Einleitung:
Das körperliche Training ist in der Diabetes-Rehabilitation ein entscheidender Bestandteil der therapeutischen Intervention. Bei an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Personen wurden bisher mehrheitlich die Auswirkungen eines Ausdauertrainings untersucht. Nun werden anhand einer Vergleichsstudie die Effekte von Ausdauertraining mit denen eines Krafttrainings verglichen.
Studienbeschreibung: In einer prospektiven nicht randomisierten aber kontrollierten Studie sollen die Effekte von Krafttraining (drei mal pro Woche) in einer Gruppe von zehn Diabetes-Patienten im Rahmen des Diabetes-Rehabilitationsprogrammes überprüft und mit den Effekten bei einer Kontrollgruppe von neun Diabetikern mit gleichem Diabetes-Rehabilitationsprogramm, aber mit Ausdauertraining (drei mal pro Woche) anstelle des Krafttrainings als Kontrollgruppe verglichen werden.
Fragestellung „Hat ein Krafttraining unterschiedliche Effekte auf die Stoffwechselparameter, das Köpergewicht und den Körperfettanteil als ein Ausdauertraining bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2?“
Parameter Zu den Messzeitpunkten (t1) am Anfang des Programmes und (t2) am Ende des Programms wurden folgende Parameter erfasst: HbA1c, Nüchternglukose, Gesamtcholesterin, HDL- und LDL-Cholesterin, Triglyceride, Gewicht, Bauchumfang, Maximale Leistung, Blutdruck in Ruhe, Blutdruck unter maximaler Belastung, Herzfrequenz, Körperfettanteile, Lebensqualität (SF36), körperliche Alltagsaktivität
Schlussfolgerungen Es konnten bezüglich dem HbA1c, der maximalen Leistung und des prozentualen Gewichts des Fettgewebes signifikante Unterschiede zwischen den beiden Trainingsgruppen gezeigt werden. Unsere Resultate sprechen dafür, dass Krafttraining eine gute Alternative zum Ausdauertraining bei geeigneten Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist und es sich lohnt, diese Resultate in einer grösseren prospektiven randomisierten Studie zu verfolgen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Diabetes mellitus
2.1.1 Vorbemerkungen
2.1.2 Klassifikation des Diabetes mellitus
2.1.3 Komplikationen des Diabetes mellitus
2.2 Behandlung des Diabetes mellitus
2.2.1 Behandlung durch Ernährung und Diät
2.2.2 Behandlung mit Antidiabetika
2.2.3 Behandlung durch körperliche Aktivität
2.3 Konkrete Präventionsmassnahmen
2.3.1 Krafttraining bei Diabetes mellitus Typ
2.3.2 Ausdauertraining bei Diabetes mellitus Typ
2.4 Studien mit Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Patienten
2.4.1 Studien über Krafttraining bei Diabetes Typ
2.4.2 Studien über ein Ausdauertraining bei Diabetes Typ
2.4.3 Studien über die Kombination Kraft- und Ausdauertraining bei Diabetes Typ 2 _
2.4.4 Überblick der Studien
3. Fragestellung
4. Untersuchung
4.1 Die Probanden
4.2 Studienbeschreibung
4.2.1 Die Rekrutierungsphase
4.2.2 Die Untersuchungsphase
4.2.3 Die Trainingsphase
4.3 Datenverarbeitung und Auswertung
5. Ergebnisdarstellung und Interpretation der Erhebung während drei Monaten
5.1 HbA1c
5.2 Gesamtcholesterin
5.3 HDL
5.4 LDL
5.5 Triglyceride
5.6 Maximale Leistung
5.7 Gewicht
5.8 Bauchumfang
5.9 Gewicht Fettgewebe in %
5.10 Körperliche Alltagsaktivität
6. Zusammenfassung und Diskussion
7. Schlusswort
8. Literaturverzeichnis
Anhang
I. Dokumentation Diabetes-Rehabilitationsprogramm
II. Anmeldung Diabetes-Rehabilitationsprogramm
III. Studienbeschreibung
IV. Rekrutierungsbrief
V. Einladung Informationsabend
VI. Schrittzählerprotokoll
VII. Labordatenblatt
VIII. Protokollierung Kraft
IX. Protokollierung Ausdauer
X. Einladung Schlussabend
XI. Fragebogen über die Beurteilung des Diabetes Rehabilitationsprogramms
XII. Bedankungsbrief
XIII. Multivariate Tests
XIV. Weitere Auswertungen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung des Diabetes mellitus
Abbildung 2: Folgeschäden des Diabetes mellitus
Abbildung 3: Das metabolische Syndrom
Abbildung 4: Art der Diabetestherapie
Abbildung 5: Therapieformen mit Insulin
Abbildung 6: Auswirkungen der körperlichen Aktivität auf den Diabetiker Typ
Abbildung 7: Aufbau der Studie in 3 Phasen
Abbildung 8: Chest Press und die beteiligten Muskeln
Abbildung 9: Low Rowing und die beteiligten Muskeln
Abbildung 10: Vertical Traction und die beteiligten Muskeln
Abbildung 11: Adductor und die beteiligten Muskeln
Abbildung 12: Sitting Leg Curl und die beteiligten Muskeln
Abbildung 13: Seated Leg Press und die beteiligten Muskeln
Abbildung 14: graphische Darstellung der HbA1c-Mittelwerte
Abbildung 15: Überblick der HbA1c-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 16: graphische Darstellung der Gesamtcholesterin-Mittelwerte
Abbildung 17: Überblick der Gesamtcholesterin-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 18: graphische Darstellung der HDL-Mittelwerte
Abbildung 19: Überblick der HDL-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 20: graphische Darstellung der LDL-Mittelwerte
Abbildung 21: Überblick der LDL-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 22: graphische Darstellung der Triglycerid-Mittelwerte
Abbildung 23: Überblick der Triglycerid-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 24: graphische Darstellung der max. Leistungs-Mittelwerte
Abbildung 25: Überblick der max. Leistungs-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 26: graphische Darstellung der Gewichts-Mittelwerte
Abbildung 27: Überblick der Gewichts-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 28: graphische Darstellung der Bauchumfangs-Mittelwerte
Abbildung 29: Überblick der Bauchumfangs-Werte über die gesamte Studiendauer
