Im ersten theoretischen Teil der Studie erläutert der Autor anhand poltikphilosophischer Positionen den Grundsatz zwischen Egalitarismus und Non-Egalitarismus. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Parteien in Deutschland anhand einer Horizontalachse in egalitaristische bzw. non-egalitaristische Positionen eingeordnet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Streben nach Gleichheit versus Präferenz der Ungleichheit
2.1 Der grundlegende Gegensatz zwischen Egalitarismus und Non-Egalitarismus
2.2 Zum Stand der Forschung
2.3 Abstufungen innerhalb des (non-)egalitaristischen Denken
3 Philosophische Positionen zur sozialen Gerechtigkeit
3.1 Egalitaristen
3.1.1 John Rawls
3.1.2 Richard Arneson
3.1.3 Stefan Gosepath
3.2 Non-Egalitaristen
3.2.1 Friedrich Nietzsche
3.2.2 Robert Nozick
3.2.3 Harry Frankfurt
4 Norberto Bobbio – Übergang von der theoretischen Debatte zum empirischen Teil
5 Soziale Gerechtigkeit in der BRD – Begriffliche und empirische Annäherung
5.1 Zur Begriffsgeschichte der sozialen Gerechtigkeit
5.2 Gesellschaftliche Beziehungsformen und soziale Gerechtigkeit
5.3 Studien und Zahlen zur Thematik
5.3.1 Experimente zur Egalitarismusforschung
5.3.2 Umfragen und Einstellungen zur sozialen Gerechtigkeit
5.3.3 Zustimmung zum Egalitarismus und Individualismus
5.3.4 Das Sozialwesen in Deutschland
5.3.5 Empirische Daten zur Wahrnehmung sozialer Gerechtigkeit in Deutschland unter Parlamentariern
6 Historischer Exkurs: Gerechtigkeitsvorstellungen im Nationalsozialismus (1933–1945)
6.1 Rassische Vorstellungen, die Ungerechtigkeit legitimieren
6.1.1 Hitlers rassisch-elitäres Denken
6.1.2 Kulturschaffende Völker
6.1.3 Kulturtragende Völker
6.1.4 Kulturzerstörende Völker
6.2 Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“ bei Hitler
6.3 Rosenbergs Vorstellungen
6.4 Goebbels Ansichten
6.5 Konsequenz aus der grundlegenden Ungleichheit der Menschen
6.6 Recht unter dem Hakenkreuz
6.6.1 Juristen als Helfer des Bösen
6.6.2 Nürnberger Gesetze – Recht ohne Gerechtigkeit
6.7 Zusammenfassung der NS-Gerechtigkeitsvorstellung
7 Gerechtigkeitsvorstellungen in den deutschen Parteien nach dem 2. Weltkrieg
7.1 Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands
7.1.1 Geschichte der SPD bis 1945
7.1.2 Die SPD seit 1945
7.2 Bündnis 90/Die Grünen
7.3 DIE LINKE
7.4 CDU/CSU
7.5 FDP
8 Abschließende Betrachtung
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Zeitschriften und Zeitungen
1 Einleitung
Seit den Ursprüngen der Philosophie stellt der Diskurs über die Gerechtigkeit eines der zentralen Themen dieser Disziplin dar. In der Antike wurde gerechtes Handeln als Voraussetzung für die Erreichung eines guten und glücklichen Lebens angesehen. Im Mittelalter wurde vor allem der Glaube an Gott als Mittel angesehen, um ein gerechtes Leben zu führen. Mit der Aufklärung begannen die Menschen, erneut die Frage danach zu stellen, was ein gerechtes Leben sei, und sie glaubten nun, dass es in der Eigenverantwortung der Menschen liege. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts schließlich erlebt die gesellschaftliche Gerechtigkeitsdebatte eine wahrhafte Renaissance. Die Frage, ob es gerecht ist, dass Manager Millionen verdienen, dass der Staat Menschen in Not finanziell unterstützt und dass viele nur in geringem Maß am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, dominiert die gesellschaftlichen Diskurse. „Ist Ungleichheit per se ungerecht?“, wird oftmals gefragt.
Ist es nicht ein Übel, dass dem Leben unzähliger Menschen im Vergleich zum Leben anderer von Geburt an automatisch nur ein drastisch eingeschränktes Spektrum von Möglichkeiten zuteilwird, wie Thomas Nagel es formuliert?[1] Sollten nicht alle Menschen den gleichen Besitz haben? Oder verhält es sich etwa so, wie Norbert Bolz schreibt, dass die größte Gefahr für die moderne Gesellschaft von denen ausgeht, die allzu sozial sind?[2] Bereits Alexis de Tocqueville weist in seinem Werk „Über die Demokratie in Amerika“ bereits Mitte des 19. Jahrhunderts auf die Gefahr hin, dass der Wunsch nach Gleichheit von einem Despoten dazu missbraucht werden kann, die Bevölkerung zu unterdrücken.[3]
Die Sowjetunion oder andere kommunistische diktatorische Staaten sind beredtes Beispiel für dieses Szenario.
Die vorliegende Dissertation möchte einen Beitrag zur Diskussion um die soziale Gerechtigkeit im Deutschland des 20. und 21. Jahrhunderts leisten. Da trotz der zunehmenden Macht globaler Unternehmen die Parteien immer noch die gesellschaftlichen Akteure sind, die eine Gesellschaft und deren Gesetze entscheidend mitgestalten, sollen ihre Programme unter einer gerechtigkeitstheoretischen Perspektive untersucht werden. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf die im Bundestag vertretenen Parteien, da – zumindest formal – nur diese konkret in das Leben der Menschen eingreifen können. Unter der Perspektive zweier antagonistischer Gerechtigkeitsvorstellungen werden ihre gesellschaftlichen Ansichten dargestellt. Da die Entwicklung der Bundesrepublik und ihres doch gemäßigt egalitären[4] politischen Systems in direktem Zusammenhang mit dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft steht, soll in einem Exkurs auch die Gerechtigkeitsvorstellung in einem ungerechten System, hier in Deutschland während des sogenannten Dritten Reichs, erläutert werden. Als radikaler Kontrast zur Bundesrepublik erscheint die Gerechtigkeitsvorstellung im Nationalsozialismus als extremste Ausprägung des Non-Egalitarismus und hat damit direkten Bezug zum Thema.
Im Sinne der Zielsetzung einer Verknüpfung theoretischer Grundlagen, empirischer Daten und konkreter Politik sollen, in einem ersten Schritt, die unterschiedlichen theoretischen Ansätze zur Erklärung und Bestimmung der Gerechtigkeit in der aktuellen Debatte dargelegt werden. Die zentralen Leitbegriffe in dieser Arbeit bilden Egalitarismus – vereinfacht verstanden als das Bestreben, Gleichheit herzustellen – und Non-Egalitarismus – das Bestreben, vorhandene Güter in Einklang mit den bestehenden Ungleichheiten zu verteilen – beziehungsweise der Gegensatz zwischen diesen beiden Positionen. Wenngleich die heutigen Anforderungen an Gerechtigkeit keine so radikal unterschiedlichen Konzepte wie etwa die Rechtfertigung der Sklaverei oder des Massenmordes beinhalten, so bestehen dennoch deutliche inhaltliche Differenzen in der Auslegung des Begriffs. Auf der einen Seite steht der Glaube an die Gerechtigkeit der Umverteilung, auf der anderen Seite die Ansicht, es sei nur gerecht, über das selbst Erwirtschaftete auch möglichst frei zu verfügen. Auch die Einstellung, Zwangseingriffe von Seiten des Staates seien per se abzulehnen, ist ein Charakteristikum einer non-egalitaristischen Denkweise.
Grundsätzlich haben sich zwar die Gerechtigkeitsvorstellungen von den ursprünglich radikalen Positionen zu mehr Mitmenschlichkeit entwickelt, dennoch findet sich im Denken der Gegenwart noch der Grundgedanke der Verschiedenheit bzw. Gleichheit der Menschen. Der theoretische Unterbau zu der Frage nach dem Menschenbild und den unterschiedlichen Gerechtigkeitsauffassungen wird von Philosophen wie Robert Nozick oder John Rawls geliefert und von Parteien in die Gesellschaft und Politik transferiert. Diese Abstufungen in der Programmatik der Parteien, zum Beispiel im Rahmen der Hochschätzung individueller Leistung und der möglicherweise daraus resultierenden Geringschätzung Nichtleistender, sollen dargelegt werden. Anhand einer Horizontalachse gilt es dann, die deutschen Parteien als egalitaristisch bzw. non-egalitaristisch einzuordnen. Norberto Bobbio hat für diese Horizontalachse bereits grundlegende Forschungen geleistet, unter anderem mit seiner These, dass die Parteien eben durchaus noch in „links“ und „rechts“ unterschieden werden können. Links wird hier im Sinne einer eher egalitaristischen Anschauung verstanden und rechts im Sinne des Non-Egalitarismus.
Der Fokus der Untersuchung liegt daher auf dem Begriff der sozialen Gerechtigkeit. Der Begriff der sozialen Gerechtigkeit ist schwer zu fassen und Gegenstand politischer und philosophischer Diskussionen. In dieser Arbeit wird hierunter die Zugangsmöglichkeit der Menschen in einem Staat zu Ämtern, materiellen Gütern und Bildungschancen verstanden. Dies erscheint eine wertneutrale Definition und korrespondiert mit den Grundsätzen von John Rawls, ohne jedoch dem Streben nach Gleichheit oder der Betonung von Ungleichheit den Vorzug zu geben. Soziale Gerechtigkeit ist eng mit der sozialen Frage verbunden, also der Auseinandersetzung mit sozialen Gegebenheiten bzw. Schwierigkeiten, die insofern als grundlegend problematisch angesehen werden, als sie aus Sicht bestimmter Betrachter den Bestand der Gesellschaft gefährden. Ferner werden Umfrageergebnisse zum Thema Gerechtigkeit und auch Versuche dargestellt, welche gesellschaftlichen Bedingungen die Menschen als gerecht empfinden und ob dem Menschen eher egalitaristische oder non-egalitaristische Ansichten innewohnen. Es gibt eine Reihe weiterer Unterpunkte der Gerechtigkeit, wie geschlechtsspezifische Gerechtigkeit, Generationengerechtigkeit oder Gerechtigkeit zwischen Nationen, auf die in dieser Arbeit nicht eingegangen werden kann. Die konkrete Fragestellung beschränkt sich auf die soziale Gerechtigkeit und deren Umsetzung im politischen System der Bundesrepublik Deutschland.
