Die Frage danach, was einen guten Unterricht ausmacht und welche Rolle der Lehrkraft, bzw. ihren Kompetenzen und Einstellungen darin zukommt, hat eine lange Tradition (vgl. Gudjons/Reinert 1981, passim) und bestimmt auch aktuell den Diskurs um schulischen Lernerfolg und Bildung (Jürgens/Standop 2010). Selbst wenn es »den« guten Unterricht nicht gibt, kann als ein mögliches Kriterium die zu entwickelnde „Beziehungskultur“ zwi-
schen Lehrenden und Lernenden gesehen werden, die von Achtung der Einzelpersönlichkeit, Fürsorglichkeit, Verantwortungsgefühl u. a. m. getragen sein soll. Die grundsätzliche Haltung jeder Lehrperson sollte von einem positiven Menschenbild geprägt sein, das sich darin äußert, dass die Lehrperson jedem Schüler und jeder Schülerin wohlwollend, motivierend und unvoreingenommen begegnet (vgl. Jürgens 2010, S. 51ff.).
In der Lehramtsausbildung können die Studierenden jedoch hauptsächlich intellektuelle Kompetenzen erwerben (vgl. Kreuzer 2007, S. 101), die Ausbildung umfasst also vorwiegend fachliche, didaktische und pädagogische Inhalte während der Faktor „Lehrer- und Lehrerinnenpersönlichkeit“ ausgeklammert wird, bzw. deren Weiterentwicklung der Lehrperson oft selbst
überlassen bleibt (vgl. Bosse/ Dauber 2008, S. 1). Bei Problemen im Schulalltag bestimmen dann häufig die eigenen Einstellungen, Haltungen und Erfahrungen das erzieherische Handeln. Diese relativ konstanten, aber meist weitgehend unreflektierten Einflussfaktoren können im positiven Fall das Potenzial zur Konfliktverminderung bereitstellen, aber auch genau das Ge-
genteilige bewirken, bspw. wenn das Handeln der Lehrenden lediglich pädagogisch zu sein scheint, jedoch in der Interaktion eher auf ungelöste eigene Konflikte hinweist (vgl. Singer1981, S. 78f.). Dem entscheidenden schulischen Wirkfaktor, der Persönlichkeit der Lehrenden selbst, wird auch angesichts der Bedeutsamkeit von Beziehung und Bindung zu wenig Beachtung in der Lehramtsausbildung geschenkt (vgl. Bosse/Dauber 2008, S. 3;
Neufeld/Maté 2004, S. 194).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Bedeutung der Lehrperson in einer veränderten Kindheit
- 2.1 Aspekte einer veränderten Kindheit
- 2.2 Bindungs- und Bildungsaspekte
- 3. Motivation, Beziehung, Kommunikation und Selbstverwirklichung in der humanistischen Psychologie
- 3.1 Die Motivationstheorie nach Maslow
- 3.2 Die "hilfreiche Beziehung" nach Rogers
- 3.3 Kommunikation und Beziehung nach Gordon
- 4. Verhalten der Lehrkräfte im Schulkontext - eine Bestandsaufname
- 4.1 Modell einer Lehrer-Schüler-Beziehung nach Nickel
- 4.2 "Sozialpsychologie erzieherischen Handelns" nach Hofer
- 5. Begründungen für ein Ausbildungselement "Selbstreflexion"
- 5.1 Anforderungen im psychosozialen Bereich
- 5.2 Unbewusste Handlungsmotive im Verhalten der LehrerInnen
- 5.3 Die Lehrperson beeinflusst das Lernen
- 6. "Selbstreflexion" und "professionelle Selbstreflexion" aus pädagogischer und psychoanalytischer Perspektive
- 6.1 Begriffliche Unterscheidungen
- 6.2 Voraussetzungen für eine psychoanalytische Selbstreflexion
- 6.2.1 Psychoanalytisches Wissen
- 6.2.2 Innere Haltung/ Professionalität
- 7. Ausgewählte Konzepte in Inhalt und Intention - Mögliche Umsetzung und Auswertung
- 7.1 Profilstudienprogramm "Konfliktberatung für Pädagogen"
- 7.1.1 Praktische Umsetzung
- 7.1.2 Auswertung
- 7.2 "Psychoanalytisch orientierte Selbstreflexion POS"
- 7.2.1 Praktische Umsetzung
- 7.2.2 Auswertung
- 7.3 "Übungen zur Biografiearbeit"
- 7.3.1 Praktische Umsetzung
- 7.3.2 Auswertung
- 7.4 "Förderung psychosozialer Basiskompetenzen"
- 7.4.1 Praktische Umsetzung
- 7.4.2 Auswertung
- 7.1 Profilstudienprogramm "Konfliktberatung für Pädagogen"
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Abschlussarbeit befasst sich mit der Bedeutung der Lehrperson für Schülerinnen und Schüler und der Notwendigkeit der „Selbstreflexion“ als wichtiges Element in der Lehramtsausbildung. Die Arbeit analysiert die Rolle der Lehrperson in einer sich verändernden Gesellschaft und beleuchtet die Auswirkungen auf die Kindheit. Zudem werden wichtige Aspekte der humanistischen Psychologie, wie Motivation, Beziehung und Kommunikation, im Kontext der Lehrerausbildung betrachtet. Die Arbeit untersucht, wie die Persönlichkeit der Lehrkraft das Lernen beeinflusst und argumentiert für eine Erweiterung der Lehramtsausbildung durch ein Element der "Selbstreflexion".