Abbildung 30: graphische Darstellung der prozentualen Fettgewebe-Mittelwerte
Abbildung 31: Überblick der Fettgewebe-Werte in % über die gesamte Studiendauer
Abbildung 32: graphische Darstellung der körperlichen Aktivitäts-Mittelwerte
Abbildung 33: Überblick der körperlichen Aktivitäts-Werte über die gesamte Studiendauer
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ
Tabelle 2: Weitere Unterschiede zwischen dem Diabetes Typ 1 zum Diabetes Typ
Tabelle 3: Kriterien für die Diagnose eines Diabetes mellitus
Tabelle 4: Therapieziele bei Diabetes mellitus Typ 2 (Nationale Versorgungsleitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft)
Tabelle 5: Effekte von körperlicher Aktivität
Tabelle 6: Faktoren, die das Blutzuckerverhalten beeinflussen können
Tabelle 7: Überblick der beschriebenen Studien
Tabelle 8: Überblick der Teilnehmer
Tabelle 9: Daten der Patienten vor der Studie
Tabelle 10: deskriptive Daten des HbA1c
Tabelle 11: deskriptive Daten des Gesamtcholesterins
Tabelle 12: deskriptive Daten des HDL
Tabelle 13: deskriptive Daten des LDL
Tabelle 14: deskriptive Daten der Triglyceride
Tabelle 15: deskriptive Daten der maximalen Leistung
Tabelle 16: deskriptive Daten des Gewichts
Tabelle 17: deskriptive Daten des Bauchumfangs
Tabelle 18: deskriptive Daten des Fettgewebes in %
Tabelle 19: deskriptive Daten der körperlichen Aktivität
1. Einleitung
Die Krankheitshäufigkeit von Diabetes mellitus Typ 2 nimmt weltweit zu. Vor allem inaktive und übergewichtige Menschen sind von dieser Krankheit betroffen (Tu- omilehto, Lindström, Eriksson, Valle, Hämäläinen, Ilanne-Parikka et al., 2001, S. 1343). Der Diabetes mellitus Typ 2 gehört somit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und weist viele schwerwiegende Folgeerkrankungen auf, die zu unterbinden sind (Saam, Kann, Ivan, 2006, S. 27). Auch in der Schweiz stellt der rasche Anstieg der Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 ein echtes Problem für das Gesundheitssystem dar und beansprucht eine beträchtliche Summe unserer Gesundheitskosten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Folgeschäden des Diabetes mellitus 12
Eine der grossen Herausforderungen in der Diabetologie ist die Analyse effektiver Strategien zur Prävention des Diabetes mellitus Typ 2 (Schwarz, Gruhl, Schulze, Bornstein, Landgraf, Hauner, 2007, S. 108). Zweifellos wichtig ist neben einer adaptierten Ernährung eine erhöhte körperliche Alltagsaktivität. Gemeint ist eine Lebensstilveränderung, die gemäss Roden (2006) wirksamer und billiger ist als die diversen Medikamente (S. 23).
Körperliche Betätigung stellt für einen Diabetiker somit einen wichtigen Teil der Therapie dar und trägt zu einer besseren Blutzuckereinstellung bei.
Bisher wurde in der Diabetes-Rehabilitation und Prävention vor allem Ausdauertraining durchgeführt, was im Langzeitverlauf in diversen Studien gute Effekte auf die körperliche Aktivität aber weniger gute auf die Diabeteseinstellung und den Körperfettanteil zeigte.
In einigen Studien wurde gezeigt, dass durch Krafttraining der Blutzucker kurz- und langfristig gesenkt werden kann und vor allem Verbesserungen des HbA1c beobachtet werden. Es stellt sich somit die Frage, ob mit Krafttraining anstelle von Ausdauertraining ähnlich gute oder bessere Effekte auf die Stoffwechselparameter, das Körpergewicht und den Körperfettanteil erreicht werden können.
Ziel dieser Arbeit ist, die Wirkung eines regelmässig durchgeführten Kraft- sowie Ausdauertrainings, auf die wichtigsten obgenannten Parameter zu untersuchen und die Effekte der zwei unterschiedlichen Trainingsformen miteinander zu vergleichen. In der vorliegenden prospektiven kontrollierten Studie wurde mit 19 Typ 2 Diabetikern eine Untersuchung über eine Trainingsperiode von drei Monaten durchgeführt. Davon nahmen zehn Probanden an einem Krafttraining und neun an einem Ausdauertraining teil. Gleichzeitig erhielten sie in Vorträgen Ernährungs- sowie Diabetesberatung und umfassende Informationen und unterstützende Begleitung im Umgang mit ihrer Krankheit. Das Begleitprogramm, umfassend alle angebotenen Programme exklusive Training, war für beide Gruppen identisch.
Zuerst wird in einem theoretischen Teil die aktuelle Problematik des Diabetes mellitus Typ 2 dargestellt und diskutiert. Anschliessend werden verschiedene Behandlungsmöglichkeiten besprochen. Wichtig dabei ist das Aufzeigen von Präventionsmöglichkeiten durch Kraft- und Ausdauertraining bei an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankten Patienten und deren metabolischen Auswirkungen. Ebenfalls werden einige bestehende Studien über ähnliche Interventionen dargestellt und überblickend diskutiert.
Im empirischen Teil werden das Untersuchungsdesign vorgestellt sowie die Untersuchungsdurchführung und das Verfahren der Datenverarbeitung beschrieben. Es erfolgt die Datenauswertung, die Ergebnisse werden in geeigneter Darstellungsform genauer kommentiert und interpretiert.
Abschliessend erfolgt die Zusammenfassung und Diskussion der wichtigsten Ergebnisse.
2. Theoretische Grundlagen
In diesem Abschnitt sollen die theoretischen Grundlagen zum Diabetes mellitus Typ 2 (Kurzform für den weiteren Verlauf: Diabetes Typ 2, resp. Typ 1) erläutert werden. Es werden mögliche Behandlungsformen erklärt, Präventionsmassnahmen vorgestellt sowie bereits bestehende Studien untersucht und beurteilt.
2.1 Diabetes mellitus
In diesem Unterkapitel werden die beiden Diabetes-Formen kurz beschrieben und die Klassifikation und Pathogenese des Diabetes Typ 2 sowie diverse Komplikationen geschildert.
