien beziehen. Daran schließt sich die Darstellung der kreativen Persönlichkeit an, wobei an dieser Stelle bereits Bezüge auf die Problematik der Hyperaktivität hergestellt werden. Weiterhin werden der kreative Prozeß und das kreative Produkt vorgestellt, ebenfalls im Zusammenhang mit Hyperaktivität. Außerdem werden die Bedingungen einer kreativen Umwelt zur Förderung des hyperaktiven Kindes beschrieben.
Im vierten Kapitel steht die Erziehung zur Kreativität im Vorschulalter bei hyperaktiven Kindern im Mittelpunkt der Betrachtung. Zunächst werden dabei die entwicklungspsychologischen Aspekte und dann die Aufgaben und Ziele einer kreativen Erziehung vorgestellt. Darauf folgend werden die hemmenden und die fördernden Faktoren für eine kreative Entfaltung vorgestellt. Ferner ist für eine kreative Erziehung die Haltung des Erziehers von besonderer Bedeutung, die im Anschluß erklärt wird. Zum Abschluß des Kapitels werden verschiedene Techniken und Methoden zum Training und zur Förderung des kreativen Verhaltens bei Kindern im Vorschulalter dargestellt.
Im fünften Kapitel werden die gängigen medizinischen und pädagogisch-therapeutischen Interventionsmöglichkeiten bei der Behandlung hyperaktiver Kinder vorgestellt und kritisch diskutiert.
Im sechsten Kapitel wird anhand eines ausgewählten Beispiels der kreativ-therapeutischen Interventionsmöglichkeiten, der Musiktherapie, der Zusammenhang zwischen Kreativität und Therapie dargestellt. Im darauf folgenden wird auf die Musik als Mittel der Kommunikation, auf die Definition und die verschiedenen Formen der Musiktherapie sowie auf unterschiedliche musiktherapeutische Verfahren eingegangen. Außerdem wird die Eignung der Musiktherapie für die Arbeit mit dem hyperaktiven Kind diskutiert und abschließend am Beispiel der Orff-Musiktherapie auf die Möglichkeiten einer Förderung hyperaktiver Kinder durch Musiktherapie eingegangen.
Im abschließenden siebten Kapitel wird auf die Notwendigkeit einer Erziehung zur Kreativität bei hyperaktiven Kindern im Vorschulalter eingegangen, wobei die grundlegenden Aspekte der Kreativitätsforschung einbezogen werden. Des weiteren werden die pädagogisch-therapeutischen Interventionsmöglichkeiten bei hyperaktiven Kindern hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit bewertet und mit anderen Interventionsmöglichkeiten verglichen. Außerdem soll eine Integration kreativer Aspekte in die therapeutische Arbeit vorgenommen werden. Zusätzlich wird ein Ausblick auf notwendige zukünftige Forschungsansätze gegeben.
2 Das hyperaktive Kind im Vorschulalter
Es ist schwierig, die Eigenschaften eines hyperaktiven Kindes zu beschreiben - nicht weil sie außergewöhnlich sind, sondern weil viele Symptome bei allen Kindern zu bestimmten Zeiten bis zu einem gewissen Ausmaß beobachtet werden können.
Bei der Mehrzahl der diagnostizierten hyperaktiven Kinder treten die Verhaltensauffälligkeiten bereits im Säuglingsalter auf, verstärken sich im Vorschulalter und erreichen mit dem Eintritt in die Schule ihren Höhepunkt. Dies ist dadurch zu erklären, daß in der Vorschule und verstärkt in der Schule höhere Anforderungen an die Leistung und Disziplin gestellt werden. Voss (1990) berichtet von 20-25% verhaltensauffälligen Kindern in der Vorschule und von 33% in der Schule.[31]
In den verschiedenen Altersklassen treten unterschiedliche Symptomschwerpunkte in den Vordergrund. Bis zum fünften Lebensjahr stehen vor allem die motorischen Aktivitäten im Vordergrund, während im Vorschulalter die Probleme hinsichtlich der Aufmerksamkeit und der sozialen Anpassung primäre Bedeutung haben, da das Kind mit dem Eintritt in den Kindergarten einen Schritt in eine neue Gemeinschaft macht. Mit dem Schuleintritt werden die kognitiven Komponenten in den Vordergrund gestellt: Das Kind kann nicht bei einer Sache bleiben. Es entstehen Störungen in der Gruppe, deren Folge Probleme mit Gleichaltrigen sind.[32]
Bei der Charakterisierung des hyperaktiven Kindes im Vorschulalter stehen Furchtlosigkeit und eine niedrige Konzentrationsspanne an erster Stelle. Der Begriff Furchtlosigkeit beschreibt das Verhalten des hyperaktiven Kindes anderen Kindern gegenüber: Das hyperaktive Kind stört oder zerstört das Spiel der anderen, will in der Gruppe dominieren und provoziert durch Clownerie. Das hyperaktive Kind besitzt somit eine geringe Fähigkeit, die Gefühle der anderen seinem Alter entsprechend zu begreifen. Diese Eigenschaften machen das Kind unbeliebt und führen schnell zu einer Außenseiterposition.[33]
Dennoch bleibt die Reaktion anderer Kinder auf das hyperaktive Kind nicht unbeachtet. Es sieht sich selbst oft sehr negativ, zeigt ein geringes Selbstvertrauen, welches häufig durch Selbstüberschätzung überspielt wird. Schon hier entscheidet die Fähigkeit der Betreuungsperson, inwieweit das Selbstvertrauen des Kindes beeinträchtigt wird, weil niemand das kindliche Verhalten als "krankhaft" erkennt. Hyperaktive Kinder brauchen eine konsequente Führung, um Beziehungen zu anderen aufbauen zu können.[34]
2.1 Das Erscheinungsbild des hyperaktiven Kindes
Der Kinderarzt Heinrich Hoffmann hat 1844 mit dem Zappelphilipp die klassische Beschreibung eines hyperaktiven Kindes in Reime gebracht:
"Er gaukelt
Und schaukelt,
Er trappelt
Und zappelt
Auf dem Stuhle hin und her."[35]
Bis heute hat sich das ungenaue Erscheinungsbild des hyperaktiven Verhaltens kaum verändert. Die Uneinheitlichkeit hängt zum einen mit der Vielfalt der Ursachen und zum anderen mit der Synthese der verschiedenen Einflußfaktoren zusammen.
Die Komplexität des Erscheinungsbildes kann sehr unterschiedlich sein, so daß bei einigen Kindern nur wenige Symptome auftauchen, während andere einen vollständigen Symptomkomplex aufweisen.[36]
Aus diesem Grund kann es das hyperaktive Kind nicht geben, sondern viele hyperaktive Kinder mit individuell verschieden gepaarten Symptomen. Generell wird in der Literatur zwischen Kernsymptomen oder Zentralsymptomen und Sekundär- bzw. Periphersym-
ptomen unterschieden. Jedem dieser Symptomgruppen werden jeweils vier Einzelsymptome zugeordnet.
Wie aus der Abbildung 1 ersichtlich wird gehören zu den Zentralsymptomen:
1. Hyperaktivität;
2. Aufmerksamkeitsstörungen;
3. Impulsivität;
4. Emotionale Auffälligkeiten.
Die Periphersymptome sind Folgeerscheinungen, die meist durch Entwicklungs- und Sozialisationsprozesse entstanden sind. Die damit verbundenen negativen Erfahrungen führen bei dem hyperaktiven Kind zu einer sogenannten "sekundären Neurotisierung" und bestimmen das gesamte Verhalten des Kindes. Sie umfassen:
5. Lernstörungen;
6. Teilleistungsstörungen;
7. Soziale Schwierigkeiten;
8. Selbstwertprobleme.[37]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Schematische Darstellung der Symptome für das Störungsbild hyperkinetisches Syndrom.
[Quelle: Vernooij, M. (1992), S. 21.]
