Die allgegenwärtige Geschichte der Beziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan wird zur Interpretation ihrer jeweiligen lyrischen Werke oft herangezogen. Doch zum Einen engt das Einbeziehen biographischer Informationen bei der Textanalyse die Zahl der Lesarten erheblich ein und zum Anderen ist sie bei der Fülle an Gemeinsamkeiten, die die Gedichte beider Autoren teilen, völlig unnötig. Diese Arbeit will die intertextuellen Verweise, sich überschneidenden Bilder und Stilmittel in Celans "Corona" und Bachmanns "Die gestundete Zeit" aufzeigen und sich hierbei allein auf die Texte der beiden Autoren verlassen.
Inhaltsverzeichnis
- Corona (Celan)
- Die gestundete Zeit (Bachmann)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay analysiert Ingeborg Bachmanns "Die gestundete Zeit" und Paul Celans "Corona" als Liebesgedichte. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung von Liebe, Zeit und Dekadenz aufzuzeigen, ohne die Werke rein biographisch zu interpretieren. Die Analyse konzentriert sich auf die poetischen Mittel und die thematische Entwicklung in beiden Gedichten.
- Darstellung von Liebe und Liebesbeziehungen
- Das Motiv der Zeit und des Zeitdrucks
- Symbolische Verwendung von Naturbildern (Herbst, Meer, Fische)
- Intertextuelle Bezüge und literarische Traditionen
- Die Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Dekadenz
Zusammenfassung der Kapitel
Corona: Das Gedicht schildert einen Prozess des lyrischen Ichs, von Isolation und Dekadenz (symbolisiert durch den Herbst) hin zur Liebe. Die erste Strophe zeigt eine unproduktive Verbindung mit dem Herbst, die Rilkes "Herbsttag" intertextuell aufgreift. Die zweite Strophe fungiert als Übergang, in der das lyrische Ich sich auf den Weg zur Geliebten macht; Metaphern des Spiegels und des Abstiegs in eine Unterwelt deuten auf eine Überwindung der Passivität hin. In der dritten Strophe findet die Liebesbeziehung statt, die als leidenschaftlicher Rausch beschrieben wird, zwischen Traum, Gedächtnis, Rausch und inniger Liebe changierend. Der wiederholte Ausruf "Es ist Zeit" drängt zur Abkehr von der Passivität und Hinwendung zur Liebe und zum Leben, wie auch in Celans eigenem Werk, "Die Hand voller Stunden" anklingt.
Die gestundete Zeit: Bachmanns Gedicht warnt vor bevorstehenden Schwierigkeiten und einem drohenden Zeitdruck, der den lyrischen Adressaten aus seiner Sorglosigkeit reißt. Der Bezug zum vorhergehenden Gedicht "Herbstmanöver" verdeutlicht den Kontrast zwischen sorgloser Vergangenheit und drohender Zukunft. Bilder wie die "Hunde in ihren Marschhöfen" (möglicherweise Metapher für die NS-Vergangenheit) und die "Fische mit erkalteten Eingeweiden" symbolisieren die Notwendigkeit, sich von einer unproduktiven Vergangenheit abzuwenden und sich der Liebe zuzuwenden. Der Lyrische Adressat wird als umherirrend und orientierungslos dargestellt, was den Appell zur aktiven Gestaltung der Beziehung verstärkt.
Schlüsselwörter
Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Liebeslyrik, Zeitmotiv, Dekadenz, Intertextualität, Symbolismus, Herbstmotiv, Rilke, Orpheus-Mythos, NS-Vergangenheit, Existenzielle Krise.
Häufig gestellte Fragen zu "Corona" (Celan) und "Die gestundete Zeit" (Bachmann)
Was ist der Gegenstand dieser Analyse?
Diese Arbeit analysiert die Gedichte "Corona" von Paul Celan und "Die gestundete Zeit" von Ingeborg Bachmann als Liebesgedichte. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Darstellung von Liebe, Zeit und Dekadenz, wobei biographische Interpretationen vermieden werden. Stattdessen wird die Analyse auf poetische Mittel und die thematische Entwicklung konzentriert.
Welche Themen werden in den Gedichten behandelt?
Die Analyse untersucht die Darstellung von Liebe und Liebesbeziehungen, das Motiv der Zeit und des Zeitdrucks, die symbolische Verwendung von Naturbildern (Herbst, Meer, Fische), intertextuelle Bezüge und literarische Traditionen sowie die Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Dekadenz.
Wie wird "Corona" von Celan interpretiert?
Das Gedicht "Corona" wird als Schilderung eines Prozesses des lyrischen Ichs von Isolation und Dekadenz (symbolisiert durch den Herbst) hin zur Liebe interpretiert. Die Analyse beleuchtet den intertextuellen Bezug zu Rilkes "Herbsttag", die Metaphorik des Spiegels und des Abstiegs in eine Unterwelt, sowie die Beschreibung der Liebesbeziehung als leidenschaftlicher Rausch. Der wiederholte Ausruf "Es ist Zeit" wird als Aufforderung zur Abkehr von Passivität und Hinwendung zur Liebe und zum Leben gesehen.
Wie wird "Die gestundete Zeit" von Bachmann interpretiert?
Das Gedicht "Die gestundete Zeit" wird als Warnung vor bevorstehenden Schwierigkeiten und Zeitdruck verstanden, der den lyrischen Adressaten aus seiner Sorglosigkeit reißt. Der Bezug zu "Herbstmanöver" verdeutlicht den Kontrast zwischen sorgloser Vergangenheit und drohender Zukunft. Symbole wie "Hunde in ihren Marschhöfen" und "Fische mit erkalteten Eingeweiden" werden im Kontext der NS-Vergangenheit interpretiert und als Aufforderung zur Abwendung von einer unproduktiven Vergangenheit und Hinwendung zur Liebe gesehen. Der lyrische Adressat wird als umherirrend und orientierungslos dargestellt, was den Appell zur aktiven Gestaltung der Beziehung verstärkt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Analyse?
Schlüsselwörter sind: Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Liebeslyrik, Zeitmotiv, Dekadenz, Intertextualität, Symbolismus, Herbstmotiv, Rilke, Orpheus-Mythos, NS-Vergangenheit, existenzielle Krise.
Welche Gedichte werden im Detail analysiert?
Die Analyse konzentriert sich auf zwei Gedichte: "Corona" von Paul Celan und "Die gestundete Zeit" von Ingeborg Bachmann.
Welcher Ansatz wird bei der Analyse verfolgt?
Die Analyse konzentriert sich auf die poetischen Mittel und die thematische Entwicklung in beiden Gedichten, ohne rein biographische Interpretationen zu verwenden. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Darstellung von Liebe, Zeit und Dekadenz in beiden Werken.
- Quote paper
- Franz Kröber (Author), 2012, Die Zeit mahnt zur Liebe - ein Vergleich von Ingeborg Bachmanns "Die gestundete Zeit" und Paul Celans "Corona", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199464