2.1.1 Vorbemerkungen
Zu Beginn wird erklärt, wie Diabetes mellitus (auch Zuckerkrankheit genannt) definiert wird und wie hoch die Epidemiologie ist:
„Unter Zuckerkrankheit - wissenschaftlich als Diabetes mellitus bezeichnet - versteht man eine auf erblicher Grundlage beruhende, in höheren Altersklassen häufigere, im Allgemeinen fortschreitende Störung des Kohlenhydrat- sowie des Fett- und Eiweissstoffwechsels infolge Insulinmangels oder infolge verminderter Insulinwirksamkeit“ (Behrmann, Weineck, 2001, S. 15).
Es handelt sich also um eine erbliche, chronische Stoffwechselkrankheit, die auf einem absoluten oder relativen Insulinmangel beruht.
Diabetes mellitus bedeutet im Griechischen „honigsüsses Hindurchfliessen“ und weist auf zwei Hauptsymptome hin: vermehrte Harnflut sowie Zuckerausscheidung im Urin (ebd., S. 15).
In der Schweiz geht man davon aus, dass rund 5% der Wohnbevölkerung (ca. 350Ό00 Personen) unter Diabetes leiden. Weltweit sind es gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis zu 150 Millionen Menschen. Gemäss Schätzungen geht man davon aus, dass sich die Zahl der Diabetes-Betroffenen weltweit in den kommenden 20 Jahren verdoppeln wird (Schweizerische Diabetes-Gesellschaft, 2007, 30. Mai, http://www.associazionedeldiabete.ch/fileadmin/files/national/Aktuell/ Hintergrund_Diabetes.pdf).
Da der Diabetes Typ 2 gemäss Behrmann, Weineck (2001) in seinen Anfangsstadienasymptomatisch verläuft, muss noch eine grosse Anzahl von nicht diagnostizierten Diabetesfällen angenommen werden. Der Anteil der Typ 2 Diabetikern beträgt dabei 90%, der der Typ 1 Diabetiker 10% (S. 19).
Risikofaktoren, die das Entstehen eines Diabetes Typ 2 begünstigen sind nach Hasl- beck (2005, S. 14):
- Lebensalter > 45 Jahre
- Übergewicht (Body-Mass-Index > 25 kg/m2)
- Familienanamnese für Diabetes (Eltern und Geschwister mit Diabetes)
- Bewegungsmangel
- Früher diagnostizierte Glukosetoleranzstörung (IGT oder IFG)
- Hypertonie (> 140/90 mmHg)
- HDL-Cholesterin < 1.94 mmol/l und/oder Triglyceride (> 13.8 mmol/l)
- Früherer Gestationsdiabetes oder Kinder mit erhöhtem Geburtsgewicht (> 4.5 kg)
- Kardivaskuläre Erkrankungen in der Anamnese
2.1.2 Klassifikation des Diabetes mellitus
Das Krankheitsbild Diabetes mellitus kann in verschiedenen Formen auftreten. Die meisten Diabetesfälle werden von der WHO und der American Diabetes Association (ADA) folgenden Kategorien zugeordnet:
(Thomas in Thomas, 2005, S. 159-164)
a. Diabetes Typ 1
Diabetes mellitus Typ 1, früher auch Insulin Dependent Diabetes Mellitus (IDDM) oder juveniler Diabetes genannt. Es ist eine autoimmune Krankheit, bei der es durch Antikörperbildung zu einer Zerstörung der körpereigenen, insulinproduzierenden ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse kommt. Dadurch kommt es mit fortschreitender Dauer zu einer nachlassenden Insulinproduktion. Der Diabetes Typ 1 tritt meist bei jüngeren Menschen auf, kann aber auch in höherem Lebensalter auftreten. Die Häufigkeit des Auftretens ist für das weibliche und männliche Geschlecht in etwa gleich.
Für die Entstehung und die immunvermittelte Zerstörung der ß-Zellen sind eine genetische Prädisposition für diese Erkrankung sowie Umweltfaktoren, die den immunologischen Prozess auslösen notwendig.
Grund für das Auftreten eines Diabetes Typ 1 ist, dass der Körper kein eigenes Insulin mehr produzieren kann.
b. Diabetes Typ 2
Diabetes mellitus Typ 2 wurde früher als Non Insulin Dependent Diabetes Mellitus (NIDDM) oder als Erwachsenendiabetes bezeichnet. Diese Form wird für eine Gruppe von Patienten verwendet, die eine Glukosestoffwechselstörung aufgrund einer Insulinresistenz (produziertes, körpereigenes Insulin wirkt am Gewebe nur eingeschränkt) und einen relativen Insulinmangel aufweisen. Es ist eine heterogene Erkrankung, die durch Insulinresistenz und Dysfunktion der ß- Zellen, basierend auf genetischen und erworbenen Faktoren, bedingt ist. Die Insulinwirkung im Plasma ist das Ergebnis aus Insulinresistenz und ß- Zellfunktion. Erst wenn die ß-Zellen den erhöhten Insulinbedarf nicht decken können, entsteht eine Hyperglykämie (Überzuckerung im Blut).
Die Zahl der jüngeren Menschen, die an dieser Krankheit leiden, nimmt wegen Übergewicht im jugendlichen Alter allerdings drastisch zu. Frauen sind häufiger betroffen von dieser Krankheitsform als Männer.