2.1.1 Hyperaktivität
Zunächst einmal kann jedes Verhalten eines Menschen als Aktivität bezeichnet werden und ist somit unauffällig. Psychopathologisch wird Hyperaktivität als ungerichtete, ziellose motorische Aktivität definiert, die sich bis zur Tobsucht steigern kann. Hinzu kommt ein starker Rededrang sowie die Unfähigkeit eine kurze Zeit still zu sitzen.[38]
Zwei zusätzliche Hinweise zur Hyperaktivität sind in diesem Zusammenhang wichtig: Zum einen sind nicht alle hyperaktiven Kinder übermäßig aktiv! Es gibt einige wenige Kinder, die viele von den später zu behandelnden Problemen haben, aber durchaus nicht sehr aktiv sind. Der Terminus ist in der Literatur eingeführt und deshalb muß nachdrücklich betont werden, daß alle anderen Symptome ohne eigentliche Hyperaktivität vorhanden sein können. Zum anderen muß darauf hingewiesen werden, daß die Hyperaktivität oft als erstes Symptom verschwindet, wenn das Kind älter wird. Die Tatsache, daß das Kind früher einmal übermäßig aktiv war, dies nun aber nicht mehr ist, bedeutet deshalb noch nicht, daß alle Schwierigkeiten gelöst wären. Eine Anzahl weiterer Probleme dauert vielleicht an und erfordert eine Behandlung, obwohl die Hyperaktivität selbst verschwunden ist.[39]
2.1.2 Aufmerksamkeitsstörungen
Ein weiteres Kennzeichen des hyperaktiven Kindes, das fast ausnahmslos auftritt, ist die leichte Ablenkbarkeit oder eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne. Das Symptom der Aufmerksamkeitsstörung ist im Gegensatz zur Hyperaktivität nicht so leicht ersichtlich, dennoch ist es bedeutungsvoller und wird oftmals in der Fachliteratur als das Hauptmerkmal des hyperaktiven Verhaltens bezeichnet. Aufmerksamkeit ist schwer zu definieren und daher in bezug auf die Hyperaktivität ein undeutliches Konstrukt. Mit Aufmerksamkeit kann zum einen ein mehrdimensionaler Prozeß zur Aufnahme und Verarbeitung von Informationen über die Umgebung verstanden werden (unwillkürliche Aufmerksamkeit). Zum anderen wird Aufmerksamkeit als ein "ebenfalls mehrdimensionaler Prozeß der gezielten Hinwendung des Bewußtseins auf einen bestimmten Gegenstand, einen Vorgang, eine Handlung, eine Gesamtsituation"[40] bezeichnet (willkürliche Aufmerksamkeit). In einem engen Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit steht die Konzentration, was etwas mit dem Bewußtsein, mit willentlicher Lenkung der Aufmerksamkeit zu tun hat, mit der Absicht, etwas zu erreichen oder zu leisten. Die Aufmerksamkeitsstörung wird als Ursache der Konzentrationsstörung angenommen. Die mangelnde Aufmerksamkeit und Ausdauer erschweren es dem Kind, Informationen aus der Umwelt aufzunehmen und zu verarbeiten.[41]
Es gibt paradoxerweise das Phänomen, daß bei manchen hyperaktiven Kindern die Ablenkbarkeit überlagert ist von der Fähigkeit, für eine außergewöhnlich lange Zeitspanne bei einer speziellen, meist selbst gewählten Tätigkeit zu verweilen. Das Kind wirkt dann hingerissen und völlig gefangen oder ungewöhnlich ausdauernd.[42]
2.1.3 Impulsivität
Impulsivität ist ein sehr häufiges Charakteristikum des hyperaktiven Kindes. Dieses Symptom bezieht sich vor allem auf die Problemlösefähigkeit des Kindes. Generell wird das Problemlöseverhalten bei hyperaktiven Kindern als unreif beschrieben. Sie handeln ohne zu überlegen und folgen meist ihrem ersten Impuls. Hyperaktive Kinder können sich schlecht entscheiden, wenn sie mehrere Alternativen zur Auswahl angeboten bekommen. Des weiteren sind hyperaktive Kinder nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse für kurze Zeit zurückzustellen. Ihre Frustrationsgrenze ist in allen Bereichen sehr gering, was situationsunangemessene Reaktionen zur Folge haben kann.[43]
Kagan (1964) und seine Mitarbeiter in Boston benutzen Impulsivität als ein Konstrukt, welches in dem von ihm entwickelten "Matching Familiar Figures-Test" (MFF-Test) meßbar ist. Der MFF ist ein visueller Auswahltest, bei dem ein Kind aus sechs ähnlichen Figuren diejenige heraussuchen soll, die völlig identisch mit einer vorgegebenen Standardfigur ist. Sämtliche Figuren sind dabei gleichzeitig verfügbar. Für Kagan (1964) gibt es zwei Möglichkeiten an ein Problem heranzugehen. Die erste Möglichkeit beinhaltet eine impulsive Herangehensweise, bei der dem ersten Impuls direkt gefolgt wird. Die zweite Möglichkeit besteht in einer reflektierenden Weise, bei der zuerst überlegt wird, wie das Problem am besten angegangen werden kann. Im MFF-Test wird Impulsivität mit Hilfe der Zeit, die ein Kind benötigt, um alternative Lösungen bei Zuordnungsaufgaben zu berücksichtigen, erfaßt sowie die Fehler, die es dabei macht. Hyperaktive Kinder zeichnen sich durch ein schnelles entscheiden aus, bei dem sie jedoch viele Fehler machen. Das reflektierende Kind braucht dagegen längere Entscheidungszeiten, macht aber dafür weniger Fehler. Impulsivität bezeichnet somit das Unvermögen des hyperaktiven Kindes, Aktionen und Reaktionen durch vorheriges Denken zu steuern und dadurch ein Verhalten gegebenenfalls hemmend zu kontrollieren.[44]
Durch ihre Impulsivität bringen sich hyperaktive Kinder häufig in Gefahr, da sie nicht auf Warnungen reagieren und Gefahren nicht richtig einschätzen sowie ziellos handeln. Gleichzeitig neigen sie zu gesteigerter Erregbarkeit mit unkontrollierten Wutausbrüchen. Die Selbstwahrnehmung und Reflexion des eigenen Verhaltens ist stark vermindert.
2.1.4 Emotionale Auffälligkeiten
Die meisten hyperaktiven Kinder zeigen verschiedenen Formen von emotionalen Problemen. So sind sie neben der bereits erwähnten Erregbarkeit auch leicht reizbar. Sie verlieren oft die Kontrolle über sich selbst. Die Folgen sind emotionale Überreaktionen, die sich in Zorn, Wut oder Aggressionen äußern können. Hyperaktive Kinder haben eine sehr niedrige Frustrationstoleranz, wodurch sich die vermehrten Ausbrüche erklären lassen. Oftmals neigen sie zu starken Stimmungsschwankungen, so daß sie für ihre Umwelt unberechenbar werden. Ein weiteres Merkmal der emotional auffälligen Kinder ist die niedrige Selbsteinschätzung. Sie haben sehr wenig Selbstvertrauen, halten nicht viel von sich selbst und sehen sich in bezug auf andere Kinder als "unnormal" und anders an.[45]
Durch die verschiedenen beschriebenen Kernsymptome ist die Beeinträchtigung des hyperaktiven Kindes so stark, daß sich zwangsläufig zusätzliche Symptome ergeben, die bereits erwähnten Sekundär- oder Periphersymptome. Sie werden deshalb als zweitrangig bezeichnet, weil sie als Folge der Primärsymptome auftreten und sich in der Interaktion mit der sozialen Umwelt entwickeln (Sekundärneurotisierung).[46]
2.1.5 Lernstörungen
Lernstörungen bei hyperaktiven Kindern stehen in keinem Zusammenhang mit einer Intelligenzschwäche. Der Intelligenzquotient liegt bei dem überwiegenden Teil der Kinder im Normalbereich, häufig sogar darüber. Die auffälligsten Lernstörungen beziehen sich auf bestimmte Schulfächer, vor allem auf die Kulturtechniken. Weitere Auffälligkeiten zeigen sich in dem Lerntempo der Kinder. Lernprozesse vollziehen sich wesentlich langsamer als bei der entsprechenden Altersgruppe. Dies läßt sich durch die Aufmerksamkeitsstörung erklären.[47]
2.1.6 Teilleistungsstörungen
In der Regel ist nicht das gesamte Leistungspotential des hyperaktiven Kindes betroffen, sondern es handelt sich um eine Teilleistungsschwäche, d.h. einer verminderten Leistungsfähigkeit in bestimmten Bereichen. Diese Leistungsbeeinträchtigung umfaßt z.B. Bereiche im Rechnen (Dyskalkulie), die Lese-Rechtschreibschwäche (Legasthenie) oder Fehler in der grammatikalischen Satzbildung (Dysgrammatismus).[48] Des weiteren sind neben den kognitiven Leistungen auch die der Wahrnehmung, Orientierung und Koordination beeinträchtigt. Im Bereich der Wahrnehmung treten häufig Figur-Grund-Störungen auf sowie die Schwierigkeiten, Formen richtig wahrzunehmen und sich im Raum zu orientieren. Die Koordinationsstörungen beziehen sich auf die Grob- und Feinmotorik, die leichte Gleichgewichtsstörung sowie eine gestörte Auge-Hand-Koordination.[49]
2.1.7 Soziale Schwierigkeiten
Hyperaktive Kinder zeigen häufig ein mangelndes Sozialverhalten, das mehrere deutlich voneinander unterschiedene Aspekte hat:
1. Ein beträchtlicher Widerstand gegen soziale Forderungen, gegen Ge- und Verbote,
Soll- und Kann- Vorschriften:
Die Arten des Widerstandes, mit denen die hyperaktiven Kinder den Erziehungs- maßnahmen begegnen, sind verschieden. Manche scheinen zu vergessen, was ihnen gesagt wird, während andere aktive Opposition gegen jegliche Anforderungen be- treiben.
2. Ein vermehrtes Unabhängigkeitsstreben:
Hyperaktive Kinder sind sehr freiheitsliebend, aber in einigen Fällen übermäßig anlehnungsbedürftig. Das Unabhängigkeitsstreben kann sich schon sehr frühzeitig bemerkbar machen.
3. Ein herrschsüchtiges Verhalten gegenüber anderen Kindern:
Das hyperaktive Kind möchte entscheiden und im Mittelpunkt stehen. Dies wirkt sich negativ auf die Entwicklung des Sozialverhaltens aus. Das unsoziale Verhalten wird von den Gleichaltrigen bestraft, indem sich die anderen Kinder zurück ziehen. Die Folge ist, daß sich soziale Kontakte nicht mehr entwickeln können und somit das hyperaktive Kind ins soziale Abseits gerät und zum Außenseiter wird.[50]
2.1.8 Selbstwertprobleme
Selbstwertprobleme treten bei hyperaktiven Kindern häufig erst als Folge der vorangegangenen Kernsymptome auf.
Durch die mit der Aufmerksamkeitsstörung einhergehende Wahrnehmungsstörung hat das hyperaktive Kind ein geringes Selbstvertrauen, verbunden mit einer negativen Selbsteinschätzung. Es erfährt sich selbst als weniger leistungsfähig als andere und gerät aus diesem Grund schnell in einen Konkurrenzdruck. Als Folge versuchen die Kinder um ihre Position innerhalb des Freundeskreises, der Familie oder in verschiedenen Institutionen zu kämpfen.[51]
Das hyperaktive Kind wird zunehmend unglücklich, zum einen über sich selbst und zum anderen über die Reaktionen der Umwelt auf sein Verhalten. Wie in Abbildung 2 deutlich wird, kann das Zusammenwirken von Unaufmerksamkeit und geringer Selbsteinschätzung häufig zu einem Teufelskreis führen, der für das hyperaktive Kind nur schwer aufzulösen ist.[52]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Der Teufelskreis beim hyperaktiven Kind.
