Nach den Erkenntnissen der modernen Wachstumstheorie stellt der technische Fortschritt,
also die Schaffung neuen Wissens, eine der Haupttriebkräfte des Wirtschaftswachstums
dar. Investitionen in den Bereich der Forschung und Entwicklung (F&E)
sind also ein unverzichtbarer Bestandteil jeglicher Wachstumsstrategie. Damit die Akteure
einer Volkswirtschaft jedoch bereit sind, Investitionen zu tätigen, müssen sie die
Gewissheit haben, eine angemessene Rendite zu erhalten. Diese Gewissheit ist bei den
im F&E Prozess entstehenden geistigen Gütern jedoch häufig nicht gegeben.
Definiert man den Begriff der geistigen Güter als "Informationen, die einen ökonomischen
Wert entfalten, sobald sie in Marktprozesse eingebracht werden"2, wird
deutlich, wo das Problem liegt. Informationen weisen nämlich bestimmte Charakteristika
öffentlicher Güter auf3. Zum einen besteht grundsätzlich eine Nichtrivalität im Konsum.
Diese entsteht dadurch, dass Informationen beliebig oft reproduzierbar sind. Ein
zusätzlicher Konsument schränkt daher die Konsummöglichkeiten der anderen Nutzer
nicht ein. Gemäß der Grenzkosten-Preis-Regel müsste der Preis für geistige Güter somit
bei Null liegen, was aus statischer Sicht zwar zu einer optimalen Allokation führen mag,
in einer dynamischen Welt jedoch keinen Anreiz für die Erzeugung dieser Güter setzt.
Zum anderen bewirkt auch das Versagen des Ausschlussprinzips eine Unterproduktion
geistiger Güter. Ist eine Information erst einmal veröffentlicht, so hat der Erzeuger dieser
Information in der Regel keine Möglichkeit mehr, ihren Verteilungsprozess zu steuern
und zahlungsunwillige Konsumenten vom Gebrauch der Information auszuschließen.
Auch wenn die eben beschriebenen Eigenschaften nicht für jedes geistige Gut und
auch nicht immer in letzter Konsequenz gelten, so sind die Anreize, in die Erzeugung
neuen Wissens zu investieren, in einer unregulierten Wirtschaft sehr gering.
Es sollte daher die Aufgabe des Staates sein, diesen Problemen entgegenzuwirken.
In der Regel geschieht dies über die Verleihung temporärer Monopolrechte, die
dem Hersteller eines geistigen Gutes gestatten, andere Akteure für eine bestimmte Zeit
von der Nutzung des Gutes abzuhalten. Im Zuge der Globalisierung entstand nun das
Bedürfnis, diesen Mechanismus weltweit zu vereinheitlichen. Wie dieses Bedürfnis in
der Realität umgesetzt wurde und welche Folgen sich daraus ergeben, ist Gegenstand
der vorliegenden Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Teil I: Geistige Eigentumsrechte - Eine Einleitung
Teil II: Die Geschichte des TRIPs-Abkommens
1. Die Anfänge des Patentrechts
2. Erste internationale Vereinbarungen
3. Die Uruguay-Runde und das TRIPs-Abkommen
Teil III: Inhalt und Ziele des TRIPs-Abkommens
1. Einordnung des Abkommens in die WTO
2. Die inhaltlichen Regelungen des Abkommens
2.1 Allgemeine Bestimmungen und Prinzipien (Teil I)
2.2 Die Schutzbestimmungen für geistige Eigentumsrechte (Teil II)
2.3 Regelungen zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte (Teil III-V)
2.4 Technische Regelungen (Teil VI & VII)
3. Die Ziele des Abkommens
Teil IV: Die Wirkungen des TRIPs-Abkommens
1. Die wohlfahrtsmindernden Effekte des Abkommens
1.1 Die administrativen Kosten
1.2 Marktmacht und internationale Rententransfers
1.3 Das Problem der Produktpiraterie
2. Die wohlfahrtssteigernden Effekte des Abkommens
2.1 Stimulierung der lokalen Innovationstätigkeit
2.2 Die Intensivierung des Welthandels
2.3 Verbesserung des internationalen Technologietransfers
3. Politikoptionen
3.1 Die Flexibilität des TRIPs-Abkommens
3.2 Optionen zur Senkung der Wohlfahrtsverluste
3.3 Optionen zur Sicherung der Wohlfahrtsgewinne
Teil V Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. III.1: Die Struktur des TRIPs-Abkommens
I. Geistige Eigentumsrechte - eine Einleitung
Nach den Erkenntnissen der modernen Wachstumstheorie stellt der technische Fortschritt, also die Schaffung neuen Wissens, eine der Haupttriebkräfte des Wirtschaftswachstums dar[1]. Investitionen in den Bereich der Forschung und Entwicklung (F&E) sind also ein unverzichtbarer Bestandteil jeglicher Wachstumsstrategie. Damit die Akteure einer Volkswirtschaft jedoch bereit sind, Investitionen zu tätigen, müssen sie die Gewissheit haben, eine angemessene Rendite zu erhalten. Diese Gewissheit ist bei den im F&E Prozess entstehenden geistigen Gütern jedoch häufig nicht gegeben.