Die Ursache für das Auftreten eines Diabetes Typ 2 ist eine angeborene oder erworbene Insulinresistenz und wird als Endpunkt des metabolischen Syndroms (siehe Kap. 2.1.3) betrachtet. Die Zellen sprechen auf das vorhandene Insulin nicht mehr wie gewohnt an. Gründe dafür können sein:
- Überernährung
- mangelnde körperliche Aktivität
- genetische Veranlagung
Auf einen kleinen Teil trifft dies jedoch nicht zu. Man unterscheidet aus diesem Grund beim Diabetes Typ 2 einen Typ 2a und einen Typ 2b:
(Kuhn, 2003, S.20)
- Typ 2a: kein krankhaftes Übergewicht, etwa 10% aller Betroffenen mit Diabetes Typ 2
- Typ 2b: krankhaftes Übergewicht (Adipositas), etwa 90% aller Be troffenen mit Diabetes Typ 2
Die folgende Tabelle stellt die Charakteristika der beiden Diabetes-Formen (Typ 1 und Typ 2) dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Vergleich Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2 (Kuhn, 2003, S. 23)
c. Andere Diabetes-Formen
Neben den oben beschriebenen Diabetes-Formen gibt es nach Kuhn (2003, S. 28) und Behrmann, Weineck (2001, S. 17) zusätzlich einige Sonderformen, welchen jedoch die Minderheit der Menschen mit Diabetes zugeordnet werden können:
- genetische Defekte der ß-Zellen
- genetische Defekte der Insulinwirkung
- Krankheiten der exokrinen Bauchspeicheldrüse
- Endokrinopathien
- Drogen- oder chemikalieninduziert
- durch Infektionen ausgelöst
- seltene Formen eines immunvermittelten Diabetes
- andere genetische Syndrome, die gelegentlich mit Diabetes vergesellschaftet sind
d. Gestationsdiabetes mellitus
Der Gestationsdiabetes ist nach Thomas in Thomas (2005) eine Glucoseintoleranz unterschiedlichen Schweregrades, die erstmalig während einer Schwangerschaft diagnostiziert wird. Er tritt etwa bei 5% aller werdenden Mütter auf und ist somit eine der häufigsten Stoffwechselstörungen während der Schwangerschaft.
Behandelt wird diese Form des Diabetes durch Diät oder durch eine Insulintherapie zur Aufrechterhaltung der Glucosehomöostase.
Oft verschwindet der Diabetes sechs Wochen nach Beendigung der Schwangerschaft wieder. Rund 10% der betroffenen Frauen bleiben nach der Schwangerschaft an Diabetes erkrankt (S. 165-166).
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Diagnostik eines Diabetes mellitus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Kriterien für die Diagnose eines Diabetes mellitus (Lehmann, Spinas, 2000, S. 14)
Es ist durchaus möglich, dass die Diagnose eines Diabetes Typ 2 bis zu zehn Jahren nach Auftreten unerkannt bleibt und erst aufgrund von Problemen bei bereits eingetretenen Folgeerkrankungen oder im Rahmen einer Behandlung gestellt werden kann (Haslbeck, 2005, S. 13).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Entwicklung des Diabetes mellitus (Rother, 2007, S. 1500)
Im oberen Teil der Abbildung sieht man eine Schädigung der ß-Zelle. Die allgemein akzeptierte Meinung ist, dass eine autoimmune Schädigung zu einer Dysfunktion der ß-Zelle beim Diabetes Typ 1 führt, während eine unbekannte Schädigung einen Diabetes Typ 2 auslöst. Wenn die ß-Zellen einmal erkrankt sind, haben sie in beiden Fällen des Diabetes dasselbe Schicksal und die Erkrankungen können bis zum Tode der ß-Zellen führen (Rother, 2007, S. 1500).
2.1.3 Komplikationen des Diabetes mellitus
Es werden nach Behrmann, Weineck (2001) jeweils akute (a) und chronische (b) Effekte unterschieden. Die akuten Effekte führen zur Stoffwechselentgleisung, die chronischen beinhalten diabetische Folgeschäden. Zudem muss mit metabolischen Stressreaktionen gerechnet werden, die bei akuten Erkrankungen auftreten (S. 38).
a. Akute Komplikationen
Durch die Glukoseverwertung in der Leber, der Muskulatur und im Fettgewebe, wird die Glukoseabgabe der Leber erhöht. Der folgende Blutzuckeranstieg resultiert aus einer Glukoseüberproduktion und aus einer Minderverwertung. Es entsteht eine Ausscheidung von Glukose über die Harnwege. Durch die Hemmung von Stoffwechselfaktoren des Fettgewebes kommt es zu einem unkontrollierten Fettabbau, was zur Ketonkörperbildung führt. Es entsteht eine metabolische Azidose (stoffwechselbedingte Übersäuerung im Blut). Die Folge davon sind Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Übelkeit, Erbrechen, Azetongeruch und schliesslich das Coma diabeticum. Beim Sport treten vorwiegend akute Komplikationen auf (siehe Kap. 2.2.3) (ebd., S. 38).
b. Chronische Komplikationen
Durch einen chronischen relativen Insulinmangel können die Blutzuckerwerte überhöht sein. Die Insulinkonzentrationen reichen noch aus, eine akute Stoffwechselentgleisung zu verhindern. Symptome dafür können Sehstörungen, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit und allgemeine Infektanfälligkeit sein, die längerfristigen Konsequenzen sind diabetische Folgeschäden (ebd., S. 38-39). Thomas in Thomas (2005) unterscheidet zwei Hauptkategorien von chronischen Komplikationen (S. 178):
1. Mikrovaskuläre Komplikationen
2. Makrovaskuläre Komplikationen
1. Mikrovaskuläre Komplikationen
Die mikrovaskulären Veränderungen werden durch eine schlechte Stoffwechseleinstellung begünstigt und die Hyperglykämie wird als Auslöser angesehen (ebd., S. 178).
Solche Komplikationen werden auch diabetische Mikroangiopathie genannt.
Nach Behrmann, Weineck (2001) gilt folgende Definition (S. 39):
„Bei der diabetischen Mikroangiopathie handelt es sich um für den Diabetes spezifische Veränderungen der kleinen Blutgefässe, wie der Arteriolen, der Venolen und in erster Linie der Kapillaren. Von der Mikroangiopathie sind überwiegend die Typ 1 Diabetiker betroffen. “
Mikrovaskuläre Komplikationen zeigen sich an Augen (diabetische Retinopathie), Nieren (diabetische Nephropathie) und Nerven (diabetische Neuropathie). Die diabetische Retinopathie hat progressiven Charakter und ist gekennzeichnet durch erhöhte Gefässpermeabilität und durch vaskuläre Verschlüsse (Thomas in Thomas, 2005, S. 178-179). Eine diabetische Nephropathie kann langfristig zum Nierenversagen führen. Bei einer diabetischen Neuropathie setzt sich die mikrovaskuläre Komplikation im Bereich des Nervensystems fest. Befallen sein können das periphere, zentrale und autonome Nervensystem. Häufig lassen sich Störungen der Vibrationsempfindung an den Füssen sowie der Erregungsleitung in motorischen und sensiblen Nervenfasern feststellen (Behr- mann, Weineck, 2001, S. 40).