Der Ansatz der Betrachtung ist dabei die Makroebene. Gesellschaftliche Gegebenheiten und Wünsche werden nicht aus der Perspektive des Subjekts beschrieben, sondern allgemein betrachtet, zum Beispiel bei der Auseinandersetzung mit Parteiprogrammen und deren Ansatz beim Steuersystem, dem Rentensystem oder der Mindestlohndebatte. Es werden die entsprechenden Positionen der Parteien herausgearbeitet, um festlegen zu können, inwieweit welche Partei welcher Gerechtigkeitstheorie zuzurechnen ist. Die Ergebnisse spiegeln personenneutral die Auffassung einer größeren Gruppe wider. Bei den Parteiprogrammen spielen zwar durchaus auch subjektive Interessen der Parteimitglieder, insbesondere der politischen Führungspersönlichkeiten, eine Rolle, aber es handelt sich stets um eine Gruppe von Individuen, die ihre Vorstellungen artikuliert. Insofern sind auch nur gemeinsame Äußerungen für die gesamte Gesellschaft relevant. Ebenso verhält es sich mit politischen Akteuren, deren persönliche Meinung zwar in deren Reden mit einfließt, die jedoch im Grunde Wortführer und Sprecher einer bestimmten gesellschaftlichen Überzeugung sind.
Um die skizzierte Forschungsfrage beantworten zu können, werden im ersten, dem theoretischen Teil die philosophischen Vorstellungen unter dem Gesichtspunkt des Antagonismus zwischen Egalitarismus und Non-Egalitarismus dargestellt. Anhand einzelner Philosophen wird den unterschiedlichen Vorstellungen nachgegangen. Als wirkungsmächtigster Vertreter des Egalitarismus kann der schon genannte John Rawls gesehen werden. Demgegenüber gilt etwa Robert Nozick als Verfechter des Non-Egalitarismus, der sagt, Steuern zu zahlen sei mit Zwangsarbeit gleichzusetzen. Oder noch extremer Friedrich Nietzsche, der die Gleichheit der Menschen als widernatürlich betrachtet.
Im zweiten, empirischen Teil der Arbeit soll eine Entsprechung der theoretischen, philosophischen Grundlagen in der Bevölkerung und in der konkreten Formulierung seitens der Politik und in den Parteiprogrammen herausgearbeitet werden. Umfangreiche Studien dazu hat die Bertelsmann Stiftung geliefert, die insbesondere Parlamentarier zu ihren Gerechtigkeitsvorstellungen befragt hat. Auch allgemein zugängliche Umfragewerte wie die der International Social Justice Projects oder der CIA zeigen, welche Gerechtigkeitsvorstellung den Deutschen entspricht. Ferner wird auch auf psychologische Versuche wie das Frohlich-Oppenheimer-Experiment eingegangen, die beweisen dass Menschen am ehesten einen gemäßigten Non-Egalitarismus favorisieren. Insgesamt besteht gerade im empirisch-psychologischen Forschungsbereich Bedarf an zusätzlicher Forschung. Dies ist aber nicht Aufgabe der Politikwissenschaft, sondern vielmehr der Psychologie.
Die in dieser Arbeit durchgeführte Verknüpfung zwischen theoretischer Formulierung und Darstellung von Gerechtigkeitsansätzen und deren empirische Überprüfung in der Tagespolitik und Parteiprogrammatik ist neu und wurde in dieser Form, soweit bekannt, noch nicht durchgeführt.[5] Diese Arbeit stellt somit eine Verknüpfung zwischen Politischer Theorie und praktischer Politik dar.
2 Das Streben nach Gleichheit versus Präferenz der Ungleichheit
2.1 Der grundlegende Gegensatz zwischen Egalitarismus und Non-Egalitarismus
Auf die Frage, was gerecht ist und was demgegenüber als ungerecht erachtet werden kann bzw. soll, versuchen die herausragendsten Denker der Welt seit Jahrhunderten, eine Antwort zu finden. Das Spektrum der Vorstellungen über Recht und Gerechtigkeit reicht vom Rechtspositivismus über Effizienz und Ökonomietheorie[6] bis hin zu normativ geprägten Ansätzen.
Ein sehr interessanter Ansatz zur Erfassung der Gerechtigkeit ist das Denken im sogenannten Egalitarismus und Non-Egalitarismus. Die Ideen, die diesen Begrifflichkeiten zugrunde liegen, wurden bereits in der Antike formuliert. Auf der einen Seite stehen die Egalitaristen, auf der anderen Seite diejenigen, die den Wunsch nach Gleichheit ablehnen. Die Begriffe Egalitarismus und Non-Egalitarismus besitzen ein außerordentlich breites begriffliches Fassungsvermögen und haben daher für die Wissenschaft einen besonderen Wert. Unter diesen Oberbegriffen lassen sich zahlreiche Gerechtigkeitsvorstellungen subsumieren. Innerhalb des Spektrums der jeweiligen Gerechtigkeitsvorstellung gibt es eine große Bandbreite an Vorstellungen über die erstrebte gerechte Ordnung. Dies birgt jedoch die Gefahr einer gewissen gedanklichen Unschärfe. Daher erscheint es sinnvoll, eine allgemeine Definition für diese Begrifflichkeiten in ihrer Reinform zu geben.
Im Folgenden soll zuerst das allgemein als egalitaristisch angesehene Denken beleuchtet werden, im Anschluss daran das landläufig als non-egalitaristisch bezeichnete Denken. Die jeweilige Definition soll für den weiteren Umgang mit den beiden Begriffen als gültig betrachtet werden.
Zentrales Charakteristikum der Diskussion ist die Frage der Gleichheit bzw. Gleichbehandlung. In dieser zentralen Frage stehen sich die zwei Gerechtigkeitsvorstellungen kontradiktorisch gegenüber. Die angesprochene Gleichbehandlung betrifft alle Aspekte des menschlichen Zusammenlebens, angefangen bei der steuerlichen Veranlagung, der Frage einer Behandlung vor Gericht, der Frage des Zusammenlebens von Mann und Frau oder der politischen Gleichheit. Im Folgenden liegt der Arbeitsfokus auf der sozialen, materiellen Gleichheit, das heißt der Frage nach der gerechten Verteilung von Gütern. Diese reicht weit über die im allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankerten Rechtsnormen hinaus. Der Anwendungsbereich des Gesetzes liegt hauptsächlich im Arbeitsrecht sowie im Zugang zu Bildung und staatlichen Transferleistungen.
Im allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird in § 1 als Ziel des Gesetzes genannt, Benachteiligungen aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Hier darf es keine Diskriminierung geben. Die Idee des Egalitarismus bezieht sich jedoch auf das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben und hat eine grundlegende Gleichheit aller Menschen zum Ziel. Dabei reicht es nicht, nur den Kreis der Berechtigten festzulegen, wobei das Gesetz deutliche egalitaristische Tendenzen aufweist und auch großer Kritik ausgesetzt war. Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird dies genauer untersucht.
Der Grundsatz des reinen Egalitarismus lautet: Jedem das Gleiche, Gleiches Recht für alle oder auch selbstverständlich One man to count for one and no one for more than one.[7] Dies bedeutet, dass die zur Verfügung stehenden Güter gleichmäßig auf alle Berechtigten verteilt werden sollen. Jeder soll einen numerisch gleich großen Anteil erhalten. Dies kann durch eine ausgleichende Verteilung der zur Verfügung stehenden Güter geschehen und durch eine umfangreiche Staatstätigkeit im Bereich der sozialen Sicherung. Ferner müssen die Menschen in die Lage versetzt werden, die in ihnen schlummernden Fähigkeiten und Potentiale zu verwirklichen. Martha Nussbaum legt eine Liste von zehn grundlegenden Fähigkeiten[8] vor, die bei den Menschen verwirklicht sein müssen, um ein wahrhaftes menschliches Leben zu führen. Zentrale Kategorien sind: Leben, körperliche Integrität, die Fähigkeit zum Erleben von Gefühlen, Zugehörigkeit oder Spiel. Dementsprechend schreibt sie: „Bei einem Leben, dem eine dieser Fähigkeiten fehlt, [kann; Erg. G. F.] ernsthaft bezweifelt werden […], ob es ein wirklich menschliches ist.“[9] Die Fähigkeiten sind konstitutiv für das Erreichen gewisser Positionen, da erst durch die Befriedigung der fundamentalen menschlichen Bedürfnisse Zeit und Kraft vorhanden ist, um eine gewisse Stellung zu erreichen. Die materiellen und sozialen Umstände müssen die Menschen also in die Lage versetzen, ihre Potentiale vollkommen auszuschöpfen. Zum Beispiel hat ein Slumbewohner eine weitaus schlechtere Chance, sein Potential zu nutzen bzw. zu entfalten, als ein wohlsituierter Mensch. „Nussbaums Fähigkeiten-Ansatz leitet aus dem Sein von Potentialitäten die moralische und letztlich auch die politische Forderung ab, dass sie verwirklicht werden.“[10] Es obliegt dem Staat, den Menschen zu ermöglichen, dass sie ihre Fähigkeiten voll und ganz ausschöpfen. Zu diesem Zweck sind sämtliche Hindernisse, die dem entgegenstehen könnten, abzubauen.