- Die Bedeutung der Lehrperson in einer veränderten Kindheit
- Motivation, Beziehung und Kommunikation in der humanistischen Psychologie
- Einfluss der Lehrperson auf das Lernen
- Notwendigkeit der Selbstreflexion in der Lehramtsausbildung
- Mögliche Konzepte zur Umsetzung der Selbstreflexion
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die historische Bedeutung der Lehrperson und den aktuellen Diskurs um schulischen Lernerfolg und Bildung. Die Arbeit argumentiert, dass die Persönlichkeit der Lehrenden einen wichtigen Faktor im schulischen Kontext darstellt, dem in der Lehramtsausbildung jedoch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Das zweite Kapitel untersucht die Bedeutung der Lehrperson in einer veränderten Kindheit. Es werden die Auswirkungen gesellschaftlicher Veränderungen auf Kinder und ihr Erleben dargestellt und Zusammenhänge zwischen Bindung und Bildung beleuchtet.
Das dritte Kapitel widmet sich den Theorien der humanistischen Psychologie. Die Arbeit analysiert Motivationstheorien, wie die von Maslow, und untersucht die Bedeutung von Beziehung und Kommunikation nach Rogers und Gordon. Die Ergebnisse werden im Kontext der Lehrerausbildung betrachtet.
Das vierte Kapitel analysiert das Verhalten von Lehrkräften im Schulkontext. Es werden Modelle zur Lehrer-Schüler-Beziehung nach Nickel und Hofer vorgestellt und die Bedeutung von sozialpsychologischen Bedingungsfaktoren erzieherischen Handelns untersucht.
Das fünfte Kapitel argumentiert für die Notwendigkeit eines Ausbildungselements "Selbstreflexion" in der Lehramtsausbildung. Es werden die Anforderungen im psychosozialen Bereich, die Bedeutung von unbewussten Handlungsmotiven und der Einfluss der Lehrperson auf das Lernen hervorgehoben.
Das sechste Kapitel befasst sich mit den Begriffen "Selbstreflexion" und "professionelle Selbstreflexion" aus pädagogischer und psychoanalytischer Perspektive. Die Arbeit definiert die Begriffe, erläutert die Voraussetzungen für eine psychoanalytische Selbstreflexion und betont die Notwendigkeit von psychoanalytischem Wissen und einer inneren Haltung/Professionalität.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung der Lehrperson für Schülerinnen und Schüler, insbesondere in einer sich verändernden Gesellschaft. Wichtige Themenschwerpunkte sind die humanistische Psychologie, Motivation, Beziehung und Kommunikation sowie die Rolle der Selbstreflexion in der Lehramtsausbildung. Die Arbeit untersucht die Auswirkungen von gesellschaftlichen Veränderungen auf die Kindheit, den Einfluss der Lehrperson auf das Lernen und die Notwendigkeit einer Erweiterung der Lehramtsausbildung durch ein Element der Selbstreflexion.
- Citation du texte
- Ute Blome (Auteur), 2010, Die Bedeutung der Lehrperson für Schülerinnen und Schüler und „Selbstreflexion“ als notwendiges Element der Lehramtsausbildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199832