2. Makrovaskuläre Komplikationen
Makrovaskuläre Komplikationen können nach Thomas in Thomas (2005) eine koronare Herzerkrankung, ein Schlaganfall oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit beinhalten. Diese Komplikationen sind beim Diabetes Typ 2 die wichtigsten Todesursachen (S. 180).
Behrmann, Weineck (2001) nennen diese Komplikationen auch diabetische Makroangiopathie und definieren sie wie folgt (S. 39):
„Bei der diabetischen Makroangiopathie handelt es sich um nichtspezifische, vorwiegend arteriosklerotische Gefässkomplikationen, die sich qualitativ nicht wesentlich von denen stoffwechselgesunder Personen unterscheiden, jedoch frühzeitiger auftreten und sich stärker und diffuser ausbreiten. Von der Makroangiopathie ist überwiegend der Typ 2 Diabetiker befallen.“
Solche Komplikationen treten häufig in Form von Koronarsklerosen (Herzranz- gefässverkalkung), Zerebralsklerosen (Gehirngefässverkalkung), Beinarteriosklerosen und Arteriosklerosen der Nierengefässe auf. Hypertonie, Lipidstoffwechselstörung, Hyperglykämie oder Rauchen sind zusätzliche Risikofaktoren (ebd., S. 40).
Als weitere Komplikation des Diabetes mellitus wird der diabetische Fuss genannt. Unter diesem Begriff werden Erkrankungen an den Füssen und Zehen verstanden, welche sich durch Gangrän oder Ulkus manifestieren. Hier liegt eine Kombination von diabetischer Mikroangiopathie und Makroangiopathie vor. Ausgelöst wird diese
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Folgeschäden des Diabetes mellitus (Roden, 2006, S. 20)
Von entscheidender Bedeutung ist das metabolische Syndrom, dessen Endpunkt der Diabetes Typ 2 ist. Es wird als Symptomenkomplex definiert. Dazu zählen verminderte Glukosetoleranz, zentrale Adipositas, Dyslipidämie (Dislipopoteinämie) und arterielle Hypertonie (Löwe, Hochlehnert, Nikendei, 2006, S. 521-522).
Gemäss Thomas in Thomas (2005) hat ein Patient mit Diabetes Typ 2 ein metabolisches Syndrom, wenn noch mindestens zwei der folgenden Kriterien vorliegen (S. 171-172):
- arterielle Hypertonie
- Dyslipidämie
- Übergewicht
- Mikroalbuminurie
Die Insulinresistenz und bestimmte Lebensgewohnheiten können zum gemeinsamen Auftreten von Hyperinsulinämie, Adipositas, Hypertriglyzeridämie, Hypertonie und Glukoseintoleranz führen, was bei einem kombinierten Auftreten tödlich sein kann (Behrmann, Weineck, 2001, S. 23-24). Neben dem metabolischen Syndrom und der gestörten Glukosetoleranz können weitere Folgeerkrankungen des Diabetes Typ 2 auftreten. Dazu gehören vaskuläre Erkrankungen, endotheliale Dysfunktion und eine gestörte Fibrinolyse (Laubner, Seufert, 2007, S. 298).
Die folgende Abbildung soll einen Überblick über dieses Krankheitsbild verschaffen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Das metabolische Syndrom (Behrmann, Weineck, 2001, S. 24)
2.2 Behandlung des Diabetes mellitus
In diesem Kapitel wird nur auf die Behandlung des Diabetes Typ 2 eingegangen. Gemäss Behrmann, Weineck (2001) unterscheidet man eine kurzfristige und eine langfristige Zielsetzung der Diabetesbehandlung (S. 42).
Unter kurzfristiger Behandlung wird die Bekämpfung der akuten Stoffwechselentgleisung und der Verhinderung des Coma diabeticum verfolgt, langfristig liegt das Hauptziel darin, eine Normoglykämie zur Verhinderung des diabetischen Spätsyndroms zu erreichen.
Im Allgemeinen werden drei Prinzipien der Behandlung von Diabetes mellitus verfolgt:
1. Ernährung- und Diätbehandlung
2. medikamentöse Behandlung
3. Behandlung durch körperliche Aktivität Die drei Behandlungsformen sollen im Folgenden genauer besprochen werden.
2.2.1 Behandlung durch Ernährung und Diät
Die Behandlung des Diabetes mellitus durch Ernährung und Diät stellt die Grundlage aller Behandlungsformen dar. Mehr als ein Drittel der Typ 2 Diabetiker kann mit einer Diät allein gut eingestellt werden. Aus diesem Grund beginnt man die Therapie bei übergewichtigen Typ 2 Diabetikern oft mit einer Ernährungsumstellung, wenn möglich kombiniert mit vermehrter körperlicher Aktivität (Behrmann, Weineck, 2001, S. 42-43).
Die gesamte Energiezufuhr, die ein Patient benötigt, ist vom Arzt zu bestimmen und muss jeweils individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Gemäss Behrmann, Weineck (2001) gelten drei Grundsätze für die Diabetesdiät (S. 43):
1. Kaloriengerechte Nahrung
2. Verteilung der täglichen Mahlzeiten
3. Vermeidung von Lebensmitteln, die grössere Mengen von Rohr-, Traubenoder Malzzucker enthalten
Die kaloriengerechte Nahrung soll dabei die Aufrechterhaltung oder die Wiedererlangung eines normalen Körpergewichts anstreben. Übergewichtige erhalten eine unterkalorische Diät, Untergewichtige eine überkalorische. Bei der Verteilung der täglichen Mahlzeiten soll darauf geachtet werden, dass täglich viele kleine Mahlzeiten zu sich genommen werden. So wird die Abgabe von Insulin durch die Bauchspeicheldrüse nicht überfordert. Die Vermeidung von Lebensmitteln, die grössere Mengen von Rohr-, Trauben- oder Malzzucker enthalten, leitet sich von einer zu schnellen Resorption dieser Inhaltsstoffe ab, die zu hohe Blutzuckerspitzen produzieren (hy- perglykämischer Index, ebd., S. 43-44).