Der Egalitarismus geht von einer Gleichheit der Menschen aus. Letztere werden nicht in Relation zu andern gesehen, sondern als homogene Gattung betrachtet. Eine qualitative, wertende Beziehung zwischen den Menschen wird im Egalitarismus nicht gesetzt. Egalitaristen schreiben der Gleichheit einen intrinsischen Wert zu.[11] Ungleichheit führt automatisch dazu, dass einzelne Menschen schlechter gestellt werden als andere. Dies ist in den Augen von strikten Egalitaristen ein Verstoß gegen die Gerechtigkeit. Das einigende Band zwischen den Menschen ist ihre Eigenschaft des Menschseins. Der Egalitarismus verzeichnet keine Unterschiede der Menschen hinsichtlich ihrer Physiognomie, ihrer Herkunft oder ihres Intellekts. Die biologische Eigenschaft des Menschseins und die daraus abgeleiteten moralischen Verpflichtungen sind der Maßstab für Egalitaristen. Dies legitimiert die geforderte Gleichbehandlung. Der gesellschaftliche Status respektive das Ansehen einer Person sind demnach irrelevant. Eine Vorzugsbehandlung zum Beispiel aufgrund eines erblichen Adelstitels oder eines politischen Mandats würde von den Egalitaristen als nicht gerechtfertigt angesehen.
Wolfgang Kersting spricht im Zusammenhang mit den Ansichten des Egalitarismus von „tiefer Chancengleichheit“.[12] Tiefe Chancengleichheit[13] bedeutet, dass die sozioökonomischen Ungleichheiten, für welche die Menschen aufgrund ihrer familiären Herkunft nichts können, durch eine kompensatorische Umverteilung ausgeglichen werden. „Der Sozialstaat wird zur Zweitschöpfung, welche die Verteilungsentscheidungen der Erstschöpfung korrigiert.“[14] Dieser Anspruch an den ausgleichenden Sozialstaat führt zu gravierenden Eingriffen in das Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht der Menschen. Alles, was man den Schwächeren gibt, muss erst einmal erwirtschaftet werden. Dies führt in Konsequenz dazu, dass Leistungsträger in ihren individuellen Freiheitsrechten und dem Anspruch auf Erhalt ihres ihnen durch Arbeit zustehenden Einkommens beschnitten werden. Dies kann bedeuten, dass zum Beispiel ein intellektuell weniger leistungsfähiges Kind aus einer sozial schwächeren Familie auf Kosten einer „Mittelstandsfamilie“ alimentiert werden muss, da jedes Kind zu Beginn seiner Karriere die gleichen Chancen haben muss. Dies geht möglicherweise zu Lasten des hochbegabten Kindes aus einer sozial stärkeren Familie, da diesem dann nicht die Förderung zu Teil werden kann, die es bräuchte, um sein geistiges Potential voll auszuschöpfen. Grundsätzlich geht Chancengleichheit jedoch nicht so weit wie absolute Verteilungsgleichheit, wie sie manche Utopien wie der Kommunismus fordern. Chancengleichheit betrachtet die Startbedingungen von Menschen, während Verteilungsgerechtigkeit eher eine statische Gesellschaft manifestiert.
Das Wort „Egalitarismus“ stammt etymologisch aus dem Lateinischen und leitet sich vom Begriff aequalis/aequus ab. Wörtlich übersetzt bedeutet aequus „gleich“ (franz. Égalité: Gleichheit). Für die absolute Gleichheitsvorstellung des Egalitarismus werden teilweise auch andere Bezeichnungen verwendet. Häufige Synonyme sind: arithmetische, mathematische, numerische, quantitative oder schematische Gleichheit.
Die unterschiedlichen Vorstellungen von Gleichheit und die Problematik des Themas begleiten das menschliche Reflektieren seit Anbeginn des Nachdenkens über das menschliche Zusammenleben. Von Platon und Aristoteles wurde die totale Gleichheit eher als Zeichen einer „entarteten“ Gesellschaftsordnung angesehen. Aristoteles schreibt über die Gleichheit:
„So scheint etwa die Gleichheit gerecht zu sein, und sie ist es auch, aber nicht unter allen, sondern nur unter den Ebenbürtigen. Und ebenso scheint die Ungleichheit gerecht zu sein, und ist es auch, aber unter den Unebenbürtigen.“[15]
Diese proportionale Gerechtigkeitsvorstellung spiegelt sich vor allem in der Verteilung von Gütern und Ämtern wider. Gemäß einer Vorstellung von „Verteilungsgerechtigkeit“ gilt: „Jedem das Seine“, das heißt seiner Leistung, Würde oder Tugend (arete) entsprechend. In einem eher strafrechtlichen bzw. vergeltenden oder wirtschaftlichen bzw. austauschenden Sinne wird die Auffassung vertreten, dass für Aristoteles der quantitative Grundsatz „Jedem das Gleiche“ gelten soll, zum Beispiel, dass niemand in einer Wirtschaftsbeziehung übervorteilt werden darf.
Hier könnte der Eindruck entstehen, dass die Menschen als Subjekte gleich sind und von den Institutionen (zum Beispiel einem Gericht) gleich behandelt werden müssen. Manuel Knoll weist in seinem Werk „Aristokratische oder Demokratische Gerechtigkeit? Die politische Philosophie des Aristoteles und Martha Nussbaum egalitaristische Rezeption“ unter Berufung auf Stefanie Haackes Buch „Zuteilen und Vergelten“[16] nach, dass dies eben nicht so ist. Er führt Aussagen aus Aristoteles Werk an, die die gängige Lesart widerlegen. Er bezieht sich unter anderem auf zwei Passagen in der Nikomachischen Ethik. So sagt Aristoteles explizit, dass die Gerechtigkeit im Austausch „nach Proportionalität und nicht nach Gleichheit verfährt“[17]. Ferner zitiert Knoll aus Aristoteles Werk:
„Wenn etwa ein Regierender jemand geschlagen hat, so darf man nicht zurückschlagen; wenn man aber einen Regierenden geschlagen hat, so soll man nicht bloß geschlagen, sondern auch noch bestraft werden.“[18]
Aus dieser Aussage spricht eben kein egalitaristisches Staatsverständnis, sondern eine Beschreibung fundamentaler Ungleichheit der Akteure. Dem Autor gelingt es, nachzuweisen, dass „Aristoteles der Auffassung ist, dass das Schlechthin Gerechte eine Gleichheit für Ranggleiche ist oder Gleichwertige und nicht eine Gleichheit für alle Menschen ist.“[19]
Aristoteles geht also grundsätzlich von einer Ungleichheit der Menschen aus. Es gibt aber einen Bereich, wo der proportionalen Verteilung (nach Würde und Leistung) eine arithmetische Verteilung gegenübergestellt wird. So schreibt Aristoteles im Fünften Buch der Nikomachischen Ethik:
„Man darf aber das Schema der Proportionalität nicht beim Austausch [von Gütern G.F.] berücksichtigen, weil sonst auf das eine der Extreme ein doppelter Überschuß käme; sondern es ist nur zu beachten, daß jeder das Seinige erhält“[20]
Das heißt also, dass es im Bereich des Austausches keine extremen Unterschiede geben darf, da sonst die Grundaussage der proportionalen Verteilung in Schieflage gelangen würde. Es soll eben nicht der Fall eintreten, dass der Unwürdige viel mehr erhält als im zusteht (Gleiches gilt auch für den ehrenwerten Bürger). Die Verteilung der Güter darf das fragile Klassensystem nicht ins Wanken bringen, daher bewahrt der Austausch im numerischen Verhältnis das grundsätzliche System der proportionalen Ungleichheit.
Ebenso wie für Aristoteles ist Gerechtigkeit auch für Platon normativ besetzt. Er versteht unter der Gerechtigkeit eine „Tugend der Seele“.[21] Für ihn ist der Gerechte „glückselig“, der Ungerechte dagegen „elend“.[22] Hinsichtlich der Frage nach der Gleichheit spricht auch Platon von zwei Arten der Gleichheit. Berühmt ist seine Definition der Gerechtigkeit, welche mit dem Fachausdruck „Idiopragie“ in die philosophische Debatte Eingang gefunden hat. Platon sieht es als gerecht an, „dass jeder das Seinige und Gehörige hat und tut“[23]. Interpretiert man diesen Satz, kann man durchaus eine non-egalitaristische Einstellung erkennen. Die Menschen sollen das „haben“, was sie aufgrund ihrer Fähigkeiten erreichen können und was ihnen entsprechend zukommt. Es ist für Platon grundsätzlich legitim, dass es Unterschiede in der Verteilung des Reichtums gibt, da die Menschen auch unterschiedliche Fähigkeiten haben. Diese Einstellung korrespondiert mit seiner Idee der unterschiedlichen Seelenteile, die sich in der idealen Stadt widerspiegeln.[24] Was geschieht aber, wenn jemand keine Fähigkeit besitzt? Wenn er aufgrund seines Intellekts, einer Krankheit oder eines Schicksalsschlages nichts mehr tun kann und verhungern müsste? In den Nomoi, äußert sich Platon in beeindruckend solidarischer Weise und konkreter als in der Politeia, mit heutigen Begriffen könnte man dies al politisch „links“ einordnen:
„In einer Stadt nämlich […] darf es weder drückende Armut bei manchen Bürgern geben noch andererseits Reichtum, da beide jene beiden Übelstände erzeugen. Also muss jetzt der Gesetzgeber eine Grenze für beides angeben. So gelte denn als Grenze für die Armut der Wert eines (Land)loses[25] ; dieser Grenzwert muss bestehen bleiben und seine Unterschreitung wird kein Beamter jemals dulden und ebenso auch keiner der übrigen Bürger. Nachdem der Gesetzgeber diesen Grenzwert als Maß aufgestellt hat, wird er gestatten, dass man hiervon das Doppelte und Dreifache bis hin zum Vierfachen erwirbt. Wenn aber jemand diesem Gesetz nicht gehorcht, so soll ihn jeder, der das will, gegen die Hälfte des Überschusses anzeigen.“[26]
Auch in der Politeia weist Platon im vierten Buch im Kapitel „Verderblichkeit von Armut und Reichtum für wirkende Menschen und für den Staat“ auf die Gefahren von extremer Armut und zu viel Reichtum hin. Am Beispiel des Töpfers erläutert er, dass dieser, sofern er zu reich geworden ist, immer fauler und nachlässiger wird. Sofern er aber zu arm ist, ist er nicht in der Lage, die notwendigen Werkzeuge anzuschaffen. Beides führt dazu, dass er ein schlechter Handwerker wird.[27] Hiermit wird eine beeindruckende Analyse entworfen, die auch über 2000 Jahre nach Platon und Aristoteles nichts an Aktualität eingebüßt hat. Diese Aussagen dürfen aber selbstverständlich nicht den grundlegend elitär-autoritären Zug von Platon in Frage stellen. Seine Präferenz ist ganz klar eine Elitenherrschaft der Philosophen, basierend auf der Ungleichheit der Menschen analog zu ihrem Seelenvermögen.