Definiert man den Begriff der geistigen Güter als "Informationen, die einen ökonomischen Wert entfalten, sobald sie in Marktprozesse eingebracht werden"[2], wird deutlich, wo das Problem liegt. Informationen weisen nämlich bestimmte Charakteristika öffentlicher Güter auf[3]. Zum einen besteht grundsätzlich eine Nichtrivalität im Konsum. Diese entsteht dadurch, dass Informationen beliebig oft reproduzierbar sind. Ein zusätzlicher Konsument schränkt daher die Konsummöglichkeiten der anderen Nutzer nicht ein. Gemäß der Grenzkosten-Preis-Regel müsste der Preis für geistige Güter somit bei Null liegen, was aus statischer Sicht zwar zu einer optimalen Allokation führen mag, in einer dynamischen Welt jedoch keinen Anreiz für die Erzeugung dieser Güter setzt. Zum anderen bewirkt auch das Versagen des Ausschlussprinzips eine Unterproduktion geistiger Güter. Ist eine Information erst einmal veröffentlicht, so hat der Erzeuger dieser Information in der Regel keine Möglichkeit mehr, ihren Verteilungsprozess zu steuern und zahlungsunwillige Konsumenten vom Gebrauch der Information auszuschließen. Auch wenn die eben beschriebenen Eigenschaften nicht für jedes geistige Gut und auch nicht immer in letzter Konsequenz gelten, so sind die Anreize, in die Erzeugung neuen Wissens zu investieren, in einer unregulierten Wirtschaft sehr gering.
Es sollte daher die Aufgabe des Staates sein, diesen Problemen entgegenzuwirken. In der Regel geschieht dies über die Verleihung temporärer Monopolrechte, die dem Hersteller eines geistigen Gutes gestatten, andere Akteure für eine bestimmte Zeit von der Nutzung des Gutes abzuhalten. Im Zuge der Globalisierung entstand nun das Bedürfnis, diesen Mechanismus weltweit zu vereinheitlichen. Wie dieses Bedürfnis in der Realität umgesetzt wurde und welche Folgen sich daraus ergeben, ist Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
II. Die Geschichte des TRIPs-Abkommens
Dieser Hauptteil stellt die Entstehung des TRIPs-Abkommens[4] als bisher globalste Ausprägung eines Systems zum Schutz geistiger Eigentumsrechte dar. Nach einem kurzen Abriss der Geschichte des Patentrechts folgt eine Darstellung früher internationaler Abkommen. Abschließend wird der Verhandlungsprozess dargestellt, der schließlich zur Entstehung des TRIPs-Abkommens führte.