Nach Teuscher, Diem (2002) führt die Gewichtsreduktion am effektivsten zu Blutzuckersenkung, Verbesserung der Blutzuckerkontrolle und Verminderung der Dyslipi- dämie (S. 423).
In der Folge sollen einige Empfehlungen zur Ernährungstherapie und Prävention des Diabetes mellitus gegeben werden. In den Ernährungsleitlinien gibt es gemäss Toel- ler (2005) fünf Empfehlungen zur Kohlenhydrateaufnahme (S. 198-199):
1. Bei Typ 1 und Typ 2 Diabetikern leiten metabolische Charakteristika (Blutglukosespiegel, HbA1c, Serumlipidprofil) zu der am besten geeigneten Koh- lenhydrataufnahme innerhalb der empfohlenen Bandbreite für Kohlenhydrate zwischen 45 und 60% der Tagesgesamtenergie
2. Für Personen mit Diabetes findet sich keine Begründung zur Empfehlung von Kostformen mit geringem Kohlenhydratanteil
3. Die Kohlenhydrataufnahme von Diabetikern kann zwischen 45 und 60% der Gesamtenergie liegen
4. Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst und Getreideprodukte aus vollem Korn sollten Bestandteil der Kost von Personen mit Diabetes sein. Wenn die Kohlenhydrataufnahme im oberen Bereich der Bandbreite (z.B. bei 50-60% der Tagesenergie) liegt, ist es besonders wichtig, auf Nahrungsmittel hinzuweisen, die reich an Ballaststoffen sind und einen niedrigen glykämischen Index haben
5. Menge, Art und Verteilung der Kohlenhydrate über den Tag sollen so gewählt werden, dass diese zu einer langfristigen normnahen glykämischen Kontrolle (HbA1c-Werte) beitragen. Bei Diabetikern mit Insulinbehandlung oder oralen Antidiabetika (siehe Kap. 2.2.2) sollten der Zeitpunkt und die Dosierung der Medikation mit der Menge und Art der Kohlenhydrate abgestimmt werden.
Therapieerfolge wie Gewichtsreduktion, Abnahme des Bauchumfangs, normnahe Werte bei den Blutglukoseselbstkontrollen sind Motivationshilfen für eine dauerhafte Diabetes Therapie (Toeller, 2007, S. 116).
Weitere Empfehlungen sind nach Behrmann, Weineck (2001) die Diätbehandlung, die kontrollierte Gesamtenergiezufuhr, die Nährstoff-Relation einzuhalten; Saccharose (Haushaltszucker) zu vermeiden, ballaststoffreiche Nahrung zu sich zu nehmen, die Fettzufuhr zu reduzieren, die Eiweisszufuhr auf vertretbares Mass zu begrenzen, die tägliche Kochsalzzufuhr zu beschränken und Alkohol höchstens in bescheidener Menge zu trinken (S. 44-45).
2.2.2 Behandlung mit Antidiabetika
Falls durch die Behandlung durch Ernährung, Diät und Veränderung des Lebensstils keine ausreichende Diabeteseinstellung erreicht wird, wird gemäss Laubner, Seufert (2007) eine medikamentöse Therapie notwendig. Je nach Body Mass Index (BMI) und Begleiterkrankungen werden verschiedene orale Antidiabetika (OAD) allein oder in Kombination mit Insulin eingesetzt. Eine Behandlung mit OAD kann nur bei Typ 2 Diabetiker angewendet werden, da bei diesem Krankheitsbild noch eine eigene Insulinproduktion vorhanden ist (S. 297).
Die folgende Abbildung zeigt einen Überblick, welche Therapie bei 185'131 deutschen Patienten wie oft angewendet wurde:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Art der Diabetestherapie (Janka, 2006, S. 306)
Neben Diät und Förderung der körperlichen Aktivität (29%), werden OAD mit 46.1% am meisten verwendet. Eine kombinierte Therapie ist von OAD mit Insulin eher selten (8.2%). Auch die Insulinbehandlung bleibt mit 16.7% ein wichtiger Bestandteil der Therapie.
Nach Laubner, Seufert (2007) werden orale Antidiabetika in ß-zytrope (insulinotrope) Substanzen (Sulfonylharnstoffe und Sulfonylharnstoffanaloga), welche die Insulinsekretion der Bauchspeicheldrüse stimulieren, und in nicht ß-zytrope (nicht insulinotrope) Substanzen (Biguanide, a-Glukosidase-Hemmer, u.a.) unterteilt (S. 299-305).
a. ß-zytrope Substanzen
Sulfonylharnstoffe bewirken eine Blutzuckersenkung durch Stimulation der Insulinsekretion aus den ß-Zellen und können nur bei Typ 2 Diabetikern, die noch eine Insulineigensekretion haben angewendet werden. Durch die Einnahme dieser Medikamente wird zwar der Blutzucker gesenkt, das metabolische Syndrom jedoch verschlimmert (Behrmann, Weineck, 2001, S. 46-47). Sulfonylharnstoffanaloga (Glinide) führen ebenfalls zu einer Insulinsekretion aus den ß-Zellen. Die Wirkung ist ähnlich wie bei den Sulfonylharnstoffen, sie haben jedoch eine deutlich schnellere und kürzere Wirkung (Laubner, Seufert, 2007, S. 299).
b. Nicht ß-zytrope Substanzen
Dazu gehören einerseits Biguanide. Primär wirken diese an der Leber und hemmen die Glukoneogenese (Glukoseneubildung). Weiter wird die Insulinresistenz verringert, womit die Glukoseaufnahme in der Muskulatur verbessert wird. Es wird vor allem bei adipösen Patienten angewendet, da bei diesen gelegentlich eine Gewichtsabnahme beobachtet wird (ebd., S. 302). a-Glukosidase-Hemmer wirken im Dünndarm und hemmen ein bestimmtes Enzym im Darm, das dafür sorgt, dass die Kohlenhydrate verzögert ins Blut aufgenommen werden, so dass der Blutzucker nur langsam steigt (Behrmann, Weineck, 2001 : S. 46). Nach Laubner, Seufert (2007) sind diese OAB gewichtsneutral (S. 302).