[In Anlehnung an Wender, P. H. & Wender, E. H. (1988), S.38]
2.2 Zur Ätiologie des hyperaktiven Verhaltens
In dem vorangegangenen Kapitel über das Erscheinungsbild der Hyperaktivität ist die Unsicherheit und Vielschichtigkeit des Konzeptes zum Ausdruck gekommen. Dies setzt sich in den ätiologischen Erklärungsansätzen fort. Eine einheitliche Ursache für die Hyperaktivität gibt es nicht. Die Vielfalt der verschiedenen Ursachen spiegelt sich in den unterschiedlichen bereits in Kapitel 1.2.1 erwähnten Bezeichnungen für das Störungsbild wieder, von denen attention deficit disorder, minimale cerebrale Dysfunktion und hyperkinetische Syndrom die häufigsten sind, die auf jeweils unterschiedliche Ursachen hinweisen.[53]
"Hört man auf den einen Experten, so ist Hyperaktivität ganz und gar das Resultat einer falschen Ernährung. Hört man auf den nächsten, so erfährt man, daß eine medikamentöse Behandlung die einzige Lösung ist.
Und der Dritte behauptet, daß überhaupt kein Problem vorliegt. Kein
Wunder, daß sich Eltern verunsichert fühlen und nicht wissen, welchen Weg
sie wählen sollen."[54]
Die Unsicherheiten in bezug auf die verursachenden Faktoren beruhen zum einen auf wissenschaftstheoretischen Ungenauigkeiten, da bisher keine ausreichende Anzahl empirischer Untersuchungen vorliegen und zum anderen auf einem Mangel an Befunden, einer nicht immer einwandfreien Untersuchungsmethodik und einer nur geringen Übereinstimmung der vorliegenden Ereignisse. Aus diesen Gründen werden die Ursachen meist auf der Grundlage von beobachteten Verhaltenssymptomen beschrieben und haben dadurch einen Charakter von Vermutungen.[55]
Bei der Entstehung der Hyperaktivität kann mit hoher Wahrscheinlichkeit gesagt werden, daß unterschiedliche Faktoren und Ursachen aus verschiedenen Bereichen zusammenwirken, Hyperaktivität ist somit multifaktoriell bedingt. Hinsichtlich der Verursachung werden vier Faktorenbereiche diskutiert:
1. Genetische Verursachungsfaktoren;
2. Organische Verursachungsfaktoren;
3. Ökologische Verursachungsfaktoren;
4. Psycho-soziale Verursachungsfaktoren.[56]
2.2.1 Genetische Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
Bei den genetischen Verursachungsfaktoren werden zum größten Teil Chromosomenabweichungen oder normale Vererbungsvorgänge zu Grunde gelegt, die strukturelle, zentralnervöse oder biochemische Veränderungen zur Folge haben.[57]
Der Beitrag der Genetikforschung zur Erklärung der Entstehung hyperaktiven Verhaltens gewann in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Dies hängt zum einen damit zusammen, daß das Erscheinungsbild der Hyperaktivität in epidemiologischen Studien bei Jungen häufiger nachgewiesen wurde als bei Mädchen (Verhältnis von 9:1), was auf eine genetisch bedingte geschlechtsspezifische Disposition hinweist. Andererseits wurde festgestellt, daß viele Eltern hyperaktiver Kinder ebenfalls in ihrer Kindheit hyperaktiv waren.[58]
In bezug auf die genetischen Faktoren werden in der Regel Befragungen bei Verwandten ersten (Eltern) und zweiten Grades und Zwillingsstudien durchgeführt. Studien, die sich mit der Befragung von Eltern und Verwandten befassen, zeigen, daß die Eltern hyperaktiver Kinder häufiger hyperaktive Störungen aufweisen als Eltern und Verwandte unbelasteter Kinder.[59]
Auffälliger sind die Ergebnisse von Befragungen bei eineiigen Zwillingen. Eineiige Zwillinge ähneln sich in auffälligen Verhaltensweisen stärker als Zweieiige. Zur Verdeutlichung soll eine Studie von Goodman und Stevenson (1989) an 102 eineiigen und 111 gleichgeschlechtlichen zweieiigen Zwillingen angeführt werden. Die Kinder schwanken zwischen sehr guter Aufmerksamkeit und äußerster Belastung durch Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit. Die Rating Skala-Einschätzungen von Eltern und Lehrern ergaben, daß 51% der eineiige und 33% der zweieiigen Zwillinge vergleichbare Hyperaktivität aufwiesen.[60]
Die Aussagekraft dieser Zahlen wird jedoch aufgrund der Erwartungseffekte von den Autoren selbst in Frage gestellt.[61]
Wie die vererbte Störung genau aussieht ist bisher noch nicht bekannt. Dabei ist mit Sicherheit nicht nur ein einzelnes Gen für die Störung verantwortlich.[62]
Aus diesen Gründen wird in einigen Fällen eine erbliche Belastung angenommen, ohne daß sie bisher nachgewiesen wurde, da bislang keine Untersuchungen vorliegen, die genetische Einflüsse als eindeutige Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität hervorheben.[63]
2.2.2 Organische Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
Aus retrospektiven Erhebungen wird häufig gefolgert, daß feinneurologische Besonderheiten im Elektroenzephalogramm (EEG) des Kindes auf organische Schädigungen des Gehirns und des zentralen Nervensystems (ZNS) zurückgeführt werden können. Einige dieser organischen Störungen werden auch Störungen der Hirnfunktion genannt. Damit ist zum einen ein Neurotransmittermangel gemeint, d.h., das bestimmte chemische Substanzen fehlen, die die kontinuierliche Hirntätigkeit steuern. Zum anderen wird unter den Hirnfunktionsstörungen eine Hirn-Verhaltensverschränkung verstanden, d.h. aufgrund bestimmter Stoffwechselprozesse im Gehirn kommt es zu einer Fehlerregung (entweder Übererregung oder Untererregung) des ZNS. Die dritte Art der Hirnfunktionsstörung besteht in Hirndurchblutungsstörungen. Dieser Zusammenhang zwischen hyperaktivem Verhalten und Hirndurchblutungsstörungen in bestimmten Bereichen des Gehirns ist bislang noch nicht durch entsprechende Untersuchungen belegt worden.[64]
Bereits in den 50er und 60er Jahren wurde als entscheidende Ursache für das hyperaktive Verhalten eine leicht gestörte Hirnfunktion angenommen, die durch Schäden in der Schwangerschaft oder während der Geburt entstanden sind. In der gegenwärtigen Literatur wird vermehrt auf pränatale, perinatale und postnatale Schädigungen als Ursache der Hyperaktivität hingewiesen.[65]
2.2.2.1 Pränatale Schädigung
Unter pränataler Schädigung werden alle exogenen Schädigungen und Erkrankungen der Schwangeren vom sechsten Schwangerschaftsmonat an verstanden. Die pränatalen Schädigungen am kindlichen Gehirn können durch Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmißbrauch sowie Nikotinkonsum der Mutter während der Schwangerschaft entstehen.[66]
Des weiteren gehören entzündliche Erkrankungen oder Viruserkrankungen der Mutter an Röteln, Mumps oder Masern während der ersten drei Schwangerschaftsmonate zu den verursachenden Faktoren, die das Gehirn des Embryos schädigen, ebenso wie Diabetis, Blutungen während der Schwangerschaft, Fehlernährung der Mutter sowie persönliche psychische Spannungen im Umfeld der Mutter.[67]
2.2.2.2 Perinatale Schädigung
Die perinatale Phase beinhaltet die Zeitspanne zwischen Geburtsbeginn und dem zehnten Lebenstag. Die perinatalen Schädigungen stehen im Vordergrund aller Schädigungsmöglichkeiten. Sie sind fast immer auf Sauerstoffmangel während der Geburt zurückzuführen. Schon kurzzeitige Unterbrechungen der Sauerstoffzufuhr führen zu irreparablen Hirnschäden. Ebenfalls von Bedeutung sind Lageanomalien, Nabelschnurkomplikationen, künstliche Geburtseinleitung, Frühgeburten, Übertragungen sowie instrumentelle oder operative Entbindungen (Kaiserschnitt-, Saugglocke- oder Zangengeburt).[68]
2.2.2.3 Postnatale Schädigung
Der Bereich der postnatalen Schädigung reicht vom elften Lebenstag bis zum sechsten Lebensjahr, da mit diesem Alter die Differenzierung des Gehirns ihren Höhepunkt erreicht hat. In diesem Bereich der postnatalen Schädigung ist das Kind besonders durch fieberhafte und entzündliche Erkrankungen gefährdet, die unmittelbare Auswirkungen auf das Gehirn haben. Weitere Schädigungsmöglichkeiten sind Impfschäden, Ernährungsstörungen, Vergiftungen sowie Schädelverletzungen durch Unfälle.[69]
Abschließend kann über die (hirn-)organischen Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität gesagt werden, daß hierzu mehrere Hypothesen vorliegen, die bisher nicht ausreichend überprüft worden sind. Somit ist fraglich, ob sie als eine hinreichende Erklärung für die Entstehung der Hyperaktivität angesehen werden kann.[70]
2.2.3 Ökologische Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
Die bisher angeführten Verursachungsfaktoren bezogen sich fast ausschließlich auf den Nachweis organischer und organismischer Ursachen. Psychogene, psychodynamische oder psychosoziale Faktoren wurden selten als Verursachungsbedingungen des hyperaktiven Verhaltens in Betracht gezogen. In den 70er Jahren wurde erstmals die Vermutung geäußert, daß ungünstige Beleuchtungen und/oder beengte Wohnverhältnisse das hyperaktive Verhalten beeinflussen, da diese beim Kind Konzentrationsstörungen oder motorische Unruhe auslösen können. Eine hinreichende Erklärung für die Entstehung der Hyperaktivität bieten diese Faktoren jedoch nicht, da keine genauen empirischen Untersuchungen vorliegen und daher die Zusammenhänge zwischen ihnen und dem kindlichen (Fehl-)Verhalten nur hypothetisch aufgestellt werden können.[71]
Im Zusammenhang mit der Entstehung hyperaktiver Verhaltensweisen werden vermehrt Umweltgifte in Betracht gezogen, die direkt oder indirekt neurotoxisch wirken und somit das Gehirn und das Nervensystem schädigen. Zu diesen Stoffen gehören auch giftige Schwermetalle, z.B. Blei, Cadmium und Quecksilber.[72]
Selbst geringe Bleikonzentrationen im Blut können für Verhaltensauffälligkeiten und kognitive Beeinträchtigungen verantwortlich gemacht werden. Bereits vor 30 Jahren wurde festgestellt, daß Kinder ein übermäßiges Aktivitätsniveau zeigten, wenn sie Blei zu sich nahmen - meist indem sie bleihaltige Farbe von der Wand, vom Fensterbrett oder von ihrem Gitterbett knabberten.[73]
David, Clark und Voeller veröffentlichten 1972 eine Studie zum Bleigehalt im Blut hyperaktiver Kinder mit dem Ergebnis, daß alle Kinder mit extremer motorischer Unruhe erhöhte Bleiwerte aufwiesen. Der erhöhte Bleigehalt wirkt sich schon in geringer Konzentration auf den Gehirnstoffwechsel aus, weil Blei neurotoxisch (nervengiftig) ist.[74] Gefährdet für die Bleiintoxikation sind vor allem Kinder, die in der Nähe von Industriestandorten wohnen. Ebenso hat der vermehrte Autoverkehr eine drastische Erhöhung des Bleigehalts in der Luft verursacht. Blei aus der Luft wird nicht nur eingeatmet sondern zu einem großen Teil über die Nahrung, vor allem durch Gemüse und Obst, aufgenommen.