1. Die Anfänge des Patentrechts
Die in Teil I dargestellte Bedeutung geistiger Eigentumsrechte wurde schon relativ früh erkannt. So beschreibt bereits der griechische Schriftsteller Athenäus um das Jahr 200 n. Chr. eine Art Patentschutz für die Entwicklung neuer Kochrezepte[5]. Auch das Mittelalter kannte Privilegien und Monopole. In so genannten „Litterae Patentes“ wurde Erfindern eine zeitlich begrenzte und ausschließliche Nutzung ihrer Erfindung gewährt. Im Zuge der Industrialisierung und der zunehmenden Entwicklung in den Gebieten Naturwissenschaft und Technik wurde dann seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in vielen Ländern ein umfassendes Patentrecht eingeführt[6].
2. Erste internationale Vereinbarungen
Während die frühen Gesetze zum Schutz geistiger Eigentumsrechte lediglich nationalen Charakter aufwiesen, wurden seit Ende des 19. Jahrhunderts einige internationale Abkommen geschlossen, die verschiedene Gebiete geistiger Eigentumsrechte abdecken und auch heute noch Gültigkeit besitzen. Zuständig für die Verwaltung dieser Abkommen ist die World Intellectual Property Organization (WIPO), eine Abteilung der Vereinten Nationen.
Das älteste internationale Abkommen sind die Verträge von Paris aus dem Jahr 1883, die den Schutz gewerblichen Eigentums (bspw. Patente und Gebrauchsmuster) zum Inhalt haben. Ein weiteres wichtiges Abkommen ist die so genannte Berner Konvention (1886), die den Schutz von Urheberrechten an Werken der Literatur, Musik und der bildenden Kunst gewährleisten soll. Ebenfalls von Bedeutung sind die Römische Konvention (1961) zum Schutz von ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Herstellern von Tonträgern sowie das Washingtoner Abkommen (1989) über den Schutz des geistigen Eigentums an integrierten Schaltkreisen.
Auch wenn diese Abkommen einen gewissen internationalen Schutz geistigen Eigentums gewährleisten, weisen sie dennoch einige Schwachstellen auf[7]. So ist die Ratifizierung der Abkommen nicht verpflichtend für eine Mitgliedschaft in der WTO. Dass heißt, einzelne Staaten können der WTO beitreten, ohne die Abkommen anzuerkennen. Weiterhin sind in den Abkommen keine Mindeststandards zum Schutz geistiger Eigentumsrechte definiert, so dass in den verschiedenen Mitgliedsländern sehr heterogene, teilweise außerordentlich schwache Regelungen existierten. Darüber hinaus war die gerichtliche Durchsetzbarkeit geistiger Eigentumsrechte in etlichen Ländern nur sehr schwer möglich, und auch auf internationaler Ebene fehlte ein Verfahren, um multilaterale Auseinandersetzungen zu lösen. Ein weiterer Schwachpunkt sind die Regelungslücken der Abkommen. So beinhalten sie keine umfassenden Vereinbarungen bezüglich des Umgangs mit Geschäftsgeheimnissen oder Computerprogrammen. Auch die Regelungen für den Umgang mit Handelsmarken und Piratenware (Raubkopien) werden als zu schwach angesehen.
3. Die Uruguay-Runde und das TRIPs-Abkommen
Aufgrund dieser Schwachstellen drängten die Industrieländer, allen voran die USA, auf eine rasche Reform des bisherigen Systems. Bereits 1982 versuchten die USA einen entsprechenden Antrag in die GATT-Agenda einzubringen. Erste Verhandlungen über eine Reform wurden jedoch erst 1986 im Rahmen des Ministertreffens in Punta Del Este, das den Beginn der so genannten Uruguay-Runde darstellt, aufgenommen.
Der folgende Verhandlungsprozess gestaltete sich äußerst schwierig, da die Entwicklungsländer sich zunächst gegen eine Integration geistiger Eigentumsrechte in das GATT-Regelwerk stellten. Sie befürchteten, dass ein verbesserter Schutz geistiger Eigentumsrechte ihre Entwicklungschancen durch eine Verschlechterung des Zugangs zu modernen Technologien erheblich einschränken würde. Erst Ende der 80er Jahre begannen die Entwicklungsländer, von ihrer Position abzuweichen. Für diesen Meinungswandel werden verschiedene Gründe angeführt[8].