Eine weitere Gruppe der OAD stellen die PPAR-y-Liganden dar. Diese Medikamente reduzieren die Insulinresistenz in den peripheren Organen (v.a. Leber, Skelettmuskel und Fettgewebe) (ebd., S. 303). Sie werden gemäss Behrmann, Weineck (2001) auch als Insulinsensitizer bezeichnet. Die verbesserte Insulinempfindlichkeit und die Hemmung der Lipolyse und Glukoneogenese führen zu einer vermehrten Aufnahme von Glukose in die Zellen und zu einer Senkung der Nüchternblutzuckerspiegel. Zudem steigern sie das HDL-Cholesterin und wirken auf das LDL-Cholesterin, was auf die Fettstoffwechselstörung im Rahmen des metabolischen Syndroms eine positive Wirkung hat (S. 46).
Im Verlaufe der letzten drei Jahre sind viele neue zum Teil erfolgsversprechende OAD auf den Markt gekommen. Einige wurden wegen schweren Nebenwirkungen bereits wieder zurückgezogen. Sie werden in dieser Arbeit nicht diskutiert, weil ihr Stellenwert noch nicht etabliert ist und sie den Rahmen der Arbeit sprengen würden. Neben den OAD werden heute vor allem wegen der gefürchteten Mikro- und Makroangiopathie diverse andere Medikamente eingesetzt wie Aspirin (Blutverdünner) und Statine zur Cholesterinsenkung. Wenn alle Probleme des metabolischen Syndroms medikamentös angegangen werden, wird die Therapie aber sehr teuer. Auch aus dieser Sicht sind Lebensstilveränderungen und Bewegung so wichtig.
Eine weitere wichtige Behandlungsmethode ist die Behandlung mit Insulin. Diese wird notwendig, wenn die endogene Insulinproduktion nachlässt und Insulin nicht mehr in ausreichender Menge für die Aufrechterhaltung des Stoffwechselgleichgewichts zur Verfügung steht. Angewendet wird die Insulintherapie bei Typ 1 Diabeti- kern, bei Ketoazidose und Coma diabeticum, bei Typ 2 Diabetikern, die auf OAD und Diät nicht mehr ansprechen und Schwangeren mit Gestationsdiabetes, bei denen der Stoffwechsel mit Diät allein nicht eingestellt werden kann (Behrmann, Weineck, 2001, S. 47). Nach Janka (2006) erfordert eine erfolgreiche Insulinbehandlung einen gut unterrichteten und motivierten Patienten (S. 306).
Insgesamt müssen gemäss Wiesli, Spinas (2002) ungefähr 5% der Patienten mit Diabetes Typ 2 mit Insulin behandelt werden (S. 402).
Heute werden Humaninsuline sowie Insulinanaloga eingesetzt. Die Humaninsuline werden, wie auch die Insulinanaloga, gentechnisch hergestellt. Es stehen schnell wirkende, mittellang wirkende und langsam wirkende Insuline sowie Mischinsuline zur Verfügung (Laubner, Seufert, 2007, S. 305).
Schnell wirkende Insuline sind Normalinsuline (Altinsulin) mit einem Wirkungseintritt nach 15-30 Minuten und einer Wirkdauer von vier bis 6 Stunden. Bei schnell wirkenden Insulinanaloga tritt die Wirkung innerhalb von 0-15 Minuten ein und die Wirkdauer beträgt zwei bis 4 Stunden. Mittellang wirkende Insuline zeigen ab 45-60 Minuten eine Wirkung und dauern 8 bis 14 Stunden. Lang wirksame Insuline haben einen Wirkungseintritt nach 60 Minuten und eine 24-stündige Wirkung. Man nennt diese Insuline auch Verzögerungsinsuline (ebd., S. 305).
Die diversen Insuline können auf verschiedene Arten verabreicht werden. Als eine der bekanntesten Therapien wird die konventionelle Insulintherapie (CT) angesehen. Hier erfolgt 2-3 Mal täglich (morgens und abends vor den Mahlzeiten) die Injektion einer festgelegten Mischinsulindosis. Für diese Form sind ein geregelter Tagesablauf, festgelegte Spritzzeiten und eine Diät erforderlich (ebd., S. 307).
Nach Janka (2006) werden zunehmend auch Kombinationsinsulinanaloga eingesetzt, da diese schneller einsetzen und kein Ess-Spritz-Abstand mehr eingehalten werden muss. Die Kombination von Insulin und OAD haben eine Senkung des HbA1c und des Nüchternblutzuckers zur Folge (S. 307).
Weiter wird die prandiale Insulintherapie angewendet, die vor allem als Einstieg in eine intensivierte Insulintherapie genutzt wird. Die Flexibilität von Zeitpunkt und Art der Nahrungsaufnahme sind Vorteile dieser Therapie, welche jedoch für Patienten mit hohen Nüchternblutglukosewerten nicht geeignet ist.
Aus der prandialen Therapie folgt gemäss Laubner, Seufert (2007) die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT), welche eine zweimalige Gabe von lang wirksamen Insulinen einsetzt. Der Vorteil besteht in der geringeren Gefahr einer Hyperglykämie und zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität aus (S. 307).
In der folgenden Abbildung werden die Insulintherapieformen veranschaulicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Therapieformen mit Insulin (Laubner, Seufert, 2007, S. 306)
Das Hauptziel einer Diabetes Behandlung ist die Normoglykämie. Dieser Zustand ist erreicht wenn folgende in der Tabelle beschriebenen Kriterien erreicht werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Therapieziele bei Diabetes mellitus Typ 2 (Nationale Versorgungsleitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft) (Laubner, Seufert, 2007, S. 299)
Der Parameter HbA1c (Hämoglobin A1c) ist eine Komponente des Hämoglobins und ist heute die wichtigste Bestimmungsgrösse zur Beurteilung der Diabeteseinstellung.
Sie wird in Prozent des Gesamthämoglobins angegeben und sollte bei jedem Diabetiker mindestens zweimal pro Jahr erfolgen (Stettler, Mueller, Diem, 2000, S. 993994).
Normalerweise sind nach Behrmann, Weineck (2001) 4-6% des Hämoglobins glyko- lisiert. Eine verstärkte Glykolisierung bewirkt eine Funktionsstörung des Hämoglobins, was schwerwiegende Folgen auf den Stoffwechsel hat (S. 50-51).