Wie bereits im vorangegangen Abschnitt erwähnt, bildet der Non-Egalitarismus die Gegenposition zum Egalitarismus. Ersterer setzt Individuen zueinander in Relation und lässt ihnen unterschiedliche Werte zukommen. Man spricht im Zusammenhang mit dem Non-Egalitarismus häufig auch von relativer, proportionaler und geometrischer Gleichheit. Der Non-Egalitarismus geht davon aus, dass die Menschen ungleich sind, und akzeptiert eine wertende Einordnung der Menschen – anders formuliert: Er betrachtet Gleichheit eben nicht als intrinsischen Wert, Ungleichheiten sind akzeptabel. So besitzt zum Beispiel der non-egalitäre Begriff der „Elite“ nicht beschreibenden Charakter, sondern auch eine wertende Konnotation. Nachdem die sogenannte „Elite“ einen Selektionsprozess durchlaufen hat, werden die Menschen, die ihr zugehören – oder sich ihr zugehörig fühlen –, mit dem Attribut einer gewissen – meist positiven – Qualität besetzt. Der Begriff der Elite ist jedoch per se auch sehr weit. Zur gesellschaftlichen Elite können sowohl Professoren zählen als auch Schauspieler oder reiche Unternehmer. Das, was als Elite angesehen wird, ist abhängig vom Standpunkt des Betrachters, der Begriff ist somit per se relational. Der Grundsatz des Non-Egalitarismus lautet: Gleichen Gleiches[28]. Nur wer bestimmte Attribute erfüllt bzw. einer bestimmten Gruppe zugehört, wird gleich behandelt. Dies ist ein klarer Gegensatz zum Egalitarismus, der alle Menschen, unabhängig von individuellen Merkmalen oder Leistungen, gleich behandeln will.
Non-Egalitarismus bedeutet auch, dass den Menschen etwas „zugetraut“ wird. Jeder kann es durch aktives Handeln schaffen, zu einer gewissen Elite zu gehören. Auch der Geburtsadel, der aufgrund mangelnder persönlicher Leistung nicht als Charakteristikum einer qualitativ wertvollen Elite gezählt werden sollte, kann durch eine aktive Heiratspolitik erreicht werden. Insgesamt genießt die Tugend der Tüchtigkeit bei den sogenannten „Nicht-Gleichmachern“ einen höheren Stellenwert als bei Egalitaristen, aber auch der Status quo von hohem materiellem Besitz (Besitzstandswahrung) zum Beispiel bei hohen Erbschaften wird von Non-Egalitaristen akzeptiert. Dementsprechend gelten auch historische Leistungen von Vorfahren als zulässige Rechtfertigungsgründe für eine Ungleichbehandlung. Non-Egalitaristen zollen, bewusst oder auch unbewusst, einem Menschen, der aus einer traditionellen erfolgreichen Familie entstammt, mehr Respekt. Dies mag ungerechtfertigt erscheinen, dennoch wird die Historie von Non-Egalitaristen als Urteils- und Rechtfertigungsgrund für Ungleichheit mit einbezogen.
Die natürlichen und sozialen Ungleichheiten werden von den Non-Egalitaristen also akzeptiert und die daraus resultierende relative Ungleichheit gilt ihnen als Faktum, welches beispielsweise angesichts der Tüchtigkeit der Menschen auch gerechtfertigt ist.
Sowohl der Egalitarismus als auch der Non-Egalitarismus können zur normativen Gerechtigkeitsphilosophie gezählt werden, da sie eine Wertung darüber abgeben, welche gesellschaftliche Ordnung anzustreben ist. Die entscheidende Frage in dieser Debatte stellt Amaryta Sen im ersten Kapitel seines Buches „Inequality Reexamined“. So fragt er nach den Kriterien zur Herstellung bzw. Nicht-Herstellung von Gleichheit. Die Fragestellung von Sen lautet: „Equality of what?“[29] Soll Gleichheit nur hinsichtlich wirtschaftlicher Güter und Einkommen oder auch hinsichtlich Chancen und Fähigkeiten hergestellt werden? Diese Frage wird von den relevanten Akteuren sehr unterschiedlich beantwortet und führt vor allem im Lager der Egalitaristen zu deutlichen Abstufungen hinsichtlich der Leidenschaftlichkeit, mit der Debatten angegangen werden.
Eine „wertneutrale“ und objektive Definition des Begriffs „Gleichheit“ gibt Otto Dann:
„Gleichheit bedeutet Übereinstimmung einer Mehrzahl von Gegenständen, Personen oder Sachverhalten in einem bestimmten Merkmal, bei Verschiedenheit in anderen Merkmalen.“[30]
Der erste Teil der Definition ist verständlich. Es ist klar, dass Gleichheit nur in Beziehung zu anderen zu erreichen ist. Man kann nur „gleich“ sein, wenn man sich mit anderen vergleicht. Der zweite Teil erscheint nicht nachvollziehbar. Es stellt sich die Frage, warum Gleichheit in einem bestimmten Merkmal voraussetzt, dass in anderen Merkmalen Verschiedenartigkeit herrscht. Eine Gruppe Menschen kann durchaus hinsichtlich mehrerer Merkmalen homogen sein, zum Beispiel hinsichtlich Bildung, Einkommen, Aussehen, Interessen etc. Insofern ist die Definition nur bedingt richtig. Besser wäre folgende Definition: Gleichheit bedeutet Übereinstimmung einer Mehrzahl von Gegenständen, Personen oder Sachverhalten in einem oder mehreren Merkmalen. Sie reicht von Übereinstimmung in einem Merkmal bis hin zu völliger Kongruenz.
2.2 Zum Stand der Forschung
Die Egalitarismusdebatte und die damit verbundenen Vorstellungen sind innerhalb der sozialwissenschaftlichen Forschung noch relativ jung. Erstmals erkannt und formuliert wurde die gesellschaftliche Relevanz sowie das Potential dieser Thematik von John Rawls (1921–2002), der jedoch noch keine wissenschaftliche Behandlung des Topos durchführte, sondern seine subjektiven Vorstellungen in seinem Werk „Theorie der Gerechtigkeit“ im Jahre 1971 formulierte. Eine ausführliche wissenschaftliche Untersuchung lieferte indes Dagmar Herwig im Rahmen ihrer Habilitationsschrift „Gleichbehandlung und Egalisierung als konkurrierende Modelle von Gerechtigkeit“ von 1984.
Manuel Knoll setzt in seiner Habilitationsschrift „Aristokratische oder demokratische Gerechtigkeit?“ von 2009 den Forschungsschwerpunkt auf das Verhältnis und den Beitrag der antiken Philosophen Aristoteles und Platon zur Egalitarismusdebatte. Angelika Krebs gibt in ihrem Sammelband „Gleichheit oder Gerechtigkeit. Texte der neuen Egalitarismuskritik“ Autoren, die dem Egalitarismus kritisch gegenüberstehen, eine Plattform. Das Buch erschien erstmals im Jahr 2000 und kann durchaus als Antwort auf etablierte Egalitaristen wie Richard Arneson, Ronald Dworkin, Thomas Nagel, Eric Rakowski, Amartya Sen oder Philippe van Parijis verstanden werden.
Die gesamte neuzeitliche Auseinandersetzung zwischen Egalitaristen und Non-Egalitaristen stammt aus dem amerikanischen Raum. Dies mag daraus resultieren, dass in der Leistungsgesellschaft der USA die Gegensätze zwischen den Leistungsstarken und den scheinbar oder tatsächlich vom Glück Verlassenen größer sind. Daher ist es verständlich, dass sich hier die im Leben empfundenen Gegensätze auch im akademischen Diskurs stärker widerspiegeln als in gesellschaftlich relativ homogenen (Wohlfahrts-)Staaten wie Deutschland.
Es lässt sich konstatieren, dass es innerhalb der Forschungsdebatte nur wenige ausgewogene und nüchterne Werke gibt, die einen umfassenden und objektiven Überblick geben. Der Themenbereich ist vor allem von mehr oder weniger dogmatischen Autoren besetzt, die in unterschiedlicher Stärke der einen oder anderen Schule anhängen. Angesichts der grundlegenden gesellschaftlichen Bedeutung und den immer wieder aufkommenden Diskussionen um Gerechtigkeit ist zu erwarten, dass die Debatten über Egalitarismus und Non-Egalitarismus, die sich hauptsächlich mit diesem Themenkomplex befassen, für die nächsten Jahre die philosophisch-gesellschaftspolitischen Diskurse wesentlich mitbestimmen werden.
2.3 Abstufungen innerhalb des (non-)egalitaristischen Denken
Innerhalb der egalitären und non-egalitären Schulen vertreten deren Anhänger teilweise weit divergierende Vorstellungen darüber, was als gerecht bzw. ungerecht angesehen werden kann und muss.