So gingen die Entwicklungsländer davon aus, dass sie bei einem Scheitern der Verhandlungen in verstärktem Maße unilateralen Maßnahmen der USA und der EU ausgesetzt seien. In der Vergangenheit hatten besonders die USA auf Grundlage ihrer Handelsgesetzgebung intensiven Gebrauch von unilateralen Sanktionsmaßnahmen gegen den Missbrauch geistigen Eigentums gemacht. Ein weiterer Grund für das Einlenken der Entwicklungsländer wird das Beispiel einiger Schwellenländer gewesen sein, die freiwillig relativ hohe Schutzstandards etabliert hatten und dennoch ein ausgeprägtes Wirtschaftswachstum aufwiesen. Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, den Entwicklungsländern seien im Gegenzug für ihr Einlenken gewisse Zugeständnisse in den Bereichen des umstrittenen Multifaserabkommens und der freiwilligen Exportbeschränkungsabkommen gemacht worden[9].
Ungeachtet der Frage, ob das Einlenken der Entwicklungsländer nun auf Druck der Industrienationen, freiwillig oder als Bestandteil eines Tauschgeschäftes erfolgte, wurde das TRIPs-Abkommen am 15.April 1994 in Marrakesch verabschiedet. Insgesamt hatten die Verhandlungen acht Jahre gedauert.
III. Inhalt und Ziele des TRIPs-Abkommens
In diesem Hauptteil wird zunächst eine kurze Einordnung des TRIPs-Abkommens in das Vertragswerk der WTO vorgenommen. Anschließend werden in groben Zügen der Inhalt sowie die Ziele des Abkommens dargestellt.
1. Einordnung des Abkommens in die WTO
Neben dem schon seit 1947 bestehenden GATT[10] -Abkommen und dem 1994 geschlossenen GATS[11] -Vertrag stellt das TRIPs-Abkommen den dritten Pfeiler der 1994 gegründeten WTO dar. Im Rahmen dieser neuen Welthandelsordnung gilt der so genannte Single-Package-Ansatz, wonach jedes WTO-Mitglied alle innerhalb der WTO beschlossenen Abkommen anerkennen muss. Im Gegensatz zu früheren internationalen Verträgen zum Schutz geistigen Eigentums sind die Regelungen des TRIPs-Abkommens somit für alle WTO-Mitglieder verpflichtend.
2. Die Inhaltlichen Regelungen des Abkommens
Das TRIPs-Abkommen umfasst insgesamt 73 Artikel, die sich in sieben Hauptabschnitte gliedern. Die Struktur des Abkommens ist in Abbildung 1 dargestellt und soll im Folgenden erläutert werden. Ziel dieser Erläuterung ist allerdings nicht eine möglichst genaue Wiedergabe des Inhaltes, vielmehr soll die Systematik des Vertrages deutlich gemacht werden. Auf relevante Bestimmungen, besonders im Bereich der eigentlichen Schutzrechte, wird dann bei Bedarf an späterer Stelle eingegangen.
[...]
[1] Vgl. Hemmer (2000), S. 45
[2] Vgl. Maskus (2000), S. 27
[3] Vgl. Hoekman/Kostecki (2001), S.176
[4] TRIPs: Trade Related Intellectual Property Rights (handelsbezogene geistige Eigentumsrechte)
[5] Vgl. Lutter (1922), S. 112
[6] Vgl. Deutsches Patent- und Markenamt (2002)
[7] Vgl. zum Folgenden Volz (1998), S.123 sowie Hoekman/Kostecki (2001), S.282
[8] Vgl. zum Folgenden Hauser/Schanz (1995), S.214
[9] Zu dieser Auffassung vgl. Hoekman/Kostecki (2001), S.280 und 285
[10] General Agreement on Tariffs and Trade (Allgemeines Zollabkommen)
[11] General Agreement on Trade in Services (Allgemeines Abkommen über den Dienstleistungshandel)
- Citation du texte
- Sebastian Ahlfeld (Auteur), 2003, Der Schutz geistiger Eigentumsrechte in der Praxis: Das TRIPs-Abkommen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19978
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