Kinder werden durch Blei in der Nahrung viel stärker belastet als Erwachsene, da sie Blei bis zu 40-50% stärker resorbieren als Erwachsene (5-10%).[75]
Weitere Ursachen für die erhöhte Bleibelastung sind Wasser-Hausanschlüsse und -instal-lationen aus Blei, die vorwiegend in Altbauten zu finden sind und einen hohen Bleianteil an das Trinkwasser abgeben.[76]
Die Bleibelastung ist sicher nicht die einzige Ursache für das hyperaktive Verhalten, aber für viele Kinder, die in der Großstadt oder in Industriegebieten aufwachsen, kann sie den entscheidenden Faktor ausmachen.[77]
Als weitere ätiologische Einflüsse für das hyperaktive Verhalten werden Nahrungsmittelallergien diskutiert. Dabei handelt es sich hauptsächlich um zwei Richtungen: Die Feingold -These aus dem nordamerikanischen Raum und die von Hafer (1985) in Deutschland propagierte Phosphat-These. Die Kernaussage beider Ansätze besagt, daß hyperaktives Verhalten bei Kindern durch nahrungsbedingte Stoffwechselstörungen ausgelöst und aufrechterhalten wird. Die 1973 von Feingold in Gang gesetzte Diskussion um die Wirkung von Nahrungsmittelzusätzen und von organischen und anorganischen Phosphaten in der Nahrung hält derzeit an. Feingold (1973) ging davon aus, daß Farbstoffe, die in der Nahrung enthalten sind, hyperaktives Verhalten auslösen können. Diese Farbstoffe sind z.B. Salicylate, die in vielen Früchten enthalten sind. Er entwickelte eine Diät, die salicylathaltige Nahrungsmittel verbietet und auf den Verzicht von künstlichen Farb- und Geschmackstoffen achtet.[78]
Die als Feingold- oder Kaiser-Permanente-Diät bezeichnete Diät wird in Kapitel 5.1.2.2 eingehender beschrieben.
Beobachtungen in der eigenen Familie brachten Hafer (1985) dazu, sich mit dem Problem der Hyperaktivität auseinanderzusetzen. Sie entdeckte, daß Zusätze von Phosphaten in vielen Fertigprodukten und der natürlich hohe Phosphatgehalt bestimmter Nahrungsmittel Stoffwechselstörungen im Bereich der Neurohormone auslösen, die zu Veränderungen im Gehirnstoffwechsel und im Verhalten führen.[79]
In Anlehnung an Feingold (1973) entwickelte Hafer (1985) eine phosphatreduzierte Diät, die eine Verhaltensänderung bei den betroffenen Kindern bewirken soll. In Deutschland löste die Phosphathypothese und die daraus entwickelte Diät kontroverse Diskussionen aus.[80]
Die phosphatredurierte Diät von Hafer wird in Kapitel 5.1.2.3 ausführlicher erläutert.
Die Ernährung ist nicht die Hauptursache der Hyperaktivität, aber sie beeinflußt das Verhalten jedes Menschen, auch das des Nicht-Hyperaktiven, sowohl in negativer, als auch in positiver Weise.[81]
2.2.4 Psycho-soziale Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität
Die psycho-sozialen Faktoren bekommen innerhalb des pädagogischen Ansatzes dieser Arbeit eine besondere Bedeutung, da sie sich vor allem mit der Umwelt des hyperaktiven Kindes beschäftigen und die Einflüsse der Erziehung auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes beschreiben. Im Gegensatz zu den genetischen oder organischen Ursachen stellen die psycho-sozialen Faktoren äußere Rahmenbedingungen dar, innerhalb derer sich das Kind orientieren muß. Ändern sich die Rahmenbedingungen, ändert sich auch das kindliche Verhalten; verändert sich das Kind, bewirkt sein Verhalten eine Veränderung bestimmter psycho-sozialer Faktoren. Das Verhalten des Kindes und die Rahmenbedingungen stehen somit in einem wechselseitigen Beeinflussungsverhältnis zueinander.
Das kindliche Fehlverhalten, als Folge psycho-sozialer Faktoren kann daher als Reaktion des Kindes auf beeinträchtigende Bedingungen und das daraus resultierende psychische Ungleichgewicht verstanden werden.[82]
Wie aus Abbildung 3 hervorgeht bestehen die psycho-sozialen Bedingungsfaktoren aus drei Hauptgruppen mit jeweils entsprechenden Einzelfaktoren. Die Unterteilung in die drei Faktorengruppen ist nur formal, zur besseren Beschreibung der Einzelfaktoren. Alle dargestellten Faktoren wirken multifaktoriell und bedingen sich teilweise gegenseitig und beeinflussen sich wechselseitig:
1. Die ökonomisch-kulturellen Bedingungen;
2. die Bedingungen des sozialen Umfeldes;
3. die psycho-emotionalen Bedingungen.[83]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Übersicht über die wesentlichen psycho-sozialen Einflußfaktoren.
[Quelle: Vernooij, M. (1992), S. 39.]
2.2.4.1 Die ökonomisch-kulturellen Einflußfaktoren
Seit den 70er Jahren liegen über die Auswirkungen eines "niedrigen Sozialstatus" auf die Entwicklung, das Lernen und Verhalten von Kindern unzählige Publikationen vor, in denen vor allem beengte Wohnverhältnisse, materielle Deprivation und das anregungsarme Milieu in Unterschichtsfamilien als Ursache für sozio-kulturelle Benachteiligung gesehen werden.[84]
Nach Steinhausen (1988) zeigt sich hyperaktives Verhalten bei Kindern aus unteren Einkommensklassen tendenziell häufiger als bei Kindern aus anderen Sozialschichten, was u.a. auf ungenügende psychiatrische und pädagogische Beratung zurückzuführen ist, obwohl zweifelhaft bleibt, ob die Eltern aus diesen Schichten durch eine angemessene Beratung ihre ökonomische Situation verändern könnten. Die Arbeitslosigkeit der Eltern oder eines Elternteils kann ebenfalls eine erhebliche Auswirkung auf das Verhalten des Kindes haben, denn die so entstandene materielle Armut wirkt sich häufig psycho-emotional deprivierend auf das Kind aus.[85]
2.2.4.2 Die Einflußfaktoren des sozialen Umfeldes
Zu dem sozialen Umfeld gehören, wie aus Abbildung 3 ersichtlich wird, die Familie und die Schule bzw. andere vergleichbare Institutionen (z.B. der Kindergarten).