Gehen wir von folgendem fiktiven Fall aus: Zwei Maurer leisten beide sehr gute Arbeit. Durch einen Unfall verliert einer von ihnen zwei Finger und kann somit nicht mehr so gut arbeiten wie sein Kollege. Dieser steigt durch den Makel seines Kollegen zum Vorarbeiter auf, wodurch er auch mehr Geld verdient. Ist der Makel des fehlenden Fingers nicht ein ausgleichsbedürftiger Nachteil? Darf dieses Unglück zum Nachtteil des Maurers führen? Sollten nicht beide gleich behandelt werden – entweder im Sinne einer Hochstufung beider guter Maurer oder sogar in einer Herabstufung des gesunden? Würde Gleichheit und damit Gerechtigkeit hergestellt, wenn man dem Gesunden auch einen Finger abnimmt? Für radikale Egalitaristen ist die zumindest teilweise unverdiente Besserstellung des gesunden Maurers ausgleichbedürftig, und dies kann letztlich zu einer Schlechterstellung beider Maurer führen. Das Hauptziel Gerechtigkeit im Sinne der numerischen Gleichheit kann nämlich eben auch erreicht werden, wenn man den Gesunden mit dem Behinderten gleichstellt. Es lassen sich zahlreiche Beispiele anführen: Der Blinde ist schlechter gestellt als der Sehende – um Gleichheit herzustellen, müsste man den Sehenden blenden. Die Ernte des Bauern A ist durch Schädlinge vernichtet. Gerecht wäre es, die Ernte des Bauern B auch zu vernichten. Denn erst wenn fundamentale Gleichheit herrscht, sind die Verhältnisse gerecht.
Dies zeigt, dass der Egalitarismus in Reinform mit seinem Grundsatz Jedem das Gleiche inhumane Mittel anwenden kann. Ziel ist es stets, dass das als gerecht Angesehene erreicht wird.
In der Realität werden aber die wenigsten Egalitaristen eine derart reine Lehre des „Downgrading“ predigen. So zum Beispiel William Frankena, der darauf hinweist, dass sich Gleichheit auch herstellen lässt, indem man alle Menschen umbringt: „If a ruler were to boil his subjects in oil, jumping in afterwards himself, it would be no inequality of treatment.“[31] Dies ist ein Extrembeispiel und keineswegs repräsentativ für die Mehrheit der Egalitaristen. Der Mehrzahl geht es um einen Ausgleich im Sinne einer Besserstellung aller Menschen, um so numerische Gleichheit herzustellen. Der Blinde erhält also diverse Vergünstigungen, um seinen unverschuldeten Mangel auszugleichen. So darf er kostenlos öffentliche Verkehrsmittel nutzen, wird bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst bevorzugt, erhält steuerliche Vorteile, oder es werden ihm die GEZ- oder Telefongebühr erlassen. Innerhalb der Gesellschaft herrscht ein breiter egalitaristischer Konsens darüber, dass körperliche Behinderungen ausgleichsberechtigt sind. Da es inhuman wäre, die Gesunden den Erkrankten gleichzustellen, versucht man, den Ausgleich mittels diverser anderer Maßnahmen (Upgrading) zu erreichen. Die Ausgleichsbedürftigkeit unverschuldeter Mängel ist, wie sich hier erkennen lässt, breiter Konsens im egalitaristischen Denken.
Problematisch ist hingegen die Frage nach der Ausgleichsbedürftigkeit persönlich verschuldeter Mängel, zum Beispiel, wenn jemand sein Haus durch exzessives Trinken oder Spielsucht verliert oder wenn jemand eine gefährliche Sportart ausübt und dadurch eine körperliche Behinderung davonträgt. Ist es in diesen Fällen gerecht, dass die Allgemeinheit für das objektive Fehl- bzw. Risikoverhalten aufkommen muss? Wäre es beispielsweise bei Ausübung einer Risikosportart gerechtfertigt, dass die Krankenkasse einen höheren Beitrag von demjenigen verlangt, der auf einen Vulkan klettert oder mit Haien taucht? In diesen Fällen würden die meisten Egalitaristen keine Ausgleichbedürftigkeit feststellen. Der Egalitarismus konzentriert sich vielmehr auf den Ausgleich unverschuldeter Mängel. Im Folgenden sollen nun einige zeitgenössische Denker dargestellt werden, die die Debatte maßgeblich geprägt haben und deren Ansätze die verschiedenen Ebenen der Debatte widerspiegeln.
3 Philosophische Positionen zur sozialen Gerechtigkeit
Es gibt eine Reihe von Personen, die in der Debatte über die Verteilung der unterschiedlichen Güter Position beziehen. Die Debatte über den Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen ist nicht nur eine akademische Disziplin, sondern hat bedeutende gesellschaftliche Relevanz, da nahezu jeder Mensch einen gewissen Anteil an den materiellen und immateriellen Gütern (wie Bildung) haben möchte. Dieser Diskurs birgt insofern gesellschaftliches und politisches Konfliktpotential. Die Demonstrationen vieler Menschen gegen die Vorschläge der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ unter Leitung von Peter Hartz, gegen die sogenannten Hartz-Reformen, belegen das gesellschaftliche Konfliktpotential.
Der vorliegende Abschnitt der Dissertation beleuchtet die philosophischen Grundlagen und Meinungen, die die Auseinandersetzung maßgeblich beeinflussen. Es wird betont, dass sich die vorgestellten Denker mit der Frage nach normativen, analytischen Gerechtigkeitsvorstellungen beschäftigen. Es geht also um die Frage, was unter Gerechtigkeit zu verstehen ist. Es handelt sich nicht um empirische Erhebungen der gegebenen Verhältnisse, sondern um grundlegende Annahmen, wie Gerechtigkeit beschaffen sein soll. Auf die empirischen Gegebenheiten sowie die Wahrnehmungen in der Bevölkerung wird in Kapitel 5 dieser Dissertation eingegangen, auf die konkrete Umsetzung in Partei- und Regierungshandeln in Kapitel 7.
3.1 Egalitaristen
Die von oben genannter Kommission erarbeiteten Vorschläge zur Reform des deutschen Arbeitsmarktes entsprechen wohl nicht den Vorstellungen der Vertreter egalitaristischer Weltanschauung. Durch die Zusammenlegung von ehemaliger Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II erhalten Bedürftige nach der Reform de facto weniger Geld, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.[32] Auch die Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I ist nicht in egalitaristischem Sinn. Durch diese Maßnahmen vergrößert sich nämlich der finanzielle Abstand von Transferleistungsempfängern zu der regulär arbeitenden Bevölkerung. Dieser Abstand wird von den Egalitaristen negativ bewertet. Vereinfacht gesagt streben die Egalitaristen eine möglichst homogene Gesellschaft mit gleichen Gütern und Chancen für alle an. Dafür sind auch gesellschaftliche Transferzahlungen gerechtfertigt. Im Folgenden sollen nun einige der Denker vorgestellt werden, die sich für eine möglichst gleiche Gesellschaft einsetzen. Die ausgewählten Philosophen sollen möglichst das gesamte Spektrum des egalitaristischen Denkens abdecken.
3.1.1 John Rawls
Interessanterweise weicht gerade der bedeutendste egalitaristische Denker der Neuzeit, John Rawls (1921–2002), vom Konzept der Ausgleichsbedürftigkeit gesundheitlicher Mängel als eines unverschuldeten Handicaps ab. In seiner Grundgüterlehre spielen soziale, ökonomische und freiheitliche Grundrechte eine zentrale Rolle. Hinsichtlich dieser Güter soll Gleichheit hergestellt werden. Es kann demnach seiner Konzeption als Manko angerechnet werden, dass Gesundheit als unverschuldeter Mangel nicht vorkommt. Die Gesundheit bildet in seinem Denken keine eigenständige, ausgleichsbedürftige Grundgutkategorie und wird nicht expressis verbis als Maßstab für die Herstellung von Gerechtigkeit genannt. Dennoch spricht er in seinem Aufsatz über Verteilungsgerechtigkeit davon, dass es eine „Unverletzlichkeit“ gibt, die „nicht einmal durch das Wohlergehen aller anderen außer Kraft gesetzt werden kann.“[33] Dies bedeutet zum Beispiel, dass man körperliche Leiden nicht dergestalt ausgleichen darf, dass man einem Todgeweihten die Organe entnimmt und sie transplantiert, um einem anderen Menschen das Weiterleben zu ermöglichen. Über die Grundgüter, von ihm auch als „soziale Werte“ bezeichnet, schreibt er:
„Diese Güter sind gewöhnlich brauchbar, gleichgültig was jemand für einen vernünftigen Lebensplan hat. Der Einfachheit halber wollen wir annehmen, die hauptsächlichen Grundgüter der Gesellschaft seien Rechte, Freiheiten und Chancen, sowie Einkommen und Vermögen.“[34]
Grundsätzlich ist bei allen weiteren Gedanken zu berücksichtigen, dass es in der Rawls’schen Vorstellung selbstverständlich ist, dass die angestrebte Ordnung in einem Rechtsstaat verwirklicht wird, der Gedanken- und Gewissenfreiheit garantiert.[35] Dies korrespondiert auch mit dem ersten Grundsatz der Gerechtigkeit als Fairness. Dieser Gesichtspunkt bildet die Grundlage der weiteren Erörterung, in der insbesondere auf die materiellen Aspekte in seinem Denken eingegangen wird.