2.2.3 Behandlung durch körperliche Aktivität
Eine weitere sehr wichtige Behandlungsform des Diabetes mellitus ist die vermehrte körperliche Aktivität, respektive das Treiben von Sport, was neben der Behandlung durch Ernährung und Diät sowie der medikamentösen Therapie unbedingt in der Therapieplanung beachtet werden muss.
Gemäss Halle, Kemmer, Stumvoll, Thurm und Zimmer (2007) ist die körperliche Aktivität eine geeignete Interventionsstrategie zur Beeinflussung der Insulinresistenz (S. 2).
In diesem Unterkapitel soll näher auf die Therapie beim Diabetiker Typ 2 durch körperliche Aktivität eingegangen werden.
Gemäss Saam et al. (2006) zeigen Studien (siehe Kap. 2.4), dass eine erhöhte körperliche Aktivität einen positiven Einfluss auf Parameter des Glukosestoffwechsels (HbA1c) und den Nüchternblutzucker sowie auf den Nüchterninsulinspiegel haben kann. Weiter erhöht die körperliche Aktivität die Insulinsensitivität der Muskelzellen über verschiedene metabolische und strukturelle Adaptionsmechanismen. Die Glukosetransportproteine (GLUT-4-Proteine) werden vermehrt in die Muskelmembran eingelagert und somit kann mehr Glukose in die Zellen eingeschleust werden (S. 27). Auch die Aktivität des Glukosestoffwechsels wird gesteigert, was eine Verbesserung der Speicherung der Glukose bewirkt (Zimmer, Halle, 2007, S. 114).
Konkret haben Bewegung und Sport viele positive Auswirkungen auf Körper und Seele und sind gesundheitsfördernd. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die möglichen Effekte:
Tabelle 5: Effekte von körperlicher Aktivität (Kuhn,2003, 31)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Auswirkungen der körperlichen Aktivität werden in der folgenden Abbildung nochmals auf eine andere Art veranschaulicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Auswirkungen der körperlichen Aktivität auf den Diabetiker Typ 2 (Behrmann, Weineck, 2001, S. 117)
Die Abbildung zeigt, dass diese Form der Behandlung entscheidende Vorteile mit sich bringt. Vor allem werden die mikro- und makrovaskulären Komplikationen verringert.
Behrmann, Weineck (2001) unterscheiden drei Phasen im Rahmen der Therapie durch körperliche Aktivität. In der prädiabetischen Phase wirkt die sportliche Aktivität diabetesverhindernd, da die Insulinresistenz abnimmt. Somit wird eine Primärprävention durch Sport möglich (S. 112-113). Nach Thurm, Gehr (2005) kann mehr Glukose in den Zellen aufgenommen werden. Der Blutzuckerspiegel sinkt aus diesem Grund und die Entstehung eines Diabetes Typ 2 kann verhindert werden (S. 171).
In der Phase zwei (Manifestationsphase) kommt es zur Hyperglykämie. Bei einer regelmässigen körperlichen Aktivität kann längerfristig eine Senkung des Blutzuckers erwartet werden. Die Glukosetoleranz wird verbessert und der Medikamentenver- brauch kann eingeschränkt werden. Wichtig ist jedoch, dass die körperliche Aktivität regelmässig stattfindet. Diese Phase nennt man auch Sekundärprävention durch Sport (Behrmann, Weineck, 2001, S. 112-113).
Die dritte Phase, auch diabetisches Spätsyndrom genannt, zeichnet sich durch Organschäden bis Organversagen aus, weshalb keine generelle Empfehlung zu körperlicher Aktivität gegeben werden kann (ebd., S. 113).
In Kapitel 2.4 wird anhand von durchgeführten Studien genauer auf die Auswirkungen körperlicher Aktivität auf den Diabetes Typ 2 Patienten eingegangen.
Theoretisch ist die Umsetzung sehr einfach. Vielmals jedoch fühlen sich Patienten mit Diabetes Typ 2 nicht in der Lage, überhaupt Sport zu treiben. Deshalb müssen zuerst die Lebensgewohnheiten verändert werden, was viel Motivation benötigt. Zu beachten ist, dass Patienten mit Diabetes Typ 2 vor einer regelmässigen sportlichen Aktivität von einem Arzt untersucht werden müssen, um kardiale Risiken auszu- schliessen.
Die Behandlung durch körperliche Aktivität birgt auch Gefahren. Im Folgenden sollen die wichtigsten davon, die beim Sport treibenden Diabetiker Typ 2 auftreten können, beschrieben werden. Nach Behrmann, Weineck (2001) ist vor allem die Hypoglykämie (Unterzuckerung des Blutes), gelegentlich auch eine Hyperglykämie Folge von körperlicher Aktivität (S. 92-93). Weiter kann nach Thurm, Gehr (2005) eine Ketoazi- dose auftreten (S. 134-138).
Von einer Hypoglykämie spricht man, wenn die Konzentration von Glukose vermindert ist (bei Erwachsenen unter 2.8 mmol/l) (Pschyrembel, 2002, S. 756). Die Ursache für eine Hypoglykämie liegt darin, dass der Diabetiker nicht in der Lage ist, die Insulinmenge zu reduzieren. Dadurch kommt es zu einem Missverhältnis zwischen zu viel Insulin und zu wenig Glukose (Behrmann, Weineck, 2001, S. 93). Dieses Missverhältnis kann nach Kuhn (2003) durch sehr anstrengende körperliche Aktivität, durch Auslassen einer Mahlzeit, durch zu langem Spritz-Ess-Abstand, durch zu hohe Tablettendosierung, durch zu schnelle Insulinwirkung oder durch zu hohe Insulindosis ausgelöst werden (S. 39).
Durch die steigende Insulinempfindlichkeit und der gehemmten Glukoseausschüttung treten folgende Symptome auf (ebd., S. 37):
- Unruhe
- Zittern, Fingerzittern
- Schweissausbrüche
- Hunger
- Herzklopfen
- Kopfschmerzen
- Feuchte, kalte, blasse Haut
- Mattigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Sehstörungen
- Koordinationsstörungen
- Gleichgewichtsstörungen
- Verhaltensstörungen
- Irrationales Verhalten wie plötzliche Aggressionen, Lachen,Weinen
- Krämpfe
- Lähmungserscheinungen
- Bewusstseinstrübungen bis zur Bewusstlosigkeit
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