Neben den zuvor erläuterten ökonomischen Bedingungen kann das Kind innerhalb der Familie starke psycho-soziale Beeinträchtigungen erfahren, mit denen es psychisch überfordert ist. Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Beziehungsgefüge innerhalb der Familie, d.h. die Position des einzelnen innerhalb der Kleingruppe Familie sowie die Art der Kommunikation untereinander. Somit ist das Verhältnis innerhalb der Familie für die körperliche und seelische Gesundheit des Kindes von großer Bedeutung.[86]
Familiäre Beziehungen haben einen großen Einfluß auf die Entwicklung des hyperaktiven Verhaltens eines Kindes. Wird eines der Kinder bevorzugt oder benachteiligt, so beeinträchtigt dies ebenso das kindliche Verhalten, wie Gleichgültigkeit und Desinteresse.[87] Dennoch muß in diesem Zusammenhang betont werden, daß das elterliche Verhalten zwar einen starken Einfluß auf das Kind hat und somit auch sein hyperaktives Verhalten verstärkt bzw. erst dazu beiträgt, daß das hyperaktive Verhalten sichtbar wird, aber nicht ausschließlich die Ursache kindlicher Verhaltensstörungen ist.[88]
Weitere Belastungen des sozialen Umfeldes bestehen in Eheproblemen der Eltern, ebenso wie die Situation in einer Ein-Eltern-Familie, die sich belastend auf das Kind auswirken kann. Psychische Störungen eines Elternteils rufen bei dem Kind Verunsicherungen hervor, in einigen Fällen fühlen sich die Kinder bedroht, je nach Ausmaß der psychischen Störung und dem daraus resultierenden Verhalten des Elternteils. Psychische Störungen können von extremen Stimmungsschwankungen über Depressionen bis zu Alkohol- und Drogenkonsum reichen. Das hyperaktive Verhalten des Kindes als Folge dieser Situationen beinhaltet eine Signal- und/oder Schutzfunktion des Überfordert-Seins. In dem zweiten Bereich des sozialen Umfeldes muß zwischen Kindergarten und Schule differenziert werden. Während das Kind im Kindergarten seinem Bewegungsimpuls relativ frei nachkommen kann, herrschen in der Schule unkindliche Regeln vor, z.B. eine starke Bewegungseinschränkung sowie die über einen längeren Zeitraum geforderte Aufmerksamkeit und Konzentration. Das Kind kann den Anforderungen nicht gerecht werden und gerät zunehmend unter einen Leistungs- und Konkurrenzdruck, der das hyperaktive Verhalten verstärkt. Im Kindergarten treten diese Situationen weniger stark auf. Das Kind kann auf spielerische Weise lernen und steht nicht so sehr unter Leistungsdruck. Dies bestätigen zahlreiche Studien, in denen das hyperaktive Verhalten erst bei Schuleintritt diagnostiziert wird. Somit stellen sowohl die Familiensituation als auch die Schule einen wichtigen Beeinflussungsfaktor für kindliches Verhalten dar.[89]
2.2.4.3 Die psycho-emotionalen Einflußfaktoren
Die psycho-emotionalen Bedingungen haben in bezug auf die Entwicklung hyperaktiver Verhaltensweisen eine primäre Bedeutung, da sie die Grundlage des kindlichen Vertrauens bilden. Erikson prägte 1959 die Begriffe "Urvertrauen - Urmißtrauen", ein Lebensgrundgefühl, welches sich bereits in den ersten Lebensmonaten ausbildet. Hierbei spielen die psycho-emotionalen Bedingungen eine wesentliche Rolle, da sie durch die Art der Beziehung zwischen Eltern und Kind, durch die Art der Erziehung und durch das emotionale Gefüge in der Familie geprägt werden. Die Basis für die psychische Entwicklung des Kindes liegt in einem positiven Sozialkontakt des Kindes zu einer Bezugsperson. Durch das liebevolle Angenommensein entdeckt das Kind seinen Eigenwert und lernt das "Sich-geliebt-fühlen" und zugleich das "Sich-wert-fühlen". Durch dieses Vertrauen des Kindes zu sich und zu anderen in seinem Umfeld kann es in seiner Pesönlichkeitsentwicklung voranschreiten, sich in der Welt orientieren und mit zunehmender Selbständigkeit sein Leben (mit-) gestalten.[90]
Für eine relativ störungsfreie Entwicklung müssen vier Formen der Erziehung vermieden werden:
- Verwöhnung;
- Härte und Lieblosigkeit;
- Vernachlässigung und Gleichgültigkeit;
- Wechselklima.[91]
"Das Beachten und Einhalten dieser Gesetze entscheidet darüber, ob uns unsere Beziehungen in Liebe und Frieden gelingen, oder ob sie im Haß zer- fallen."[92]
Die verwöhnende Erziehung führt zu einer Überbehütung des Kindes. Es wird durch die positiv wirkenden Emotionen überhäuft und erdrückt. Es steht unter ständiger Aufsicht und wird dadurch in seiner Selbständigkeitsentwicklung behindert. Die Folgen sind Gegenreaktionen des Kindes, die von tyrannischem, aggressivem Verhalten, über Lern- und Leistungsstörungen bis zum völligen Rückzug reichen, wobei jedes Kind seine individuellen Verhaltensschwerpunkte entwickelt. Die harte und lieblose Erziehung setzt eine autoritär-dominante Erzieherpersönlichkeit voraus, die ihre (persönliche) Macht an dem Schwächeren, dem Kind, erprobt und mißbraucht. Daher kann in diesem Zusammenhang eher von Dressur als von Erziehung gesprochen werden. Nicht erfüllte Forderungen haben Sanktionen zur Folge, auf die das Kind zum einen mit Angst und Mißtrauensgefühlen und zum anderen mit Rache-, Haßgefühlen und Ablehnung reagiert. Soziale Kontakte kommen innerhalb dieses Erziehungsstils kaum zustande und wenn sie sich dennoch entwickeln, gestalten sie sich in übertriebener Herrschsucht oder übertriebener Untertänigkeit. Beides beinhaltet keine tragbare Basis für eine Beziehung. Die vernachlässigende Erziehung fordert von dem Kind viel Eigeninitiative und Verantwortung. Vernachlässigung beinhaltet sowohl eine emotionale als auch eine materielle Vernachlässigung. Die Folgen für das Kind beziehen sich auf das Gefühl von persönlichem Unwert und Lebensangst. Gefühle wie Liebe und Geborgenheit lernt das Kind nicht kennen. Das erzieherische Wechselklima ist für das Kind sehr verunsichernd, denn durch die Nicht-Vorhersagbarkeit der Reaktionen der Bezugspersonen erlebt sich das Kind einer willkürlich eingesetzten Übermacht ausgeliefert. Es wird ebenfalls in seiner Entwicklung beeinträchtigt und die Folgen sind Mißtrauen, Konzentrationsstörungen und eine resignierende Lebensgrundstimmung.[93]
Aufgrund der zuvor beschriebenen psycho-emotionalen Bedingungen ist deutlich geworden, daß die Art der praktizierten Erziehung einen wesentlichen Einfluß auf die Entwicklung von hyperaktiven Verhaltensweisen hat. Dennoch kann keine Erziehungsform die Hyperaktivität bei einem Kind hervorrufen, das nicht von seinen Anlagen her dafür prädisponiert ist.[94]
Die Erziehungsmaßnahmen, die durch verschiedene Gefühle der Eltern entstehen, können die Probleme des hyperaktiven Kindes verstärken. Dadurch, daß Belohnung und Bestrafung gleich unwirksam erscheinen, sind die Eltern zunehmend verwirrt, frustriert und vor allem ratlos.[95]
Gegenwärtig wird diesem Verursachungskomplex bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Hyperaktivität wenig Beachtung geschenkt. Sicher ist es für Erziehende leichter, genetische, organische oder ökologische Faktoren als Ursache anzunehmen, als ihr eigenes Erziehungsverhalten sowie ihre Beziehung zum Kind kritisch zu reflektieren. Abweichendes, störendes und unangemessenes Verhalten bei Kindern ist immer eine Reaktion auf psychisches Ungleichgewicht. In vielen Untersuchungen wird der Einfluß von Sozialisations- und Erziehungsbedingungen auf die Entwicklung des kindlichen Verhaltens verdeutlicht, obwohl ein eindeutiger empirischer Nachweis nur schwer zu erbringen ist. Die Komplexität des Faktorengefüges läßt vor allem Studien als nicht durchführbar erscheinen, in denen die nicht beobachtbaren, interpersonalen Variablen beachtet werden sollen.[96]
Aus den vorangegangenen Überlegungen wäre dennoch eine Verlagerung des Schwerpunktes in der "Behandlung" hyperaktiver Kinder von einer medizinisch-therapeutischen zu einer mehr psychologisch-pädagogischen sinnvoll und wünschenswert.
2.3 Die Diagnose der Hyperaktivität
Um vom Symptom zur Diagnose zu gelangen, muß das Verhalten des betroffenen Kindes von den Bezugspersonen als krankhaft anerkannt werden, damit die entsprechenden Fachleute aufgesucht werden können.[97]
Dabei steht die Schwierigkeit der Definition der Hyperaktivität in unmittelbarem Zusammenhang mit einer eindeutigen Diagnose. Die Schwierigkeiten werden deutlich in der bestehenden Unsicherheit der Auftretenswahrscheinlichkeit der Hyperaktivität, bei der Schwankungen von 3-10% vorhanden sind. Eine weitere Schwierigkeit bei der Diagnose besteht in bezug auf die Aussagekraft der angewandten diagnostischen Verfahren im Bereich von Medizin, Psychologie und Pädagogik. Aufgrund der fehlenden Eindeutigkeit der Untersuchungsbefunde bei der Erstellung der Diagnose Hyperaktivität, wegen der mangelnden Einigkeit bei der Gewichtung und Bewertung der Einzelbefunde sowie durch die Vielzahl und Differenziertheit von Erscheinungsbild und Ätiologie ergibt sich eine Mehrdimensionalität der Verhaltens- und Untersuchungsebenen im diagnostischen Prozeß. Daher wird der Nachweis für Hyperaktivität oftmals auf der Basis einer Summationsdiagnose erstellt.[98] Dies bedeutet, daß die Diagnose Hyperaktivität nur dann gestellt werden darf, wenn mehrere auffällige Einzelbefunde zusammenkommen. Eine mehrdimensionale Diagnostik ist besonders wichtig, da sie die Situationsspezifität, den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes und die soziale Einbindung mitberücksichtigt. Ferner wird in der mehrdimensionalen Diagnosenstellung eine Fehldiagnose weitgehend ausgeschlossen. Nur eine Klassifizierung auf der Basis verschiedener teils unabhängiger Untersuchungsbefunde gibt die Sicherheit für die Diagnose. Die praktische Umsetzung wird jedoch durch eine mangelnde Kooperationsbereitschaft der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen (Medizin, Psychologie, Pädagogik) untereinander und durch die mangelnde Zusammenarbeit mit den Eltern erschwert.[99]
Von besonderer Wichtigkeit ist, daß es nicht bei einer Feststellung der Auffälligkeit bleibt, sondern daß die Diagnose in unmittelbarer Verbindung mit der Therapie steht. Eine Diagnose ist daher nur dann sinnvoll, wenn sie zu unterstützenden und fördernden Maßnahmen führt und somit die Entwicklung der kindlichen Gesamtpersönlichkeit gewährleistet und die Entfaltung seiner individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten fördert. Allgemein gilt für die Diagnose, daß je früher sie gestellt wird, die Behandlungschancen um so größer sind und die Prognosen für das Kind günstiger werden. Folglich sollte eine Diagnose möglichst schon im Vorschulalter erstellt werden. Die wichtigste Voraussetzung für eine Diagnoseerstellung ist die Gründlichkeit, Sorgfalt und Umsichtigkeit, mit der sie realisiert wird .[100]
2.3.1 Differentialdiagnostik
Die Abgrenzung des hyperkinetischen Syndroms von anderen Störungsbildern, bei denen Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen ebenfalls eine Rolle spielen, sollte sich an folgenden Kriterien orientieren: Zunächst muß hinterfragt werden, ob es sich bei der beobachteten Hyperaktivität um eine eindeutige pathologische Form handelt oder um eine Reifungsvariante im Temperament des Kindes. Weiterhin sollte bei der differentialdiagnostischen Abklärung berücksichtigt werden, daß Kinder aus sozial gestörten Familien oft schlechte Lösungsstrategien, eine geringe Selbstkontrolle und Defizite in der Aufmerksamkeit zeigen. Folglich sollte untersucht werden, ob das auffällige Verhalten des Kindes Ausdruck seiner Psychopathologie oder vielmehr das Resultat einer unstrukturierten Sozialisation ist.[101]
Um eine genaue Beschreibung der kindlichen Störungsbilder zu bekommen und somit eine vollständige Diagnose zu erstellen, werden Klassifikationssysteme benötigt. Dabei sind die beiden gebräuchlichsten Klassifikationssysteme, das Diagnostische und Statistische Manual (DSM) und das International Classification of Diseases (ICD) von großer Bedeutung.