Der wohl bedeutendste und zugleich umstrittenste Absatz in Rawls Werk ist seine Erklärung der allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellung:
„Alle sozialen Werte – Freiheit, Chancen, Einkommen, sind gleichmäßig zu verteilen, soweit nicht eine ungleiche Verteilung jedermann zum Vorteil gereicht.“[36]
Der Gedanke, der zum Differenzprinzip hinleitet, wird von ihm wie folgt erläutert:
„Wer von der Natur begünstigt ist, sei es, wer es wolle, der darf sich der Früchte nur so weit erfreuen, wie dies auch die Lage der Benachteiligten verbessert.“[37]
Der zweite Satz des Grundsatzes der Gerechtigkeit als Fairness ist entscheidend:
„Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten müssen folgendermaßen beschaffen sein: a) Sie müssen unter der Einschränkung des gerechten Spargrundsatzes den am wenigsten Begünstigten den größtmöglichen Vorteil bringen, und b) sie müssen mit Ämtern und Positionen verbunden sein, die allen gemäß fairer Chancengleichheit offenstehen.“[38]
In seinem Aufsatz über die Verteilungsgerechtigkeit spezifiziert und definiert Rawls das Differenzprinzip nochmals:
„Das Differenzprinzip besagt, dass diese (sozialen und ökonomischen; Erg. G. F.) Ungleichheiten nur dann gerechtfertigt sind, wenn sie einen Teil eines größeren Systems darstellen, in dem sie sich zum Vorteil der am wenigsten Begünstigten auswirken.“[39]
Durch seine Aussagen zum Differenzprinzip könnte man Rawls als Non-Egalitaristen interpretieren, da er sich gegen den Grundsatz des Egalitarismus „Jedem das Gleiche“ ausspricht und eine ungleiche Verteilung der Grundgüter zulässt. Diese Lesart ist jedoch nur schwer nachvollziehbar, da die Einschränkung der prinzipiellen Gleichheit durch das Differenzprinzip nur eine Option darstellt. Sie beschreibt keinen erstrebenswerten Dauerzustand, sondern bildet eine Ausnahme. Gleichheit ist für ihn die Norm und Ungleichheit eine Besonderheit, die einer Begründung bedarf. Diese Begründung ist nur stichhaltig, wenn alle von der Ungleichheit profitieren. Rawls stellt auch dar, von welchem Standpunkt aus die Ungleichheit gesehen werden muss. Seine Position ist die desjenigen, der „am wenigsten begünstigt“ ist. Von dieser Sicht ausgehend müssen die politischen Akteure ihre Handlungen vornehmen und sich zugleich an dieser messen. Der Vorteil der am wenigsten Begünstigten bildet den Maßstab für das Differenzprinzip – für die Gesellschaft. Er bezieht damit klar Stellung für die Schwächsten innerhalb eines Staates. Die Verbesserung ihrer Situation und die Angleichung nach oben ist eines seiner zentralen Anliegen.
Das langfristig zu realisierende wesentliche Ziel von Rawls ist eine ausgeglichene, brüderliche Gesellschaft, in der jedermann die Chance auf vorteilhafte Positionen hat.[40] Durch die Einschränkung, dass eine ungleiche Verteilung „jedermann“ zum Vorteil zu gereichen hat, wird eine Gleichbehandlung und damit eine egalitaristische Gesellschaftsordnung implizit gefordert.
Ein interessanter Aspekt der Rawls’schen Konzeption ist der, dass bei ihm der im Egalitarismus häufig auftauchende Gedanke des Neides aufgrund der Herkunft fehlt. Für ihn ist es nicht ungerecht, dass Menschen in bestimmte Positionen der Gesellschaft (zum Beispiel wohlhabende Familien) hineingeboren werden. Seiner Theorie zufolge ist es auch nicht ungerecht, wenn jemand reich erbt oder eine höhere Intelligenz besitzt.[41] Er führt an, dass dies „natürliche Tatsachen“ sind. Gerecht oder ungerecht ist lediglich die Art, wie sich die Institutionen angesichts dieser Tatsachen verhalten.[42] Nach Rawls ist es jedoch auch nicht als „Verdienst“ anzusehen, wenn jemand intelligenter ist als andere oder im Gegensatz zu anderen Geld geerbt hat. Dies sind schlichtweg Tatsachen. Institutionen sollen jedoch darauf hinwirken, dass sich die ungerechten Zustände aufgrund der „willkürlichen Lotterie der Natur“[43] nicht verstärken.
Angestrebt wird dagegen ein Ausgleich zwischen den Begünstigten und den weniger Begünstigten. Die demokratische Gleichheit gilt für Rawls absolut, und Unterschiede hinsichtlich der Lebensumstände sind auszugleichen. Es obliegt der Politik bzw. der Gesellschaft, den Anspruch auf Chancengleichheit herzustellen. Dies kann bedeuten, dass ein breiter egalitaristischer Konsens herrscht und beispielsweise der Millionenerbe einen Großteil seines ihm willkürlich zugefallenen Reichtums abgeben muss. Rawls positioniert sich mit seiner Aussage, dass die natürliche Verteilung weder gerecht noch ungerecht sei, nicht konkret politisch im Sinne von „x Prozent des Erbes müssen abgegeben werden“. Er überlässt es den gesellschaftlichen Akteuren (Institutionen) zu entscheiden, wie mit diesen Gegebenheiten konkret umzugehen ist, das heißt, wie hoch zum Beispiel die Besteuerung einer Erbschaft sein muss. Sein Wunsch, der „Lotterie der Natur“ eine sozial gerechte Ordnung durch Umverteilung entgegenzusetzen, die auch den am wenigsten Begünstigten einen angemessenen Anteil an den oben erwähnten Grundgütern garantiert, ist jedoch offensichtlich.
So spricht er etwa von einem sozialen Minimum, das jedem gewährt werden muss.[44] Jedoch soll nicht der Reichtum der Bessergestellten so lange verringert werden, bis alle auf derselben Stufe stehen; staatlich angeordnete Transferleistungen sollen nicht den Lebensstandard der Geber ruinieren. Die Egalisierung der Gesellschaft ist für Rawls ein langer Prozess. Durch eine bestimmt Sparrate soll, auf lange Sicht gesehen, ein Zustand erreicht werden, der eine Nivellierung der Gesellschaft im Auge hat.[45]
Problematisch und zu kurz greifend erscheint eine Lesart, der zufolge die Natur quasi a priori egalitär ist. Wolfgang Kersting interpretiert Rawls’ Konzeption dahingehend, dass eine moralische Natur egalitär handelt.[46] Diese Interpretation ist insofern zweifelhaft, da es nicht die Natur ist, welche handelt, sondern die Menschen (Institutionen). Die natürliche Begabungsausstattung ist für Rawls weder egalitär noch non-egalitär. Sie ist, wie oben gezeigt wurde, weder gerecht noch ungerecht, sondern schlichtweg gegeben.
Auch wenn Rawls für die Gleichheit plädiert, bewertet er die Ungleichheit nicht per se negativ. Im Gegenteil: Sie liefert einen „Anreiz, dass die Wirtschaft effizienter wird und der industrielle Fortschritt schneller vorangeht“.[47] Die Ungleichheit ist demnach Triebfeder des Fortschritts, sie muss nur derart ausgestaltet werden, dass möglichst viele Menschen vom Fortschritt gleichmäßig profitieren und extreme soziale Ungleichheiten ausgeschlossen sind. Allerdings muss die Verteilung der Güter auch gewährleisten, dass jeder – auch der weniger Begünstigte – geneigt ist, im System mitzuarbeiten.[48] In der Vorstellung von John Rawls soll die Umverteilung so gestaltet sein, dass auch der Empfänger von sozialen Leistungen bereit ist, seinen Beitrag zum gesamtgesellschaftlichen Wohlstand zu leisten.
An dieser Stelle erscheint der Hinweis auf einen Widerspruch im Denken von John Rawls angebracht. Der Begriff „Rawls’sches Paradoxon“ scheint zur Beschreibung dieses Sachverhalts geeignet. In Kapitel 48 der Theorie der Gerechtigkeit erklärt Rawls, dass die Zuteilung von Einkommen und Vermögen nach Verdienst und Leistung von ihm abgelehnt wird. Er begründet dies, wie später Stefan Gosepath, mit dem Hinweis, dass Angebot und Nachfrage, das heißt der Markt, festlegen, ob ein bestimmtes Verhalten respektive eine Leistung einen Verdienst darstellen. Somit gilt Verdienst nicht als Kriterium zur Rechtfertigung von Ungleichheit, da er rein systemisch bedingt ist und nicht in der unmittelbaren Verantwortung des Handelnden liegt.[49] In Kapitel 17 desselben Buches äußert Rawls, wie bereits mehrfach erwähnt, dass Fähigkeiten und Talente den Menschen unverdientermaßen zufallen. Sie sind quasi Launen der Natur und dienen somit nicht der Begründung von Ungleichheit. Damit gibt Rawls jedoch ex negativo zu, dass bestimmte Ungleichheiten existieren.
Das System, das die beiden widersprüchlichen Wünsche (Bereitschaft des Transferempfängers zur Mitarbeit im System und die Bereitschaft des Transfergebers zur Donation) am ehesten zu realisieren und zu verbinden vermag, ist eine sozial geprägte Marktwirtschaft. Rawls plädiert für eine freie Marktwirtschaft, die gewissen Regulierungen unterworfen ist. Der Wettbewerb generiert Rawls zufolge mehr Wohlstand innerhalb einer Gesellschaft, der dann wiederum allen Menschen zugutekommt.[50] Kein Markt oder keine Position soll versperrt sein, stattdessen soll jeder Mensch die Chance haben, sich in der freien Wirtschaft zu verwirklichen. Wie eingangs erwähnt, muss der Staat Rechtssicherheit gewährleisten.
Innerhalb des „egalitaristischen Denkens“ lässt sich Rawls eher dem sozialdemokratisch-pragmatischen Spektrum zuordnen. Seine Ansätze sind egalitaristisch gemäßigt und polarisieren nicht radikal. Sie können als vernunftgeleitete Prinzipien eines solidarisch denkenden Philosophen betrachtet werden. Für ihn ist relevant, dass alle Bürger die gleichen Chancen besitzen. Dies ist ein langfristiges Ziel und darf nicht dazu führen, dass jedwede Eigeninitiative behindert wird. Die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik könnte in etwa den Vorstellungen von John Rawls entsprechen. In ihr können seine Vorstellungen als am ehesten verwirklicht angesehen werden. Einen „Laissez faire“- Kapitalismus lehnt Rawls hingegen ab. Insofern ist es problematisch, ihn als „liberalen Denker“ im Sinne eines Marktliberalen zu bezeichnen, da zum Beispiel der Manchesterliberalismus ein möglichst unreguliertes Wirtschaftssystem propagiert. Es ist jedoch ebenso wenig korrekt, ihn als reinen Egalitaristen zu verstehen, da er Unterschiede und Ungleichheiten durchaus anerkennt und sie sogar als förderlich und notwendig erachtet. Zutreffend ist es, seine Vorstellungen bürgerlich-sozialdemokratisch zu nennen, da er die Vereinbarung von egalitaristischen und non-egalitaristischen Interessen anstrebt.
