In der vorliegenden Arbeit wird die Frage untersucht, ob negative Werbung (Attack Ads) im politischen Wahlkampf tatsächlich zu Erfolgen führen kann.
Ausgangspunkt sind die Vielzahl an Attack Ads und damit verbundene Kritik im republikanischen US-Vorwahlkampf 2011/2012. Attack Ads werden als Framing-Instrument betrachtet und hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Wähler untersucht. Dies geschieht mit Hilfe einer Literatur-Analyse.
Der Nutzen von Attack Ads kann abschließend in Frage gestellt werden, während gleichzeitig auch auf mögliche Gefahren hingewiesen wird.
Inhaltsverzeichnis
1 Attack Ads im US-Wahlkampf
2 Ziele und Wirkung von Attack Ads
2.1 Attack Ads als Framing-Instrument
2.2 Einfluss von Attack Ads auf die Wähler
3 Fazit und Ausblick
Quellenverzeichnis
1 Attack Ads im US-Wahlkampf
„It’s no surprise that Mitt Romney finally was able to grind down his opponents under an avalanche of negative ads. But neither he nor his special-interest allies will be able to buy the presidency with their negative attacks” (Quelle: Statement von Jim Messina 2012).
Mit dieser Aussage greift Obamas Wahlkampfmanager, Jim Messina, gleich zwei Punkte auf, welche im Rahmen der republikanischen Vorwahlen der vergangenen Wochen intensiv diskutiert wurden. Zum einen die umfassende Nutzung von Attack Ads, insbesondere gegen Mitt Romneys Widersacher Newt Gingrich (Croucher 21.12.2011), zum anderen die Frage, ob es möglich ist, die Wähler durch dieses Mittel tatsächlich zu beeinflussen.
Attack Ads (häufig auch als negative Werbung bezeichnet (Geer und Geer 2003)) können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Sie können bspw. sowohl Wahlkandidaten persönlich als auch das jeweilige Wahlprogramm attackieren. Grundsätzlich handelt es sich hierbei aber schlicht um Kritik an dem gegnerischen Kandidaten (Geer 2006). Derartige Werbemaßnahmen sind, wie dem Namen nach und an aktueller Diskussion ersichtlich, sehr negativ geprägt (Karl 2011). Dies kann so weit gehen, dass die Botschaften unhöflich oder gar beleidigend ausfallen (Brooks und Geer 2007). So wird Newt Gingrich aktuell unter anderem dahingehend scharf kritisiert, dass er Gelder von Lobbyisten angenommen hat und ein UN-Programm unterstützt, welches Chinas Ein-Kind-Politik befürwortet (Croucher 21.12.2011). Derartige Angriffe auf seine Person macht Gingrich für sein teils schlechtes Abschneiden in Umfragen verantwortlich (Lengell 2012) und beschuldigt Mitt Romney öffentlich, sich mit diesen Methoden „die Wahl zu erkaufen“ (Crabtree 2012).
Mitt Romney wiederum streitet konsequent ab, derartige Attacken in Auftrag gegeben zu haben (McLaughlin 2012). In der Tat wurden sämtliche relevanten Werbemaßnahmen von dem unabhängigen Komitee „Restore Our Future“ initiiert (Karl 2011). Dieses Komitee, welches offiziell Mitt Romney als Präsidentschaftskandidaten der Republikaner unterstützt, hat allein in der letzten Woche vor der Vorwahl in Florida 6,8 Millionen USD für Attack Ads gegen Newt Gingrich ausgegeben (Lengell 2012). Die tatsächlichen Geldgeber bleiben hierbei allerdings, wie so oft, unbekannt (Bruner 22.02.2012; Isikoff 2008).
Unabhängig davon, wie eng Mitt Romney tatsächlich mit dem Komitee „Restore Our Future“ in Kontakt steht, folgt man doch sehr offensichtlich dem Trend zur Nutzung von Attack Ads (Geer 2006; Kaid und Johnston 2001; West 2005). Hinsichtlich der großen Aufmerksamkeit, die Attack Ads scheinbar genießen, stellt sich die Frage, ob sich der Aufwand am Ende lohnt. Führt die Nutzung von Attacks Ads im politischen Wahlkampf zu Erfolgen? Dies soll im Folgenden genauer beleuchtet werden.
2 Ziele und Wirkung von Attack Ads
2.1 Attack Ads als Framing-Instrument
Der beschriebene Trend zur Verwendung von Attack Ads ist nicht verwunderlich, wenn man diese als Werkzeug des so genannten „Framings“ betrachtet, welches ebenso immer stärker in der politischen Kommunikation genutzt wird (Scheufele und Tewksbury 2007).
Framing liegt der Gedanke zugrunde, dass die Art und Weise, wie eine Information dargestellt wird, darüber entscheidet, wie sie verstanden wird (Scheufele und Tewksbury 2007). Entsprechend werden bspw. Argumente, Analogien oder Metaphern genutzt, um etwa ein Problem nach Wunsch zu definieren, wobei meist gleichzeitig auch eine Lösung aufgezeigt wird (Gerrity 2006; Watkins, Edwards und Thakrar 2001). Damit soll der Fokus auf einen bestimmten Teilbereich oder Definition einer komplexen Sachlage gerichtet, während andere Aspekte verschleiert werden (Entman 1993; Nelson und Oxley 1999). Berücksichtigt die Zielgruppe diesen Teilbereich bei der Meinungsbildung entsprechend, so wirkt sich dies auf die jeweilige Handlung aus (Leech et al. 2002). Entspricht diese bei theoretisch möglichen Alternativen dem vorher bestimmten Ziel, so kann man von einem erfolgreichen Framing-Effekt sprechen (Druckman 2001).