In der 10. Revision der ICD (ICD-10) der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen der World Health Organisation (WHO) wird unter dem Aspekt der Differentialdiagnose auf die Notwendigkeit verwiesen, tiefgreifende Entwicklungsstörungen (z.B. Autismus), Angststörungen, emotionale Störungen sowie affektive Störungen (manisch oder depressiv) auszuschließen. Nach der ICD-10 werden unter dem Begriff hyperkinetische Störungen Verhaltensauffälligkeiten mit folgenden charakteristischen Merkmalen verstanden:
- ein früher Beginn in der Vorschulzeit (gewöhnlich bereits in den ersten fünf Lebens-
jahren);
- eine Kombination von überaktivem, wenig gesteuertem Verhalten mit deutlicher Unaufmerksamkeit;
- ein Mangel an Ausdauer bei Aufgabenstellungen, die einen kognitiven Einsatz ver-
langen;
- eine Tendenz, nicht vorhersehbar von einer Tätigkeit zu einer anderen rasch zu wech-
seln, ohne etwas zu Ende zu bringen (dieser Aspekt soll nur dann diagnostiziert werden, wenn sie im Verhältnis zum Alter und Intelligenzniveau des Kindes sehr stark
ausgeprägt sind);
- eine desorganisierte, mangelhaft gesteuerte und überschießende motorische Aktivität,
die sich sowohl im grobmotorischen Bereich als ständiges Herumlaufen, Aufstehen und Platzveränderung äußern kann als auch im feinmotorischen Bereich in Form von Koordinationsproblemen (undeutliches Schriftbild), Problemen bei allen zeichneri- schen Tätigkeiten und beim Malen sowie allgemein in der Heftführung. Hierbei sollte der Beurteilungsmaßstab sein, daß die Aktivität im Vergleich zu anderen Kindern in der gleichen Situation mit gleicher Intelligenz extrem ausgeprägt ist.[102]
Aufmerksamkeitsstörungen und Überaktivität sollten dabei im gleichen Maße vorhanden sein. Weiterhin sollten die beiden Symptome in mehr als einer Situation in Erscheinung treten, z.B. im Elternhaus, im Kindergarten und in der Schule. Des weiteren gibt es Begleitmerkmale, die für die Diagnose nicht notwendig sind, sie aber stützen. Dies sind Distanzlosigkeit in sozialen Beziehungen, Unbekümmertheit in gefährlichen Situationen und impulsive Mißachtung sozialer Regeln. Die Symptome eines gestörten Sozialverhaltens sind weder Ein- noch Ausschlußkriterien für die Diagnosestellung.[103]
Die American Psychiatric Association (APA) hat seit der dritten Revision (DSM-III) ihrer Zusammenstellung verschiedener psychischer Störungen das Aufmerksamkeitsdefizit in den Vordergrund gestellt und daher die Bezeichnung Attention Deficit Disorder (ADD) entwickelt, die schon mit der bald folgenden Revision, dem DSM-III-R erneut in die Bezeichnung Attention Deficit Hyperactivty Disorder (ADHD) umbenannt wurde.[104]
Diagnostische Kriterien der Aufmerksamkeit- und Hyperaktivitätsstörung beinhalten innerhalb des DSM-III-R folgende Aspekte:
1. Eine mindestens sechs Monate andauernde Störung, bei der auf jeden Fall acht der folgenden Anzeichen auftreten:
- Zappelt häufig mit Händen und Füßen oder windet sich in seinem Sitz, bei Erwachse- nen kann sich dies auf subjektive Empfindungen von Rastlosigkeit beschränken);
- Kann nur schwer sitzenbleiben, wenn dies von ihm verlangt wird;
- Wird leicht durch extreme Reize abgelenkt;
- Kann bei Spiel- oder Gruppensituationen nur schwer warten, bis er an der Reihe ist;
- Platzt oft mit der Antwort heraus, bevor die Fragen vollständig gestellt sind;
- Hat Schwierigkeiten, Aufträge anderer vollständig auszuführen (nicht bedingt durch oppositionelles Verhalten oder Verständnisschwierigkeiten);
- Wechselt häufig von einer nicht beendeten Aktivität zu einer anderen;
- Kann nur schwer ruhig spielen;
- Redet häufig übermäßig viel;
- Unterbricht oft andere oder drängt sich diesen auf, platzt z.B. ins Spiel anderer Kinder hinein;
- Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere mit ihm sprechen;
- Verliert häufig Gegenstände, die er für Aufgaben und Aktivitäten in der Schule oder zu Hause benötigt (z.B. Spielzeug, Bleistifte, Bücher);
- Unternimmt oft ohne Rücksicht auf mögliche Folgen körperlich gefährliche
Aktivitäten (nicht aus Abenteuerlust), rennt z.B. ohne zu schauen auf die Straße.
2. Beginn vor der Vollendung des siebten Lebensjahres.
3. Die Kriterien einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung sind nicht erfüllt.[105]
In der deutschsprachigen Fassung des DSM-III-R wird ADHD mit Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung übersetzt. Dabei bezieht sich Attention Deficit auf das Aufmerksamkeitsdefizit, das nahezu bei allen Kindern zu finden ist. Hyperactivity steht für das Symptom Hyperaktivität, also die motorische Unruhe, die bei einigen Kindern fehlen kann. Aus praktischen Gründen wird in der Literatur nur selten die vollständige Bezeichnung Attention Deficit Hyperactivity Disorder verwendet, stattdessen wird von Hyperaktivität oder hyperkinetischem Syndrom (HKS) gesprochen, wobei diese Begriffe synonym gebraucht werden.[106]
Die ICD-10 hat den Begriff ADHD nicht übernommen, weil er die Kenntnis psychologischer Prozesse beinhaltet, die noch nicht verfügbar ist. Tatsächlich hat die unter dem Einfluß des DSM-III-R realisierte Forschung in der letzten Zeit zahlreiche Belege für die Schlußfolgerung gewonnen, daß ein reines Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ohne Hyperaktivität (ADD/-H) eine eigenständige kinderpsychiatrische Diagnose und nicht eine Unterform des ADHD (der hyperkinetischen Störung) darstellt. Im Unterschied dazu ist die Klassifizierung nach dem zusätzlichen Vorliegen eine Störung des Sozialverhaltens, welche in der ICD-10 berücksichtigt wird, empirisch bereits abgesichert.[107]
Unabhängig von der Benennung des Störungsbildes ist in den beiden amerikanischen Diagnosesystemen eine Übereinstimmung der wesentlichen Symptome nicht zu übersehen. Dabei wird die Aufmerksamkeitsstörung und die Überaktivität als primäre Auffälligkeit genannt. Als drittes Hauptsymptom tritt Impulsivität mit Ungeduld und schnell wechselnder Tätigkeiten hinzu.
2.3.2 Klinische Diagnostik
Die klinische Diagnoseerstellung findet auf mehreren Ebenen statt. Dazu gehört die Anamneseerhebung, die Verhaltensbeobachtung, die Verhaltensbeurteilung anhand standardisierter Fragebögen und Schätzskalen, psychologische Testuntersuchungen sowie apparative Zusatzbefunde und die körperliche Untersuchung.[108]
Die Anamnese und die Verhaltensbeobachtung bilden dabei das Kernstück der Diagnose. Neben einer medizinischen Anamnese (mütterliche Anamnese, prä-, peri-, postnatale Anamnese) sind eine Entwicklungsanamnese des Kindes und eine Familienanamnese notwendig. Aus den gesammelten Informationen können mögliche Risikofaktoren ausgeschlossen werden, die auf die Verursachung der Hyperaktivität hinweisen können. Um sicher zu gehen, sollten die Daten der Anamnese sowohl aus den Angaben der Eltern als auch von anderen Bezugspersonen (Kindergarten, Schule) zusammengestellt werden. Somit können mögliche Fehlinformationen ausgeschaltet werden. Diese grundsätzlichen Probleme der Anamneseerhebung können durch ergänzende Verhaltensbeobachtungen oder durch Fragebögen und Schätzskalen (teilweise) verringert werden.[109]
Die Symptomliste von Conners (1973) hat sich für die erste diagnostische Orientierung bewährt. Der in Abbildung 4 dargestellte Conners-Fragebogen ist international anerkannt und wird immer wieder für ärztliche Untersuchungen und wissenschaftliche Studien zur Hyperaktivität eingesetzt. Er beinhaltet verschiedene Items zum Verhalten des jeweiligen Kindes.
Eltern-Lehrer-Fragebogen (Kurzform) nach Conners (1973)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Fragebogen nach Conners zum hyperkinetischen Syndrom.
[Quelle: Steinhausen, H.-Ch. (1995), in: Steinhausen, H.-Ch. (1995), S. 28.]