3.1.2 Richard Arneson
„Der Verteilungsgerechtigkeit geht es darum, Individuen für ihr Unglück zu entschädigen. Manche Menschen sind mit Glück gesegnet, andere vom Pech verfolgt. Es liegt in der Verantwortung der Gesellschaft – von uns allen als Kollektiv –, das Ergebnis jenes Gewirrs von Lotterien, aus denen das menschliche Leben bekanntermaßen besteht, d. h. die Verteilung von glücklichen Zufällen und Schicksalsschlägen zu verändern. Für eine gerechte Verteilung ist es erforderlich, dass die Glücklichen einen Teil oder die Gesamtheit der Vorteile, die sie ihrem Glück verdanken, an die Glücklosen abtreten.“[51]
Diese Aussage des US-amerikanischen Philosophieprofessors Richard Arneson formuliert präzise die egalitaristische Grundhaltung. Der egalitaristische Grundsatz Jedem das Gleiche wird als Verantwortung der Gesamtgesellschaft angesehen. Ausgleichsbedürftige Mängel sollen insofern ausgeglichen werden, als die vom Glück Begünstigten einen Teil oder die Gesamtheit [sic!] der Vorteile, die sie ihrem Glück verdanken, abgeben.
Was bedeutet dies nun konkret? Ein Lotteriegewinn ist mit Sicherheit ein Glücksfall für den Begünstigten. Richard Arneson weist zu Recht darauf hin, dass es nicht nur die Leistung des Einzelnen ist, die bewundernswerte Errungenschaften ermöglicht, sondern eben auch die Lotterie der Natur, die manche in die glückliche Lage versetzt, Dinge zu erreichen, die ein weniger Begünstigter nicht erreichen kann.[52]
Derzeit sind in Deutschland Lotteriegewinne von der Steuer befreit. In den Augen von Egalitaristen ist diese Regelung ein eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit. Auf der einen Seite hungern und darben Hunderte von Menschen, und ein einzelner „Glückspilz“ erlangt ohne nennenswertes eigenes Zutun großen materiellen Reichtum. Dies sollte unbedingt kompensiert werden. Arneson geht in seiner Formulierung sogar so weit, dass „die vom Glück begünstigten […] die Gesamtheit [sic!] der Vorteile, die sie ihrem Glück verdanken“[53], abgeben. Würde diese radikale Idee auf das Beispiel des Lottospielens angewandt, würde kein vernünftiger Mensch mehr Lotto spielen. Dadurch entgingen dem Staat Millioneneinnahmen, die allen Menschen zugutekommen. Ob dies im Sinne einer gerechten Ordnung ist, erscheint mehr als zweifelhaft.
Die eigentlich problematische Frage im Zusammenhang mit Glück ist dessen Definition. Was ist Glück bzw. Schicksal? Der Lotteriegewinn erscheint relativ eindeutig. Dennoch erfordert auch er ein aktives Tun, nämlich das Kaufen eines Lottoscheins. Insofern ist Glück in diesem Zusammenhang auch eine aktive Handlung und nicht nur passives Rezipieren. Auch eine Erbschaft kann kaum als reines Glück angesehen werden. Irgendwie muss der Erbende eine Bindung zum Erblasser aufbauen, andernfalls könnte dieser sein Hab und Gut auch schlichtweg selbst verbrauchen oder jemand anderem zukommen lassen. Auch gute Gene und damit ein höherer IQ sind in gewissem Sinne Glück. Dennoch stellt sich auch hier die Frage, was der Besitzer mit seiner Gabe anfängt. Er kann lethargisch, wie der russische Oblomow, im Bett liegen, oder er kann versuchen, mithilfe seiner Fähigkeit materiellen Wohlstand oder Ansehen zu erreichen.
Glück ist immer auch aktives Handeln. Es stellt sich demnach die Frage, ob es gerecht ist, demjenigen, der etwas aus sich macht, einen Teil seiner Leistung wegzunehmen und sie gegebenenfalls an die Faulen zu verteilen, unabhängig von der Frage, wie hoch die Leistung war. Bedeutender ist jedoch die Frage, in welchem Verhältnis jemand von seinem Glück profitieren darf und wie viel weggenommen werden darf. Es ist auch ein Unterschied, ob jemand sechs richtige Zahlen im Samstagslotto ankreuzt oder aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten und langjähriger Forschung ein Medikament gegen HIV entwickelt und damit viel Geld verdient. Beide profitieren von ihrem Glück. Momentan verhält es sich so, dass der talentierte Forscher, der das Mittel erfindet, regulär besteuert wird, der Lotteriegewinner jedoch nicht. Dies wirkt definitiv nicht gerecht.
Eine absolute Vermögensgleichheit aller Menschen erscheint auch dadurch illusorisch, da sie jeden Anreiz für aktives Handeln hemmen würde. Warum soll der begabte Forscher denn forschen, wenn ihm die Früchte seiner Arbeit weggenommen und verteilt werden? Ob eine rein intrinsische Motivation ausreichend ist kann bezweifelt werden. Eine Verteilungsgerechtigkeit, wie die von Arneson formulierte, würde den Fortschritt in unserem Land schwieriger machen und keine weiteren Innovationen hervorbringen. Dennoch ist es richtig, auf bestehende Problematiken hinzuweisen. Es erscheint nicht gerecht, einen hohen Lottogewinn ohne Besteuerung zu erhalten, ohne eine Leistung vollbracht zu haben.
Im Gegensatz zu John Rawls ist Richard Arneson ein radikaler Egalitarist, der, wie das oben angeführte Zitat belegt, bereit ist, sämtliche Ungleichheiten auszugleichen. In seiner Vorstellung soll der Staat den Bürger für entstehenden Schaden entschädigen, was bei ihm quasi zu einem Rechtsanspruch wird. Begründet wird dies unter Verweis auf den intrinsischen Glücksanspruch eines jeden Menschen.
An dieser Stelle ist eine knappe Definition von „Glück“ hilfreich: Materielles Glück ist nahezu immer verbunden mit einer aktiven Leistung.[54] Auch bei der Erbschaft von der Tante aus Amerika muss der Erbende gewisse formale Anforderungen erfüllen, um in den Genuss der Erbschaft zu gelangen. Er muss einen Notar aufsuchen etc. Glück ist immer auch ein aktives Handeln und nicht nur bloßes Schicksal. Derjenige, der diesem Handelnden alles wegnehmen will, handelt ungerecht. Ferner muss man auch anmerken, dass derartige „Glücksfälle“, wie das umfangreiche Erbe der Tante aus Amerika oder der Lotteriegewinn, sich in der Praxis verschwindend selten ereignen. Insofern würde eher die breite Masse der Menschen, die etwas „Glück“ haben, durch die geforderte Distribution belastet bzw. im Sinne von Richard Arneson sogar enteignet. Zusammenfassend lässt sich Richard Arneson als rigider Egalitarist bezeichnen.
3.1.3 Stefan Gosepath
Stefan Gosepath ist Professor für Politische Theorie und Philosophie an der Universität Frankfurt. In seinem Werk „Gleiche Gerechtigkeit. Grundlagen des liberalen Egalitarismus“[55] erläutert er ausführlich, systematisch und auf hoher Abstraktionsebene seine Vorstellungen einer gerechten Ordnung. Für ihn kommt der Gleichheit die leitende Rolle in der Theorie der Gerechtigkeit[56] zu. Gleichheit ist für Gosepath der „Inbegriff der Gerechtigkeit“.[57] Für ihn ist die Herstellung von Gleichheit das Mittel der Wahl, um die sozialen, ökonomischen und politischen Unterschiede und die seiner Meinung nach damit verbundenen Ungerechtigkeiten und Widersprüche aufzulösen. Ist er damit ein Denker einer absoluten Gleichmacherei, dem es nicht darauf ankommt, worauf der Unterschied beruht? Im Laufe der Diskussion dieses Denkers wird diese Frage beantwortet werden.
Gosepath rekurriert in seinem Werk auch auf Aristoteles und Platon und behauptet, dass „ schon für Aristoteles und Platon gilt, dass eine gerechte Behandlung von Menschen eine gleiche Behandlung erforderlich macht“[58]. In dieser Absolutheit und ohne weitere Erläuterung ist diese These nicht haltbar. Platon und Aristoteles erkennen fundamentale Unterschiede zwischen den Menschen. Es seien nur die Sklaven, die Ungleichbehandlung der Frauen und Metöken erwähnt. Aber auch innerhalb der Bürgerschaft der Polis unterscheidet Platon die Menschen analog zum Seelenvermögen und weist ihnen unterschiedliche Fähigkeiten und unterschiedliche Positionen innerhalb der Gesellschaft zu. Auch bei Aristoteles sollen die Vollbürger nicht wie die Sklaven behandelt werden. Erstere sollen die Zeit haben, sich der Muße zu widmen und sich um die Verwirklichung ihrer Tüchtigkeiten zu kümmern.[59] Seine Grundüberzeugung ist die einer fundamentalen anthropologischen Ungleichheit der Menschen.[60]
Gosepaths Vorstellungen lassen sich charakterisieren als ein Mittelweg zwischen dem „harten“ Egalitarismus Arnesons und dem „weichen-pragmatischen“ Ansatz von John Rawls. So erinnern Gosepaths Thesen stark an John Rawls. Dementsprechend schreibt er: „Alle Betroffenen sind ungeachtet ihrer deskriptiven Unterschiede numerisch oder strikt gleich zu behandeln, es sei denn bestimmte Typen von Unterschieden sind in der anstehenden Hinsicht relevant und rechtfertigen durch allgemein annehmbare Gründe erfolgreich eine ungleiche Behandlung oder ungleiche Verteilung.“[61] Die entscheidende Frage ist, welcher Typ von Unterschied eine Ungleichbehandlung/Ungleichverteilung rechtfertigt. Gosepath beginnt mit dem Ausschlussprinzip: „Eine Begründung für Ungleichverteilung können vorgängige Rechte oder Ansprüche, insbesondere Eigentumsrechte nicht liefern.“[62] Interpretiert man diese Aussage, so scheint Gosepath unter „vorgängigen Rechten oder Ansprüchen“Erbansprüche zu verstehen. Es ist für ihn kein legitimer Grund, dass Person X aufgrund eines hohen Erbes besser gestellt wird als Person B. Gosepath nennt konkret vier Gründe, die Ungleichheit rechtfertigen können: Bedürfnis, Verdienst, Verantwortung und Effizienz.[63]
[...]