Um dies erreichen zu können, muss die Botschaft akkurat formuliert und leicht verständlich sein (Jobber und Fahy 2009; Morris 06.10.2008; Ries und Trout 2006), wobei insbesondere der Nutzen für die Zielgruppe herauszustellen ist (Mack 1997). Darüber hinaus ist zu beachten, dass für einen erfolgreichen Framing-Effekt die kommunizierende Instanz von der Zielgruppe als glaubwürdig eingestuft werden muss (Druckman 2001; Lupia 2002; Petty und Wegener 1998).
Mittels Attack Ads wird im Rahmen von Wahlkämpfen der Fokus auf einen bestimmten Aspekt der Persönlichkeit oder des Wahlprogramms des gegnerischen Kandidaten gelenkt (Croucher 21.12.2011), um damit eine entsprechende, für die eigene Partei positive, Reaktion der Wähler hervorzurufen (Goldstein und Freedman 2000; Lau und Rovner 2009).
Es existiert keine einheitliche Definition für Framing (Brosius und Eps 1995; Entman 1993; Scheufele und Tewksbury 2007). Nichtsdestotrotz können Attack Ads aufgrund bestehender Betrachtungen (Entman 1993; Gerrity 2006; McGrath 2007; Scheufele 1999; Scheufele und Tewksbury 2007; Watkins et al. 2001) als Framing-Instrument bezeichnet werden. Dies ist dahingehend von Bedeutung, dass Framing an sich funktionieren kann (Druckman 2001) und zunehmend intensiv genutzt wird (Scheufele und Tewksbury 2007). Es bleibt im Rahmen dessen zu prüfen, ob auch das Instrument der Attack Ads mit seinen negativen Botschaften einen entsprechenden Mehrwert liefert.
2.2 Einfluss von Attack Ads auf die Wähler
Zunächst muss festgestellt werden, dass sich Untersuchungen hinsichtlich Attack Ads, bzw. negativer Werbekampagnen, mehrheitlich darauf fokussieren, welchen Einfluss diese auf die Wahlbeteiligung haben. Es wird meist weniger darauf eingegangen, welchen konkreten Mehrwert Dieselbigen für den Angreifer liefern (Franz und Ridout 2007). Anzumerken ist hierbei, dass bereits beim Thema „Wahlbeteiligung“ Differenzen bestehen. Während insbesondere Ansolabehere et al. feststellen, dass negative Wahlwerbung die Wahlbeteiligung senkt (Ansolabehere und Iyengar 1995; Ansolabehere, Iyengar und Simon 1999; Ansolabehere et al. 1994), gibt es stetig mehr Stimmen, welche zu dem Schluss kommen, dass kein oder gar ein positiver Effekt besteht (Brader 2005; Brooks 2006; Brooks und Geer 2007; Finkel und Geer 1998; Freedman und Goldstein 1999, 2002; Holleque und Niebler 2009; Jamieson 2000; Lau und Pomper 2001; Lau, Sigelman und Rovner 2007).
So wie dies bereits auf die geringen Effekte von Attack Ads hindeutet, ist sich die Literatur auch hinsichtlich des Nutzens für den Angreifer uneinig. Dies mag vor allem darin begründet sein, dass Wähler Negativität höchst unterschiedlich wahrnehmen (Sigelman und Kugler 2003). Sides et al. (2010) weisen zudem darauf hin, dass das Problem vor allem darin besteht, dass Personen weniger die Negativität einer Werbekampagne, als vielmehr deren Informationsgehalt bewerten. Entsprechend reagieren Personen auf Werbung sehr unterschiedlich, was eine generelle Aussage nahezu unmöglich macht, sofern Kampagnen nicht auf einzelne Personengruppen zugeschnitten werden (Lipsitz et al. 2005). Gleichzeitig sind auch Attack Ads selbst derart vielfältig, dass sich hieraus schwer allgemeingültige Erkenntnisse ableiten lassen (Geer 2006).
Gemäß dieser grundsätzlichen Bewertung gibt es sowohl Hinweise darauf, dass Attack Ads für den Angreifer positive Effekte haben (Lariscy und Tinkham 1999; Pinkleton 1997), als auch Literatur, die das Gegenteil feststellt (Geer und Geer 2003; Lau und Rovner 2009; Phillips, Urbany und Reynolds 2008; Zahedzadeh und Merolla 2012). Positive Effekte von Attack Ads können somit weder bestätigt, noch endgültig verneint werden. Scheinbar sind Attack Ads allerdings, wenn überhaupt, weniger wirksam, wenn die angegriffene Person eine Frau ist (Fridkin, Kenney und Woodall 2009). Attack Ads, die sich gegen das Wahlprogramm des Gegners wenden, sind effektiver als Attacken gegen den Kontrahenten als Person (Finkel und Geer 1998; Lau und Pomper 2001, 2004). Darüber hinaus sind politisch engagierte Personen von möglichen Effekten genauso (Franz und Ridout 2007) oder gar stärker (Faber, Tims und Schmitt 1993) betroffen als politisch weniger Interessierte.
Letzten Endes führen Attack Ads bei den Wählern vor allem aber zu einem besseren Verständnis der einzelnen Wahlprogramme (Morris 06.10.2008; Stevens 2009) und erzeugen Aufmerksamkeit (Lippert 2008).
- Quote paper
- Jens Kürschner (Author), 2012, Attack Ads. Ein erfolgreiches Framing-Instrument im politischen Wahlkampf?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198081
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