Ursprünglich setzt sich der Fragebogen aus einem 39-Items umfassenden Lehrerfragebogen und einem 73-Items starken Elternfragebogen zusammen. Diese beiden Fragebögen wurden aus Gründen der Praktikabilität auf 10 Beobachtungen reduziert und als Eltern-Lehrer-Fragebogen herausgegeben.[110]
Das Vorliegen eines Merkmales gilt nur dann als gegeben, wenn die jeweilige Verhaltensauffälligkeit wesentlich häufiger als bei gleichaltrigen Kindern auftritt und sie bereits über ein halbes Jahr beobachtet wird. In der Auswertung bedeuten 30 Punkte extreme Hyperaktivität, 15-30 Punkte eine starke Hyperaktivität und 10-15 Punkte bedeuten mäßig hyperaktiv. Somit liegt der dringende Verdacht auf ein hyperkinestisches Syndrom dann vor, wenn der Punktwert in der Bewertungsskala über 15 Punkten liegt. Kritisch betrachtet bleibt in der Beurteilung des Fragebogens die Situationsspezifität unberücksichtigt. Die angeführten Verhaltensmerkmale werden absolut gesetzt, ohne daß der normative Bezugsrahmen, Personen oder der Charakter der Eltern impliziert werden.[111]
Die Problematik der direkten Verhaltensbeobachtung in der direkten Untersuchungs- oder Spielsituation liegt in der Fehleinschätzung durch die verhaltensregulierende Wirkung der Zuwendung des Beobachters. Aus diesem Grund sind die Beobachtungen im realen Umfeld wirkungsvoller, auch wenn dies in der Praxis nicht immer durchführbar ist.[112]
Eine weitere Methode der Diagnoseerhebung bezieht sich auf die kinderneurologische Untersuchung. Mit der neurologischen Untersuchung sollen Funktionsstörungen im Gehirn nachgewiesen werden. Dabei werden häufig sogenannte weiche neurologische Zeichen (soft-signs) deutlich, die sich in Entwicklungsverzögerungen in der Grob- und Feinmotorik oder in Abweichungen im Hirnstrombild zeigen. Feinneurologische Zeichen sind eine Minderleistung oder Reifungsverzögerung des Zentralnervensystems, wobei die neurologische Basis dieser Abweichung im einzelnen nicht bekannt ist. Somit läßt sich bei der neurologischen Diagnoseerstellung keine unmittelbare Beziehung zur Verhaltensebene der Symptome der Hyperaktivität herstellen.[113]
Neben der klinisch-neurologischen Diagnostik sind weitere Untersuchungsgebiete die verfeinerte Prüfung der Körpersinne des Kindes. Darunter fallen Untersuchungen der Hör- und Sehfähigkeit, des Gleichgewichts und der Motorik. Die Motodiagnostik des Kindes spielt in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle, da sich das Zusammenspiel der verschiedenen Funktionssysteme im zentralen und peripheren Nervensystem in vielfacher Hinsicht in der Motorik manifestiert.[114]
Zu den apparativen Befunden gehört die Elektroenzephalographie (EEG). Dabei wird die Annahme, daß spezielle Abweichungen im EEG-Muster ein Nachweis für eine minimale cerebrale Dysfunktion (MCD) sind, kontrovers diskutiert. Zum einen weist das EEG bei hyperaktiven Kindern in bezug auf ein Anfallsleiden deutliche pathologische Veränderungen auf. Jedoch kann das Nichtvorhandensein von Krampfpotentialen oder leichten Gehirnstörungen keinen diagnostischen Hinweis darauf geben, Hyperaktivität auszuschließen. Zum anderen ist das EEG allein dadurch von geringer Aussagekraft, als es durch eine Variabilität gekennzeichnet ist, die wiederum durch Umweltfaktoren, genetische Bedingungen und Verhaltenseinflüsse bestimmt wird. Bei vielen untersuchten Kindern konnte keine eindeutige Veränderung festgestellt werden.[115]
"Die Uneinheitlichkeit und geringe Eindeutigkeit der Untersuchungsbefunde
läßt erkennen, daß die Aussagewertigkeit des Elektroencephalogramms für die Diagnose ... gegenwärtig noch begrenzt ist und erst innerhalb einer diagnosti- schen Mehrebenenanalyse eine entsprechende Bedeutung erhält."[116]
Die körperliche Untersuchung wird bei der Diagnoseerstellung mitberücksichtigt, sie hat aber einen geringeren Stellenwert. Auffällige Merkmale sind ein verzögertes Körperwachstum des Kindes nach dem zehnten Lebensjahr, Schädel- oder Gesichtsasymmetrien sowie feinkonstitutionelle Abweichungen der Finger (z.B. Bajonettfinger-Syndrom).[117]
Neben der klinischen Diagnostik werden durch eine stark psychologisch ausgerichtete Diagnostik Informationen im Entwicklungsverlauf des Kindes durch ein Elterngespräch im Zusammenhang mit den Umwelteinflüssen auf das Kind sichtbar gemacht. In diesem Zusammenhang kann die Diagnose als systemorientierte Analyse verstanden werden. Die Ursachen für das auffällige kindliche Verhalten sind nicht nur im Kind begründet, sondern besonders häufig im sozio-ökonomischen Umfeld (Familie, Schule, Kindergarten, Freundeskreis). Dabei werden die Auffälligkeiten im Hinblick auf die psychosoziale Entwicklung des Kindes und in Abhängigkeit von Umweltfaktoren betrachtet.[118]
Des weiteren werden bei einer psychologisch-orientierten Diagnostik tiefenpsychologische Untersuchungen durchgeführt. Sie dienen der Beurteilung und Erfassung von Lern- und Leistungsstörungen und der Aufdeckung von Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen. Einen weiteren Schwerpunkt der testpsychologischen Untersuchungen bilden die Erfassung von Entwicklungsdaten sowie die Beobachtung des Problemlöseverhaltens des hyperaktiven Kindes. In psychologischen Einzelverfahren werden verschiedene Teilleistungsstörungen untersucht, die sich auf Intelligenz, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Motorik und Sprache beziehen. Weiterhin können affektiv-emotionale und soziale Störungsbilder, z.B. Angst, Aggression, mangelndes Selbstvertrauen, Kontaktschwierigkeiten, durch eine differenzierte Überprüfung verschiedener Persönlichkeitsdimensionen ermittelt werden.[119]
2.4 Die Beziehungsmuster des hyperaktiven Kindes
Langzeituntersuchungen und Beobachtungen (über 10-20 Jahre) an hyperaktiven Kindern in Amerika und in Europa zeigen, daß für das Auftreten charakteristischer Symptome von Unruhe und Zappeligkeit zunehmend Faktoren aus der Umwelt zugrunde liegen. So spielen die Familienverhältnisse, die Stabilität oder die gestörten Beziehungen innerhalb der Familie, ihre soziale Integration, anhaltende psychische Belastungen eine immer wesentlichere und entscheidendere Rolle sowie die Beziehung des hyperaktiven Kindes zu Gleichaltrigen und Geschwistern.[120]
Die Flucht der Kinder in auffällige Verhaltensweisen signalisiert die fortschreitende Sprach-, Beziehungs- und Lieblosigkeit der heutigen Gesellschaft. Das "störende" Kind ist somit der Spiegel dieser Gesellschaft. Dies verdeutlicht ein Zitat von Voss (1991):
"Die fehlende Offenheit für die Andersartigkeit unserer heutigen Welt, die mangelnde Sensibilität für den Wandel in uns selbst und in unserer Umwelt bewirkt, daß wir das Verhalten von Kindern als störend erleben, obwohl es nur Spiegelbild unserer eigenen, defizitären Situation ist."[121]
2.4.1 Die Beziehung des hyperaktiven Kindes zu den Eltern
In Kapitel 2.2.4.3 wurde ausführlich auf die Verursachungsfaktoren der Hyperaktivität in bezug auf die Eltern und ihr Erziehungsverhalten eingegangen. Wender (1991) merkt dazu an, daß der Umgang und die Erziehung den Schweregrad der Störung beeinflussen können, die Störung aber selbst nicht herbeiführen kann. Die Beziehung des hyperaktiven Kindes zu seinen Eltern ist durch die Schwierigkeiten während seiner kindlichen Entwicklung belastet. Dennoch prägen die Eltern ihr Kind, da sie ihm Vorbild sind, mit allen ihren guten und schlechten Eigenschaften. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Eltern zu der Hyperaktivität ihres Kindes beitragen. Das ist jedoch nicht eindeutig zu beantworten, denn oftmals entwickelt sich ein Teufelskreis, in dem sowohl das elterliche als auch das kindliche Verhalten dazu beiträgt, daß es noch auffallender wird. Familiäre Beziehungs- und Kommunikationsmuster haben Einfluß auf die Sekundärneurotisierung des hyperaktiven Kindes. Das bedeutet, daß beide Seiten Opfer und Verursacher sind.[122]
Eltern von hyperaktiven Kindern machen sich oft selbst Vorwürfe und bekommen diese auch aus ihrer Umgebung zu spüren. Als Folge der Schuldgefühle sehen sich die Eltern handlungsunfähig, was sich negativ auf das Kind auswirkt. Schuldgefühle können verhindert werden, indem Zusammenhänge zum positiven Verhalten bedacht und hervorgehoben werden.
In der neueren psychologischen Forschung kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, welche elterlichen Verhaltensformen eine Beeinträchtigung des kindlichen Verhaltens zur Folge haben. Einige Verhaltensweisen wirken sich jedoch mit Sicherheit negativ auf das kindliche Verhalten aus:
- schlechte Vorbilder;
- keine gefühlsmäßige Beziehung;
- keine Anerkennung und Lob;
- kein konsequentes Handeln;
- unterschiedliche Erziehungsziele der Eltern;
- keine Problemdiskussion innerhalb der Familie;
- Überforderung des Kindes durch zu ehrgeizige Pläne der Eltern;
- keine gemeinsamen Familienaktivitäten.[123]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Das störende Verhalten des hyperaktiven Kindes löst eine Kette von Reaktionen
aus.
[In Anlehnung an Taylor, E. (1986), S. 49.]