[1] Vgl. Nagel, Thomas: Eine Abhandlung über Gleichheit und Parteilichkeit. Paderborn: Ferdinand Schöningh Verlag, 1994, S. 44.
[2] Vgl. Bolz, Norbert: Diskurs über die Ungleichheit. München: Wilhelm Fink Verlag, 2009 S. 171.
[3] Vgl. De Tocqueville, Alexis: Über die Demokratie in Amerika. München: dtv, 1976 S. 521.
[4] Auf den Begriff Egalitarismus wird noch ausführlich eingegangen. Hier wird er im Sinne von grundlegender Gleichheit der Menschen verstanden, normiert z. B. in Artikel 3 GG.
[5] Vgl. hierzu Manuel Knoll, der meine Forschungen zu diesem Thema angeregt hat. Knoll, Manuel: Aristokratische oder Demokratische Gerechtigkeit. Die politische Philosophie des Aristoteles und Martha Nussbaums egalitaristische Rezeption. Wilhelm Fink Verlag, 2009, S. 16 (Einleitung) und Kapitel 15, insbesondere S. 314.
[6] Diese Theorie besagt, dass der Maßstab für die Rechtsetzung die Mehrung des gesamtgesellschaftlichen Wohls sein sollte. Das Bewertungskriterium hinsichtlich dessen, ob eine rechtliche Norm als gut oder schlecht anzusehen ist, ist die Frage, ob sie effizient im Sinne einer ökonomischen Vernunft ist. Dies kann zu Kollisionen mit normativen Rechtswerten führen. Dazu ausführlich: Calabresi, Guido: „Some Thoughts on Risk Distribution and the Law of Torts“. In: Yale Law Journal 70, 1961, S. 499; Coase, Ronald: The Firm, the Market and the Law, Chicago: University of Chicago Press 1988, S. 95ff., 157ff.
[7] Vgl. Herwig, Dagmar: Gleichbehandlung und Egalisierung als konkurrierende Modelle von Gerechtigkeit. München: Wilhelm Fink Verlag, 1984, S. 37.
[8] Die Liste des Fähigkeiten-Ansatzes (Capability Approach) von Martha Nussbaum ist eine Aufzählung grundlegender menschlicher Bedürfnisse, die verwirklicht werden sollten. Sie lassen sich als Rechte an der eigenen Personen zusammenfassen. Der Mensch soll in einer intakten Umwelt gesund und selbstbestimmt über sein Leben verfügen können.
[9] Nussbaum, Martha: „Der aristotelische Sozialdemokratismus“. In: Pauer-Studer, Herlinde (Hrsg.): Gerechtigkeit oder das gute Leben. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1999, S. 58.
[10] Knoll: Aristokratische oder Demokratische Gerechtigkeit, a. a. O., S. 254.
[11] „That is, egalitarians value equality because they take it to be good in itself“. Holtug, Nils: „Prioritarianism“. In: Holtug, Nils/Lippert-Rasmussen, Kasper (Hrsg.): Egalitarianism. New Essays on the Nature and Value of Equality. Oxford: Oxford University Press, 2007.
[12] Kersting, Wolfgang: Die Bedeutung der Gerechtigkeit. München: Roman Herzog Institut e. V. 2010, S. 24.
[13] Flache Chancengleichheit bedeutet lediglich, dass die Menschen grundsätzlich die Fähigkeit haben müssen, alle Ämter und Positionen zu erlangen, für die sie qualifiziert sind.
[14] Kersting: Die Bedeutung der Gerechtigkeit, a. a. O., S. 26.
[15] Aristoteles: Politik. 10. Auflage. München: dtv, 2006, S. 116, Drittes Buch/1280 a11.
[16] Haacke, Stefanie: Zuteilen und Vergelten. Figuren der Gerechtigkeit bei Aristoteles. Wien: Turia und Kant, 1994.
[17] Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. München, dtv, 1998, S. 214, 1132 b34.
[18] Ebd., S. 213, 1132 b28ff.
[19] Knoll: Aristokratische oder Demokratische Gerechtigkeit, a. a. O., S. 131.
[20] Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. München, dtv, 1998, S. 215 1133b.
[21] Platon: Politeia. Hamburg: Rowohlt, 1958, S. 95, 353 e.
[22] Ebd., S. 95, 354 a.
[23] Ebd., S. 160, 433 e.
[24] Jedem Seelenteil entsprechen spezifische Zuständigkeiten und Tugenden und Tätigkeiten. Dem denkenden Teil entsprechen die weisen, einsichtigen Philosophen, dem mutigen Teil entsprechen die tapferen Krieger, dem begehrenden Seelenteil die nach Besitz strebenden Handwerker und Bauern.
[25] Unter „Landlos“ versteht Platon in den Nomoi ein Landstück. Das Staatsgebiet soll in 5040 gleich große Stücke geteilt werden.
[26] Platon: Nomoi. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, S. 49, Fünftes Buch, 744d-745a.
[27] Vgl. ebd., S. 149, 421d.
[28] Vgl. Herwig, Dagmar: Gleichbehandlung und Egalisierung, a. a. O., S. 37.
[29] Sen, Amartya: Inequality Reexamined. Cambridge: Harvard University Press, 1992, S. 12.
[30] Dann, Otto: „Gleichheit“. In: Brunner, Otto/Conze, Werner/Kosselleck, Reinhard (Hrsg.): Sprache in Deutschland, Bd. 2, Stuttgart: Klett Verlag, 1979, S. 997ff.
[31] Frankena, William: „The Concept of Social Justice“. In: Brandt, Richard (Hrsg.): Social Justice. New Jersey: Prentice Hall, 1962, S. 17.
[32] Vor Inkrafttreten der Reform bekamen Bedürftige durch die Sozialämter geldwerte Leistungen, wie zum Beispiel einen neuen Kühlschrank. Dadurch war der geldwerte Transfer in Summe höher als das nunmehr ausgezahlte Arbeitslosengeld II in Höhe von 374 Euro für Alleinstehende.
[33] Rawls, John: „Verteilungsgerechtigkeit“. In: Horn, Christoph/Scarano Nico (Hrsg.): Philosophie der Gerechtigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2002, S. 357; engl. Original: Distributive Justice. In: Laslett, P./Runciman, W. G. (Hrsg.): Philosophy, Politics and Society. Oxford: Blackwell, S. 52–82.
[34] Rawls, John: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1979, S. 83.
[35] Vgl. ebd., S. 369.
[36] Ebd., S. 83.
[37] Ebd., S. 122.
[38] Ebd., S. 81.
[39] Rawls: „Verteilungsgerechtigkeit“, a. a. O., S. 366.
[40] Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, a. a. O., S. 92.
[41] Rawls: „Verteilungsgerechtigkeit“, a. a. O., S. 371; ebenso Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, a. a. O., S. 32.
[42] Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, a. a. O., S. 123.
[43] Ebd., S. 94.
[44] Rawls: „Verteilungsgerechtigkeit“, a. a. O., S. 371.
[45] Vgl. ebd., S. 374.
[46] Kersting, Wolfgang: John Rawls zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag, 2001, S. 88.
[47] Rawls: „Verteilungsgerechtigkeit“, a. a. O., S. 366.
[48] Vgl. Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, a. a. O., S. 32.
[49] Vgl. ebd., S. 344ff.
[50] Vgl. ebd., S. 368.
[51] Arneson, Richard: „Rawls, Responsibility, and Distributive Justice“. In: Salles, Maurice/Weymark, John A. (Hrsg.): Justice, Political Liberalism, and Utilitarianism: Themes from Harsanyi. Cambrigde: Cambridge University Press, zitiert nach Anderson, Elizabeth S.: „Warum eigentlich Gleichheit?“ In: Krebs, Angelika (Hrsg.): Gerechtigkeit oder Gleichheit. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2000, S. 121.
[52] „Admirable actions and excellent achievements depend in part on factors beyond her power to control, such as the opportunities she faces and the native talent she possesses.“ Arneson, Richard: „Desert and Equality“. In: Holtug, Nils/Lippert-Rasmussen, Kasper (Hrsg.): Egalitarianism. New Essays on the Nature and Value of Equality. Oxford: Oxford University Press, 2007, S. 272.
[53] Arneson: „Rawls, Responsibility, and Distributive Justice“, a. a. O., zitiert nach Anderson, „Warum eigentlich Gleichheit?“, a. a. O., S. 121.
[54] Ausnahme ist natürlich das akzidentiell zufallende Glück, welches unbeabsichtigt entsteht, auch Zufallsglück oder griechisch tychê, nach der Göttin des Schicksals, genannt.
[55] Gosepath, Stefan: Gleiche Gerechtigkeit. Grundlagen eines liberalen Egalitarismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2004.
[56] Gerechtigkeit erachtet er als den Maßstab, an dem sich andere Werte messen müssen. Gerechtigkeit hat Vorrang vor anderen moralischen und sozialen Werten im politisch-sozialen Bereich.
[57] Gosepath: Gleiche Gerechtigkeit, a. a. O., S. 11.
[58] Ebd., S. 10, 463.
[59] Vgl. Knoll: Aristokratische oder Demokratische Gerechtigkeit, a. a. O., S. 257.
[60] Vgl. ausführlich ebd., S. 135ff.
[61] Gosepath: Gleiche Gerechtigkeit, a. a. O., S. 457.
[62] Ebd., S. 349.
[63] Ebd., S. 351.
- Citation du texte
- Dr. Georg Fichtner (Auteur), 2012, Die gerechtigkeitstheoretischen Grundlagen der politischen Begriffe "links" und "rechts", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199926
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