Viele dieser Interaktionsmuster werden gelernt und können somit auch wieder verlernt werden. Dies gilt gleichermaßen für Eltern und Kinder.
Die häufigen Auseinandersetzungen und die mangelhaften Konfliktlösungen der Eltern mit ihrem Kind sowie die Frustrationen hinterlassen bei den Eltern einen nachhaltigen Eindruck. Die Folgen sind, daß keine Freude mehr aufkommt, ungezwungenes Spiel verlernt wird und körperliche Kontakte vergessen werden. Viele Eltern geraten so in einen Zustand, in dem sie sich Vorwürfe machen, sich aber ebenso scheuen und schämen, sich ihrer Umwelt zu öffnen. Daraus entsteht ein Teufelskreis von zunehmender Feindseligkeit, aus dem die Familie schwer herausfinden kann. Aufgrund der Versagensgefühle ist die Familie nur ungern bereit sich psychosozialen Hilfsangeboten zu öffnen und die Problemlage mit professioneller Hilfe zu kompensieren.[124]
Abbildung 5 verdeutlicht diesen Teufelskreis. Der Ausgangspunkt liegt in der Zappeligkeit des Kindes, auf die die Eltern mit Strafe und Drohung reagieren. Am Ende sind beide Seiten verstimmt und nicht mehr in der Lage, den Ablauf zu unterbrechen. Das Ergebnis ist eine angespannte Familienatmosphäre, die sich auch auf die Außenkontakte überträgt und die Familie in eine Isolation treibt.[125]
[...]
[1] Vgl. Ortner, R. (1989), S. 7.
[2] Vgl. Voss, R. / Wirtz, R. (1994), S. 71.
[3] Vgl. Ortner, R. (1989), S. 58.
[4] Vgl. Petermann, U. (1991), S. 121.
[5] Vgl. Petermann, U. (1991), S. 121.
[6] Vgl. Limberg, R. (1978), S. 9.
[7] Vgl. Landau, E. (1984), S. 93.
[8] Vgl. Seeboth, F.-H. (1973), S. 25.
[9] Vgl. Landau, E. (1984), S. 14.
[10] von Lüpke, H. (1990), in: Voss, R. (1990), S. 57
[11] Ross, D. M. / Ross, S. A. (1982), S. 9
[12] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 8 ; Voss, R. (1987), S. 36.
[13] Vgl. Eisert, H.-G. (1981), S. 59.
[14] Vgl. Calatin, A. (1993), S. 22.
[15] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 8.
[16] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 17.
[17] Vgl. Voss, R. / Wirtz, R. (1994), S. 23.
[18] Remschmidt, H./ Schmidt, M. (1986), S. 72
[19] Vgl. Ebenda, S. 72.
[20] Vgl. Mühle, G. / Schell, Ch. (1970), S. 7.
[21] Vgl. Landau, E. (1984), S. 13.
[22] Vgl. Ulmann, G. (1970), S. 13.
[23] Vgl. Eisler-Stehrenberger, K. (1990), in: Petzold, H. / Orth, I. (1990), S. 115.
[24] Ausubel, D. P. (1968), zitiert nach Limberg, R. (1978), S. 13
[25] Eisler-Stehrenberger, K. (1990), in: Petzold, H. / Orth, I. (1990), S. 116
[26] Wollschläger, G. (1972), S. 177
[27] Mead, M. zitiert nach Beer, U. / Erl, W. (1974), S. 10
[28] Vgl. Guilford, J. P. (1950), in: Mühle, G. / Schell, Ch. (1970). S. 19.
[29] Vgl. Landau, E. (1984), S. 14.
[30] Vgl. Bloch, S. (1982), S. 19.
[31] Vgl. Voss, R. (1990), S. 15.
[32] Vgl. Krause, J. (1995), S. 24.
[33] Vgl. Wender, P. (1991), S. 23.
[34] Vgl. Eisert, H.-G. (1981), S. 107ff.
[35] Hoffmann, H. (1848), zitiert nach von Lüpke, H. (1990), in: Voss, R. (1990), S. 57.
[36] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 39.
[37] Vgl. Ebenda, S. 40.
[38] Vgl. Eisert, H.-G. (1981), S. 17; Vernooij, M. (1992), S. 21.
[39] Vgl. Wender, P.H / Wender, E.H. (1988), S. 15.
[40] Vernooij, M. (1992), S. 21f
[41] Vgl. Eisert, H.-G. (1981), S. 27; Wender, P. (1991), S. 11.
[42] Vgl. Durbin, K. (1993), S. 2
[43] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 22.
[44] Vgl. Eichlseder, W. (1992), S. 80; Eisert, H.-G. (1981), S. 36.
[45] Vgl. Wender, P. (1991), S. 22.
[46] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 40.
[47] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 23; Wender, P. (1991), S. 17.
[48] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 62.
[49] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 28f.
[50] Vgl. Durbin, K. (1993), S. 2; Eichlseder, W. (1992), S. 20
[51] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 24f.
[52] Vgl. Wender, P.H. / Wender, E.H. (1988), S. 38.
[53] Vgl. Egger, J.(1991), in: Baerlocher / Jelinek, (1991), S. 84.
[54] Taylor, E. (1986), S. 7
[55] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 19.
[56] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 31f.
[57] Vgl. Wender, P. / Wender, E. (1988), 31f.
[58] Vgl. Bernau, S. (1995), S. 49; Hartmann, J. (1994), S. 19f.
[59] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 32.
[60] Vgl. Goodman, R. / Stevenson, J. (1989), S. 699.
[61] Vgl. Ebenda, S. 704 .
[62] Vgl. Calatin, A. (1992), S. 34.
[63] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 31f; Petermann, U. (1991), S. 123.
[64] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 34f.
[65] Vgl. Krause, J. (1995), S. 49; Walter, U. (1991), S. 22.
[66] Vgl. Ross, D.M. / Ross, S.A. (1982), S. 100ff.
[67] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 24; Krause, J. (1995), S. 49.
[68] Vgl. Calatin, A. (1992), S. 35; Schweizer, Ch. / Prekop, J. (1991), S. 38ff.
[69] Vgl. Taylor, E. (1986), S. 29f.
[70] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 35.
[71] Vgl. Luckert, H. (1993), in: Passolt, M. (1993), S. 26; Vernooij, M. (1992), S. 35.
[72] Vgl. Calatin, A. (1992), S. 139; Prekop, J. / Schweizer, Ch. (1993), S. 68; Ross, D.M. / Ross, S.A.
(1982), S. 83ff.
[73] Vgl. Wender, P.H. / Wender, E.H. (1988), S. 35.
[74] Vgl. David, Clark und Voeller (1972), in: Vernooij, M. (1992), S. 36.
[75] Vgl. Prochazka, E. (1995), S. 19.
[76] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 36.
[77] Vgl. Calatin, A. (1992), S. 142.
[78] Vgl. Ebenda, S. 39f.
[79] Vgl. Hafer, H. (1985), S. 70f.
[80] Vgl. Vernooij, (1992), S. 37.
[81] Vgl. Eichlseder, W. (1992), S. 85.
[82] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 38ff.
[83] Vgl. Ebenda, S. 38.
[84] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 40.
[85] Vgl. Steinhausen, H.-Ch. (1988), S. 32.
[86] Vgl. Rosival, V. (1992), S. 37.
[87] Vgl. Taylor, E. (1996), S. 53; Vernooij, M. (1992), S. 41.
[88] Vgl. Eichlseder, W. (1992), S. 97.
[89] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 41f.
[90] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 42.
[91] Vgl. Ebenda, S. 43.
[92] Prekop, J. / Schweizer, Ch. (1993), S. 64
[93] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 42ff.
[94] Vgl. Wender, P. (1991), S. 33ff.
[95] Vgl. Walter, U. (1991), S. 35ff.
[96] Vgl. Vernooij, M. (1992), S. 46.
[97] Vgl. Krause, J. (1995), S. 37.
[98] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 78.
[99] Vgl. Ebenda, S. 74.
[100] Vgl. Ebenda, S. 72.
[101] Vgl. Laumann, A. (1989), S. 36.
[102] Vgl. Steinhausen, H.-Ch. (1995), in: Steinhausen, H.-Ch. (1995), S.13.
[103] Vgl. Ebenda, S.14.
[104] Vgl. Webb, J.T. / Latimer, D. (1993), S. 2.
[105] Vgl. Faison, M. / Barniskis, E.A. (1993), S. 2; Webb, J.T. / Latimer, D. (1993), S. 2.
[106] Vgl. Cramond, B. (1994), S. 194; Wender, P. (1991), S. 9.
[107] Vgl. Barkley, R.A. (1990), S. 275.
[108] Vgl. Steinhausen, H.-Ch. (1995), in: Steinhausen, H.-Ch. (1995), S.17.
[109] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 80.
[110] Vgl. Voss, R. (1990), in: Voss, R. (1990), S. 24.
[111] Vgl. Bernau, S. (1995), S. 99f.
[112] Vgl. Altherr, P. (1993), in: Passolt, M. (1993), S. 13.
[113] Vgl. Ebenda, S. 15.
[114] Vgl. Bauer, A. (1986), S. 82.
[115] Vgl. Bernau, S. (1995), S. 101.
[116] Bauer, A. (1986), S. 87
[117] Vgl. Ebenda, S. 83.
[118] Vgl. Ebenda, S. 84.
[119] Vgl. Ebenda, S. 85.
[120] Vgl. Lempp, R. (1994), in: Hartmann, J. (1994), S. 109.
[121] Voss, R. (1991), in: Psychologie heute, (1991), S. 42
[122] Vgl. Taylor, E. (1986), S. 96.
[123] Vgl. Petermann, U. (1991), S. 21f.
[124] Vgl. Walters, U. (1991), S. 35f.
[125] Vgl. Ebenda, S. 36.
- Citation du texte
- Wiebke Haverkamp (Auteur), 1996, Pädagogische Förderung hyperaktiver Kinder im Vorschulalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19995
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